Storchenkamera

Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah
Teil 7
|
20. Apr. 02
|
Eine neue Stufe im kontinuierlichen
Nestabbau ist seit heute gut sichtbar. Die harte, im Sonnenlicht
leicht reflektierende oberste und äußerste Nestschicht ist nun gänzlich
geschwunden. Es steht jetzt nur noch der weiche humusähnliche
Kern. Wie zur leichten Garnierung des Ganzen schmiegen sich noch
wenige Äste am rechten sowie am nicht sichtbaren Hinterrand
(Westrand) verschämt an die „Weichteile“. Auch ohne die
Grabungstätigkeit der Dohlen wird der Kern durch Witterungseinflüsse
weiter schwinden. Regenfälle werden in dieser Beziehung den
Niedergang beschleunigen, aber immer noch für Störche
signalisieren: Hier steht ein Nest!
Auf alle Fälle steht das
Dinkelsbühler Nest weltweit einzigartig da, wenn es um eine lückenlose
Dokumentation des Auf- und Abbaus einer Storchenbehausung auf natürlichem
Weg geht.
 |
 |
Jetzt
haben wir es aber besonders weich! |
|
21. Apr. 02
|
Storchenkämpfe – und
damit möchte ich noch einmal kurz auf die Ereignisse in Vetschau
zurückkommen – gehörten und gehören zu ganz normalen Abläufen
in der Biologie unserer Kamerastars. Sie ereignen sich dort häufiger,
wo bessere Lebensbedingungen herrschen und die Storchendichte
(d.h. die Zahl der Brutpaare auf 100 km²) besonders hoch ist. Das
Bundesland Brandenburg – dort liegt Vetschau – hat in
einigen Landkreisen die höchsten Storchendichten in Deutschland
(Kreis Perleberg im Jahre 2000 12,2 Horstpaare/100 km²,
Kreis Cottbus 11,1 und der Kreis Senftenberg mit Vetschau ebenfalls
noch 3,4 Horstpaare pro 100 km² Kreisfläche).
Vergleicht man diese Zahlen mit
denen aus dem Landkreis
Ansbach in Bayern
– zu diesem Kreis gehört Dinkelsbühl
– liegt dieser Wert bei 0,6 (für ganz Bayern liegt er bei
0,2) . Anders ausgedrückt: In unserem Landkreis kommt auf 100 km²
Kreisfläche ein gutes halbes Weißstorchpaar oder auf 166 km² ein
ganzes. Dass eine erhöhte Storchendichte natürlich ihre Gründe in
der Nahrungsergiebigkeit des Lebensraumes hat, brauche ich
nicht besonders zu erwähnen. So gehören die niederungsreichen
Gebiete im östlichen und nordöstlichen Europa zu den
klassischen Weißstorchgebieten mit den höchsten Storchendichten,
die selbst brandenburgische Verhältnisse noch weit in den Schatten
stellen. Lokale Storchendichten von weit über 50
Horstpaaren/100 km² sind dann keine Seltenheit.
Kämpfe garantieren
brutbiologisch gesehen, dass nur die stärksten, genetisch fähigsten
und für die Fortpflanzung geeignetsten Tiere am
Fortpflanzungsprozess teilnehmen. Das Motto: „Der Beste siegt!“,
hat hier uneingeschränkte Gültigkeit. Dass dies oft nicht ohne
Blessuren und Totalverluste an Eiern und auch an kleinen Jungen
abgeht, ist für menschliche Betrachtungsweisen schmerzlich.
Die hohe Lebenserwartung und die damit verbundene Fähigkeit im
Laufe eines Storchenlebens vielleicht bis zu 20 Bruten und sogar
noch mehr zu absolvieren, gestattet es den Störchen, in dieser Zeit
auch einige Misserfolge hinzunehmen. Die Erfahrungen, die jedes
Individuum bei derartigen Kämpfen mitnimmt, stellt einen nicht zu
unterschätzenden Gewinn dar. Dieser kann dann in ähnlichen
Situationen und in einer späteren Brutzeit das Überleben der
Jungen oder den Erhalt des Geleges sichern. So wie es momentan
aussieht, steht es um die Brut in unserer
„Partner-Storchengemeinde“ Vetschau nicht gut. Das häufige
Verlassen des Nestes durch beide Partner sowie das lange
„teilnahmslose“ Stehen im Nest verheißt absolut nichts Gutes.
Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, wird(werden) aus dem oder den
noch vorhandenem(n) Ei(ern) keine Jungen schlüpfen. Schade!
Drücken wir den Vetschauern einfach die Daumen, dass es irgendwie
noch klappt.
Weshalb ich die dortigen Verhältnisse und das Problem
„Storchenkampf“ so ausführlich beschreiben kann, liegt einzig
daran, dass wir von derartigen Verhältnissen (noch) weit entfernt
sind. Auch der heutige Tag brachte außer warmen Temperaturen und häufigem
Sonnenschein in „störchischer“ Hinsicht nicht Berichtenswertes.
Dem Nest geht es derweil weiter an den „Kragen“ und der „Rückbau“
schreitet munter voran. Nicht vergessen: Dies ist nicht Schuld, wenn
wir immer noch auf Adebar warten müssen.
|
22. Apr. 02
|

