Storchenkamera

Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah

Teil 11

 

1. Jun. 02

 

Vor meiner morgendlichen Abfahrt nach Leipzig konnte ich noch einen Blick auf unser Nest werfen, das nach drei Tagen Bauarbeiten schon einen überaus ansehnlichen Eindruck hinterlässt und – und hier wiederhole ich mich gerne – beweist, dass Störche doch tatsächlich in der Lage sind, ein Nest selber zu bauen - ganz gleich, welchen Eindruck ein solches auf menschliche Gefühle und Erwartungen hinterlässt. (Ihr wisst schon, wen oder was ich damit meine. Ein bisschen Schadenfreude darf in diesem Punkte vielleicht sein.)


Los, zeig dem
Storchenexperten,
was du kannst!

Neue olympische
Disziplin: 
Synchron-Bauen

Es wächst
und
wächst...

Der einzige Storch, der mir während der Fahrt begegnete, überflog kurz vor Erreichen der A6 Richtung Nürnberg mit Nistmaterial im Schnabel die Autobahn, um bei seiner Partnerin im Nest auf der Werbeanlage der dortigen Shell-Tankstelle zu landen. Obwohl im weiteren Stadtgebiet von Leipzig einige Storchenpaare brüten (ein Jungstorch des Jahres 1993 aus dem Leipziger Ortsteil Schkeuditz hat das Nest in Wilburgstetten bei Dinkelsbühl besetzt wie ich bereits meldete und fotografisch dokumentierte), sah ich sonst keinen Storch. Das lag aber eindeutig an der andersartigen Zielstellung der Reise, die da hieß: Leben und Werk Johann Sebastian Bachs (im Schnelldurchgang)

Im Gästebuch wird häufig die Synchronität der Bewegungen angesprochen. Da haben alle Schreiber sehr genau beobachtet. Diese Gleichzeitigkeit verschiedener Handlungsabläufe dient der Harmonisierung des Paares und steuert Vorgänge, die dem Paarzusammenhalt dienen. Je besser dieses „Aufeinander-Eingehen“ funktioniert desto größer sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Brut. Auch den zahlreichen Paarungen gehen solche parallele Verhaltensweisen voraus.

Am Abend, im letzten Licht der romantischen Stadtbeleuchtung Dinkelsbühls, um kurz nach 22:00 Uhr steht ein Storch (das Männchen) im Nest, während Resi ein wenig abseits auf dem Dachfirst nächtigt. Das heißt aber nicht, dass dieser Zustand die ganze Nacht anhalten musste. Vögel schlafen nicht viele Stunden am Stück, sondern kurze, intensive Schlafphasen werden immer unterbrochen von längeren Wachzeiten. Man sieht also auch nachts Begattungen, Gefiederpflege, Umherlaufen im Nest, Koten über den Nestrand und Bewegungen, die auch während des Tages ablaufen. So ist in unserem Falle nicht auszuschließen, dass Resi später im Nest anwesend war.


Resi, kannst gleich rüber kommen!

2. Jun. 02

Der Tag des großen Bauens!!! Waren wir bisher schon vom Nestzuwachs begeistert, so müssen wir jetzt sprachlos anerkennen, dass vor allem Rudi heute zu einer Superform aufgelaufen ist und der gemeinsame Einbau von verschiedenstem Nistmaterial ein für eine Brut geeignetes Nest hat entstehen lassen. Zahllose Flüge, die nur gelegentlich vom Weibchen begleitet waren und das gemeinsame Einbauen ließen wahrlich alle Kritiker verstummen.


Zustand des Nestes um 11:47 Uhr.

Nach drei Stunden genehmigten sich unsere über beide Ohren Verliebten eine Ruhepause im Nest. Hierbei entstand der zweite Schnappschuss des heutigen Tages. 


Glaubst du, Resi, wir bringen noch eine Brut zu Stande?

Am Abend schließlich stand das Paar einträchtig nebeneinander im Nest und dachte über den abgelaufenen Tag und über die nahe Zukunft nach.

3. Jun. 02

Der Endspurt in Sachen Nestbau ist heute eingeläutet worden. Was Rudi anschleppt und zusammen mit Resi verbaut, ist aller Ehren wert. Seit den frühen Morgenstunden – nach wie vor die beliebteste Bauzeit – herrscht wieder reger Flugverkehr über dem Storchennest auf dem Altrathausdach. Die Begrünung des Nestinneren nimmt Züge an, die schon an die Ausprägung einer Nestmulde erinnern. Fehlt nur noch, dass Resi mit der Eiablage beginnt. So ganz ausschließen kann man bei unseren Störchen nichts mehr. In der in diesen Tagen erschienenen „Vogelwelt von Brandenburg und Berlin“ las ich unter Weißstorch im Kapitel Brutbiologie „.Der Legebeginn fällt.....frühestens Ende März und spätestens Anfang Juni.“ Sollte dies ein versteckter Hinweis sein, dass es entgegen meiner bisherigen Erfahrung mit Legebeginnen (mein spätester war der 20. Mai) doch gelegentlich noch spätere gibt? Die nächsten Tage werden uns Gewissheit verschaffen.

Im herrlichen Morgenlicht beobachtete ich kurz vor dem Verlassen des Hauses unsere beiden Medienstars bei der Arbeit. Es machte Freude, mit welchem Elan hier vorgegangen wurde. Morgenstunde hat laut einem alten Sinnspruch eben Gold im Munde. Hier möchte ich in Abwandlung des Sprichworts für unser Paar aus dem Gold „Zweige“ machen, aus dem Munde halt „Schnäbel“. Was bleibt? „Morgenstund hat Zweig im Schnabel.“ 


Bereit für den Endspurt!

Siamesiche Zwillinge...

Schau Rudi, wie gelenkig ich noch bin!

Platz da, ich komme

Dass das Paar so gut harmonisiert, beweisen nach wie vor die zahlreichen Kopulationen, die biologisch dann erklärbar sind, wenn Resi bereit für die Eiproduktion ist.


Resi, ich gebe
mein Bestes!

Schnell noch einmal
zum Nistmaterial Holen!

