Storchenkamera
Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah
Teil 4
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01. Apr. 02
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Die Sensation ist perfekt. Nach Dohlen,
Tauben und Staren (s. oben) hat sich heute ein Pelikanpärchen
im Dinkelsbühler Nest niedergelassen.
Wir stehen bereits in Verhandlungen mit einem bekannten
Schreibwarenhersteller als zukünftigen Sponsor für unser Projekt.
Das hätte wohl vor einigen
Tagen noch keiner zu träumen gewagt. Statt der erwarteten Störche
muss wohl bereits in den frühen Morgenstunden das Pelikanpaar
Einzug auf dem Rathausnest gehalten haben. In Ornithologenkreisen
gilt es schon als Sensation, gleich zwei Vertreter dieser in
Mitteleuropa äußerst selten nachgewiesenen Vogelart hoch über den
Dächern Dinkelsbühls beobachten zu können. Dass dies ausgerechnet
vor den Augen unserer Storchenkamera geschehen kann, verstärkt das
Glücksgefühl vieler Ornithologen um ein Vielfaches. Die sehr
schweren Vögel - sie übertreffen das Gewicht eines erwachsenen
Storchs um über das Doppelte - haben seit der Landung ihren
luftigen Ausguck noch nicht verlassen. Da der
Start und Abflug vom Nest nur nach einer gehörig langen
Anlaufstrecke erfolgen kann, darf man jetzt schon gespannt sein, wie
die beiden vermutlich vom Balkan stammenden Vögel das Startproblem
lösen werden. Es wird also weiterhin für alle Besucher unserer
Website ein spannendes Abenteuer bleiben, das in dieser Form wohl
noch nirgendwo von einer Storchen - Webcam eingefangen wurde.
Bei der Identifizierung der beiden Nestbesucher gingen in
Ornithologenkreisen die Wogen hoch her. Von den weltweit rezent
vorkommenden sieben bekannten Pelikanarten wurden bisher drei auch
in Mitteleuropa nachgewiesen. In Deutschland konnte der Rosapelikan
einige Male (vor allem in früheren Jahrhunderten) ab und zu
beobachtet werden, während der seltenere Krauskopfpelikan gar erst
einmal für Deutschland nachgewiesen wurde. In den letzten Jahren
gab es verstärkt auch Beobachtungen des Rötelpelikans, einer in
Afrika brütenden Pelikanart, die es sogar schon einmal für mehrere
Wochen an den Altmühlsee verschlagen hatte. Nach ausgiebigem
Literaturstudium und dem Wälzen einer ganzen Bibliothek von
Bestimmungsliteratur kann die Artzugehörigkeit nun doch recht
eindeutig wiedergegeben werden. Der gelblich-braune Fleck an der
Vorderbrust beider Tiere lässt keine Zweifel zu. Es handelt sich
eindeutig um zwei Rosapelikane, die ihre nächsten Brutplätze
in Bulgarien und Rumänien besitzen. Möglicherweise hat das
besonders tiefe Tiefdruckgebiet der letzten Tage über diesem Teil Südosteuropas
die Vögel derart weit nach Westen verdriftet. Ob die beiden nun
auch im Storchennest zur Brut schreiten werden, muss die
Zukunft erweisen. Es wäre mit Sicherheit die erste Brut in
Deutschland seit mindestens 3-400 Jahren, wenn nicht überhaupt die
erste. Auf alle Fälle zögen in einem solchen Falle, die
heimkehrenden Störche den Kürzeren. Die Pelikane würden ihr Nest
mit Macht verteidigen und keinem anderen den Platz überlassen. Die
Konsequenz wäre dann natürlich, dass das Storchentagebuch in Pelikan-Tagebuch
und Storchennest Dinkelsbühl in Pelikannest Dinkelsbühl umbenannt
werden müsste. Ansonsten würden Sie als Besucher unserer Website
keine Veränderungen verspüren.