Dohlen bauen die letzten Zweige
ab. Das Nest ist
fast "entkleidet"
|
Heute haben die Dohlen die
letzten erreichbaren Zweige des Nestes entfernt und ihre Abbauarbeit
ziemlich abgeschlossen. Der Prozess des „Nestschwundes“ der
vergangenen Wochen ist auch daran schön ablesbar, dass im Laufe der
Tage immer mehr vom Dachfirst des Nestgebäudes sichtbar wurde. Zunächst
konnte man keinen Firstziegel ausmachen, heute sind es bereits deren
drei. Auch das Wagenrad, auf dem das Nest aufgebaut wurde, ist in
Teilen gut erkennbar. |
Auch der First des links vom Storchennest
befindlichen Daches ist in gesamter Länge einsehbar, der Kamin des
dazu gehörenden Hauses ragt hinter dem linken Nestrand heraus.
 |
Heute gab es erstmals nach zwei Wochen
Pause wieder eine Storchensichtung über die Webcam.
Von 11:30 Uhr bis 11:33 Uhr rastete – wieder nur für kurze
Zeit – ein Vertreter der von uns so sehr geschätzten
Vogelart auf dem Dachfirst des alten Rathauses etwa drei Meter
vom Nest entfernt. Obwohl er nicht im Nest - oder was von ihm
noch übrig geblieben ist – stand, zähle ich ihn trotzdem
zu den Besuchern und gebe ihm die Nummer 12 in
der Reihe der diesjährigen Storchensichtungen. Herrn Wilfling
ist dieser Schnappschuss zu verdanken. |
Ob dieser Storch einen Ring trägt,
kann nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden. Allenfalls am
linken, leicht verdeckten Bereich über den Zehen kann dies nicht
ganz ausgeschlossen werden. Weshalb die Nummer 12 nicht das Nest
direkt angeflogen hat, sondern wenige Meter davon entfernt kurz
pausierte, müsste mit unserem Besucher direkt
abgesprochen werden. Ich bleibe natürlich bei meiner
Einstellung, dass nicht der Zustand des Nestes dafür verantwortlich
gemacht werden sollte.
Wie fleißige Gästebuchschreiber
und Leser längst bemerkt haben, wurde unser Gästebuch
heute ebenfalls (Vetschau lässt grüßen) von einigen
Niedrig-Intellektuellen heimgesucht. Ohne Kenntnis einer adäquaten
Artikulation und Diktion waren sie nicht in der Lage, sich in verständlichem
Deutsch auszudrücken. So hinterließen sie eine ärmliche
Visitenkarte, die wir den anderen Besuchern jedoch nicht zumuten
wollen. In der Hoffnung, dass diese anonymen Gäste in anderen
Situationen zu besseren Leistungen fähig sind, sehe ich ihren Beiträge
deshalb gelassen und mit einem leichten Anflug von Hoffnung.
Vielleicht waren sie von unserer Website einfach intellektuell etwas
überfordert.
Um solchen doch etwas lästigen
Zwischenfällen vorzubeugen haben wir den Eintragsmodus im
Gästebuch etwas geändert. Ihre Einträge erscheinen nun nicht mehr
sofort, sondern werden zuerst von uns freigegeben. Aber keine Angst:
jeder zivilisierte Eintrag wird natürlich weiterhin
veröffentlicht.
Im weiteren Tagesverlauf
(von den aufregenden drei Minuten einmal abgesehen – siehe
Schnappschuss) blieb die Situation ums Nest unverändert.
Dafür wurde ich gegen 17 Uhr
von einem erregten Anruf zum sofortigen Aufbruch genötigt.
In Weiltingen (ein Nachbarnest der
Dinkelsbühler Störche, in dem im vergangenen Jahr der Tod der
beiden Jungstörche eine beispiellose Aktion
gegen den Stromtod ausgelöst hatte) sei ein Fremdstorch
dabei, das Nest in Besitz zu nehmen und seine Attacken hätten
bereits großes Unheil unter dem seit fast drei Wochen brütenden
Paar ausgelöst. So seien bereits alle vier Eier aus dem Nest
geflogen und die Kämpfhähne hätten bereits deutlich sichtbare
Wunden davongetragen.
Eine knappe Stunde nach
Ausbruch der Kämpfe erreichte
ich den Ort an der Wörnitz. Zahlreiche aufgebrachte Einwohner
