Storchenkamera

Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah

Teil 12

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17. Jun. 02

 

Ist doch schön, wieder Störche live zu sehen. Die leidigen Missstände mit der Übertragung sind seit den frühen Vormittagsstunden vorbei. Alles läuft und als ob sich unser Paar schon darauf gefreut hätte, präsentieren sich beide Störche auch gleich in ihrer ganzen Schönheit und bereiten dem einen oder anderen durch ihre permanente Anwesenheit Glücksmomente.


Du Rudi, die Übertragung funktioniert wieder!

Eine heiße Wetterphase ist eingeläutet, die unserem Paar natürlich wenig ausmacht, müssen sie ja nur für sich alleine Sorgen. Auf jeden Fall werden sie ab und zu auch eine Wasserstelle anfliegen, um ihren erhöhten Flüssigkeitsbedarf zu decken. Ansonsten sind Störche durchaus an hohe Temperaturen angepasst, man denke nur an die Paare im Inneren Spaniens, in Marokko, Algerien und Tunesien, die ungleich höhere Temperaturwerte ertragen und wegstecken müssen. Eine wichtige Möglichkeit, überschüssige Wärme dem Körper zu entziehen, besitzen Störche im thermoregulatorischen Beinkoten bei großer Hitze. Vögel., also auch unsere Störche, verfügen über keine Schweißdrüsen und müssen deshalb andere Strategien verfolgen, überschüssige Wärme dem Körper zu entziehen. Sie tun dies, indem sie einen besonderen Kot gezielt auf ihre Beine absetzen. Dadurch wird im bekoteten Bereich der hinteren Extremitäten durch Verdunstungskälte besagter Flüssigkeit eine Temperaturabsenkung erzielt, die etwas – aber immerhin ausreichend – Kühlung verschafft. Achten Sie also einmal bei der Betrachtung von Resi und Rudi auf deren weiße „Strümpfe“. Sie werden diese imaginäre Beinbekleidung so lange tragen, bis die Temperaturwerte deutlich unter die 30 Grad-Marke sinken. An  Hand der „Bekotung“ lässt sich also auch in Unkenntnis der tatsächlichen Temperaturwerte auf eine sehr hohe schließen. „Je weißer desto heißer“ sollte hierbei das Motto sein.

Resi und Rudi hielten es bis kurz nach 14 Uhr in ihrem schattenlosen Domizil aus. Erst danach suchten sie in den Wörnitzwiesen Abkühlung bzw. Nahrung und irgendwo werden sie an einem leicht „begehbaren“ Graben etwas Wasser getrunken haben. Erwartungsgemäß spät erreichten sie kurz vor 22 Uhr ihren jetzt kühleren, aber immer noch über 23 Grad warmen Schlafplatz. Friedlich und ohne jegliche Hast legte sich einer der beiden ins Nest, während der Partner neben ihm auf „Wache“ stand. 


Träumerei

18. Jun. 02

Die nächste Hitzeschlacht steht für heute ins Haus. Da heißt es die kühleren Morgenstunden mit Nestputz und eigener Körperpflege sinnvoll zu verbringen. Wie Sie sicher ebenfalls längst bemerkt haben, hat sich in der letzten Woche die Liebeslust unserer beiden Glücklichen auf Null minimiert. Man hat eingesehen, dass es nichts mehr wird mit einer so oder so gearteten Brut. Nun eingesehen hat man es natürlich nicht. Die Hormone.., na Sie wissen schon! Nicht einmal der Storch, der ja bekanntlich die Kinder bringt, betätigt sich aus freien Stücken sexuell. Alles Handeln wird ihm quasi aus sich heraus vorgeschrieben (also „per se“). Das habe ich doch schon einmal gehört. Waren es der Möllemann oder der Westerwelle in der leidigen Antisemitismus-Diskussion? Resi und Rudi wird’s ziemlich egal sein. Sie taten also das, was sie tun mussten und das hieß wieder: Nestanwesenheit mit kleineren und größeren Unterbrechungen bis gegen 14 Uhr. 


Gebrütet wird aber nicht mehr!

Rudi hat einen langen Hals!

Das hatten wir gestern aber ähnlich. Die letzte halbe Stunde vor dem endgültigen Abflug zur Siesta außer Haus in einem kühleren Biergarten war geprägt von heftigen Klapperattacken und ständigem „nach oben“ Sehen. Obwohl ich die Situation nur von zu Hause beobachten konnte, sah ich einen oder mehrere Fremde in diesem Augenblick virtuell über dem Nest kreisen. 

An alle potentiellen Feinde. Wir behaupten die Stellung!

Auch im westlichen Mittelfranken war man als Mensch bestrebt, Schutz im Schatten zu suchen. Im Nest oder knapp über dem Nest war die Temperatur in der Sonne auf  deutlich über 40 Grad gestiegen, im besagten Schatten waren es immerhin ebenfalls schlappe 34 Grad. Wo mochten Resi und ihr Angetrauter sein. Diese Frage beschäftigte mich, je später ich einen Blick ins Nest warf. Auch nach 22 Uhr blieben Dach und Nest verwaist und als gegen 22:25 Uhr das Licht erlosch, hatte sich die Situation nicht geändert. Die zweite Storchencam bei Wilfling offenbarte eine halbe Stunde später nichts anderes. Die beiden blieben also zumindest bis 23 Uhr verschwunden.

19. Jun. 02

Mit einem etwas bangen Blick öffnete ich heute morgen gegen 6:45 Uhr das Fenster zum Storchennest-Dinkelsbühl. Und ich sah einen Storch. Also waren beide nicht weit weg, als ich sie gestern vermisste. Blieben sie doch tatsächlich in einem Biergarten oder auf einem Dach der näheren Umgebung hängen? Oder ließ die laue (um 23 Uhr noch 24 Grad) und von einem zunehmenden Mond geprägte Nacht sogar noch einen Anflug des Nestes nach 23 Uhr zu? Möglich ist alles. Als dann um 7:20 Uhr das Paar im Nest aufleuchtete, waren meine letzten Befürchtungen schon wieder zerstoben und einem weiteren Tag mit Resi und Rudi stand nichts mehr im Wege. 


Hier ist es doch am schönsten

Dann herrschte noch einmal um die Mittagszeit etwas Betrieb im Nest, bis schließlich die seit Tagen bekannte Ruhe einkehrte. Und wieder muss ich die Antwort nach dem Verbleib von Resi und Rudi schuldig bleiben. Sie zogen es auch heute vor, die Nacht wieder auswärts zu verbringen. Die unerträgliche Schwüle des heutigen Tages zauberte zum Einbruch der Dunkelheit malerische Blitze über die Dächer der Dinkelsbühler Altstadt, doch unsere Störche wurden anderswo Zeugen des nächtlichen Schauspiels. Außer einigen wenigen Regentropfen blieb die Stadt vor Unbill verschont, Blitz und Donner blieben in einiger Entfernung hängen.