Als kleiner Trost für den Schreck in der frühen
Morgenstunde des 1. April – So bietet sich die schöne Stadt
Dinkelsbühl aus der Storchen- und Pelikanperspektive!
Blick nach Südwesten mit Segringer Tor
Blick nach Westen mit dem Segringer Tor
und dem Grünen Turm
Blick nach Norden mit dem Rothenburger
Tor und der Flussaue, die von Störchen
und vielleicht auch Pelikanen ganz gern zur Nahrungsaufnahme genutzt
wird.
Ohne dass es von den Sehern unserer
Kamerabilder unmittelbar beobachtet werden konnte, verließ das
Pelikanpärchen (es konnte allerdings nicht mehr ermittelt
werden, ob es sich tatsächlich um ein solches gehandelt hatte) vor
Einbruch der Dunkelheit
sein ungewohntes Ruheplätzchen. Abflugrichtung und weiterer
Verbleib der seltenen Gäste werden wohl auch in nächster Zeit im
Dunkeln bleiben. Freuen wir uns aber, dass eine ungewöhnlich große
Zahl von Besuchern (bis zum jetzigen Zeitpunkt waren es über
1200) unserer Website heute Zeuge dieser einmaligen Geschehnisse
werden konnte.
Dass die Sensation auch von den zahllosen
Besuchern der alten Wörnitzstadt wahrgenommen wurde, bleibt außer
Frage. Leider stand den ganzen Tag die Sonne so ungünstig über dem
Nest, dass von unten nicht mit Sicherheit gesagt werden konnte, ob
es tatsächlich Pelikane waren oder nur eine eigenartige, auf die
große Hitze zurückzuführende Luftspiegelung den Eindruck vom
Vorhandensein eines Pelikanpärchens vermittelt hatte. Das
historische Datum dieser ungewöhnlichen Beobachtung – der erste
April 2002 – wird sich wohl für lange ins Gedächtnis der
Zeitzeugen einfräsen.
Nun steht für die nächste Zeit wenigstens
eines fest: Wir müssen weiter auf einen Storch warten. In
Vetschau und in Pamhagen wurde das Warten ja in der Zwischenzeit
auch belohnt, dafür konnten wir unseren treuen Besuchern die oben
ausführlich geschilderte Sensation bieten. Wer weiß, ob sich der
Besuch des Pelikanpärchens auch dann eingestellt hätte, wenn das
Nest schon von Meister Adebar besetzt gewesen wäre. Man kann eben
nicht alles haben. Die einen haben ein Storchenpaar, die anderen ein
Pelikanpaar. Jedem das Seine.
PS! Aus gewöhnlich gut unterrichteter Quelle verlautet, dass heute
der Luftraum um und über Dinkelsbühl von Störchen gänzlich
gemieden wurde. Na, wenigstens diesen Trost können wir für uns
beanspruchen. Wäre auch schlimm gewesen, wenn die Pelikane die Störche
vertrieben hätten. Also nichts verpasst und vielleicht viel
gewonnen, zumindest viel an Spaß und Freude an einem herrlichen
Ostermontag. Falls Sie doch etwas verpasst haben und für unsere
Pelikane zu spät gekommen sind, haben wir die Seite
des heutigen Tages für Sie auf Eis gelegt...
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02. Apr.
02
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Ehre, wem Ehre gebührt! Die
gestrige Pelikanbegegnung der dritten Art ist leider (ich hätte
die Idee auch gerne gehabt!!!) nicht Ihrem Storchenexperten zu
verdanken, sondern unserem Webmaster Wolfgang Horlacher. Auch ich
gestehe freimütig, im ersten Augenblick ein wenig gestutzt zu
haben, zumal ich im Herbst vergangenen Jahres von einem Rötelpelikan
gelesen und gehört hatte, der sich sogar Eingang in Deutschlands
auflagenstärkste Tageszeitung verschaffen konnte. Dieser Pelikan
sorgte damals für Aufsehen, als er Kirchtürme, Dächer und ich
meine sogar ein Storchennest besetzte, bis auch er nicht mehr
gesehen wurde. Die literarische Umsetzung und die Wertung der gestrigen
Beobachtungen aus wissenschaftlicher, speziell ornithologischer
Sicht entstammen dann schon wieder meiner Feder. Aber dass Ihr
Storchenexperte etwas zu schreiben hatte, geht auf Wolfgang
Horlacher zurück. Ich danke ihm in Ihrer aller Namen herzlichst dafür.