umringten mich am Storchennest und erzählten einhellig, einen
solchen Kampfverlauf noch nie beobachtet zu haben. Auch das Nest
selbst hatte unter den Attacken mächtig gelitten und machte einen
recht gerupften Eindruck. Im Augenblick war wieder Ruhe eingekehrt
und nur ein unberingter Storch stand im Nest. Vom beringten Weibchen
war nichts zu sehen. Der im Nest befindliche Storch – offenbar das
Männchen des Weiltinger Paares – hatte eine Reihe von Blessuren.
Angetrocknete Blutspuren am linken Flügelansatz sowie an der linken
Halsseite und Brust wiesen auf einen heftigen Kampf hin. Den linken
Flügel ließ das Männchen einige Zentimeter hängen, ein Zeichen,
dass es in diesem Körperteil Schmerzen verspürte. Eine heftige
Klapperstrophe ließ nach einigen Minuten neues Unheil
erahnen. Und dieses nahte auch schon in Gestalt eines – sehr
wahrscheinlich desselben – Angreifers. Im Niedrigflug näherte
er sich dem Sägewerkskamin, riss sein „Fahrwerk“ im letzten
Moment nach oben, gewann dadurch wieder Höhe, landete auf dem Rücken
des im Nest stehenden Verteidigers, rutschte von dort ab und drehte
ohne Erfolg wieder ab. Nach einer kurzen Platzrunde der zweite
Angriff. Diesmal kam der Eindringling im Nest zum Stehen. Brust an
Brust kämpfend und drückend bearbeiteten sie sich gleichzeitig auf
das Heftigste mit den dolchartigen Schnäbeln. Nach jeweils einigen
Sekunden behielt bald der eine bald der andere die Oberhand und der
jeweils Unterlegene drehte seinerseits ab und bereitete eine neue
Attacke vor. Nach 15 Minuten und etwa 10 derartigen Angriffen
kehrte wieder Ruhe ein und am Schluss stand der Angreifer als
Sieger im Nest. Bei ihm bluteten mehrere Stellen am rechten
Halsbereich und am rechten Flügelansatz. Wer nun letztlich gesiegt
hatte, konnte in dem allgemeinen Durcheinander, bei dem viel
Nistmaterial mit herabgerissen wurde, nicht mit Sicherheit
ausgemacht werden.
 |
Der
Kampf wogt hin und her! Wer setzt sich durch?
Leider ging dabei das Gelege "über Bord" |
 |
 |
Vier Eier – mit Sicherheit das gesamte
Gelege – gingen schon bei den ersten Angriffen über Bord. Sie
enthielten schon halb entwickelte Embryonen und wären nach etwa
vierzehn weiteren Bruttagen ausgeschlüpft. Nun landeten sie wenig
pietätvoll auf dem Misthaufen. Damit hätte auch der Landkreis
Ansbach sein Storchendrama und die Vetschauer sind vielleicht
nicht mehr ganz so traurig. Es gibt halt unter den Störchen selbst
leider auch einige Vandalen und nicht nur solche im Gästebuch.
PS! Wer neben den bereits genannten Kameras noch
Alternativen für Storchenbilder sucht, sei auf eine weitere Webcam
verwiesen. Diese zeigt ein Mastnest auf dem Hof der
Agrargenossenschaft in Radensdorf, sechs Kilometer südöstlich
von Lübben im „Biosphärenreservat Spreewald“. Die
Website liefert ein zweiteiliges Bild. Auf der rechten Bildhälfte
erhält man in einer totaleren Einstellung eine Vorstellung über
die Lage des Nestes im Gesamtensemble der Genossenschaft, in der
linken Bildhälfte steht das gezoomte Nest, in dem gerade die Brut
begonnen hat. Die Bilder der Kamera werden nur in großen Abständen
(mehrere Minuten??) aktualisiert. Neben den Bildern erfreut die
Seite auch durch ansprechende Hintergrundinformationen, die
nicht nur den Weißstorch mit einbeziehen. Das Wichtigste hätte ich
beinahe vergessen! Die Adresse lautet: www.spreewaldstorch.de
|
23. Apr. 02
|
Während weitere Störche im
Landkreis Ansbach eingetroffen sind, bleibt uns nach wie vor die
Hoffnung „Sehnsucht“. Keiner der Neuankömmlinge hat sich
unseren Brutplatz als künftige Storchenwiege ausgeguckt.