20. Jun. 02

Der zweite Tag in Folge ohne Übernachtungsgast bedeutete auch den zweiten Tag in Folge ohne morgendliches Liebesgeflüster. Von der Wetterfront sind keine Neuigkeiten zu vermelden, wenn auch die größte Hitze gebrochen ist und trotzdem die Temperaturen bei fast 90%iger Luftfeuchtigkeit unerträglich erscheinen. So blieb es wenigstens spannend, wann sich Rudi und Resi wieder am Nest einfinden würden. Ich sah sie erstmals um 13:45 Uhr gemeinsam im Nest.


Hier ist noch alles in Ordnung!
Ziehen wir uns wieder
in unser Versteck zurück!

Als um 14:17 Uhr wieder einmal  die Aktualisierung der Bilder ausblieb, sah man nur noch einen der Störche und mit dem Wiedereinsetzen der Live-Bilder gegen 14:45 Uhr blickte man bereits auf ein leeres Nest. Und das blieb so den gesamten weiteren Tag. Doch was lange währt, wird endlich gut! Heute um 21:14 Uhr erschienen Resi und Rudi innerhalb einer halben Minute – also durchaus gemeinsam – am Nest.


Gelandet

Ein kurzes nachmittägliches Gewitter mit vereinzelten Hagelkörnern und ganz wenig Regen hat die Außentemperatur zum Zeitpunkt des Anfluges unserer beiden Glücksbringer auf 20 Grad gedrückt. Endlich wieder Gelegenheit zum Durchatmen. Ähnlich wird es auch Resi und Rudi ergehen und schon kurz nach ihrer heutigen Punktlandung bezieht Rudi seine Liegestellung im Nest und lässt Resi stehend in die Nacht dösen. Wechsel nicht ausgeschlossen und das auch bei völliger Dunkelheit und ohne Zuschauer!


Rudi, der Storchenexperte freut sich, wenn er uns wieder sieht!

21. Jun. 02

Eine leichte Abkühlung lässt Storch und Mensch die Morgenstunden heute etwas unbeschwerter genießen. Lagen in den vergangenen Tagen die Tiefsttemperaturen um die 20 Grad, so sind es zum gegenwärtigen Zeitpunkt „nur“ 16 Grad. Resi und Rudi haben nach einem Aktivitätsminimum in der Nacht und einem ersten „Futterflug“ um 6:45 Uhr Gefiederpflege auf dem Tagesplan. Sehr schön präsentieren sie ihre vom „Spezialkot“ weiß gefärbten Beine und durchschnäbeln ausdauernd weite Teile ihres Gefieders. Mit zunehmender Hitze verlassen unsere Nestbewohner am späten Vormittag ihre Behausung und bleiben fortan verschwunden. 


Resi, das neue „Weiß“ steht mir
besonders gut

So lässt sich die Hitze
ganz gut ertragen

Ein erneuter Kameraausfall – dies wurde in dieser Woche eine regelmäßige Einrichtung – ließ uns später nur noch ein Standbild, das ein leeres Nest zeigte, genießen. Schade, dass die Übertragung eines Live-Bildes zum gegenwärtigen Zeitpunkt so unzuverlässig erfolgen kann. Aus sicherer Quelle verlautete jedoch, dass Resi und Rudi zum Einbruch der Nacht abermals auf dem Rathausdach erschienen.

22. Jun. 02

Die ersten Kamerabilder nach dem Wieder-Hochfahren des Computers zeigten Resi und Rudi gemeinsam gegen 8:50 Uhr im Nest. Es folgte das Normalprogramm bis zum Abflug gegen 10:30 Uhr: Stretching, Gefiederpflege, Liegen und Stehen im Wechsel. 


Resi beim morgendlichen Stretching...

Kopflos!

Gleich darfst Du Dich legen, Resi!

Hoppla, beinahe wäre ich vom Dach gerutscht

Was Resi und Rudi wahrscheinlich nicht wussten: Es näherten sich oder hatten sich bereits um die Mittagszeit einige ihrer hartgesottensten Fans Dinkelsbühl gefährlich genähert. Frauenpower im Anmarsch! So ganz stimmte dieser Wahlspruch nicht, denn im Gefolge Barbaras konnte man auch einen männlichen Rudianer oder besser Resianer ausmachen. Dass das Haus Wilfling wegen seiner zentralen Lage ein gut gewählter Treffpunkt der auserlesenen Gruppe darstellte, blieb außer Frage. So nahmen allmählich alle bisher nur virtuell existierenden Personen Gestalt an und wurden zu ausnahmslos herzlichen, fachkundigen und liebenswerten Personen. Da konnte man Natty – auf Ihre Initiative ging letztlich das Spontantreffen zurück – ebenso begrüßen wie Katharina, die nur mit Bus und Bahn reist und den beschwerlichen Weg nach Dinkelsbühl – die Bahnlinie dorthin ist seit Jahrzehnten eingestellt – schnell entschlossen gefunden hatte. Roswitha durfte in der Runde ebenso wenig fehlen wie Elke, die als einzige bereits im vergangenen Jahr Dinkelsbühl und seine Störche persönlich in Augenschein genommen hatte. Vom Überraschungsgast Barbara mit Begleitung habe ich bereits gesprochen. Ihr Kommen entsprang einem sehr spontanen Entschluss.

