Storchenkamera

Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah

Teil 8 

28. Apr. 02

Die Storchenbesuche am Nest häufen sich seit gestern geradezu. Bereits um kurz nach 7:00 Uhr am Morgen konnte – wie zwei Frühaufsteher unter unseren Gästebuchschreibern bekunden – ein Einzelstorch im Storchenhaus nachgewiesen und durch zwei Schnappschüsse einer Seherin dokumentiert werden.

Wir danken Nancy aus Philadelphia für die schönen Aufnahmen im Morgenlicht!

Aber auch dieser Besuch unserer Nummer 15 währte nur kurze Zeit.

Doch es dauerte diesmal nur bis 12:00 Uhr mittags, als statt Gary Cooper ein weiteres Storchenpaar die Runde machte und im Nest landete. Beide Partner des Paares waren wieder unberingt. Einiges spricht dafür, dass es sich dabei um das gestrige Paar gehandelt haben dürfte – in der Reihe unserer Nummerierungen vergebe ich trotzdem die Zahlen 16 und 17. Man darf gespannt sein, wie lange uns Meister Adebar noch so auf Trab hält. Eigentlich ist damit für Spannung genug gesorgt, weißt man doch beim Anklicken unserer Website im Voraus nicht, was uns erwartet. Ein brütendes Paar liefert – und das weiß man bereits schon vor dem Erscheinen des Bildes der Webcam – einen im Nest liegenden, teilweise auch einmal die Eier wendenden Vogel. Sie sehen, ich versuche schon wieder Trost zu spenden und die Enttäuschung mancher etwas in Grenzen zu halten. Beiliegende Schnappschüsse sollen dabei für entgangene Freuden entschädigen.

  • 12:03 Uhr Kurz nach der Landung erfolgt eine gelungene Kopula, die zumindest etwas Hoffnung macht.


Ich glaube, wir werden beobachtet!

Nach getaner „Arbeit“
  • 12:08 Uhr Ein Altstorch fliegt gerade ab. Er ist hinter dem im Nest stehenden Storch im Flugbild zu sehen.


Du hast es wieder nur wenige
Minuten im Nest ausgehalten!

Da klappere ich doch mal
schnell hinterher!
  • 12:16 Uhr Der zweite Altstorch fliegt ab, das Nest bleibt verlassen.

  • 19:30 bis 20:30 Zum dritten Mal an diesem Tag erscheint ein Storch.

Drei Storchensichtungen an einem Tag – das gab es seit dem 16. März nicht mehr! Damals war unser Paar nach Mosbach umgesiedelt und hatte für die seitherige Vakanz gesorgt. Morgens, mittags, abends – zugegeben mit langen Unterbrechungen - aber immerhin!

So konnte Burkhard aus Barnim neben vielen weiteren Glücklichen ab etwa 19:30 Uhr den abendlichen Gast im Nest beobachten und auch Schnappschüsse gewinnen. Die unten gezeigten Bilder stammen von Wolfgang Horlacher und Burkhard. Denn dieser Besucher ging mir persönlich restlos „durch die Lappen“, durfte ich doch als Sänger der örtlichen Kantorei just zu dieser Zeit ein Konzert mit Georg Friedrich Händels „Dettinger Te Deum“ bestreiten. Sicherlich für mich ein Erlebnis, das ich der dritten Storchensichtung im Dinkelsbühler Nest am heutigen Tag gleichstelle. Die Schnappschüsse wurden bis 20:20 Uhr geschossen, so dass mit einer Übernachtung des Besuchers ziemlich sicher gerechnet werden konnte. Adebar machte uns jedoch wieder mal einen Strich durch die Rechnung und verließ das Nest vor noch in der Dämmerung, ohne bis Einbruch der Dunkelheit noch einmal zurückzukehren.

Ziemlich windige Gegend hier...

Ob ich hier wirklich übernachten soll?
 

Ich glaube, ich fürchte mich
so alleine in der Dunkelheit...
29. Apr. 02

Ein höchst erfreulicher Tag liegt hinter uns. Ein Einzelstorch – man wird ja schon bescheiden – übernachtet im Nest. Dies ist in der Entwicklung um die Vorgänge im und am Nest ein nicht zu verachtender Schritt in Richtung auf weitere mögliche Vorwärtsentwicklungen.