Storchenwiege am heutigen Tag
Der gestrige Besucher
auf dem Dach neben dem Nest könnte durchaus der spätere Angreifer
von Weiltingen gewesen sein. Die zeitliche Einpassung in die
Geschehensabläufe spricht auf keinen Fall gegen diese Annahme.
Inzwischen hat sich dort im schönen Weiltingen die Situation geklärt.
Das heimische Paar hat sich mit ziemlicher Sicherheit
durchgesetzt. Auf alle Fälle standen heute wieder das
unberingte Männchen sowie das beringte Weibchen auf dem Sägewerkskamin,
auch wenn alle Eier des Geleges mit Sicherheit zu Bruch gingen.
Bei der Fahrt in den Ort der
dramatischen Ereignisse fand ich in Witzmannsmühle – 8
Kilometer nördlich von Weiltingen einen Storch auf einer Scheune
stehen, der an Hals, Kopf, Brust und Flügelansatz deutliche Blutspuren
und Blessuren zu erkennen gab. Mit Sicherheit handelte es sich
dabei um den gestrigen Störer, der es aber auch nicht schaffte,
acht Kilometer nach Westen zu fliegen und vor der Linse der
Storchenkamera seine Aufwartung zu machen. Selbst ihn hätten wir
mit Freude begrüßt und ihm unsere Aufwartung gemacht.
Ach übrigens: Das neue Paar,
das sich zu Beginn der Woche im Landkreis neu angesiedelt hat, hält
Hof in Wittelshofen. Knapp 12 Kilometer östlich von Dinkelsbühl
baut es bereits fleißig am seit 1995 nicht mehr besetzten Nest auf
dem still gelegten Kamin der ehemaligen Molkerei.
|
24. Apr. 02
|
Lassen Sie mich heute nur einen ganz kurzen
Eintrag im Tagebuch platzieren. Auch Experten müssen einmal ein
wenig ruhen, so dass ich dies einmal (fast) für mich beanspruche.
Außer einem abermaligen Ausfall des T-DSL-Einwahlknotens in der
Region Dinkelsbühl um die Mittagszeit kann nichts Wichtiges vom
Nest berichtet werden. Auf beigefügten Schnappschüssen kann sich
jeder ein Bild der momentanen Nestsituation machen.

