Storchenkamera
Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah
Teil 8
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28. Apr. 02
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Die Storchenbesuche am
Nest häufen sich seit gestern geradezu. Bereits um kurz nach
7:00 Uhr am Morgen konnte – wie zwei Frühaufsteher unter unseren
Gästebuchschreibern bekunden – ein Einzelstorch im Storchenhaus
nachgewiesen und durch zwei Schnappschüsse einer Seherin
dokumentiert werden.
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Wir
danken Nancy aus Philadelphia für die schönen Aufnahmen im
Morgenlicht! |
Aber auch dieser Besuch unserer Nummer 15 währte
nur kurze Zeit.
Doch es dauerte diesmal nur bis
12:00 Uhr mittags, als statt Gary Cooper ein weiteres
Storchenpaar die Runde machte und im Nest landete. Beide Partner
des Paares waren wieder unberingt. Einiges spricht dafür, dass es
sich dabei um das gestrige Paar gehandelt haben dürfte – in der
Reihe unserer Nummerierungen vergebe ich trotzdem die Zahlen 16
und 17. Man darf gespannt sein, wie lange uns Meister Adebar
noch so auf Trab hält. Eigentlich ist damit für Spannung genug
gesorgt, weißt man doch beim Anklicken unserer Website im Voraus
nicht, was uns erwartet. Ein brütendes Paar liefert – und das weiß
man bereits schon vor dem Erscheinen des Bildes der Webcam – einen
im Nest liegenden, teilweise auch einmal die Eier wendenden Vogel.
Sie sehen, ich versuche schon wieder Trost zu spenden und die Enttäuschung
mancher etwas in Grenzen zu halten. Beiliegende Schnappschüsse
sollen dabei für entgangene Freuden entschädigen.

Ich glaube, wir werden beobachtet! |

Nach getaner „Arbeit“ |

Du hast es wieder nur wenige
Minuten im Nest ausgehalten! |

Da klappere ich doch mal
schnell hinterher! |
Drei Storchensichtungen an
einem Tag – das gab es seit dem 16. März nicht mehr! Damals
war unser Paar nach Mosbach umgesiedelt und hatte für die
seitherige Vakanz gesorgt. Morgens, mittags, abends – zugegeben
mit langen Unterbrechungen - aber immerhin!
So konnte Burkhard aus Barnim
neben vielen weiteren Glücklichen ab etwa 19:30 Uhr den abendlichen
Gast im Nest beobachten und auch Schnappschüsse gewinnen. Die unten
gezeigten Bilder stammen von Wolfgang Horlacher und Burkhard. Denn
dieser Besucher ging mir persönlich restlos „durch die Lappen“,
durfte ich doch als Sänger der örtlichen Kantorei just zu dieser
Zeit ein Konzert mit Georg Friedrich Händels „Dettinger Te Deum“
bestreiten. Sicherlich für mich ein Erlebnis, das ich der dritten
Storchensichtung im Dinkelsbühler Nest am heutigen Tag
gleichstelle. Die Schnappschüsse wurden bis 20:20 Uhr geschossen,
so dass mit einer Übernachtung des Besuchers ziemlich sicher
gerechnet werden konnte. Adebar machte uns jedoch wieder mal einen
Strich durch die Rechnung und verließ das Nest vor noch in
der Dämmerung, ohne bis Einbruch der Dunkelheit noch einmal
zurückzukehren.
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Ziemlich
windige Gegend hier... |