Um Ihnen die nächsten Etappen schon ein wenig anzukündigen, wäre der nächste theoretisch denkbare Schritt das Erscheinen und Bleiben eines Partners. Wenn dies in dieser Woche noch geschieht und das künftige Paar harmonisiert, wäre das Reparieren des Nestes in drei bis vier Tagen denkbar und die Ablage des ersten Eies gegen Ende der ersten Maidekade zu erwarten. Bitte, vergessen Sie nicht! Das ist reine Spekulation, jedoch immer noch denkbar. Unser Storch – er übernachtet ja zum ersten Mal in seinem Nest – hat bisher noch keinerlei Anstalten zum Ausbau und zur Reparatur des Nestes unternommen. Dies sollte er tun, wenn er ein männlicher Storch ist. Handelt es sich bei „unserem“ Übernachtungsgast um ein Weibchen ist dies eher nicht zu erwarten. Zweisamkeit regt den Bautrieb natürlich wie von selbst an, so dass komplette Neubauten eines Nestes dann in wenigen Tagen komplett sind und beim Dinkelsbühler Nest in seinem jetzigen Zustand käme die Nestreparatur beinahe einem „Neubau“ gleich. Wenn wir diesen Bauvorgang via Webcam noch zu sehen bekommen, wäre das eine vorzügliche Bereicherung der bisherigen Beobachtungen an unserem Storchennest. Ich gerate schon wieder ins Schwelgen, wenn ich an die künftigen Möglichkeiten denke, weiß aber auch, dass alles ganz schnell anders kommen kann.

Eine Chronologie der heutigen Ereignisse, die in der Übernachtung eines Storches gipfelte, folgt dann erst morgen.

Gute Nacht, Freund Adebar!

Wie versprochen füge ich noch folgenden kurzen Nachtrag an.

Die erste Storchensichtung passierte wenige Minuten nach 10:00 Uhr am Vormittag. Natty aus Berlin gelangen dabei auch eindrucksvolle Schnappschüsse:

Ihr Tagebuchschreiber nutzt seit einigen Tagen während der Pausen an seiner Arbeitsstelle, der „Volksschule-Stadt“ in Feuchtwangen, die Gelegenheit, im Lehrerarbeitszimmer der Schule verstohlenen Blicke ins Dinkelsbühler Storchennest zu werfen. Natürlich immer hoffend, einen großen schwarz-weiß gefärbten Vogel mit langen, roten Beinen zu entdecken. Für die heutige Beobachtung kam die erste Pause zu früh und die zweite Pause zu spät, so dass mir eine Sichtung nicht gelang. Ähnlich verliefen der Nachmittag sowie die frühen Abendstunden. Ich war reichlich beschäftigt, denn die Schuleinschreibung führte etwa 100 kommende Erstklässler in meine Schule. Die Kinder mussten umsorgt und liebevoll behandelt werden und ich konnte sehen, was Freund Adebar so vor sechs Jahren in meiner Heimatstadt angerichtet hatte. Es kann sich durchaus sehen lassen, so dass wir auch in diesem Jahr dem Dinkelsbühler Storch voll vertrauen können.

Etwa gegen 17:30 Uhr wurde eine weitere Beobachtung eines Storchs gemeldet. Diese Sichtung sowie auch die abendliche Feststellung mit anschließender Übernachtung beziehen sich mit Sicherheit auf dasselbe Tier. Und vermutlich war unser heutiger Übernachtungsgast schon Mitglied des gestrigen Paares, so dass die Zählung der diesjährigen Besuchsstörche mit der Nummer 17 ein vorläufiges Ende gefunden hat.

Um 18:22 Uhr verließ „Nummer 17“ noch einmal das Nest, um wie bereits mehrfach gemeldet um 20:37 Uhr wieder zu erscheinen, zu übernachten und – wie wir hoffen – auch weiterhin zu bleiben.

30. Apr. 02

 

 

Auch der heutige Tag begann mit einer Storchensichtung in der Morgendämmerung, ehe sich unser „Pensionsgast“ zur Nahrungssuche verabschiedete. Über Nacht erwies sich der „Neue“ als arger Nestbeschmutzer, ging doch der eine oder andere Kotstrahl direkt ins Nest. Diese Tatsache ließ das Storchenquartier reichlich weiß gesprenkelt erscheinen.