Heutiger Dohlenbexuch |

Heutiger Taubenbesuch |
Erlauben Sie mir deshalb einige Bemerkungen zu
meiner Person. Die Reihe dieser persönlichen Beiträge soll von
Zeit zu Zeit immer wieder ergänzt werden, so dass Sie sich ein
kleines Bild...

...Ihres so fleißigen (!?) Tagebuchschreibers
machen können.
Er wohnt in Feuchtwangen (12 Kilometer von
Dinkelsbühl entfernt), er besuchte in Dinkelsbühl das Gymnasium
und "baute" dort auch 1969 sein Abitur. Nach einem nicht
abgeschlossenen Studium der Biologie ließ er sich an der
Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität
Erlangen-Nürnberg zum Volksschullehrer ausbilden. Diesen Beruf übt
Ihr Experte mittlerweile im 24. Dienstjahr aus. Er unterrichtet
zurzeit eine 1. Klasse (die Schüler sind 6-7 Jahre alt), er selbst
zählt 52 Jahre. Er ist verheiratet und verfügt über drei Kinder
(eine Tochter und zwei Söhne). Ein ausgefeilter 5-Jahres-Plan ließ
den Storch im Hause Ziegler in den genannten Abständen in
Erscheinung treten. So bringen es die Tochter mittlerweile auf
stolze 23 Jahre, Sohn Nummer 1 auf 18 Jahre und Sohn Nummer 2 auf
bald 13 Jahre. (Die Reihe wird fortgesetzt!)
|
25. Apr. 02
|
Es ist schon zum Mäusemelken: Da erscheinen an der
Wörnitz wieder Störche an Nestern, die schon seit Jahren nicht
mehr besetzt sind, doch an unserem Nest tut sich leider weiterhin
(noch immer) nichts. Von Wittelshofen habe ich schon erzählt.
Dort fand die letzte erfolgreiche Brut 1994 statt und das Nest sah
zuletzt keinen Deut besser aus als das Dinkelsbühler Domizil im
Augenblick. Doch in der Gemeinde am Fuße des Hesselberges, der höchsten
Erhebung Mittelfrankens mit 689 m über dem Meeresspiegel wird seit
zwei Tagen so kräftig gebaut, dass sich die künftige
Storchenbehausung schon prächtig entwickelt hat. Mein am 5. April
gebautes Nest in Wilburgstetten entwickelt sich ebenfalls
schon zu einem Renner unter den Störchen, obwohl es erst seit dem
12.April den Giebel des über 30 Meter hohen Kirchturms ziert. Heute
stand und lag der erste Storch im Nest. Wie es mit den Bauarbeiten
am Kirchturm weitergeht – ein Gerüst reicht bis zum Storchennest
– kann ich im Augenblick noch nicht vorhersagen. Ich werde Sie
aber auch hierüber auf dem Laufenden halten.
|
27. Apr. 02
|
Die letzten Wochen verbrachte
ich ungezählte Stunden vor dem Monitor meines PC und starrte
gebannt und stets hoffend auf ein stets leeres Nest, in dem sich außer
einigen „artfremden Gefiederten“ keine Störche mehr
blicken ließen. Dass der Zustand des Nestes zuletzt einen
beklagenswerten Eindruck hinterließ, wurde von einigen „Sehern“
mit Sorge moniert und schon damit in Verbindung gebracht, dass keine
Störche mehr vorbeischauen wollten. Ihr Storchenexperte durfte während
der vergangenen Wochen immer wieder Trost spenden und Sie dazu
ermuntern, die Hoffnung doch nicht ganz aufzugeben. Bis Anfang Mai
gab ich mir selbst noch Zeit, auf die Ankunft eines Storchenpaares
zu warten. Danach wollte ich Sie schonend darauf vorbereiten, dass
mit einer Brut in Dinkelsbühl heuer wohl nicht mehr zu rechnen sei.
Auch – gestehe ich freimütig – waren die Diskussionen um den Zustand
des Nestes für mich ebenso belastend und ich überlegte schon,
ob ich nicht entgegen meiner persönlichen Haltung und Meinung dem
Nestabtrag Paroli bieten sollte und in der nächsten Woche
Nistmaterial ins Nest einarbeiten sollte.
Hier spreche ich gleichzeitig
ein nicht zu verkennendes Problem aller Webcams an. Durch viele
Seher (das ist ja an sich eine tolle Sache) wird auch ein
unheimlicher Druck aufgebaut. Einmal der große Erwartungsdruck,
bis Störche kommen (so wie bisher in Dinkelsbühl geschehen) und
ein Druck, möglichst viele Junge
im Nest zu erleben. Diesem Druck auch in Fällen, in denen
unpopuläre Entscheidungen getroffen werden müssen, standzuhalten,
wird nicht immer leicht sein und kann sicher auch zu Differenzen
zwischen den Betreuern der Webcam und Ihnen, lieber Nutzer, führen.
Seien Sie bitte nie enttäuscht, wenn es möglicherweise hier einmal
zu Spannungen kommen sollte. Als erfahrene Kenner der Materie über
mehr als 30 Jahre hinweg dürfen Sie unserem Sachverstand wenigstens
in Storchenangelegenheiten durchaus vertrauen.
Dies alles ging mir die letzten
Tage immer wieder durch den Kopf und auch heute morgen – dieser
Griff ist inzwischen schon zur Gewohnheit geworden – wählte ich
mich ins Internet ein und natürlich sogleich auf die Website www.storch.24.de.
Wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel – begann um 11:38
wieder einmal eine etwas längere Storchensichtung.
Sollte es jetzt endlich los
gehen? Fünf Minuten befanden sich
beide so im Nest und gaben über die Webcam ein prächtiges
Bild ab. Das Licht zauberte herrliche Konturen und ich malte mir
schon die Bilder der kommenden Wochen aus. Ein strammer Wind machte
Landung und Manövrieren nicht leicht.