Ob ich hier wirklich übernachten soll?
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Ich glaube, ich fürchte mich
so alleine in der Dunkelheit... |
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29. Apr. 02
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Ein höchst erfreulicher Tag
liegt hinter uns. Ein Einzelstorch – man wird ja schon bescheiden
– übernachtet im Nest. Dies ist in der Entwicklung um die
Vorgänge im und am Nest ein nicht zu verachtender Schritt in
Richtung auf weitere mögliche Vorwärtsentwicklungen.
Um Ihnen die nächsten Etappen
schon ein wenig anzukündigen, wäre der nächste theoretisch
denkbare Schritt das Erscheinen und Bleiben eines Partners.
Wenn dies in dieser Woche noch geschieht und das künftige Paar
harmonisiert, wäre das Reparieren des Nestes in drei bis
vier Tagen denkbar und die Ablage des ersten Eies gegen Ende
der ersten Maidekade zu erwarten. Bitte, vergessen Sie nicht! Das
ist reine Spekulation, jedoch immer noch denkbar. Unser
Storch – er übernachtet ja zum ersten Mal in seinem Nest – hat
bisher noch keinerlei Anstalten zum Ausbau und zur Reparatur des
Nestes unternommen. Dies sollte er tun, wenn er ein männlicher
Storch ist. Handelt es sich bei „unserem“ Übernachtungsgast um
ein Weibchen ist dies eher nicht zu erwarten. Zweisamkeit regt den
Bautrieb natürlich wie von selbst an, so dass komplette Neubauten
eines Nestes dann in wenigen Tagen komplett sind und beim Dinkelsbühler
Nest in seinem jetzigen Zustand käme die Nestreparatur beinahe
einem „Neubau“ gleich. Wenn wir diesen Bauvorgang via Webcam
noch zu sehen bekommen, wäre das eine vorzügliche Bereicherung der
bisherigen Beobachtungen an unserem Storchennest. Ich gerate schon
wieder ins Schwelgen, wenn ich an die künftigen Möglichkeiten
denke, weiß aber auch, dass alles ganz schnell anders kommen kann.
Eine Chronologie der heutigen
Ereignisse, die in der Übernachtung eines Storches gipfelte, folgt
dann erst morgen.
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Gute Nacht,
Freund Adebar! |
Wie versprochen füge ich noch folgenden kurzen
Nachtrag an.
Die erste Storchensichtung
passierte wenige Minuten nach 10:00 Uhr am Vormittag. Natty aus
Berlin gelangen dabei auch eindrucksvolle Schnappschüsse:
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Ihr Tagebuchschreiber nutzt
seit einigen Tagen während der Pausen an seiner Arbeitsstelle, der
„Volksschule-Stadt“ in Feuchtwangen, die Gelegenheit, im
Lehrerarbeitszimmer der Schule verstohlenen Blicke ins Dinkelsbühler
Storchennest zu werfen. Natürlich immer hoffend, einen großen
schwarz-weiß gefärbten Vogel mit langen, roten Beinen zu
entdecken. Für die heutige Beobachtung kam die erste Pause zu früh
und die zweite Pause zu spät, so dass mir eine Sichtung nicht
gelang. Ähnlich verliefen der Nachmittag sowie die frühen
Abendstunden. Ich war reichlich beschäftigt, denn die
Schuleinschreibung führte etwa 100 kommende Erstklässler in meine
Schule. Die Kinder mussten umsorgt und liebevoll behandelt werden
und ich konnte sehen, was Freund Adebar so vor sechs Jahren in
meiner Heimatstadt angerichtet hatte. Es kann sich durchaus sehen
lassen, so dass wir auch in diesem Jahr dem Dinkelsbühler Storch
voll vertrauen können.
Etwa gegen 17:30 Uhr
wurde eine weitere Beobachtung eines Storchs gemeldet. Diese
Sichtung sowie auch die abendliche Feststellung mit anschließender
Übernachtung beziehen sich mit Sicherheit auf dasselbe Tier. Und
vermutlich war unser heutiger Übernachtungsgast schon Mitglied des
gestrigen Paares, so dass die Zählung der diesjährigen Besuchsstörche
mit der Nummer 17 ein vorläufiges Ende gefunden hat.
Um 18:22 Uhr verließ „Nummer
17“ noch einmal das Nest, um wie bereits mehrfach gemeldet um
20:37 Uhr wieder zu erscheinen, zu übernachten und – wie wir
hoffen – auch weiterhin zu bleiben.
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30. Apr.
02
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Auch der heutige Tag begann mit
einer Storchensichtung in der Morgendämmerung, ehe sich
unser „Pensionsgast“ zur Nahrungssuche verabschiedete. Über
Nacht erwies sich der „Neue“ als arger Nestbeschmutzer,
ging doch der eine oder andere Kotstrahl direkt ins Nest. Diese
Tatsache ließ das Storchenquartier reichlich weiß gesprenkelt
erscheinen.

Da war doch ein großer Dreckspatz am
Werke!