Erlauben Sie mir einen kleinen Exkurs nach Mosbach. An diesem Ort ereignete sich heute eine denkwürdige Handlung. Nach 15 Jahren wurden erstmals wieder in Bayern junge Störche beringt. Dass es ausgerechnet die vier Jungstörche unseres Ex-Dinkelsbühler Paares waren, gibt dem Ganzen noch eine pikante Note. Nachdem die Vogelwarte mich vor einigen Wochen fragte, ob ich bereit sei an einem deutsch – polnischen Forschungsprojekt mitzuarbeiten, überlegte ich nicht lange und sagte zu. Dabei sollen an ausgewählten Vogelarten – auch am Weißstorch – genaue Untersuchungen durchgeführt werden, die Auskunft über die Reproduktionsrate der verschiedenen Arten sowie Hinweise auf den Gesundheitszustand der Jungvögel geben. In diesem Anlaufjahr werden beispielsweise junge Störche beringt, gewogen und ihr Alter genau bestimmt. Vergleiche mit anderen Gebieten in Deutschland und in Polen sollen dann zeigen, in welchen Lebensräumen junge Störche am „fittesten“ sind, d.h. wo sie in einem bestimmten Alter am schwersten sind. Die vier Jungen von heute im Alter von 27 bis 33 Tagen wogen bei der Beringung : 1790 Gramm, 2325 g, 2470 g und 2535 g.

Das Programm wird in den nächsten Jahren weiter verfeinert und ausgeweitet. Ihr Tagebuchschreiber wird also auch in dieser Hinsicht wieder aktiv und wird deshalb in den nächsten Wochen viele Kilometer in Franken zurücklegen, um die weit verstreut liegenden Nester zu besuchen und dort seinen Auftrag durchzuführen. Sollten Resi und Rudi ebenfalls noch Nachwuchs erwarten, kämen ihre Jungen auch noch in die Hände Ihres Experten. Mal sehen. Bis dahin fließt noch viel Wasser die Wörnitz hinunter. Eine kleine Bildfolge wird in einigen Tagen an dieser Stelle noch eingefügt.

Dass das abendliche Warten auf Rudi und Resi zu einer Geduldsprobe werden kann, beweist der heutige Tag erneut. Es wurde 22:02 Uhr bis beide ins Nest einschwebten. Obwohl ich mir ganz sicher war, dass Rudi und Resi noch kommen, ist das Warten doch zermürbend, wenn man an die vielen vergeblichen Anläufe dieser Art in den vergangenen Monaten denkt.

Noch ein letztes Bonmot: In den späten Nachmittagsstunden konnten wir den 150.000. Besucher unsere Website begrüßen. Vielen Dank für Ihre Treue und für noch viele erlebnisreiche Tage mit unserem Traumpaar.

04. Jun. 02

Wohl dem, der in den Morgen- und Vormittagsstunden Zugang zu einem Internetanschluss besitzt. In dieser Zeit sind unsere Dauergäste am aktivsten und so gut wie durchgehend am Nest anzutreffen. 

Los! Wir starten zum Endspurt

In den Nachmittagstunden und vor allem in der Zeit von etwa 18 Uhr bis zum Einschweben zur Übernachtung muss man schon Glück haben, um einen der Adebare zu beobachten. Mit der Brut oder Eiablage wurde – und das ist keine Überraschung – noch nicht begonnen. Wir sollten eine solche Sensation auch gar nicht erwarten. Umso schöner wäre es dann natürlich, wenn es doch noch klappen könnte. Erkennbar wäre ein Brutbeginn, wenn immer einer der beiden Störche am Nest verbleibt und sich dabei auch im Nest niederlässt, um die Eier zu wärmen. Dies tut aber keiner der beiden bisher. Ich konnte nur wenige Male ein Liegen im Nest beobachten und dies wäre natürlich eine wesentliche Voraussetzung.

Der Tag verlief jetzt schon bald routinemäßig: Kräftiges Bauen bis in die späten Vormittagsstunden und dazwischen immer wieder – insgesamt aber seltener – Begattungen und Abflüge zur Nahrungssuche


Wartet der schwarze Geselle schon wieder
auf eine Gelegenheit zum Diebstahl?

Zwischen 14 Uhr und 14:30 Uhr herrschte ziemliche Unruhe im Nest. Rudi und Resi äugten in dieser Zeit unentwegt mit seitlich gelegtem Kopf nach oben und streuten manche energische Klapperstrophe ein, ein untrügliches Zeichen, dass irgend etwas über ihnen kreiste. 


Resi, dem Fremden haben wir es aber gegeben

Mit großer Sicherheit handelte es sich dabei wieder um mindestes einen Fremdstorch. Anschließend flog das Paar auch gemeinsam ab, um lange auszubleiben. Anschließend kam es gegen 18 Uhr noch einmal ein kurzes Intermezzo unseres Paares, ehe mit dem Abflug von Resi um 18:35 Uhr das Warten auf den abendlichen Einflug wieder begann. Dieses Mal wurde unsere Geduld nicht ganz so lange auf die Folter gespannt wie am gestrigen Tag. Gegen 21:15 Uhr konnten wir Resi und Rudi im Hotel „Zum Storchennest“ wieder begrüßen. 


Übernachtungspaar

 

5. Jun. 02

Der Tag des ersten „großen Liegens“! Ich habe kürzlich erwähnt, dass Resi und Rudi bisher nur ganz seltene Liegeproben im Nest gezeigt haben. Beim Zustand des Nestes bei der Ankunft der beiden auch kein Wunder. Der Durchmesser war zu klein und diese Tatsache schloss ein Sich-Legen schon fast aus. Mit zunehmendem Nestbau verbesserte sich dieser Missstand und nach Fertigstellung der Behausung – viel mehr kommt nicht mehr dazu, gebaut wird aber auch während der Brut und Jungenaufzucht - erfolgten heute den ganzen Tag über auch längere Liegephasen beider Störche. Das Männchen beteiligte sich ebenso daran wie Resi.


Noch schnell etwas gerichtet

Resi wird staunen, dass es mir schon passt

Schau Resi, unser Nest passt!