Könnte so bleiben! Unberingtes Paar
seit 11:38 Uhr im Nest |

Lass mich mal vorbei! (Männchen rechts
deutlich größer als sein Weibchen) |

Gemeinsames Picken nach
vorhandenem Nistmaterial |

Schöner Blick von hier oben
|

Soll ich auch schon abfliegen? |

Da ist ja mein Gemahl schon wieder! |

Schau, da drüben ist die große Georgskirche! |

Gleich starte ich wieder!
|

Ja, wo ist er denn hin? |

Da bin ich in meiner ganzen Schönheit |

Abflug
|

Wiedervereinigung! |
-
10:54 Uhr fliegt einer ab
-
11:00 Uhr Nest ist leer
-
11:17 Uhr Paar landet
wieder
-
11:18 Uhr Abflug eines
Storchs

Dreht der schon wieder eine Runde? |

Der Ast muss hier rauf! |

Vom Winde verweht! |

Normalzustand gegen 16:00 Uhr |
Eine knappe Stunde bestand also
wieder Storchenkontakt und wie die zahlreichen Gästebucheintragungen
beweisen, gelang diesmal einigen Sehern die direkte Beobachtung
unserer Gäste Nummer 13 und Nummer 14. Eine Kontrolle am frühen
Nachmittag im Umfeld des Nestes und der Stadt Dinkelsbühl ergab
leider keinen weiteren Sichtkontakt, so dass ich schon fast wieder
glaube, dass Nummer 13 und 14 das Weite gesucht haben.
PS! Auf alle Fälle bedeutet
der heutige Storchenbesuch eine besondere Belohnung für uns alle, dürften
wir doch am frühen Nachmittag den 100.000. Besucher unserer
Website seit dem 16. Mai des Vorjahres begrüßen. Allen, die dazu
beigetragen haben, mussten ihr Kommen – hoffe ich – bisher nicht
bereuen.
|
Thomas
Ziegler
|