Nach einer kurzen technischen Einführung in die Geheimnisse der Webcam wehselten alle Resianer unter Führung eines überaus charmanten Fremdenführers – es darf gerätselt werden – auf den benachbarten Weinmarkt, um dort vor der „Sonne“ im Schatten Erfrischung und leibliches Wohl zu finden. Man konnte sich diese Vorgehensweise leisten, zumal Resi und Rudi schon seit über zwei Stunden durch Abwesenheit glänzten und nicht zu befürchten war, dass sich an diesem Umstand irgend etwas ändern sollte. In dieser Konstellation stieß Ihr Tagebuchschreiber zu der illustren Gesellschaft und überreichte jeder Resianerin als Erkennungszeichen eine Storchenfeder. Dass die Feder einem Dinkelsbühler Brutstorch des Jahres 1996 entstammte, der in den Wörnitzauen das Zeitliche gesegnet hatte und überdies aus Brandenburg stammte – Nattys Heimat sehr nahe – gab der Geschichte eine besondere Würze. Da die Damen und Jürgen in Barbaras Begleitung ja nicht nur zum Vergnügen in die schöne Stadt an der Wörnitz geeilt waren, folgte nun ein umfangreiches Storchenprogramm. Wenn schon Resi und Rudi nirgends zu finden waren, nahm man sich wenigstens ihre Vorgänger im Rathausnest zur Brust und reiste die 10 Kilometer flussaufwärts gen Mosbach, jenen Ort, an dem die letztgenannten Ausreißer erfolgreich gebrütete hatten. Man fuhr entlang der Wörnitz nach Norden, sah die Froschmühle, in deren Umgebung Resi und Rudi des öfteren schon bei der Nahrungssuche gesichtet wurden – nur heute eben nicht – erreichte die Pulvermühle und einige Kilometer weiter südlich von Larrieden entdeckte Natty – sie saß im Auto des Storchenexperten, einer Großraumlimousine, auf dem Beifahrersitz und hatte damit den besten Ausblick - den ersten Storch. Es handelte sich dabei um das unberingte Männchen des Mosbacher Brutpaares, das vom 15. Februar bis zum 16. März das Nest in Dinkelsbühl besetzt hatte. Nachdem alle sieben Autoinsassen ausgiebig ihre Kameras in Richtung Storch gehalten hatten, setzte die Gruppe ihre Expedition fort und musste anschließend feststellen, dass die Innentemperatur des Autos mittlerweile tropische Werte erreicht hatte. Doch aller Schweiß war vergessen, als das Storchennest von Mosbach in Sicht kam. Der Aufstieg auf den wuchtigen Turm der einstigen Wehrkirche war Voraussetzung für einen eindrucksvollen Blick in das mit drei Jungen besetzte Nest. Ein mitgebrachtes Spektiv erlaubte allen Exkursionsteilnehmern einen eindrucksvollen Nahblick auf die sieben bis knapp acht Wochen alten Jungen. Da die Mosbacher Jungstörche auch Ringe tragen, konnten sich alle noch im Ablesen der Ringinschriften üben. Überschattet war der Turmbesuch vom mehrmaligen Schlagen der Turmuhr, das – trotz Vorwarnungen – bei einigen Reiseteilnehmern Angst und Schrecken auslöste. Die Fütterung der Jungen durch das Weibchens bildete abschließend den Höhepunkt dieses Programmteiles und ließ die Rückfahrt nur schweren Herzens ins Auge fassen. Für Katharina hieß es – wieder in Dinkelsbühl zurück – Abschied zu nehmen und die Rückreise nach Frankfurt anzutreten, während der Rest es sich nehmen ließ, die 220 Stufen des Münsterturmes zu erklimmen, um aus 64 Metern Höhe einen überwältigenden Überblick über Rudis und Resis Sommerheimat zu gewinnen. Während die Nestbewohner weiter durch Abwesenheit glänzten, entschädigten doch die Münsterdohlen ein wenig für entgangenes Storchen-Feeling. Als die Reisegruppe am späten Nachmittag auch Roswitha durch Abreise verlor, blieb nur noch der harte Kern zurück. Natty, Barbara und Jürgen begaben sich wieder in den Schatten in der „Sonne“, der Tagebuchschreiber machte einen Kurzbesuch zu Hause und gesellte sich anschließend mit Gattin noch einmal zur Mannschaft der Resianer. Sie sahen noch, wie der Nachtwächter seine Runde zog, wie Barbara und Jürgen die Heimreise antraten und wie Resi und Rudi – die gab es doch tatsächlich auch noch – gegen 22 Uhr Quartier bezogen. Als der Tagebuchschreiber und seine Frau kurz vor Mitternacht das Bild der Webcam auf dem heimischen PC betrachteten, mussten sie feststellen, dass seit Stunden die Übertragung vom Storchennest wieder hing. Halb so schlimm für uns vor Ort, jedoch schon schlimm für die, die nicht dabei sein konnten und nur in dieser jetzt vorliegenden Form über einen wunderschönen Tag Bericht erhalten.    

23. Jun. 02

Während Resi und Rudi in die Nacht dämmerten, sah man, wie Natty noch eine ganze Weile durch die engen Gassen Dinkelsbühls schlenderte und einen schönen Tag Revue passieren ließ. Dass die Live-Kamera auch am Sonntagmorgen keine aktualisierten Bilder lieferte, konnte unserer Besucherin nichts anhaben. Sie wartete ab 6 Uhr auf dem Steinbänkchen vor der Adler-Apotheke und ihr Warten wurde auch kurz darauf belohnt. Resi und Rudi kamen zur morgendlichen Begrüßung von ihrem ersten Nahrungssuch-Ausflug zurück. Da wurde manches Bild geschossen und manche Freudenträne zerdrückt.

Zum Glück funktionierte wenigstens die „Ersatzlösung“ in puncto Übertragungstechnik an diesem Tag und so blieb die lange Anwesenheit des Paares während der Vormittagsstunden doch nicht ganz verborgen. Gegen 13 Uhr hieß es wieder Abschied nehmen von unserem Paar, kein Wunder bei diesem Prachtwetter mit eitel Sonnenschein und annährend 30 Grad im Schatten. Bei der ausgiebigen Gefiederpflege verlor einer der Störche eine weiße Feder des Großgefieders. Der Wind spielte gelegentlich mit ihr, brachte es aber nicht fertig, sie vollends über „Bord“ zu blasen.


Hier hat Häuptling „Weiße Feder“ etwas verloren

Resi kam zum Nachmittagskaffee noch einmal schnell am Nest vorbei, um ihren Besuch nach einer knappen Stunde zu beenden. Inzwischen konnte man sich auch an einem wieder alle zehn Sekunden aktualisierten Bild erfreuen.


Rudi wird auch bald kommen

Gegen 20 Uhr zogen im westlichen Mittelfranken die ersten Gewitter auf und auch ums Dinkelsbühler Nest wurde es früher als sonst ungewöhnlich dunkel. Unsere Störche erschienen deshalb früher als sonst am Nest. Storch Nummer 1 stand um 20:47 Uhr, die Nummer 2 um 20:48 Uhr im Nest. Das bedeutete, dass beide gleichzeitig oder unmittelbar nacheinander im Nahrungsgebiet abgeflogen waren, so wie es Paare, die keine Brut zu versorgen haben, regelmäßig tun. 


Ist die weiße Feder von dir, Resi?

Man begann sich bereits für die Nacht einzurichten (Rudi legte sich, seine Partnerin stand neben ihm), als aus unersichtlichen Gründen Resi gegen 21:20 Uhr noch einmal abflog. Dies geschah in den vergangenen Wochen noch nie. Entweder flogen beide zusammen ab und blieben dann gemeinsam dem Nest fern. Aber dass einer allein in der Nacht zurückblieb, das war neu. Ich kann mir dieses Verhalten eigentlich nur in Zusammenhang mit den Witterungsverhältnissen erklären. Wurde Resi von einem Donner oder Blitz so sehr erschreckt, dass sie das Weite suchte? Erwischte sie ein großes Hagelkorn, so dass sie vor Schreck abflog? Auf alle Fälle traf der Zeitpunkt des Abflugs mit dem Beginn des Unwetters zusammen. Auch wenn ich einmal dachte, im Halbdunkel gegen 22 Uhr zwei Störche gesehen zu haben, ist dies nur eine höchst zweifelhafte Beobachtung. Besonders Richtung Wilburgstetten – in einem Gebiet, das ein bevorzugtes Nahrungsgebiet von Resi und Rudi darstellt – tobte das Unwetter besonders heftig mit großen Schäden an Gebäuden und auf den Feldern. Vom Mais blieben nur zerfetzte und geknickte Halme übrig, als die Tischtennisball großen Hagelkörner auf sie niederprasselten. Rudi legte sich bei Beginn des Unwetters ins Nest und schien so die beste Technik gefunden zu haben, ohne größere Blessuren davon zu kommen. Als das Licht für eine Übertragung von Bildern nicht mehr ausreichte, senkte sich die Nacht über eine ungewisse Zukunft und die Frage tauchte immer bohrender auf: Wo ist Resi?