...trägt auch rote Strümpfe!
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Doch bereits um 7:20 Uhr hielt Adebar wieder
Einzug und sorgte mit seinen leuchtend roten Beinen für
einiges Aufsehen.
Bei einem „schulinternen“ Blick zum Storchennest bekam
ich kurz nach 9:30 Uhr gerade noch die Schwanzfedern eines
abfliegenden Storches zu sehen, ein Zeichen für die lange Präsenz
in den Morgenstunden. Dies änderte sich nicht, denn auch beim
nächsten Einblick ins Nest zeigte sich unser Freund gegen
11:30 Uhr anwesend. |

Ein bisschen kurz ist das
„Bett“ schon!
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Obwohl die Körperlänge den Durchmesser des
bestehenden Nestes deutlich überschreitet, gönnte sich der
„Neu-Dinkelsbühler“ eine kurze „Liegepause“.
Dies stellt ebenfalls einen weiteren positiven Schritt im
Hinblick auf eine dauerhafte Besetzung dar. Solche
„Liege-Einlagen“ konnte ich auch gegen 13:00 Uhr sowie
gegen 13:45 Uhr jeweils
für einige Minuten beobachten.
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Zwischen 13:00 und 15:00 Uhr
flog der Neubürger lediglich einmal für 20 Minuten vom Nest, blieb
die übrige Zeit aber seinem künftigen Brutplatz (??) treu.
Erstmals untersuchte er auch das „Nest“ genauer und ließ dabei
die ersten Bauabsichten erahnen. Dazu stieg er mehrmals die
„Treppe“ vom bestehenden alten Nestkern hinab (circa 25 cm Höhendifferenz),
um am Wagenrad und am Nestunterrand einige suchende und stochernde
Bewegungen auszuführen und „dort unten“ einige Augenblicke
stehen zu bleiben.

„Abstieg“- so lässt sich
besser arbeiten! |

Ich mach mal
einen Rundgang! |

Auch von hier bietet sich eine
gute Aussicht! |

Da liegt – nein – fliegt
was in der Luft! |
Für den Rest des Nachmittags
sowie den frühen Abend blieb Storch Nummer 17 seinem Nest
fern. Eine Suche im Umfeld von Dinkelsbühl erbrachte gegen 16 Uhr
einen über dem Brühl (beliebtestes Nahrungsgebiet für
die Dinkelsbühler Störche) kreisenden Storch. Er schien erst kurz
vor meiner Ankunft dort aufgeflogen zu sein, denn in engen Spiralen
schraubte er sich bei bester Thermik rasend schnell höher und
entschwand schließlich meinen Blicken, ohne dass ich die
Abflugrichtung hätte feststellen können. Auf jeden Fall musste er
bei der großen Höhe, die er erreichte, einen weiten Flug in
Angriff genommen haben. Hoffentlich führt ihn dieser am Abend
wieder zurück.
Die Hoffnung trog ein weiteres
Mal. Zuerst himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt!
Heute neige ich eher zur zweiten Version. Nun, man soll nicht alles
zu Ernst nehmen. So tragisch ist es wahrlich nicht, es gibt
wesentlich Schlimmeres als einen untreuen Storch. Doch der Gauner
hat uns heute Abend wieder versetzt, nachdem er bis zum
Nachmittag schon eine fast euphorische Stimmung hat aufkommen
lassen. Schade, aber nicht mehr zu ändern. Vielleicht kehrt er ja
dann wenigstens morgen zurück.
Für alle Enttäuschten möchte
ich mit einem kleinen Trostpflästerchen aufwarten. Um Ihnen die
unvorhergesehene Wartezeit ein wenig zu verkürzen, möchte ich an
dieser Stelle auf eine neue Webcam hinweisen, die seit
einigen Tagen läuft und Bilder vom Storchennest auf dem Rathausdach
in Isny im Allgäu liefert. Hier ist die Wartezeit vorbei und
ein Storchenpaar brütet. Die Bilder werden in Abständen von
drei Sekunden aktualisiert, man hat einen seitlichen Blick zum Nest,
quasi in Augenhöhe zum Nestrand. Der Standort der Kamera befindet
sich etwa 60 Meter vom Nest entfernt, so dass noch keine ganz
brillanten Bilder entstehen, aber die Macher der Website arbeiten an
diesem Problem. Außerdem werden zahlreiche Hintergrundinfos
angeboten, die es wert sind, gelesen und beachtet zu werden. Viel
Freude mit www.stoerche.info
!
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1. Mai 02
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Lassen Sie mich mit einem
kleinen Rätsel beginnen. Was ist das?
10 Radfahrer auf einen
Kilometer Landstraße, 30 teilweise angetrunkene Fußgänger auf die
gleiche Strecke zum Teil „bewaffnet“ mit Handkarren jeder Art,
10 Angler auf einen Kilometer Flussstrecke. Letztere fahren mit
ihren fahrbaren Untersätzen entweder direkt an das Ufer
(4-Rad-Antrieb!) oder parken ihr Gefährt so geschickt, dass der künftige
Angelplatz haargenau
einen rechten Winkel mit dem abgestellten Auto bildet. Eine
gesperrte Dinkelsbühler Altstadt in der zumindest Fußgänger und
Radfahrer geballt auftreten und ein genervter Storchenexperte auf
Erkundungsfahrt.
Sie haben 10 Sekunden Zeit! Richtig! Es ist 1.Mai.
Von Meister Adebar in
und um Dinkelsbühl leider keine Spur. Bis 17 Uhr wurde keine
Beobachtung gemeldet und ich fange schon wieder an, Trost zu spenden
und Hoffnung zu wecken.