Ich möchte diese ersten längeren Liegeübungen als Test der Störche für die Bruttauglichkeit der zukünftigen Storchenbehausung ansehen. Da am Brutgeschäft das Männchen ebenso beteiligt ist wie das Weibchen, muss Rudi natürlich in gleicher Weise daran teilnehmen. Mit der Eiablage haben solche Tests nur indirekt zu tun, auch Paare, die nicht brüten und keine Eier im Nest haben, liegen während ihrer Anwesenheit häufig und gerne im Inneren des Nestes. Unsere zwei lassen ihre angeborenen Verhaltensmuster jedoch in einer Perfektion ablaufen, die immer noch an einen extrem späten Brutbeginn glauben lässt. Erst wenn immer einer der beiden Alten am Nest verweilt, dieses nie mehr verlassen wird und wenn ein kontinuierliches Liegen (Brüten) einsetzt, hat die Brut begonnen. Da Eier in einer kleinen gedrehten Mulde liegen, wird es schwer sein, diese sofort zu erkennen. Der Abstand, in dem die Webcam Bilder sendet (10 sec), ist auch so groß, dass man beim Eierwenden nur mit Glück diese sehen wird (ich gerate schon wieder ins Schwärmen – dabei sind wir ja noch gar nicht so weit). Beginnt in allernächster Zeit die Eiablage noch, dann wird es bis zu einem möglichen Ausfliegen der Jungen schon sehr spät. Gute drei Monate werden vergehen, bis es so weit ist. Jedoch üben Junge einen so mächtigen Schlüsselreiz auf ihre Eltern aus, dass dieser Fütterungstrieb alle anderen Triebe zunächst in den Hintergrund drängt, also ein Verlassen des Nestes durch die Eltern vor dem Ausfliegen der Jungen nicht in Frage kommt.

Der morgendliche Blick ins Nest gegen 6:40 Uhr zeigte, dass Rudi und Resi im Augenblick aushäusig waren. Doch schnell änderte sich das Bild und bewies die immer noch herrschende Bauwut der beiden. Denn zuerst erschien der Mann mit einem großen Ast im Schnabel. Nach dessen Einbau testete Rudi die Tauglichkeit des Nestes und blieb eine ganze Weile liegen, selbst als Resi auftauchte änderte sich an dieser Tatsache nichts. Dieses Bild änderte sich den ganzen Tag über nicht. Die Liegephasen fanden über den Tag verteilt immer regelmäßiger und länger statt, dazwischen gab es weitere Kopulationen. 


Platz! Ich bringe Nachschub, Resi!

Wer Eier legen will, muss auch etwas
dafür tun!

Ich kann es auch alleine, Rudi!

Alles paletti! Als eine Gewitterfront am späten Nachmittag Dinkelsbühl erreichte und Blitz und Donner über unser Nest hereinbrachen, verbrachten Rudi und Resi außerhalb des Nestes. Aber irgendwann kurz vor 20:40 Uhr – es war bereits so dunkel wie sonst um 22:00 Uhr und der Regen prasselte immer noch - standen die beiden Nestbesitzer zur Übernachtung bereits im Nest. 


Donnerwetter! Die zwei begossenen „Pudel“

Ihrem Tagebuchschreiber war es heute – dies sei am Rande vermerkt – erneut vergönnt, Junge Störche in Trommetsheim, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, zu beringen. Die drei überlebenden Jungstörche des dortigen Paares waren mit 5 bis 6 Pfund Gewicht und gut fünf Wochen Alter schon recht groß.

6. Jun. 02

Ei oder nicht Ei, das ist hier die Frage.“ 


Ei oder nicht Ei? Herr Wilfling sagt:
Eine Feder!

Freudensprung von Resi wegen
des vermeintlichen Eies!

Wenn es nicht schon Juni wäre sondern April, wäre alles so einfach. Das Paar begänne in den nächsten Tagen mit der Eiablage und wäre drei Monate später mit der Aufzucht des Nachwuchses fertig. Aber wir haben heute den 6. Juni. Vor einigen Wochen hätte ich jeden für verrückt erklärt, der um diese Zeit noch mit einer Eiablage gerechnet hätte und nun gehöre ich selbst zur  Gruppe derer, die solches nicht ganz für ausgeschlossen halten. Es läuft bei unserem Paar einfach alles so perfekt, dass man leicht wieder übermütig werden kann. Verdient hätten wir es aber allemal bei dieser Geduld und Ausdauer, die jeder so an den Tag gelegt hatte. Auf jeden Fall bleibt uns den Sommer über ein verliebtes Paar erhalten, das auch ohne Brut noch manche Überraschung für uns bereit hält.

Der Tag begann wie er beginnen musste -  mit Nestbau – und er endete mit der bewegenden Frage um die mögliche Existenz eines Eies. Es fiel mir in der Nachbetrachtung der heutigen Geschehnisse auf, dass das Paar seine Anwesenheitsdauer gewaltig steigern konnte. War die Anwesenheit eines Partners über längere Zeit bisher die große Ausnahme, kam es nun öfters vor, dass Rudi oder Resi auch eine halbe Stunde und länger allein auf die Rückkehr des Partners warteten. Dieses Warten geschah in schöner Regelmäßigkeit auch im Liegen, wobei Rudi in dieser Fähigkeit die „Nase“ vorn hatte. 


So könnte es bleiben!

Rudi in Liegestellung!

Und länger als eine Stunde blieb unser Nest heute am Stück niemals leer. Es kann so weiter gehen. Neben dem Bauen am Nest,  dem Liegen, der Gefiederpflege sowie der Nahrungssuche gab es natürlich noch etwas: Liebe!


Warten auf das erste Ei!

Bei zwei Fahrten nach Dinkelsbühl kurz nach 17 Uhr sowie gegen 18:45 Uhr konnte ich in einer frisch gemähten, vom gestrigen Regen leicht überschwemmten Wiese nur 2 Kilometer nördlich des Nestes einen Fremdstorch ohne Ring bei der Nahrungssuche beobachten (zur gleichen Zeit stand „Unsere“ im Nest). Vereinzelte Klapperstrophen von Resi und Rudi (auch gegen 19:20 Uhr) könnten mit diesem Besucher in Zusammenhang stehen. 


Verteidigung ist die erste Storchenpflicht!

Die Übernachtungsgäste stellten sich am Abend deutlich vor 21 Uhr ein und man kann ahnen, was in dieser Nacht geschehen könnte. Wie hieß es doch eingangs? Ei oder nicht Ei, das ist hier die Frage?