24. Jun 02

Der erste bange Blick galt am Morgen unserem Nest. Ein Altstorch stand – kaum erkennbar – im arg „betrübten“ Nest. Offensichtlich haben die Witterungseinflüsse nicht nur Resi in Bedrängnis gebracht, sondern auch der Kamera Schaden zugefügt. So wie es jetzt aussieht, scheint Regenwasser irgendwo eingedrungen zu sein oder ein anderer Defekt täuscht eine solche Wirkung vor Bei aller Tragik erinnert diese Weichzeichnung der Bilder mit einem markanten Schleier doch sehr an die Aufnahmetechnik der Erotikstreifen eines David Hamilton. Nur in unserem Fall ist diese filmische Verfremdung unbeabsichtigt und hoffentlich nur von kurzer Dauer. Rudi scheint auf alle Fälle (wenigstens etwas!) das Unwetter äußerlich unversehrt überstanden zu haben. Dass er allerdings so unendlich ratlos und einsam stundenlang im Nest verbringt, verheißt nichts Gutes. Wenn Resi in der Lage wäre zu Rudi zu gelangen, würde sie es zweifellos versuchen. Also bleiben für weitere Spekulationen Tor und Tür geöffnet. Im schlimmsten Fall ist Resi tot. Sie geriet in das gestrige Unwetter, wurde von den Böen erfasst, gegen eine Leitung oder ein anderes Hindernis geschleudert, vom Hagel erschlagen...(ich glaube, ich kann hier abbrechen!). Eine andere Möglichkeit sieht so aus: Resi lebt. Sie hat durch die Ereignisse des gestrigen Abends einen Schock erlitten, der ihr zu schaffen macht. Verbunden mit diesem traumatischen Erlebnis könnte es durch den Hagel zu Prellungen gekommen sein, die ein Fliegen erschweren oder nur unter Schmerzen ermöglichen. In einem solchen Fall würde Resi nur so viel fliegen wie unbedingt nötig ist und das reicht halt momentan nicht mehr bis zum Nest. Bei der nachsuche am Nachmittag konnte ich gleichzeitig zwei Störche im Raum Dinkelsbühl sichten.


Sieht zwar aus wie zwei, aber Resi ist immer noch nicht da...

Der eine – Rudi – stand im Nest, ein zweiter (vielleicht Resi) befand sich gegen 19 Uhr etwa 2,5 Kilometer nördlich des Nestes in einer frisch gemähten Wiese. Da ich nicht halten konnte, kam ich erst eine gute halbe Stunde später an der Stelle wieder vorbei und konnte keinen Storch mehr entdecken. Ob sich dieser trotzdem noch in der Nähe aufhielt, blieb mir allerdings verborgen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit änderte sich am Ermittlungsstand nichts mehr. Resi blieb verschwunden. Und auch als Rudi um 20:57 Uhr im Nest landete, wartete er auf seine Partnerin vergeblich. Erstmals seit dem Erscheinen des Paares am 28. Mai musste Rudi eine Nacht auf Resi verzichten.

Das Bild der Kamera verbesserte sich an diesem Tag leider auch nicht, so dass bald keine Hoffnung mehr besteht, ohne einen Reparatureinsatz auszukommen. Drücken Sie weiterhin die Daumen, dass (und das ist das Wichtigste!) Resi nur eine vorübergehende Auszeit nimmt und bald wieder zu Gast im Storchennest sein wird. 

25. Jun. 02

Weiter Warten auf Resi. Statt „Pärchen satt“ gibt es am frühen Morgen wieder nur Rudi allein! Soweit die schlechte Bildqualität es zulässt, scheint Rudi nach wie vor auf etwas zu warten. Er verhält sich anders, als wenn seine Partnerin greifbar wäre oder er wüsste, dass sie nur kurz abgeflogen sei. Aus einem weich gezeichneten Bild nach Art „David Hamilton“ ist ein bereits fast blindes Etwas geworden, das mehr an die Struktur eines Golfballs erinnert als an ein Storchennest. Jetzt sind die Betreiber der Website ernsthaft gefordert, nach einer Lösung zu suchen. Warum Teile des Bildes im rechten unteren Randbereich gewohnte Qualität zeigen, der Rest dagegen Schweigen heißt, vermag ich nicht ganz zu beurteilen. Heute Mittag erreichte uns alle eine Eilmeldung, nach der ein Schnappschuss des Nestes vorliegt, auf dem zwei Störche im Nest zu sehen seien. 

Bei der Betrachtung des Bildes scheint dies tatsächlich der Fall zu sein, doch habe ich da so meine Zweifel. Als ungläubiger Thomas werde ich erst an diese Möglichkeit glauben, wenn ich mich mit eigenen Augen davon überzeugt habe. Wenn es tatsächlich Resi war, die da bei Rudi im Nest zu stehen scheint, warum war sie so schnell wieder verschwunden? Warum konnte die Beobachtung niemand sonst erbringen? Lauter Fragen, denen ich heute noch nachgehe. Erwarten Sie also weitere Enthüllungen zum Fall „Resi“! 