Da war doch ein großer Dreckspatz am Werke!


...trägt auch rote Strümpfe!

Doch bereits um 7:20 Uhr hielt Adebar wieder Einzug und sorgte mit seinen leuchtend roten Beinen für einiges Aufsehen.

Bei einem „schulinternen“ Blick zum Storchennest bekam ich kurz nach 9:30 Uhr gerade noch die Schwanzfedern eines abfliegenden Storches zu sehen, ein Zeichen für die lange Präsenz in den Morgenstunden. Dies änderte sich nicht, denn auch beim nächsten Einblick ins Nest zeigte sich unser Freund gegen 11:30 Uhr anwesend.


Ein bisschen kurz ist das „Bett“ schon!

Obwohl die Körperlänge den Durchmesser des bestehenden Nestes deutlich überschreitet, gönnte sich der „Neu-Dinkelsbühler“ eine kurze „Liegepause“. Dies stellt ebenfalls einen weiteren positiven Schritt im Hinblick auf eine dauerhafte Besetzung dar. Solche „Liege-Einlagen“ konnte ich auch gegen 13:00 Uhr sowie gegen 13:45 Uhr  jeweils für einige Minuten beobachten.

Zwischen 13:00 und 15:00 Uhr flog der Neubürger lediglich einmal für 20 Minuten vom Nest, blieb die übrige Zeit aber seinem künftigen Brutplatz (??) treu. Erstmals untersuchte er auch das „Nest“ genauer und ließ dabei die ersten Bauabsichten erahnen. Dazu stieg er mehrmals die „Treppe“ vom bestehenden alten Nestkern hinab (circa 25 cm Höhendifferenz), um am Wagenrad und am Nestunterrand einige suchende und stochernde Bewegungen auszuführen und „dort unten“ einige Augenblicke stehen zu bleiben.


„Abstieg“- so lässt sich
besser arbeiten!

Ich mach mal
einen Rundgang!

Auch von hier bietet sich eine
gute Aussicht!

Da liegt – nein – fliegt
was in der Luft!

Für den Rest des Nachmittags sowie den frühen Abend blieb Storch Nummer 17 seinem Nest fern. Eine Suche im Umfeld von Dinkelsbühl erbrachte gegen 16 Uhr einen über dem Brühl (beliebtestes Nahrungsgebiet für die Dinkelsbühler Störche) kreisenden Storch. Er schien erst kurz vor meiner Ankunft dort aufgeflogen zu sein, denn in engen Spiralen schraubte er sich bei bester Thermik rasend schnell höher und entschwand schließlich meinen Blicken, ohne dass ich die Abflugrichtung hätte feststellen können. Auf jeden Fall musste er bei der großen Höhe, die er erreichte, einen weiten Flug in Angriff genommen haben. Hoffentlich führt ihn dieser am Abend wieder zurück.   

Die Hoffnung trog ein weiteres Mal. Zuerst himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt! Heute neige ich eher zur zweiten Version. Nun, man soll nicht alles zu Ernst nehmen. So tragisch ist es wahrlich nicht, es gibt wesentlich Schlimmeres als einen untreuen Storch. Doch der Gauner hat uns heute Abend wieder versetzt, nachdem er bis zum Nachmittag schon eine fast euphorische Stimmung hat aufkommen lassen. Schade, aber nicht mehr zu ändern. Vielleicht kehrt er ja dann wenigstens morgen zurück.

Für alle Enttäuschten möchte ich mit einem kleinen Trostpflästerchen aufwarten. Um Ihnen die unvorhergesehene Wartezeit ein wenig zu verkürzen, möchte ich an dieser Stelle auf eine neue Webcam hinweisen, die seit einigen Tagen läuft und Bilder vom Storchennest auf dem Rathausdach in Isny im Allgäu liefert. Hier ist die Wartezeit vorbei und ein Storchenpaar brütet. Die Bilder werden in Abständen von drei Sekunden aktualisiert, man hat einen seitlichen Blick zum Nest, quasi in Augenhöhe zum Nestrand. Der Standort der Kamera befindet sich etwa 60 Meter vom Nest entfernt, so dass noch keine ganz brillanten Bilder entstehen, aber die Macher der Website arbeiten an diesem Problem. Außerdem werden zahlreiche Hintergrundinfos angeboten, die es wert sind, gelesen und beachtet zu werden. Viel Freude mit www.stoerche.info !