7. Jun. 02

Unser Paar brütet nach wie vor (noch?) nicht. Damit ist die „Ei-Frage“, die gestern durch den Raum geisterte, mit einem klaren „Nein“ beantwortet und Herrn Wilflings Feststellung bestätigt worden. Auch heute tauchte besagte Feder immer wieder für alle sichtbar in oder in der Nähe der Nestmulde auf. Auch Plastikteile flatterten immer wieder im starken Wind, der durch die engen Gassen Dinkelsbühl fegte und erst recht Rudi und Resi auf dem Rathausdach zu schaffen machte. Während ich diese Zeilen schreibe (es ist genau 20 Uhr), blitzt das „Corpus delicti“ (Feder oder/und Plastikteil) schon wieder etwas vorwitzig aus dem begrünten Nestteil hervor. Jeder Tag, an dem das Nest nicht kontinuierlich von mindestens einem Storch besetzt wird , verringert die Chance, dass es doch noch zur erhofften Eiablage kommt. Rudi ist auch nach wie vor der viel Aktivere, wenn es darum geht, Liegeproben im Nest zu tätigen. Warum Resi da so wenig beteiligt ist, könnte natürlich daran liegen, dass sie mit Eiern doch nicht so viel am Hut hat oder eben halt hormonell zu solchen Taten nicht mehr bereit oder fähig ist. Ein weiterer reichlich verregneter Tag brachte trotzdem eine Reihe eindrucksvoller Beobachtungen und wieder schöne Bilder in Form beigefügter Schnappschüsse.

Bei dem großen Leid, das die Unwetter der vergangenen Nacht in der Gegend um Augsburg sowie in den Landkreisen Günzburg und Unterallgäu verursacht haben, ist es schon ein bisschen pervers, an die dort brütenden Storchenpaare zu denken. Ohne bereits darüber Genaueres zu wissen (ist auch im Vergleich zum sonstigen Geschehen reichlich unwichtig!), sind bei diesen Regenmenge Verluste unter den Jungen nicht zu vermeiden. Vor derlei Gefahren müssen sich unsere Nestbauer nicht hüten. Ein großer Vorteil, wenn man so spät einen Brutversuch startet oder ganz auf das Brüten verzichtet.

Der Tag begann für Ihren Chronisten um 6:50 Uhr mit einem Nistmaterial einbauenden Paar. Als Rudi kurz darauf abflog, legte sich Resi ins Nest. Keine fünf Minuten später flog Rudi mit einer „Fuhre“ Gras im Schnabel heran und baute dieses gekonnt ein.


Der Regen erfordert eine Extra-Portion saugfähiges Material!

Danach ging Rudi in die Liegestellung und Resi ließ ihren Gatten allein. 


Resi, ich übernehme! Kümmere du dich auch einmal um Nistmaterial!

Endlich mal
allein!

Am Vormittag setzte dann der große Regen ein, der wahrlich keine Liebesgefühle aufkommen ließ und auch sonst wenig stimulierend wirkte.


Da stehen zwei im Regen!

In dieser Weise verbrachte unser Paar die langen Stunden des Tages. Häufig sah man, wenn sich beide im Nest befanden, einen in der Liegeposition. Als ein vermeintlicher Feind über dem Nest auftauchte vollführten beide eine eindrucksvolle Klappereinlage, der sich eine ausgiebige, synchrone Gefiederpflege anschloss. 


Schon wieder dieser Störenfried!
Dem zeigen wir es!

Wir sind doch
die Schönsten!

Vor Einbruch der Dämmerung hatten schließlich beide eine längere Fresspause verdient. Deshalb dauerte die Nestvakanz 90 Minuten, bis Resi und Rudi um 21:00 Uhr ihren Übernachtungsplatz wieder ansteuerten.

 
Wenigstens die Nacht bleibt trocken, Resi!

Noch ein kleiner Hinweis zum Gästebuch: Die verfügbaren Smilies sind in Gästebucheintrag 981 zusammengestellt.

8. Jun. 02

Die Tage verlaufen bereits nach einem eindeutig festgelegten Stundenplan. Bis um die Mittagszeit herrscht reges Treiben am Nest, danach wird es ruhiger und erst wieder zum Übernachten stellt sich das Paar in seiner „Wohnung“ ein. An einen Brutbeginn ist unter diesen Umständen nun nicht mehr zu denken, so dass wir uns von dieser winzig kleinen Hoffnung endgültig zu verabschieden haben. Dafür hat uns das Paar aber an einem gelungenen Nestbau teilhaben lassen, der in dieser Form noch nie „fotografisch“ belegt wurde und Skeptiker und Zweifler wohl für alle Zeiten das „Bauvermögen“ unserer Störche vor Augen geführt hat. Dass das Paar in Dittenheim (davon war schon früher die Rede) ein komplettes Nest ohne menschliche Hilfe errichtet hat und das ebenfalls schon erwähnte Paar in Unterampfrach ein solches auf einem Niedrigspannungsmast baut, beweist doch eindrucksvoll, dass man frei lebenden Tieren auch manches zutrauen darf und der Ruf nach dem „Eingreifen“ die latent noch vorhandene Jäger-Mentalität des Menschen durchschlagen lässt.

Unser Mosbacher Storchenpaar – dieser kurze Abstecher sei auch noch erlaubt – versorgt seine vier Jungen nach wie vor bravourös, so dass keines der mehr als halbwüchsigen Jungen im Augenblick gefährdet scheint. Ein Großteil der Storchenpaare im westlichen Mittelfranken hat im Augenblick noch kleine und kleinste Junge zu versorgen, so dass hier die Gefahr für Leib und Leben noch nicht ganz gewichen ist.

Rudi und Resi – und nun komme ich wieder zu unseren Hauptakteuren – nutzten die frühen Morgenstunden, um sich und das Nest zu pflegen. 

Ein angenehmes 
Gefühl, Rudi!

Hoppla, halt den Zweig
mit fest

Jeden Tag kommt 
dieser blöde Fremde!

Nachdem der Rohbau der Storchenbehausung seit einigen Tagen steht, geht es jetzt nur noch um die Feinarbeit. Es werden weiterhin große und kleine Zweige eingetragen, jedoch widmet sich Rudi bevorzugt der Ausgestaltung der Nestmulde, wobei er den Mund (nein – den Schnabel!) sehr voll zu nehmen pflegt.