Die positiven Reaktionen im Gästebuch beweisen, dass seine Idee ein
großer Renner wurde. Sie geben auch uns „Machern“ wieder
Auftrieb, nicht müde zu werden und auch dann noch zu schreiben oder
zu basteln, wenn die Kraft schon nachlässt und andere Dinge auch
wichtig erscheinen.
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Nur
wer in einem dieser Gasthäuser heute zu tief ins Glas
geschaut hat,
konnte die beiden Pelikane im Nest ebenfalls erkennen. |
Obwohl der Tag noch nicht ganz
zu Ende ist, wird es wohl mit einer neuen Pelikanbeobachtung im
Storchennest nichts mehr werden. Die Dohlen machen sich
weiter über das Nistmaterial her, ihre Bauphase an den Nestern des
Münsters und einiger Türme der
Stadtmauer ist jetzt im vollen Gang, so dass dort in der nächsten
Woche mit der Eiablage gerechnet werden kann. Das Ausreißerpärchen
(unser altes Storchenpaar vom 15. März), das nach Mosbach übersiedelte,
hat inzwischen dort mit der Brut begonnen.
Die Senderstörche, die
auf der Ostroute weiter in Richtung Mitteleuropa streben, kommen
seit Tagen nicht mehr recht voran. Niedrige Temperaturen und
Dauerregen ließen den Flug von Felix und Prinzesschen in den
letzten Tagen nur sehr langsam vorankommen. Beide halten sich immer
noch in der Türkei auf, während Annamaria Polen erreicht hat und
nur noch ein kleines Stück bis zu ihrem Nest in Brandenburg zu
fliegen hat (www.storchenzug.de).
Ich schreibe das nur, um Ihnen zu zeigen, dass noch längst nicht
alle brutfähigen Störche ihre Heimat wieder erreicht haben. Warten
wir eben noch ein kleines Weilchen.
PS! Damit alle Chat-Freunde nicht ständig in einem leeren Chat-Room
stehen, biete ich morgen eine kleine Plauderstunde an. Wer
Lust hat, mit vielen (??) Storchenfreunden und natürlich auch mit
Ihrem Storchenexperten zu chatten, soll sich doch am morgigen Mittwoch,
den 3.3.02 um 19:00 Uhr einmal bei Storch24-Chat einloggen und
einfach gespannt sein, wen man trifft und was alles zur Sprache
kommt. Bisher lief es leider oft so ab: Man kommt in den Chat...
niemand da... man geht gleich wieder... der nächste kommt in den
Chat... niemand da.....
Also nicht vergessen!!!
3.4.02, 19:00 Uhr Treffpunkt Storch24-Chat
mit dem Storchenexperten!!
Ich freue mich schon auf Ihnen (auf Sie!).
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03. Apr. 02
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Die Störche stellen die
Dinkelsbühler Storchennestgucker heuer auf eine harte Geduldsprobe.
Immer, wenn man denkt, jetzt ginge die Chose richtig los, muss man
enttäuscht feststellen, dass es schon wieder nur ein Storch für
wenige Minuten war. Beiliegende Schnappschüsse, die unserem
Webmaster heute früh wenige Minuten vor 08:00 Uhr gelangen, mögen
all diejenigen zufrieden stellen, die heute nicht das Glück einer
Storchensichtung hatten oder einfach noch im Bett lagen wie Ihr
Storchenexperte.