1. Mai 02

Lassen Sie mich mit einem kleinen Rätsel beginnen. Was ist das?

10 Radfahrer auf einen Kilometer Landstraße, 30 teilweise angetrunkene Fußgänger auf die gleiche Strecke zum Teil „bewaffnet“ mit Handkarren jeder Art, 10 Angler auf einen Kilometer Flussstrecke. Letztere fahren mit ihren fahrbaren Untersätzen entweder direkt an das Ufer (4-Rad-Antrieb!) oder parken ihr Gefährt so geschickt, dass der künftige Angelplatz  haargenau einen rechten Winkel mit dem abgestellten Auto bildet. Eine gesperrte Dinkelsbühler Altstadt in der zumindest Fußgänger und Radfahrer geballt auftreten und ein genervter Storchenexperte auf Erkundungsfahrt.
Sie haben 10 Sekunden Zeit! Richtig! Es ist 1.Mai.

Von Meister Adebar in und um Dinkelsbühl leider keine Spur. Bis 17 Uhr wurde keine Beobachtung gemeldet und ich fange schon wieder an, Trost zu spenden und Hoffnung zu wecken. 

Die Karte zeigt in schwarzer Beschriftung sowie mit schwarzen Punkten markiert die Storchenorte an der Wörnitz, soweit diese den  Landkreis Ansbach durchfließt. Begleiten Sie mich auf meiner heutigen Reise durch die einzelnen Orte.

Es beginnt am Oberlauf in Mosbach (5 km westlich des Heimatortes Ihres Storchenexperten in Feuchtwangen) Dort brütet unser „Ausreißerpaar“ aus Dinkelsbühl, ohne bisher über dramatische Ereignisse berichten zu müssen. Mit dem Schlüpfen der ersten Jungen ist noch in dieser Woche zu rechnen.

Es folgt 10 km flussabwärts das romantische Dinkelsbühl, wo alle Webcam-Gucker nach wie vor auf einen „dauerhaften Adebar“ hoffen.

8 km weiter sehen wir das neue Nest auf dem Kirchturm in Wilburgstetten. Trotz laufender Bauarbeiten (der Turm wurde gestern verputzt!) hält ein Einzelstorch nach wie vor die Wacht.

Weitere 4 km später kommen wir durch Weiltingen. Hier verlor das Paar durch einen heftigen Kampf (das Tagebuch berichtete) ums Nest das Gelege. Heute standen beide Partner gelangweilt in der eierlosen Behausung. Es gibt ja nichts zu tun!

Weitere 4 km flussabwärts folgt Wittelshofen am Fuße des Hesselberges. Hier macht ein Paar erstmals seit 8 Jahren Anstalten erfolgreich zu brüten.

Lediglich 2 km weiter und in Sichtweite zum vorherigen Nest erreichen wir Gerolfingen. Auch dort wird eifrig auf dem Kamin einer ehemaligen Brauerei gebrütet.

Eine schnurgerade „Rennstrecke“ bringt uns nach 7 km ins knapp 4000 Einwohner zählende Wassertrüdingen. Das Storchenpaar brütet seit gut einer Woche auf dem Dach eines großen Lagerhauses.

Kurz hinter Wassertrüdingen verlässt die Wörnitz den Boden des Landkreises Ansbach und damit auch den Regierungsbezirk Mittelfranken, um weiter durch einen neuen Regierungsbezirk – nämlich Schwaben – zu fließen. Nach 10 Kilometern treffen wir in Oettingen im Ries auf das erste schwäbische Storchenpaar, dem bis zur Mündung der Wörnitz in die Donau bei Donauwörth noch besetzte Nester in Rudelstetten, Ebermergen und in Donauwörth selber folgen (die zuletzt genannten Orte liegen außerhalb der Karte).

Wenden wir uns noch dem größten Fluss des Landkreises Ansbach zu, der Altmühl. Die besetzten Storchenorte sind rot beschriftet und mit roten Punkten markiert.