Ganz schön sperrig, das Ding!

Auch das Probeliegen im Nest wurde von beiden Partner ausgiebig praktiziert. Man kam dabei erneut zu dem Ergebnis: Sitzt, passt und hat wenig Luft! Nach Morgentoilette, Liegepausen und Nestbau unterbrach man die einzelnen Aktionen mit Feindabwehr und Drohverhalten. Dass die körperliche Liebe nicht zu kurz kommen darf, versteht sich dabei von selbst und nach diesem Prinzip handelten Resi und Rudi auch konsequent.


Probieren wir es eben weiter!

Wer sein Nest jedoch verlässt, muss gerade in Dinkelsbühl in hohem Maße Nestdiebstähle durch das muntere Dohlenvolk mit einkalkulieren. Nun herrscht bei „Dohlens“ im Augenblick Jungenbetreuung vor, doch die eine oder andere Münsterdohle inspizierte heute schon mal die mögliche Nistmaterialquelle für das kommende Jahr.


Ertappt! Auf Diebestour?

Der Nachmittag am Nest verlief eher langweilig und ohne besondere Vorkommnisse, also auch ohne Storch. Erst um 21:31 Uhr landeten Resi und Rudi wohlbehalten in ihrer selbst gebauten Pension. Zum ersten Mal ließ sich anschließend einer der beiden Altrathausbewohner im Nest nieder und beide begannen in dieser Position die neue Nacht.


Einschweben zur Übernachtung

Die neue Schlafstellung

09. Jun. 02

Auch am 13. Tag ihrer Anwesenheit am Nest haben Resi und Rudi in ihrer Aktivität kein bisschen nachgelassen. Alles läuft wie am Schnürchen und seit dem frühen Morgen spulen beide Altrathausstörche ihr Programm ab. Dazu gehören neben dem Nestbau, der speziell der Nestauskleidung dient und manch Kurioses beinhaltet, auch wieder Begattungen, Probeliegen und Gefiederpflege.


Resi macht sich gut im frisch
gemachten Bett

Rudi probierts einmal bei
liegender Partnerin

Was heute so herrlich weiß leuchtet, könnte in der Tat das Einstecktuch des Bürgermeisters sein, ein Ei jedenfalls ist es nicht.


Resi umgeben von „Müll“

Das wird doch kein Ufo sein?

Doch Spaß beiseite: Unsere Verliebten schleppten heute Vormittag neue Papier- und Plastikfetzen herbei, die uns wohl für einen Augenblick den Beginn der Eiablage suggerieren sollten. Zwischen 9 Uhr und 10 Uhr brachte es Rudi auf die Rekord-Liegezeit von genau einer Stunde. Auch das Dohlengeschwader signalisierte durch einige Kurzbesuche seine potentielle Diebstahlbereitschaft.

 
Schade, dass mein Nest schon fertig ist!
Da bekommt man direkt wieder Lust!

Doch was so schön begonnen hatte, endete am Abend mit einer sehr traurigen Feststellung. Die letzte Sichtung der beiden Nestbesitzer erfolgte bereits um 12 Uhr mittags: Danach blieb es auffällig ruhig und der hereinbrechende Abend machte dann das schier Unglaubliche zur bitteren Wahrheit. Resi und Rudi erschienen nicht mehr zum Übernachten. Als kurz vor 22:30 Uhr die reduzierte Beleuchtung die letzten Umrisse verschwinden ließ, stand fest: Resi und Rudi übernachten an einem anderen Ort. Sollte den beiden gar etwas zugestoßen sein? Ein Unfall an einem Mast der Stromversorgung? Dass jedoch beide gleichzeitig auf diese Weise sterben sollten, halte ich für gänzlich ausgeschlossen. Dann wäre wenigstens einer erschienen. Wurden sie vielleicht gar von einem Jäger...? Alles dies geht mir jetzt durch den Kopf. Doch das nahe Liegendste könnte ja auch eingetreten sein. Resi und Rudi haben – zumindest vorübergehend – das Weite gesucht. Aber weshalb dann der große Aufwand mit dem Errichten eines neuen Nestes, wenn man dieses nach kurzer Zeit wieder verlässt? Heute herrschte ideales Flugwetter. Warme Temperaturen, ein kräftiger Wind... Sollten die beiden einfach zu weit abgekommen sein und dann am Abend den weiteren Rückweg nicht mehr geschafft und sich einfach verschätzt haben? Ich weiß mir keinen anderen Rat? Ob ich allerdings eine neue Wartezeit noch einmal verkrafte, steht für mich noch nicht sicher fest. So schlafe ich etwas besorgt und erwarte den neuen Tag mit leichtem Herzklopfen.

10. Jun. 02

Der erste Blick am Morgen zum Storchennest offenbarte neben einem leeren Nest außerdem starken, fast wolkenbruchartigen Regen. Wie sollen da Resi und Rudi überhaupt wieder zum Nest kommen. An Fliegen ist da überhaupt nicht zu denken. Doch kurz nach Mittag füllte sich das Gästebuch schlagartig mit der Eilmeldung: Resi und Rudi wieder heimgekehrt. So als ob überhaupt nichts geschehen wäre, schlichen sich beide nach einer Abwesenheitsdauer von genau 24 Stunden wieder heim ins Nest. Keine Erklärung über ihren Verbleib, keine Entschuldigung! So standen und lagen beide dafür über viele Stunden im Nest und entschädigten für einen Tag ohne sie.


Reumütige Rückkehr der Ausreißer!

Im Doppelbett

Und der Einbruch der Nacht brachte gegen 21 Uhr wieder ein volles Nest. Na also! Es geht doch! Die gesamte Fangemeinde so an der Nase herum zu führen, ist schon ein starkes Stück! Aber wir verzeihen den beiden selbstverständlich ihren kleinen „Ausrutscher“, durften wir doch schon viele schöne Stunden mit den immer noch Verliebten verbringen.


So wollen wir euch am Abend sehen!

11. Jun. 02

Mit Störchen ist es doch viel schöner! Unsere Ausreißer von gestern haben mir versprochen, solche Eskapaden in absehbarer Zeit zu unterlassen. Wäre ja noch besser, das so toll gebaute Nest gleich wieder anderen zu überlassen! Deshalb taten sie auch gleich das, was von ihnen zurzeit erwartet wird: Bauen, Liegen, Kopulieren, sich Pflegen.