Die Karte zeigt in schwarzer
Beschriftung sowie mit schwarzen Punkten markiert die Storchenorte
an der Wörnitz, soweit diese den
Landkreis Ansbach durchfließt. Begleiten Sie mich auf meiner
heutigen Reise durch die einzelnen Orte.
Es beginnt am Oberlauf in Mosbach
(5 km westlich des Heimatortes Ihres Storchenexperten in
Feuchtwangen) Dort brütet unser „Ausreißerpaar“ aus Dinkelsbühl,
ohne bisher über dramatische Ereignisse berichten zu müssen. Mit
dem Schlüpfen der ersten Jungen ist noch in dieser Woche zu
rechnen.
Es folgt 10 km flussabwärts
das romantische Dinkelsbühl, wo alle Webcam-Gucker
nach wie vor auf einen „dauerhaften Adebar“ hoffen.
8 km weiter sehen wir das neue
Nest auf dem Kirchturm in Wilburgstetten. Trotz
laufender Bauarbeiten (der Turm wurde gestern verputzt!) hält ein
Einzelstorch nach wie vor die Wacht.
Weitere 4 km später kommen wir
durch Weiltingen. Hier verlor das Paar durch einen
heftigen Kampf (das Tagebuch berichtete) ums Nest das Gelege. Heute
standen beide Partner gelangweilt in der eierlosen Behausung. Es
gibt ja nichts zu tun!
Weitere 4 km flussabwärts
folgt Wittelshofen am Fuße des Hesselberges. Hier
macht ein Paar erstmals seit 8 Jahren Anstalten erfolgreich zu brüten.
Lediglich 2 km weiter und in
Sichtweite zum vorherigen Nest erreichen wir Gerolfingen.
Auch dort wird eifrig auf dem Kamin einer ehemaligen Brauerei gebrütet.
Eine schnurgerade „Rennstrecke“
bringt uns nach 7 km ins knapp 4000 Einwohner zählende Wassertrüdingen.
Das Storchenpaar brütet seit gut einer Woche auf dem Dach eines großen
Lagerhauses.
Kurz hinter Wassertrüdingen
verlässt die Wörnitz den Boden des Landkreises Ansbach und damit
auch den Regierungsbezirk Mittelfranken, um weiter durch einen neuen
Regierungsbezirk – nämlich Schwaben – zu fließen. Nach 10
Kilometern treffen wir in Oettingen im Ries auf das
erste schwäbische Storchenpaar, dem bis zur Mündung der Wörnitz
in die Donau bei Donauwörth noch besetzte Nester in Rudelstetten,
Ebermergen und in Donauwörth selber
folgen (die zuletzt genannten Orte liegen außerhalb der Karte).
Wenden wir uns noch dem größten
Fluss des Landkreises Ansbach zu, der Altmühl. Die besetzten
Storchenorte sind rot beschriftet und mit roten
Punkten markiert.
Etwa 20 Kilometer nordöstlich
meines Heimatortes Feuchtwangen beginnt die Reihe in Leutershausen.
Obwohl im Landkreis Ansbach gelegen wurde dieser Ort auf dem
Kartenausschnitt nicht mehr erfasst. Dort brütet ein Paar, dessen
Weibchen den Winter am Brutort verbracht hat. Mit dem Schlüpfen der
ersten Jungen ist in den nächsten Tagen zu rechnen.
Lediglich 6 km von
Leutershausen entfernt durchfahren wir Neunstetten.
Dort in Sichtweite der ungemein befahrenen Autobahn A6 konnte ich
heute ein Storchenpaar im Nest auf dem Kamin eines Wohnhauses
beobachten. Erst am vergangenen Sonntag hatte es sich eingestellt.
Gebrütet wird natürlich noch nicht.
Nur 4 km weiter brütet seit
etwa 14 Tagen das Storchenpaar von Herrieden. Als
Unterlage für das Nest dient hier ein altes Stadttor, das
sinnigerweise auch Storchentor genannt wird.
An Rauenzell und Großenried
vorbei (hier gab es früher auch brütende Störche) sehen wir nach
16 km das von einer Stadtmauer umgebene Ornbau vor uns
auftauchen. Auf einem Wohnhauskamin im Zentrum der kleinen 1000
Einwohner zählenden Stadt brüten seit 14 Tagen die alljährlich
wiederkehrenden Störche.
Unsere Rundreise endet vorerst
in Triesdorf. Auf einem hohen Kamin gibt es dort
ebenfalls ein brütendes Storchenpaar zu bewundern.
Ich hoffe, der kleine
Maienausflug hat Sie ein wenig entschädigt und die Wartezeit bis
zum Eintreffen weiterer Störche, verkürzt.
Ein weiterer Trost sind Ihnen vielleicht die über 120 Aufnahmen
des Monats April, die ab sofort in unserer Galerie
zu finden sind. Viel Spaß beim Blättern in unserem Album.
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02. Mai 02
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Gegen 13:50 Uhr sichtet Ulrich Bohla zwei
Störche in unserem Nest, die sich offensichtlich unter tosendem
Beifall der Bevölkerung höflich verbeugen.