Am Spätnachmittag durchkämmte ich die Umgebung von Dinkelsbühl, um einen Hinweis auf  den Aufenthaltsort von Resi zu erhalten. Während Rudi zum fraglichen Zeitpunkt im Nest lag und weiter auf Resi zu warten schien, entdeckte ich etwa 7 Kilometer nördlich von Dinkelsbühl im Mündungsbereich der Zwergwörnitz in die Wörnitz zwei Störche, die in einer frisch gemähten Wiese standen und Gefiederpflege betrieben. Um sicher zu sein, in welcher Verfassung beide Störche waren, näherte ich mich ihnen (der deutliche Größenunterschied der beiden signalisierte sofort, dass es sich dabei um ein Paar handeln musste) unter Fluchtdistanz. Die beiden flogen auf, um wenige Hundert Meter weiter wieder zu landen. Dabei war unschwer zu erkennen, dass bei keinem der Störche irgendeine Beeinträchtigung des Flugvermögens feststellbar war und beide keinen Ring trugen. Könnte der weibliche Storch vielleicht doch Resi gewesen sein, die sich einem neuen Partner angeschlossen und Rudi den Laufpass gegeben hatte? Ich halte diese Möglichkeit für sehr unwahrscheinlich und möchte sie deshalb auch nicht als den letzten Strohhalm für die Existenz Resis betrachten. Alles weitere Suchen blieb erfolglos. Resi bleibt verschwunden und auch die Schnappschüsse mit zwei Störchen im Nest von heute Mittag können mich nach wie vor nicht überzeugen. Ich halte sie für optische Täuschungen hervorgerufen durch die tropfenartigen Strukturen auf dem derzeitigen Kamerabild. Je nach Lichteinfall – ich konnte dies selbst erleben – schien sich die Silhouette des Storches durch die Tropfenstruktur zu spiegeln. Auch erschien mir bei Anwesenheit nur eines Storches dieser durch Verzerrungen und ähnliche Einflüsse des gestörten Kamerabildes doppelt im Nest zu stehen. Bei der nächsten Einstellung hatte man dann schon wieder einen gänzlich anderen Eindruck. Deshalb bitte ich, bei der Bewertung der Schnappschüsse vorsichtig zu sein. Resi war es auf keinen Fall, denn die wäre – einmal im Nest gelandet – auch geblieben und wäre wieder regelmäßige Besucherin des Nestes geworden. Dem ist aber leider nicht so und deshalb meine Zweifel! Auch an Rudis Verhalten wird deutlich, dass seine Partnerin noch nicht zurückgekehrt ist. Er verbringt jetzt wieder viele Stunden – auch während der Nachmittage – im Nest. Dies tat das Paar zuletzt nie mehr mit dieser Intensität und weiterhin gibt es keinen neuen Beleg eines Paares im Nest. Erst um 21 Uhr verließ Rudi heute Abend noch einmal das Nest und als er gegen 21:45 Uhr wieder erschien, kam er allein und so blieb es auch eine weitere Nacht.

Die Kamera bereitet derweil weiterhin große Sorgen und es steht fest, dass wir um eine Reparatur nicht herumkommen werden. Wie umfangreich und wie erfolgreich sie letztlich ausfallen wird, muss abgewartet werden.


"Nebelbild", digital nachbearbeitet

Nach so viel Schmerz und Herzeleid noch ein erfreulicher Blick in unser Partnernest nach Mosbach. Die dortigen Drillinge haben das Hagelunwetter augenscheinlich unverletzt überstanden, auch wenn um Mosbach viele Maispflanzungen ebenfalls zerstört oder schwer geschädigt sind.

26. Jun. 02

Zu sehen gibt es heute ganz wenig. Die erhoffte Besserung der Bildqualität, die sich gestern am Abend abzuzeichnen schien, ist ins Gegenteil umgeschlagen. Man durfte froh sein, Rudi im „Nebel“ auszumachen oder sich ärgern und weiterhin im Trüben fischen.

Ich möchte unsere Fangemeinde noch bis zum kommenden Samstag vertrösten. Erst dann wird es uns möglich sein, einen Reparaturversuch an der Kamera vorzunehmen. Die Freiwillige Feuerwehr Dinkelsbühl wird um 17:30 Uhr mit ihrer Drehleiter anrücken und die Arbeiten unterstützen. Wir tun dies, da zum jetzigen Zeitpunkt keine Gefährdung für Leib und Leben der Störche besteht. Es werden weder Eier bebrütet noch sind Junge zu versorgen. In einem solchen Falle stünde sicher der Schutz der Störche über den Interessen der Webcam-Seher. Das Schlimmste, was uns am Samstag passieren könnte, wäre der Abflug von Rudi und/oder Resi während des Einsatzes der Drehleiter. Dieser Abflug hätte dann zur Folge, dass die „Betroffenen“ bis zum Ende der Arbeiten das Nest nicht mehr aufsuchen (lässt sich sicher verschmerzen). Im besten Fall bemerkt Rudi (ich verwende lieber doch nur seinen Namen) von dem ganzen Unternehmen gar nichts und erscheint erst, nachdem die Helfer wieder abgezogen sind. Merken Sie sich also den genannten Termin schon einmal vor und werden Sie Zeuge einer hoffentlich erfolgreichen Unternehmung.! Auch heute gab es – wenn es etwas zu sehen gab – nur Rudi. Unermüdlich hielt er Stellung im Nest und wenn er einmal abflog, war er bald darauf wieder zur Stelle. Zuletzt – es ist jetzt 17 Uhr – tat er dies um 16:22 Uhr. Das Bild ist nicht berauschend, jedoch im Mittelteil (dort, wo Rudi meistens steht), gibt es wieder einmal ein paar Aufhellungen. Einzig in einer solchen tropfenfreien Zone lassen sich Schnappschüsse erzielen, die das reale Geschehen festhalten.

Die Live-Beobachtung, die heute Nachmittag Herrn Wilfling gelang, lässt so manches wieder in einem neuen Licht erscheinen. Tatsache ist: Rudi wartet weiterhin vergeblich auf die Rückkehr seiner Partnerin. Wenn diese sich nicht mittlerweile mit einem neuen Partner vergnügt, was angesichts des zeitlichen Aufeinandertreffens ihres Verschwindens mit dem schlimmen Unwetter eher unwahrscheinlich ist, könnte ein neuer Storch bzw. eine neue Störchin ins Spiel kommen. So sah Herr Wilfling, als er gestern gegen 15:30 Uhr sein Geschäft unmittelbar gegenüber des Storchennestes verließ – die Kamerabilder waren gerade zu diesem Zeitpunkt mit katastrophal zu bezeichnen – auf dem Kamin des Horstgebäudes einen zweiten Storch stehen, der von Rudi nach kurzer Zeit attackiert und verjagt wurde. Danach landete Rudi wieder im Nest und flog schließlich dem Eindringling in Richtung Süden nach. Mit Resi wäre Rudi sicher nicht in dieser Weise verfahren. So muss es eine neue Storchin / ein neuer Storch gewesen sein, der die Stelle von Resi einzunehmen versuchte. Wir sollten also in den nächsten Tagen eher mit einer solchen neuen Lösung liebäugeln als weiter auf die Rückkehr der alten Partnerin zu hoffen. So erscheinen auch die Schnappschüsse, auf denen so etwas wie zwei Störche gesichtet und festgehalten wurde, in einem neuen Licht. Ein kurzzeitiges Fuß Fassen im Nest wäre für einen neuen Partner/Partnerin denkbar. Es müsste doch möglich sein, das Nest bei vielen Beobachtern rund um die Uhr zu kontrollieren und solche kurzen Begegnungen im Nest festzuhalten.

Nach seinem abendlichen Einflug blieb Rudi auch in dieser Nacht allein. Er kam gegen 20:45 Uhr und blieb, bis die Nacht sich über das Nest senkte. 


Mit Resi war es in der Nacht schöner!