Das sollten wir öfters probieren!

War ich das mit dem Müll?

Da darf man dann schon einmal das Feld für einige Stunden räumen und das Kommando anderen überlassen. So gestatteten Resi und Rudi während ihrer längeren Abwesenheit vom Nest einer ganzen Armada von Dohlen, sich an ihrer Stelle häuslich niederzulassen. Echte Absichten eines Nistmaterialraubes zeigte dabei keiner der Besucher.


Hilfe! Die Dohlen kommen!

Gegen 21 Uhr erfolgte der erwartete Einflug zur heutigen Übernachtung. Es kann so weitergehen, dann überstehen wir auch die jungenlose Zeit bis zum Abflug in den Süden.


Gute Nacht!

Heute beschäftigten unsere Sehergemeinde vor allem die tragischen Geschehnisse an einem Storchennest in der Baumkolonie von Marchegg in Niederösterreich. Eine Webcam überträgt von dort seit Beginn der Brutzeit Bilder. Aus fünf  Eiern schlüpften Junge, von denen zuletzt noch vier am Leben waren. Offensichtlich gestalteten sich auch die Witterungsverhältnisse der letzten Tage nicht gerade ideal, so dass heute nur mehr ein Junges am Leben ist und die drei Geschwister neben ihm tot im Nest liegen. Zugegeben sind dies keine schönen Bilder, die da vor laufender Kamera zu betrachten sind.

Nur muss sich jeder, der eine derartige Seite anklickt, klar sein, dass bei solchen Einblicken in ein Storchennest Szenen dieser Art eher die Regel als die Ausnahme sind. Bei den rund 15 Storchennestern, die momentan über eine Webcam beobachtet werden können, ereigneten sich heuer schon die verschiedensten Katastrophen und Sie können sich ausrechnen, welches Leid sich in den verbleibenden 180.000 Nestern weltweit abspielt, ohne dass jemand davon Notiz nimmt. Ich meine, jeder darf seine Gefühle und seine Meinung äußern, sich jedoch sollte sich jeder auch stets bewusst sein, dass derartige Verluste in der Überlebensstrategie des Weißstorches durchaus einkalkuliert sind. Wenn ein Vogel wie unser Kamerastar im Durchschnitt fast fünf Eier pro Gelege zeitigt und dabei eine Lebenserwartung von über 20 Jahren besitzt, sind immense Verluste rein rechnerisch zu erwarten. Vogelarten mit einer ähnlichen Lebenserwartung zeitigen in der Regel viel kleinere Gelege oder brüten sogar nur alle zwei bis drei Jahre einmal. Bei diesen wirken sich Verluste – wenn sie einmal eintreten – viel katastrophaler aus. Ich denke hier vor allem an die großen Adler, bei denen ein, höchstens zwei Junge pro Brut das Maximum darstellen. Albatrosse legen ein Ei und das nur alle paar Jahre. Pinguine verfahren ähnlich. Die Mauersegler – ebenfalls mit einer Lebenserwartung von über 20 Jahren – geben sich lediglich mit zwei Eiern zufrieden. Wer eine lange Lebenserwartung hat und ein relativ großes Gelege zeitigt, kann mit deutlichen Jungenverlusten immer noch ganz gut überleben. Diese banale Feststellung soll allen Traurigen ihre Trauer besser ertragen helfen. Die Leute vom WWF in Österreich sind deshalb noch keine böse Menschen, wenn sie im Angesicht des Überlebenskampfes eines Storchenjungen nicht eingreifen. Aus Tierschutzaspekten wäre ein solches Handeln sicher notwendig, doch hier die richtige Strategie zu finden, ist eine Gratwanderung, an der es immer wieder zu Kollisionen zwischen Tier- und Naturschutz kommt.

Wer legt fest, wann, wie und wo etwas getan wird? Ein Junges bleibt beispielsweise in der Entwicklung deutlich zurück. An welchem Lebenstag wird eingegriffen? Soll das Junge aus dem Nest? Wohin? Wie lange? Es ist kalt. Es regnet. Sollen alle Junge bei Temperaturen unter 10 Grad aus dem Nest? Müssen sie bei Regenmengen über 20 Liter pro Quadratmeter in Sicherheit gebracht werden? Sollten generell alle Junge in jedem Falle nach dem Schlüpfen entnommen werden und in einem Gehege gehalten werden? Sollte man ein Dach aus Plexiglas über das Nest bauen (schon wegen der Webcam, sonst sieht man ja nichts mehr!!??) oder wäre das mit der eingebauten Heizung nicht doch der bessere Vorschlag, aber dann bitte Fußbodenheizung. Sollte man die Störche nicht von Anfang an in Volieren einsperren, um so jederzeit ohne Schwierigkeiten eingreifen zu können? Sie sehen, wie irrsinnig die Geschichte werden könnte und zum Teil auch schon geworden ist, wenn man einige Gedanken weiter denkt und einige Fragen anschneidet, die sich bei jedem Eingriff stellen.

Deshalb haben sich die Verantwortlichen in Österreich so entschieden und die in Vetschau werden nicht anders handeln, auch wenn das kleinste Küken sterben sollte oder sich noch andere schlimme Vorfälle ereignen. Auch die Dinkelsbühler Verantwortlichen würden – vor eine Entscheidung gestellt – sich sicher nicht anders entschließen. Die einzig Konsequenz wäre dann, im nächsten Jahr auf eine Übertragung in der gewohnten Form zu verzichten. Es hieße dann lapidar: Aus technischen Gründen sehen wir uns leider gezwungen, die Übertragung einzustellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halte ich es für mutig und richtig, die Bilder laufen zu lassen und die Realität ungeschminkt zu zeigen. Wer sich und seinen Kindern dies ersparen will, kann darauf verzichten und sollte trotzdem Fragenden die Vorgänge erläutern und Verständnis wecken für biologische Vorgänge, die nicht immer nur negativ betrachtet werden müssen. Der Zustand des Nestes in Marchegg ist mit Sicherheit nicht für die Verluste verantwortlich.