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Deutlich
ist die ungewöhnliche Beringung unseres kurzen Gastes zu
erkennen |
Zwei Gästebucheintragungen verkündeten ebenfalls
freudig erregt die Ankunft des „Neuen“. Dabei erkannte Natty aus
Berlin sogar, dass der Besucher einen Ring trug. Schade, dass dieser
Ringträger nicht länger blieb und ich ihn auch den ganzen
Tag nirgends aufspüren konnte. Der Ring saß oberhalb des
Intertarsalgelenks und hatte einen Verschluss, der den Ring wie ein
kleines Fähnchen erscheinen ließ. Zu gerne hätte ich die Nummer
sowie die Inschrift auf dem Ring abgelesen. Die Art des Ringes sowie
die Tatsache, dass er über dem besagten Gelenk (es sieht aus wie
das Knie, ist es aber nicht) beringt ist, ist doch sehr auffällig.
Dies spricht gegen eine deutsche Vogelwarte als verantwortliche
Ausgabestelle dieses Rings. Schon eher geht es in Richtung
„Wiedereinbürgerung von Störchen“, „Storchenstation“, also
so in Richtung Niederlande, Schweiz etc. Wenn ich den Burschen
irgendwo entdecke, werde ich Sie selbstverständlich informieren.
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Kaum
ist der Storch weg fallen schon wieder die Dohlenhorden über
das Nest her, um sich von dem Nistmaterial zu holen |
Aber wie es scheint, war es
wieder nur ein Durchreisender, denn sonst hätte er sich tagsüber
sicher noch einmal blicken lassen. Er ist bereits der siebte
Storch dieses Jahres, der zumindest für wenige Minuten unser
Nest aufsuchte.
Dabei fing alles doch so
vielversprechend an. Am 15.2. erschien bereits der erste Storch
(ein Männchen, wie sich später herausstellte), dem sich nach 4
Wochen am 15.3 ein Weibchen zugesellte (die Mosbacher Störchin).
Bereits einen Tag später (16.3.) fand die Übersiedelung des
Paares nach Mosbach statt. Der nächste Besucher hielt sich am 22.3.
und am Morgen des 23.3. im Nest auf und verschwand auf
Nimmerwiedersehen. Am 26.3. ein neuer Gast für eine knappe
halbe Stunde, am 28.3. ein Paar für zwei Minuten und schließlich
heute die nächste 5-Minuten-Terrine. Wenn das so weiter geht! Auf
jeden Fall sind auch diese Nachweise durchaus wichtige
Beobachtungen, die ja fast nur mit Hilfe einer „Überwachungskamera“
zu untermauern sind. Also frischen Mutes voran und nie die Hoffnung
aufgeben.
Auf der Suche nach dem
„Neuen“ heute im Gebiet um Dinkelsbühl gelang mir nebenbei eine
aufregende und durchaus mitteilenswerte (das Wort sensationell ist
in den letzten Tagen schon zu oft gebraucht worden) Beobachtung. Als
ich mich dem Ihnen bekannten Nahrungsgebiet der Dinkelsbühler Störche
bei der Froschmühle (2 Kilometer nordwestlich des Nestes) näherte,
lief ein leibhaftiger Storch an einem der zahlreichen Gräben
entlang. Ich nahm mein Fernglas und rechnete schon damit, dass ich
den Besucher von heute früh vor Augen haben würde, doch rechts über
dem Intertarsalgelenk war kein Ring zu sehen, dafür links über den
Zehen. Die Art des Rings ließ in mir sofort einen Verdacht
aufkommen, zumal ich 15 Minuten vorher vom Kirchturm in Mosbach das
dort brütende Männchen (der aus Dinkelsbühl, ohne Ring)
beobachtet und fotografiert hatte. Dieses wendete Eier und ließ
sich danach sofort wieder im Nest nieder. Sollte der Storch, der
jetzt an der Froschmühle vor den Toren Dinkelsbühls auf
Nahrungssuche war, die Mosbacher Störchin sein. Eine
Ablesung des Rings war unter den Gegebenheiten nicht möglich. Aber
vielleicht sollte ich Glück haben? Nach 20 Minuten flog der Storch
ohne mein Zutun auf. Der heftige Ostwind machte ihm zunächst schwer