Danke für den Applaus...
Ob sie wieder nur für ein kurzes Gastspiel
bleiben???

Ringstorch mit Radolfzell-Ring
(?) kurz vor dem Abflug
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Kaum zu glauben, aber wahr! Nach dem Abzug
der „untreuen“ Seele am Nachmittag des 30.April und dem
vorübergehenden Einstellen der Besucherzählungen mit der
laufenden Nummer 17 sehe ich mich heute gezwungen – und ich
tue das mit sichtlicher Freude – die Zählungen
fortzusetzen. Unvermittelt stand zwischen mindestens 13:53 und
13:57 Uhr ein weiteres Paar für kurze Zeit im Storchennest.
Einer der Besucher, er erhält die Nummer 18, trug am
linken Bein oberhalb der Zehen einen Ring, der von Größe
und Struktur an einen solchen der Vogelwarte Radolfzell
erinnert. Der Partner war nicht gekennzeichnet und erhält
trotzdem in der illustren Schar unserer Gäste die Nummer
19. |
Ulrich Bohla – ein fleißiger Seher unserer
Webcam - konnte die beiden mit herrlichen Schnappschüssen für die
Nachwelt erhalten (siehe Animation oben), ebensolches gilt für
Helmut Wilfling und Kurt Krömer von
N-ERGIE, unserem „Hauptsponsor“.
Und es sollte sogar noch weiter gehen. Eine
knappe Stunde später, also wenige Minuten vor 15:00 Uhr regte sich
schon wieder Leben im heiß begehrten Storchennest. Nummer 20
hatte sich eingestellt. Wer kennt in Deutschland ein Nest, in dem
sich Störche wie am Fließband die Hand – den Schnabel – geben?
Mir ist kein derartiger Fall bekannt, dass sage und schreibe
innerhalb weniger Wochen 20 Exemplare dieser Langschnäbel uns die
Ehre geben. Der vorläufig letzte Besucher trug doch tatsächlich einen
weiteren Ring, diesmal unten rechts. Also wirklich ein anderer
Storch als noch vor einer Stunde. Dieser besagte Ring war von seiner
Charakteristik ebenfalls ziemlich eindeutig, so dass man seine
Herkunft mit nahezu 100%-iger Sicherheit angeben kann. Demnach wurde
dieser Storch im Zoo Nürnberg als Pflegling oder als Nachkomme der
kleinen hauseigenen Storchenpopulation beringt. Derartige Abkömmlinge
verbleiben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife in Obhut des Zoos
und dürfen dann als Freiflieger ihre eigenen Wege gehen. So brüten
im weiten Umkreis um den Zoo einige dieser „Zoostörche“, auch
in Neunstetten im Landkreis Ansbach tut dies in diesem Jahr einer.