Auch in Isny ist die Unterlage, auf der das Nest liegt, in keiner Weise Ursache für das Sterben. Alle Storchennester sind doch keine versiegelten Gebilde, die sich mit Wasser voll saugen oder sogar die Kälte der Betonplatte auf die Jungen im Nest übertragen. Wenn ich einen 10-Liter-Eimer mit Wasser ins Nest kippe, ist für einen Augenblick eine Pfütze im Nest. Aber schon nach wenigen Sekunden beginnt das Wasser sich zu verteilen, durch alle Ritzen zu fließen und seitlich abzulaufen. Plastikteile im Nest sind sicher eine unangenehme Beigabe, doch wie groß müsste ein solches Teil sein, das den Abfluss von Regenwasser komplett blockiert oder entscheidend behindert? Müssten die Störche es außerdem nicht wie eine Tischdecke schön ausbreiten? Starker Regen führt schlicht und einfach bei längerer Dauer zu einer Unterkühlung der Jungen, da die Wärmeverluste durch die fehlende Zufuhr an geeignetem Futter nicht mehr ausgeglichen werden können. Störche fliegen bei mehrtägigem Regen nicht weit vom Nest weg. Ist der Futterbedarf bei relativ großen Jungen sehr groß, geeignetes Futter jedoch nicht in Nestnähe erreichbar, verhungern Junge so paradox dies auch erscheinen mag. Häufig werden mit dem Futter auch Parasiten eingeschleppt (Endoparasiten). Man fand im Darm toter Jungstörche große Mengen eines Saugwurmes, der die Nahrungsaufnahme entscheidend behinderte. Trematoden verursachten schwere Entzündungen der Darmschleimhaut. Diese Parasiten entwickeln sich über Schnecken und Frösche, beides potentielle Nahrungstiere unserer Störche. Bei starkem Parasitenbefall – wie vielleicht jetzt in Marchegg – treten dann Verluste unter den Jungen reihenweise auf. Der Riemenwurm  - ein Bandwurm – der durch parasitierte Fische in den Storchenkörper gelangt oder ein Luftröhrenwurm führen ebenso nicht selten zu großen Ausfällen unter den Jungstörchen.

Also: Cool bleiben und alle Gefahren, denen junge Störche ausgesetzt sind, im Auge behalten! Oder wollen Sie einen täglichen Arzneimitteleinsatz zur Bekämpfung eventuell vorhandener Verwurmungen? Ich glaube, was auf diesem Gebiet mit unseren Haustieren passiert, sollte uns eine Lehre sein. Derartige Auswüchse bei einem möglichen Haustier „Weißstorch“ sind nicht in unserem Sinne. Allerdings müssen wir als Konsequenz dann schlimme Bilder hinnehmen und ertragen.

12. Jun. 02

Unser Traumpaar erfreute uns heute durch eine lange Anwesenheitsdauer. Erst am späten Nachmittag kam es zu einer längeren Nestabstinenz. Zum Frühstück gab es Paar im Nest.


Zum Verlieben!

Gegen 7:15 Uhr verabschiedeten sich Resi und Rudi zu ihrer Morgenmahlzeit in die Nähe der Ellwanger Kreuzung. Dort wurden sie von unserem Webmaster auf dem Weg zur Schule ertappt. Dieser Platz an einer viel befahrenen Umgehungsstraße von Dinkelsbühl scheint sich zu einem beleibten Nahrungsplatz unserer beiden zu entwickeln. Kurz nach 8:00 Uhr standen Resi und Rudi (letzterer brachte reichlich Nistmaterial mit) wieder vereint im Nest.

 
Resi, du kannst mir beim Bauen helfen!

Bis 11:00 Uhr verbrachte Resi, meist liegend, in ihrer Behausung, während Rudi bereits um 9 Uhr zum Streunen abflog. Beide kehrten gemeinsam nach zwei Stunden zurück und legten abermals eine über dreistündige Dauerbesetzung des Nestes hin. Dass sich beide im Liegen gegenseitig kraulten, spricht für die große Harmonie der Partner untereinander. 


Resi krault Rudi!

Warum Resi in dieser Zeit einmal einen Freudensprung hinlegte, kann nicht an einer nun nicht mehr zu erwartenden Eiablage gelegen haben. Offensichtlich hatte sie nur kurz das Gleichgewicht verloren und im Straucheln dann eben einmal kurz vom Nestboden abgehoben. 


Was gibt es denn zu feiern, Resi?

Der abendliche Einflug geschah im Rahmen der Möglichkeiten spät, aber nicht zu spät gegen 21:45 Uhr.


Klappt doch! 

13. Jun. 02

Morgens und am Vormittag war wieder „buntes Programm“ angesagt mit den bereits mehrmals erwähnten Programmpunkten. Am Nest wird weiter gearbeitet. Hier laufen Verhaltensmuster ab, die über die gesamte Brutzeit beibehalten werden. Auch Paare mit Nachwuchs bauen die gesamte Brutzeit über am Nest. Während Hormone ab einem gewissen Zeitpunkt die Eiablage verhindern (ist ja auch biologisch sinnvoll), können Paare auch noch spät im Jahr mit einem Nestneubau beginnen. In dieser Weise agierte unser Paar, obwohl bei Baubeginn schon keine reellen Chancen mehr bestanden, eine erfolgreiche Brut noch durchzuziehen. Trotzdem handelten die Tiere nicht „unvernünftig“, steht ihnen doch im nächsten Jahr eine fertige Behausung zur Verfügung und der Brutbeginn kann dann zügiger eingeleitet werden (vorausgesetzt die Dohlen untergraben nicht diese Absicht wieder auf ihre Art und Weise).

Technische Pannen unterbrachen im Lauf des Tages immer wieder eine kontinuierliche Übertragung der Livebilder, so dass über Stunden die Bilder nicht aktualisiert wurden. Auf alle Fälle kam unser Paar – als die Bilder wieder Laufen lernten – kurz nach 22:00 Uhr zur Übernachtung. 