zu schaffen. Nur mühsam konnte er sich genau über meinem Auto in
engen Kurven etwas in die Höhe schrauben, wobei ihn der Wind immer
wieder nach unten drückte. Schließlich fand er einen schwachen
Thermikschlauch an dem Talhang der Wörnitz bei Burgstall. Ein Höhenunterschied
von etwa 50 Metern wurde nun von unserem Storch perfekt genutzt und
bald schraubte er sich immer höher. Nun durfte ich ihn nicht aus
den Augen verlieren, bis er den Streckenflug begonnen hatte. Und es
gelang. Das Kreisen und Suchen von Thermik dauerte insgesamt 10
Minuten. Inzwischen war er in nordwestlicher Richtung über
Burgstall nur noch als schwacher Punkt durchs Fernglas erkennbar und
plötzlich legte er den Turbo ein und ging in einen rasanten
Gleitflug über, genau in Richtung Mosbach, dessen heller Kirchturm
von meinem Beobachtungsposten bei Burgstall mit bloßem Auge
deutlich zu erkennen war. Selten bin ich den 10 Kilometer langen Weg
entlang der Wörnitz schneller gefahren als dieses Mal. Eine
Durchschnittsgeschwindigkeit von 60km/h ist für die kurvenreiche,
schmale Strecke schon das höchste der Gefühle. Um 15:12 Uhr
erreichte ich wieder Mosbach. Das Männchen stand im Nest, wendete
gerade Eier, schaute in die Luft und ließ sich im Nest nieder. Ich
beobachtet den Luftraum in südlicher Richtung und was ich nur zu träumen
gewagt hatte, trat ein. Zwei Minuten nach meiner Ankunft und genau
14 Minuten, nachdem die Störchin den Gleitflug bei Burgstall
begonnen hatte, erschien sie hoch über Mosbach. Mit ausgefahrenem
Fahrwerk (Beine) verringerte
sie ihre Geschwindigkeit, verlor rasant an Höhe, musste noch ein
paar heftige Korrekturen wegen des strammen Windes vornehmen und
vollführte zum Schluss eine Punktlandung im Nest. Die Belohnung war
sage und schreibe 10 Sekunden nach der Landung eine lange,
ausgedehnte Kopula. Danach trat der Storchenmann zur Seite und überließ
dem Weibchen die Bebrütung des Geleges. Schon erstaunlich! Da verlässt
das Storchenpaar Dinkelsbühl und brütet in Mosbach (11 Kilometer
Luftlinie voneinander entfernt) und zumindest das Weibchen nimmt
einen fast 9 Kilometer langen und insgesamt über 20 Minuten
dauernden Flug in Kauf, um vor den Toren Dinkelsbühls nach Nahrung
zu suchen. Da verbietet sich jegliche weitere Kommentierung.
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04. Apr. 02
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Der gestrige Chattermin war
eine gelungene Aktion. Mit bis zu 8 Chattern gleichzeitig
bedeutete dieses erste große Zusammentreffen von Storchenfreunden
via Internet auch für Ihren Storchenexperten eine neue Erfahrung.
Bleibt die Frage zu klären,
wie wir es in Zukunft mit dem Chatten halten werden? Natürlich ist
der „Room“ durchgehend offen und für jedermann betretbar. Doch
ohne Gesprächspartner kann es auf Dauer langweilig werden. Deshalb
schlage ich vor, einen täglichen Zeitrahmen vorzugeben, zu
dem sich interessierte Storchenfreunde oder solche, die es werden
wollen, bevorzugt einloggen könnten. Das verpflichtet niemanden und
setzt auch Ihren Storchenexperten nicht zu sehr unter Druck. Wer
sich also für mit dieser Lösung anfreunden könnte, sei herzlich
eingeladen, täglich in der Zeit von 19 Uhr bis 20 Uhr im Chat-Room
vorbeizuschauen. Auch wenn Ihr Storchenexperte nicht anwesend ist,
ergeben sich sicher für viele Gewinn bringende Gespräche und
Kontakte. Gefällt Ihnen der Vorschlag nicht, äußern Sie ihre
Meinung beispielsweise durch einen Eintrag im Gästebuch.