Von einem zweiten Storch keine Spur. Das Kamerabild verlor zum Abend hin einen Teil seiner Tropfenstruktur und konnte – im Vergleich zu den letzten beiden Tagen sogar als ausgesprochen gut bezeichnet werden. Hoffentlich bleibt dies so, bis die Reparatur wieder für gewohnte Bildqualität sorgen wird.

27. Jun. 02

Rudi begrüßte in der Morgensonne die Fangemeinde.


Mein Platz neben mir ist weiter leer!

Für Elke musste es ja ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein, als sie kurz nach 6:00 Uhr das Glück hatte, ein Storchen-Doppelpack im Nest anzutreffen. Leider blieb dies wieder nur eine Eintagsfliege, nährt aber immerhin die Hoffnung, dass sich demnächst Entscheidendes ereignen könnte. Das Kamerabild – und leider kommt man in diesen Tagen nicht ganz ohne diese Hinweise aus – macht heute einen insgesamt besseren Eindruck. Man hat erheblich weniger Mühe, Storch oder nicht Storch klar zu trennen. Rudi scheint mit dem weißen Etwas, das den ganzen Tag durchs Nest flattert, wirklich andeuten zu wollen, dass es an der Zeit ist, die Linse zu polieren. Wenn das aber so einfach wäre! Ohne mich ganz festlegen zu wollen, muss es sich bei dem „Ufo“ um ein Stück Plastikfolie oder einen ähnlich gearteten Gegenstand handeln. Rudi oder der Wind legte bzw. blies diesen mal in diese Ecke, mal in jene Ecke des Nestes. 

Ob die Neue meine schmucke Nestausstattung gut findet?

Ich konnte auch bei einem erneuten Besuch in der Stadt an der Romantischen Straße am frühen Nachmittag nichts feststellen, was die Existenz eines zweiten Storches bestätigt hätte. Die lange Anwesenheit von Rudi (er lag zum Zeitpunkt meines Besuches schon über eine halbe Stunde im Nest), lässt allerdings vermuten, dass er mehr weiß als wir.

Von den Nachbarnestern gibt es weiterhin gute Kunde: In Weiltingen (hier kam es nach einem Gelegeverlust durch Kämpfe zu einem Nachgelege wie in Vetschau) sind zwei Junge inzwischen gut drei Wochen alt. Das Unwetter streifte den Ort so gerade und hinterließ nur geringe Schäden. Von einem Jäger erfuhr ich, dass er ein vom Hagel getötetes Rehkitz in seinem Revier fand. In Wittelshofen gibt es ebenso wie in Wassertrüdingen jeweils zwei Junge, die etwa vier Wochen alt sind. 

Rudi blieb auch für den Rest des Tages seiner Linie treu. Er flog zum Übernachten in alt bewährter Weise an und gab der Sehergemeinde wenigstens einen nur leicht getrübten Einblick in sein Schlafquartier. 


Wenn Rudi wüsste...!?

28. Jun. 02

Die Geschichte des heutigen Tages kann schnell erzählt werden. Rudi blieb während der gesamten „sichtbaren“ Zeit allein


Lonely Boy!

Die Kamerabilder ließen zwischendurch mal mehr mal weniger erahnen, nur gut, dass morgen die Reparatur ansteht und wir dann wieder klare Verhältnisse vor uns haben. Unter den augenblicklichen Gegebenheiten macht es bald keinen Unterschied, ob die Bilder regelmäßig aktualisiert werden oder doch nur die „Notcam“ funktioniert.

Rudi hielt über viele Stunden Wache am Nest und verabschiedete sich bis in den Nachmittag hinein immer nur kurz. Dass er auch die Nacht wieder im Nest verbrachte, überrascht in keiner Weise mehr. Nur noch einen Tag Warten, dann ist Rudi wieder voll „im Bilde“!?

29. Jun. 02

Rudi hält nach wie vor die Stellung. Warum ausgerechnet heute die Übertragung der Live-Bilder schon am Vormittag ausfällt, wird ein ungelöstes Rätsel bleiben. Es werden immer vollmundige Versprechungen oder Absichtserklärungen abgegeben, im Ernstfall entpuppt sich alles dann ganz schnell als ein unlösbares Rätsel. Es kann doch nicht angehen, dass – wie im heutigen Fall – keiner in der Lage ist oder sein will, die Bilder wieder zum Laufen zu bringen. Wenn alles dann – wie so häufig – an einem Wochenende stattfindet, ist dies ganz besonders ärgerlich. In dieser Beziehung muss sich dringendst etwas ändern, vielleicht in Form eines Notdienstes, sonst laufen wir Gefahr in Kreisen der Seher, die uns nur gelegentlich besuchen, als Dilettanten und Stümper angesehen zu werden. Wer den Anspruch erhebt, qualitativ gute Arbeit zu leisten und durch seine Arbeit auch eine gute Akzeptanz erzielt, läuft Gefahr, durch diese Unzulänglichkeiten in seiner Arbeit behindert zu werden. Es macht wahrlich keinen Spaß, täglich einige Stunden an Zeit zu opfern, um sich dann ununterbrochen noch mit technischen Schwierigkeiten auseinander setzen zu müssen. 

Das musste ihr Tagebuchschreiber einmal los werden, um nicht – wie in den letzten Wochen so oft – frustriert und genervt vor einem blinden oder ausgefallenen Bild zu stehen. Ein gutes Team ist nur so viel wert wie sein schwächstes Mitglied!

So sah man heute eben entgegen der Ankündigungen nichts – oder fast nichts (die Notcam lief ja noch!) – von den Reparaturarbeiten an unserer Kamera.

Die ausführliche Darstellung der Aktion mit zahlreichen Bildern aus der Vogel- und aus der Fußgängerperspektive würden den Rahmen dieses Tagebuchs sprengen, deshalb haben wir dem Bericht eine eigene Seite eingeräumt.

Rudi flog vor 21 Uhr noch einmal auf Nahrungssuche und stellte sich anschließend ein weiteres Mal zur Übernachtung ein.

30. Jun. 02

Schreck in der Morgenstunde! Dass die Bilder auf unserer Hauptseite nach wie vor ausbleiben, ist ja schon zur Gewohnheit geworden. Die Gründe sind Ihnen ja längst bekannt. Herr Wilfling hat ein Geschäft in Dinkelsbühl, seine Wohnung ist in Feuchtwangen, die Technik befindet sich in dieser Zeit also 13 Kilometer entfernt. Das sind kaum zu überbrückende Hemmnisse. Doch mit diesem Schreck haben wir ja gelernt umzugehen. Etwas anderes verbreitete weit mehr Unbehagen. Was sah man auf der so oft beschworenen Notcam? (Warum arbeitet eigentlich der Computer, über den diese Bildsignale laufen, besser als der über den die Signale der Bilder für die Hauptseite laufen. Eigenartig! Zufall?) Man sah auf alle Fälle wenig. 


Kurz nach der Aktion...