Rudi ruht und Resi steht

14. Jun. 02

Die Technik macht immer mehr Schwierigkeiten. Auch heute ging über Stunden nichts und zum ersten Mal überhaupt konnte man am Abend keinen Blick auf mögliche Übernachtungsgäste werfen. Auch die meiste Zeit des Nachmittags wurden Bilder nicht mehr aktualisiert. Ich hoffe, dass unsere Sehergemeinde mit diesen Unzulänglichkeiten leben kann und bitte um ihr Verständnis. Da Wohnung und Geschäft des Herrn Wilfling nicht identisch sind und nur er Zugang zu den Computern besitzt, ist unser System sehr anfällig, fällt Herr Wilfling einmal aus, befindet sich außer Landes oder ist mit auftretenden Schwierigkeiten überfordert. Andreas Kamm von K & K Computer Systeme – über seine Firma laufen sämtliche Verbindungen und er finanziert auch die Betriebskosten der Webcam – kann hier aber ebenso wenig eingreifen, wenn er nicht an die Computer im Wilflingschen Modehaus kommt. Also Geduld, es wird schon wieder besser werden!

Trotzdem gab es zeitweise Storch am Nest. Am Morgen das obligatorische Paar mit Nestbau und wechselseitigem Liegen, mittags ein ähnliches Bild und am frühen Nachmittag noch einmal ein Besucher bis kurz vor 14:30 Uhr. Dann war es vorbei mit des Sehers Herrlichkeit.

15. Jun. 02

Die Bilder laufen wieder! Dies ist eine Nachricht wert. Zu oft gab es zuletzt Probleme. An der Kamera selbst liegt es nicht, die läuft seit ihrer Installation ohne eine Panne. Aber die Wege von der Kamera bis zu Ihnen an Ihren PC sind halt nicht immer so einfach zu bewältigen und selbst die Profitruppe in Vetschau hat gelegentlich mit Übertragungsschwierigkeiten zu kämpfen. Über Stunden zeigen sich heute Resi und Rudi in trauter Zweisamkeit im Nest und als sie sich am frühen Abend wieder einfinden, ist die Hoffnung groß, dass es bei einer störungsfreien Übertragung bleibt, denn Herr Wilfling weilt übers Wochenende nicht in Dinkelsbühl. Er hat mit einer „Ersatzkamera“ vorgesorgt. Doch um 19:33 Uhr ist alles vorbei. Die Bilder werden nicht mehr aktualisiert, die „Ersatzlösung“ entpuppt sich als Wunschtraum und so wird es bis Montag bleiben. Ein Trauerspiel! Aber wenigstens zeigt unser Standbild ein Storchenpaar. So lässt sich die Durststrecke ein wenig leichter überstehen.

16. Jun. 02

Nachdem seit gestern Abend die Kamerabilder nur mehr ein Standbild liefern, ist es still um unser Nest geworden. Da das Paar um 19:33 Uhr noch im Nest stand, ist es sicher, dass Resi und Rudi anschließend – auch wenn sie noch einmal zur Futtersuche gestartet sind – in ihrer Behausung übernachtet haben. Ansonsten gibt es lediglich eine Begegnung unseres Paares vor Ort durch Ihren Tagebuchschreiber.

Als die Entzugserscheinungen Ihres Chronisten für ihn nicht mehr tragbar waren, begab er sich bei Einbruch der Dämmerung flugs an den Ort der nun verborgenen Geschehnisse und sah gegen 21:50 Uhr folgendes. Vom Rothenburger Tor, einem der vier Dinkelsbühler Stadttore, hat man einen guten Gesamtblick auf das Münster Sankt Georg sowie auf  das Nestgebäude. Die Helligkeit war noch ausreichend, um mit unbewaffnetem Auge Resi und Rudi im Nest stehen bzw. liegen zu sehen. An der Adler-Apotheke machte ich noch einmal kurz Halt und warf dabei einen Blick auf die laufende Übertragung der Live-Bilder über ein dort aufgestelltes Fernsehgerät (diese Übertragung funktioniert übrigens immer, wenn das Fernsehgerät eingeschaltet ist!). Die dort zu sehenden Bilder entsprechen den Bildern, die Sie auch im Internet verfolgen können, falls wie heute die Technik nicht einen dicken Strich durch die Rechnung macht (allerdings als richtige Video-Live-Übertragung). Es war Rudi, der sich auf die faule Haut gelegt hatte und dabei von seiner Partnerin zärtlich am Hinterkopf gekrault wurde. Meine „Entzugserscheinungen“ bezüglich Resi und Rudi waren damit beseitigt, aber was macht die Sehergemeinde unserer Webcam? Sie muss sich mindestens noch bis morgen gedulden. Also Kopf hoch und durch! Dann gibt es sicher wieder „bewegte Störche“.

Ganz sicher werden Sie sich für den Fotoreport über die Mosbacher Störche interessieren.

Ein weiterer Ersatz für zeitweiligen Ausfall der Übertragung ist vielleicht der zweite Teil der nun aktualisierten Bildergalerie Mai 02. Das neue Design ist technisch bedingt. Durch die noch kleineren Vorschaubilder verkürzen sich die Ladezeiten erheblich.


Der Storch24-Chat erfreut sich in den letzten Tagen immer größerer Beliebtheit! Nach der Meinungsäußerung einiger Benutzer kommen wir zu folgender Empfehlung, die auf der Eingangsseite des Chats auch nochmal aufgelistet ist:

  • Kernzeit: Täglich von 21 bis 22 Uhr

  • Frühere Alternative: Täglich von 19 bis 20 Uhr

  • Grundsätzlich kann man natürlich immer versuchen, ob man andere Storchenfreunde im Chat trifft.

Wenn Sie zunächst alleine im Chat sind, haben Sie bitte etwas Geduld. Einer ist immer der Erste! Es ist sinnvoll, Eintrittmeldung und Audiomeldung in den Optionen zu aktivieren. Vor den ersten Chatversuchen empfehlen wir, die Hilfeseite anzusehen.

Hier noch ein kleiner Tipp:
Nach der Zeitschrift "GEO" widmet nun auch "Spektrum der Wissenschaft" in der Juniausgabe sein Titelthema dem Vogelzug. Der Artikel "Prinzesschens Reisen nach Afrika" von Peter Berthold und Ulrich Querner (Vogelwarte Radolfzell) befasst sich mit der Verfolgung des Vogelzugs per Satelliten. Auf der Homepage von Spektrum finden Sie eine Leseprobe und eine Linkliste zu diesem Artikel.

Thomas Ziegler

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