Viele der gestellten Fragen
bezogen sich auf die Brutbiologie der Störche. Hierzu finden
Sie im Tagebuch des Jahres 2001 fast auf alle Geheimnisse
eine Antwort. Laden Sie sich einfach die entsprechende Datei
herunter und lesen Sie in Ruhe offline, dann ist es billiger (wenn
Sie nicht über eine Flat-Rate verfügen). Sollte es auch in diesem
Jahr zu einer Brut in Dinkelsbühl kommen, wird natürlich auch
heuer das Tagebuch die Geschehnisse kommentieren und beleuchten.
Auf viel Interesse stieß bei
unseren Chattern auch der genaue Ablauf des Storchenzuges.
Sollte das Nest weiterhin verwaist sein, kann ich ja diese sehr
interessante Thematik einmal ins Tagebuch schieben. Ansonsten
verweise ich schon einmal auf die Rubrik „Reisebericht“,
in der ich im vergangenen Jahr den fiktiven Zug der beiden Dinkelsbühler
Jungstörche beschrieben habe. Leider ging Ihrem Berichterstatter in
Israel die Luft aus, so dass das Winterziel im Sudan literarisch
noch nicht erreicht werden konnte. Ich darf Ihnen aber versichern,
dass Sissi, unser Störchenmädchen, Mitte September den vorläufigen
Endpunkt ihres Fluges erreicht hat.
Einen dritten, wesentlichen
Punkt unserer Plauderstunde nahmen die Dohlen als treueste
Nestbesucher ein. Es wurde die Befürchtung geäußert, die
umtriebigen Rabenvögel könnten das Nest so arg ramponieren, dass
kein Storch mehr Einzug halten wird. Zugegeben! Das Nest hat
gerade in den letzten Tagen wieder deutlich gelitten. Der humöse,
weiche Kern beginnt jetzt am linken Vorderrand deutlich abzubrechen,
der rechte Vorderrand ist unterhöhlt und es wird dort sicher auch
Abbrüche geben. Doch wenn Störche in der Lage sind, neue Nester
ohne Mithilfe des Menschen zu bauen, dann schaffen sie es erst
recht, ein existierendes Nest zu reparieren und wieder auf
Vordermann zu bringen. Es muss eben, wie im
vorliegenden Fall, etwas mehr Nistmaterial herbeigeschafft
werden und der Brutbeginn verzögert sich um ein kleines Weilchen.
Lassen wir den Dohlen die günstige Gelegenheit, sich vor der Haustür
ohne großes Suchen mit Nistmaterial zu versorgen.
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Die
Bilder zeigen das momentane Hauptangriffsziel der Dohlen
„Vorderer linker Nestrand!“ |
Nicht vergessen sollten wir
auch einen kleinen Nebeneffekt: Auf diese Art und Weise rührt sich
wenigstens ab und zu etwas im Storchennest und mancher von Ihnen hat
vielleicht die Dohlen mittlerweile sogar in sein Herz geschlossen.
PS!!! Soeben für wenige Minuten ein Paar im
Nest!!!!!!!!!!!!!! Männchen rechts über den Zehen beringt!!!!!!
Wird es jetzt etwas? |
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Storch Nummer 8 und Nummer 9
konnten heute als Doppelpack bewundert werden, allerdings wieder nur
für wenige Minuten. Es liegt schon ein Stück Tragik in der diesjährigen
Nestgeschichte, dass sich zwar viele Störche am Nest blicken
lassen, aber genauso schnell wieder verschwinden. Wann wird es
endlich etwas mit einem oder zwei Dauergästen?