Nummer 20 mit schmalem Ring
wie ihn der Zoo Nürnberg verwendet
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Diese Ringe sind mit 15 mm Höhe sehr
schmal und tragen einen deutlich sichtbaren Verschluss, der
die beiden Ringenden zusammenhält. Die meisten Ringe von
Vogelwarten sind deutlich höher und liegen bei etwa 25-30 mm.
Diesen Unterschied kann man bei den beiden Ringstörchen des
heutigen Tages ebenfalls auf den Schnappschüssen gut
erkennen. Für den fotografischen Beleg danken wir wieder
Helmut Wilfling sowie Kurt Krömer.
Auch Besucher Nummer 20 blieb für den Rest
des Tages eine Kurzzeit-Erscheinung. Nach Einbruch der
Dunkelheit ist der Platz im Nest leider wieder unbesetzt. |
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3. Mai 02
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Ein weiterer Tag ohne
Storchensichtung geht zu Ende. Und damit sinkt natürlich
auch die Chance einer erfolgreichen Brut in diesem Jahr.
Wenn ich mein Datenmaterial der
vergangenen Jahrzehnte einmal oberflächlich sichte, gibt es immer
wieder Fälle von ausgesprochenen Spätbruten auch beim
Storch. Darunter verstehe ich das Erscheinen oder Komplettieren
eines Paares nach dem 1. Mai. In diesen Fällen startet eine Brut
dann um den 10. Mai oder später. Meinen „Rekordhalter“
stellt ein Paar dar, das 1999 in Großenried, Landkreis Ansbach brütete
und erst am 9. Mai erschien. Die Brut startete damals – nach dem
Schlüpftermin zurückgerechnet – am 18./19.Mai. Das einzige Junge
schlüpfte am 22. Juni. Sie verstehen, was ich damit ausdrücken
will: Viel Zeit bleibt nicht mehr für uns. Alles, was so um den
10.Mai und später passiert, führt demnach zu keiner erfolgreichen
Brut mehr. Man weiß beispielsweise von Ringablesungen, dass an späten
Nestbesetzungen häufig sehr junge Störche beteiligt sind. Ihr
Hormonhaushalt ist noch nicht 100%-ig auf Brüten eingestellt und lässt
die benötigten Verhaltensabläufe noch nicht so gut funktionieren.
Diese „Halbstarken“ brauchen vielleicht noch ein Jahr, um gänzlich
„fit“ zu werden und schreiten dann erst zur Brut. Die Bandbreite
des ersten Brütens reicht in einem Storchenleben von 2 Jahren (frühester
Termin) bis zu 7 Jahren. In diesen Altersklassen führen unsere Störche
ihre erste Brut durch. Sie sehen, welch große individuellen
Unterschiede hier vorhanden ist. Es gibt „Frühreife“ und „Spätzünder“
– und hier bestehen durchaus Ähnlichkeiten mit „Homo
sapiens“!
Das Gros der Störche brütet
in der Regel mit 3-4 Jahren zum ersten Mal. Dabei fällt auf,
dass die Mitglieder der nordöstlichen Storchengebiete (neue Bundesländer,
Polen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein usw.) ein höheres
Erstbrutalter aufweisen als die südwestlichen „Vertreter“
(Baden-Württemberg, Elsass usw.) der Spezies Storch.
Sollte also auch die nächste
Woche ähnlich „storchenlos“ verstreichen, werden wir auf
Nachwuchs im Nest verzichten müssen. Storchenbeobachtungen oder gar
die Präsenz eines Paares über Wochen und Monate hindurch bleiben
jedoch auch nach diesem Termin durchaus möglich und wahrscheinlich.
Packen wir es an! Ändern können wir es so und so nicht.
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Thomas
Ziegler
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