... und am nächsten Morgen

Die Scheibe im Gehäuse der Übertragungskamera ist seit der gestrigen Reparatur wieder beschlagen. Es befindet sich also immer noch Restwasser im Kameragehäuse, das selbst nach der gestrigen Öffnung nicht restlos verdunsten konnte. Nun haben wir ein gleichmäßig vernebeltes Bild und die Gewissheit, dass der gestrige Einsatz wenig gebracht hat. Also richten wir uns schon mal auf eine Wiederholung der gesamten Aktion ein. Einen Vorteil haben wir ja. Wir wissen schon mal, wie es geht und das ist doch auch schon etwas!

Rudi hält derweil seinen Stundenplan eisern durch. Er kommt, liegt und steht, er fliegt ab und wiederholt das Ganze in gleicher Weise.

Von Rudi war heute herzlich wenig zu sehen. Das lag aber nicht so sehr an ihm, sondern viel mehr am Ausfall unseres Servers, der den gesamten Tag über seine Bereitschaft zur Mitarbeit aufkündigte. So blieben nur die Bilder unserer Notcam mit der Tendenz zur „Weichzeichnung“. Rudis Anwesenheiten am Nest verliefen wie in den vergangenen Tagen und wurden von einer weiteren Übernachtung gekrönt.

01. Jul. 02

Leider liefen trotz großer Bemühungen unserer Technik – und hier gebührt Andreas Kamm ein besonderer Dank – bis in die späten Nachmittagstunden die Übertragungen immer noch nicht wie gewohnt. Auch die Notcam stellt vorübergehend ihren Dienst ein, so dass zeitweise über den Verbleib Rudis nur gemutmaßt werden konnte.

Um unseren Fans jedoch so schnell wie möglich Bilder von gewohnter Qualität liefern zu können, startete die Freiwillige Feuerwehr Dinkelsbühl um 18 Uhr einen erneuten Versuch, die Kamera samt Gehäuse trocken zu legen. Kurz nach 17 Uhr war Rudi wieder am Nest erschienen, das er heute bereits regelmäßig und über viele Stunden zur Demonstration seiner Besitzansprüche okkupiert hatte. Die große Drehleiter (siehe auch unseren Bericht vom letzten "Rettungseinsatz" der Feuerwehr) – und hier besitzt Günter Rödel nun schon traumwandlerische Sicherheit – schlüpfte um Punkt 18 Uhr durch das „große Mauseloch“ in den Innenhof des Alten Rathauses zu Dinkelsbühl. In seiner Begleitung befand sich heute Friedrich „Fritz“ Hirsch von der Feuerwehr sowie Thomas Ziegler, der Tagebuchschreiber von „Storchennest- Dinkelsbühl“. Als die Drehleiter die ersten Meter in Richtung Kamera zurückgelegt hatte, streckte Rudi kurz seinen Kopf über den Nestrand, stieß sich unmittelbar darauf von diesem ab, um niedrig über die Dächer der Altstadt in Richtung Segringer Tor zu entschwinden. Die letzten Zentimeter bis zur Kamera steuerte Fritz Hirsch gekonnt und mit ruhiger Hand vom Korb der Drehleiter aus, während Günter Rödel über das Außenmikrofon Kontakt zu seinem Kollegen sowie zum Storchenexperten hielt, der ebenfalls im Korb der Drehleiter Platz gefunden hatte und als Handlanger eingeplant war. Als erstes wurden mit einem Inbusschlüssel die vier Befestigungsschrauben der vorderen Abdeckung des Kameragehäuses gelöst und die letzten Kondenswasserreste vom Inneren der Glasscheibe gewischt. Anschließend föhnte Fritz Hirsch mit einem zweckentfremdeten Haartrockner das Gehäuseinnere trocken. Zum Schluss wurde die Vorderfront des Gehäuses wieder befestigt und ab ging es auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein letzter Kontrollblick in das Schaufenster der Adler-Apotheke bestätigte die einwandfreie Bildqualität und machte Hoffnung, dass es keines weiteren Einsatzes der Feuerwehr mehr bedürfe. Danke Günter und Fritz für eine optimal gelaufene Aktion.

Bevor Ihr Tagebuchschreiber wieder Kurs auf die Heimat nahm, begab er sich noch auf die Suche nach Rudi. Und er wurde auch sofort dort fündig, wohin er ihn eine Stunde vorher hatte abstreichen sehen. An der Westumgehung seiner Wahlheimat hatte Rudi unweit der Ellwanger Kreuzung eine bombige Wiese entdeckt, deren reichhaltigem Insektenleben unser Freund eifrig zusprach. Im Sekundentakt las Rudi kleinere Heuschrecken im Vorbeigehen oder nach kurzen Sprints auf. So wie er zu Werke ging, dürfte er diesen Platz in den letzten Tagen schon öfters zur Nahrungssuche aufgesucht haben. Als ich zu Hause einen Blick auf die Website warf - es war kurz nach 19:30 Uhr - begannen auch über die Hauptseite die Bilder wieder im gewohnten 10-Sekunden-Takt zu laufen. Bis der alte Server gänzlich repariert ist, laufen die Bilder in den nächsten Tagen über den Hauptrechner von K & K Computer Systeme und somit besteht keine Gefahr mehr, dass das Bild wieder ausfällt.

Um 20:55 Uhr erschien Rudi von seiner Super-Wiese und landete im Nest. Er weiß wohl noch nicht, wie gut er sich wieder in Szene setzen kann.


Darauf mussten wir über eine Woche warten!

Schlaf gut, Rudi!

Die Bilder werden wieder gesendet und sind nicht mehr getrübt. Lediglich der Verbleib der Partnerin bleibt weiterhin ein ungelöstes Rätsel.

2. Jul. 02

Nach all den technischen Schwierigkeiten kommt heute neues Ungemach auf uns zu. In diesem Fall liegt die Ursache allein bei der Telekom, die einen Totalausfall ihres DSL-Systems zu beklagen hat. Erst gegen Mittag läuft alles wieder wie gewohnt. Die „Reparatur“ von gestern scheint erfolgreicher verlaufen zu sein als in der vergangenen Woche. Trotzdem gab es eine Schrecksekunde zu überstehen. Bei einsetzendem Regen trübte sich innerhalb kürzester Zeit das Glas des Kameragehäuses ein, so dass ich mich schon ein drittes Mal im Einsatz sah. Doch so schnell wie es sich eintrübte klarte es auch von selbst wieder auf und so blieb es dann auch für den Rest des Tages.

Rudi hielt von alledem nicht viel. Er war Dauergast im Nest und scherte sich – wie üblich – nicht im Geringsten um unsere Sorgen. Dass sich seit einigen Tagen ein paar „Motzer“ im Gästebuch auszutoben versuchen, sollte uns nicht sehr bekümmern. Die Qualität ihrer Beiträge weist sie als das aus, was sie sind. Gäste benehmen sich auf alle Fälle besser oder sie müssen eben damit rechnen, nicht mehr zu uns eingeladen zu werden.