Das heutige Kurz-Paar zeichnete
sich dadurch aus, dass der männliche Storch einen Ring
rechts über den Zehen trug, seine Partnerin dagegen war unberingt.
Eine Ablesung konnte leider wie beim gestrigen Kurz-Besucher nicht
erfolgen. Die Zeit der Anwesenheit des Ringträgers war für eine
solche Unternehmung wieder zu kurz. Eine Nachsuche im Gebiet um
Dinkelsbühl erbrachte
ebenfalls kein positives Ergebnis, so dass mit dem Abflug vom Nest
gegen 11:50 Uhr auch gleichzeitig der Zug des Paares fortgesetzt
wurde und der heutige Übernachtungsplatz vielleicht 100 bis 200
Kilometer von Dinkelsbühl entfernt liegen könnte.
Die Vermutung, dass das Mosbacher
Paar auch den Nahrungsraum eines möglichen Dinkelsbühler
Storchenpaares für sich beansprucht (siehe die gestrige
Beobachtung), teile ich nicht. Beide Nester sind mit über 10
Kilometer Abstand voneinander zu weit entfernt, als dass sich die
potentiellen Nestinhaber dabei in die Quere kommen. Der gestrige
Besuch der Mosbacher Störchin vor den Toren Dinkelsbühls stellt
sicher keine Normalität dar und dürfte nur in besonderen Ausnahmefällen
(gute Thermik, günstiger Wind etc.) in Frage kommen.
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5. Apr. 02
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Wenn sich schon am Dinkelsbühler
Nest im Hinblick auf einen möglichen neuen Storchengast nichts
getan hat (die „Nestplünderungen“ durch die Dohlen gehen wie
erwartet massiv weiter), seien an dieser Stelle einige Anmerkungen
aus dem heutigen Storchenleben Ihres Experten berichtet. Bereits um
8:30 Uhr fand er sich in Wilburgstetten, einem ehemaligen
Storchenort an der Wörnitz, acht Kilometer südöstlich von
Dinkelsbühl, ein, um dort ein neues Storchennest
vorzubereiten und in das riesige Wagenrad tüchtig Nistmaterial
einzuarbeiten. So ganz nach Storchenart waren dazu große Mengen an
Zweigen, Stroh, Erde und anderen Zutaten nötig. 1980 brütete zum
letzten Mal auf dem Kirchturm ein Storchenpaar erfolgreich. Anschließend
zeigten sich fast alljährlich Nestbesucher, zu einer Brut kam es
jedoch nie mehr. Als im letzten Jahr Bauarbeiten begannen und der
Turm um sieben Meter auf jetzt 30 Meter Höhe aufgestockt wurde,
musste das alte Nest entfernt werden. In einigen Tagen soll nun die
neue Unterlage auf dem Dachfirst montiert werden und nach Beendigung
der Baumaßnahme kann auch in Wilburgstetten wieder auf einen neuen
Turmbewohner gewartet werden.
Um 20 Uhr gab es dann für
Ihren Tagebuchschreiber noch eine zweite Veranstaltung. In Radwang
– vor den Toren Dinkelsbühls gelegen – stand ein Vortrag beim
Fischereiverein Dinkelsbühl auf dem Programm. Die Petrijünger
waren interessierte Zuhörer und ließen sich in manches Geheimnis
um die Störche einweihen.
PS! Zu unserem Gast vom 3.April mit dem „besonderen“ Ring über
dem Intertarsalgelenk laufen derzeit Ermittlungen, die, wenn sie
sich bestätigen sollten, ein weiteres Bonmot in der diesjährigen
Nestgeschichte darstellen würden. Da es sich verbietet, in laufende
Ermittlungen kommentierend einzugreifen, werde ich Ihnen erst nach
bekannt Werden weiterer Details in diesem kleinen Kriminalfall
berichten.
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Thomas
Ziegler
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