Beiliegende Bilder dokumentieren einen Fall, bei dem ein Brutstorch während der Jungenaufzucht mit einer hässlichen Verletzung am Bein eingefangen und später eingeschläfert werden musste. Der Schuss, der auf ihn zweifelsfrei abgegeben worden war, hatte zu einem offenen Bruch oberhalb des Intertarsalgelenkes geführt. Das Röntgenbild zeigt die Schussverletzung genauer. Später infizierte sich die Verletzung mit für den Storch tödlichem Ende. 


Röntgenaufnahme
der Beinverletzung...

Der tote Brutstorch mit offenem
Bruch oberhalb des Intertarsalgelenkes

Rudi erschien bereits um 19:40 Uhr am Nest, verabschiedete sich aber um 21:27 Uhr noch einmal für kurze Zeit, um noch einen kleinen Nachschlag zum Abendessen zu holen. Kurz vor 22:00 Uhr stellte er sich dann endgültig zur Übernachtung ein. Resi bleibt also nach wie vor wie vom Erdboden verschwunden. Von Günter Rödel (unserem famosen Fahrer der Drehleiter) erfuhr ich, dass er kürzlich zwei Störche auf dem Rothenburger Tor in Dinkelsbühl beobachten konnte. Ob einer davon Rudi, der andere ein weiterer Interessent um Resis Stelle war, kann nur vermutet werden. Es zeigt aber deutlich, dass Rudi durchaus willens ist, für Resi Ersatz zu finden. Wenn die Geeignete erscheint, wird er sie auch ins Nest lassen. Störche, die in diesem Jahr nicht gebrütet haben, ihre Brut verloren haben oder einfach zum Brüten noch zu jung sind, treiben sich nach wie vor in der Gegend herum und es ist nicht ausgeschlossen, dass eines Tages doch wieder zwei Störche unserem Nest die Ehre geben. Alle, die etwas Trost brauchen, sollen sich mit der erträglichsten Lösung zum Verschwinden Resis abfinden: Sie ist mit einem anderen Liebhaber durchgebrannt!

3. Jul. 02

Erstmals nach längerer Zeit konnte man wieder neues Nistmaterial im Nest entdecken. Wenig spektakulär stellte die dezente Begrünung des Nestinneren einen willkommenen Farbtupfer dar. Wer so lange liegt wie Rudi am heutigen Tag, muss sich ja eine bequeme Unterlage schaffen.


Ab und zu muss man die
Wohnung restaurieren!

Gemütlich mit der
neuen Unterlage!

Dieser Zweig stört
mich schon lange!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieses lange Liegen anderen Störchen signalisieren soll: Hier wartet einer und hätte nichts dagegen, wenn sich in puncto Heirat noch etwas ergeben würde. Also bleiben Sie geduldig und beobachten Sie weiter, bis zu dem Tag, an dem es heißt: Ein Paar ist da! Rudi war ungewöhnlich lange präsent. Man konnte ins Nest blicken, wann immer man wollte und Rudi war da. Man sah ihn auch stets ungetrübt und in sehr guter Schärfe, so dass jetzt wohl endgültig hinsichtlich einer erneuten Trübung der Bilder Entwarnung gegeben werden kann. Ein weiteres Highlight gab es für alle, die zwischen 17:00 Uhr und 17:30 Uhr das zu diesem Zeitpunkt leere Nest betrachteten. Es fand eine noch nie da gewesene Invasion von Dohlen aus dem benachbarten Münster Sankt Georg statt. So schnell wie der Spuk anfing, war er auch wieder vorbei. Waren zu Zeiten des intensivsten „Nestabbaus“ drei oder vier Dohlen gleichzeitig bei der Arbeit, konnten heute unglaubliche sieben Exemplare gleichzeitig im und am Nest festgestellt werden. Allem Anschein nach hatte eine Dohlenfamilie ihren diesjährigen Jungen schon einmal eine kurze Anleitung gegeben, wo in der nächsten Brutsaison am einfachsten und schnellsten Nistmaterial zu bekommen sei. Eine Plünderung von Nistmaterial fand dabei aber augenscheinlich nicht statt. 


Hilfe! Die Dohlen kommen! Erst fünf... 
dann sechs... 
dann sieben! Weltrekord!

Wenn Rudi sich im Nest niederlässt, verharrt er in letzter Zeit auch einmal für längere Zeit im sogenannten „Fersensitz“. Diese Position ist eine Zwischenhaltung zwischen dem Stehen und dem Liegen. Große Jungstörche, die noch nicht voll flugfähig sind, verbringen viele Stunden in dieser Position auf den Fersen sitzend. Wartet man ein Weilchen, so steht Rudi anschließend wieder ganz auf oder er legt sich als nächsten Schritt ganz ins Nest. 


Diese Position ist zwischendurch
auch ganz gemütlich!

So werde ich die ersten
Nachtstunden verbringen!

Rudi erschien am Abend kurz nach 21 Uhr am Nest, um erneut zu übernachten.

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Ganz sicher werden Sie sich für den Fotoreport über die Mosbacher Störche interessieren.

Ein weiterer Ersatz für zeitweiligen Ausfall der Übertragung ist vielleicht der zweite Teil der nun aktualisierten Bildergalerie Mai 02. Das neue Design ist technisch bedingt. Durch die noch kleineren Vorschaubilder verkürzen sich die Ladezeiten erheblich. Auch die Galerie vom Juni ist inzwischen fast komplett.


Der Storch24-Chat erfreut sich immer größerer Beliebtheit! Nach der Meinungsäußerung einiger Benutzer kommen wir zu folgender Empfehlung, die auf der Eingangsseite des Chats auch nochmal aufgelistet ist:

  • Kernzeit: Täglich von 21 bis 22 Uhr

  • Frühere Alternative: Täglich von 19 bis 20 Uhr

  • Grundsätzlich kann man natürlich immer versuchen, ob man andere Storchenfreunde im Chat trifft.

Wenn Sie zunächst alleine im Chat sind, haben Sie bitte etwas Geduld. Einer ist immer der Erste! Es ist sinnvoll, Eintrittmeldung und Audiomeldung in den Optionen zu aktivieren. Vor den ersten Chatversuchen empfehlen wir, die Hilfeseite anzusehen.

Hier noch ein kleiner Tipp:
Nach der Zeitschrift "GEO" widmet nun auch "Spektrum der Wissenschaft" in der Juniausgabe sein Titelthema dem Vogelzug. Der Artikel "Prinzesschens Reisen nach Afrika" von Peter Berthold und Ulrich Querner (Vogelwarte Radolfzell) befasst sich mit der Verfolgung des Vogelzugs per Satelliten. Auf der Homepage von Spektrum finden Sie eine Leseprobe und eine Linkliste zu diesem Artikel.

Thomas Ziegler

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