Etwa 20 Kilometer nordöstlich meines Heimatortes Feuchtwangen beginnt die Reihe in Leutershausen. Obwohl im Landkreis Ansbach gelegen wurde dieser Ort auf dem Kartenausschnitt nicht mehr erfasst. Dort brütet ein Paar, dessen Weibchen den Winter am Brutort verbracht hat. Mit dem Schlüpfen der ersten Jungen ist in den nächsten Tagen zu rechnen.

Lediglich 6 km von Leutershausen entfernt durchfahren wir Neunstetten. Dort in Sichtweite der ungemein befahrenen Autobahn A6 konnte ich heute ein Storchenpaar im Nest auf dem Kamin eines Wohnhauses beobachten. Erst am vergangenen Sonntag hatte es sich eingestellt. Gebrütet wird natürlich noch nicht.

Nur 4 km weiter brütet seit etwa 14 Tagen das Storchenpaar von Herrieden. Als Unterlage für das Nest dient hier ein altes Stadttor, das sinnigerweise auch Storchentor genannt wird.

An Rauenzell und Großenried vorbei (hier gab es früher auch brütende Störche) sehen wir nach 16 km das von einer Stadtmauer umgebene Ornbau vor uns auftauchen. Auf einem Wohnhauskamin im Zentrum der kleinen 1000 Einwohner zählenden Stadt brüten seit 14 Tagen die alljährlich wiederkehrenden Störche.

Unsere Rundreise endet vorerst in Triesdorf. Auf einem hohen Kamin gibt es dort ebenfalls ein brütendes Storchenpaar zu bewundern.

Ich hoffe, der kleine Maienausflug hat Sie ein wenig entschädigt und die Wartezeit bis zum Eintreffen weiterer Störche, verkürzt.

Ein weiterer Trost sind Ihnen vielleicht die über 120 Aufnahmen des Monats April, die ab sofort in unserer Galerie zu finden sind. Viel Spaß beim Blättern in unserem Album.

02. Mai 02

Gegen 13:50 Uhr sichtet Ulrich Bohla zwei Störche in unserem Nest, die sich offensichtlich unter tosendem Beifall der Bevölkerung höflich verbeugen.


Danke für den Applaus...

Ob sie wieder nur für ein kurzes Gastspiel bleiben???


Ringstorch mit Radolfzell-Ring (?) kurz vor dem Abflug

Kaum zu glauben, aber wahr! Nach dem Abzug der „untreuen“ Seele am Nachmittag des 30.April und dem vorübergehenden Einstellen der Besucherzählungen mit der laufenden Nummer 17 sehe ich mich heute gezwungen – und ich tue das mit sichtlicher Freude – die Zählungen fortzusetzen. Unvermittelt stand zwischen mindestens 13:53 und 13:57 Uhr ein weiteres Paar für kurze Zeit im Storchennest. Einer der Besucher, er erhält die Nummer 18, trug am linken Bein oberhalb der Zehen einen Ring, der von Größe und Struktur an einen solchen der Vogelwarte Radolfzell erinnert. Der Partner war nicht gekennzeichnet und erhält trotzdem in der illustren Schar unserer Gäste die Nummer 19.

Ulrich Bohla – ein fleißiger Seher unserer Webcam - konnte die beiden mit herrlichen Schnappschüssen für die Nachwelt erhalten (siehe Animation oben), ebensolches gilt für Helmut Wilfling und Kurt Krömer von  N-ERGIE, unserem „Hauptsponsor“.

Und es sollte sogar noch weiter gehen. Eine knappe Stunde später, also wenige Minuten vor 15:00 Uhr regte sich schon wieder Leben im heiß begehrten Storchennest. Nummer 20 hatte sich eingestellt. Wer kennt in Deutschland ein Nest, in dem sich Störche wie am Fließband die Hand – den Schnabel – geben? Mir ist kein derartiger Fall bekannt, dass sage und schreibe innerhalb weniger Wochen 20 Exemplare dieser Langschnäbel uns die Ehre geben. Der vorläufig letzte Besucher trug doch tatsächlich einen weiteren Ring, diesmal unten rechts. Also wirklich ein anderer Storch als noch vor einer Stunde. Dieser besagte Ring war von seiner Charakteristik ebenfalls ziemlich eindeutig, so dass man seine Herkunft mit nahezu 100%-iger Sicherheit angeben kann. Demnach wurde dieser Storch im Zoo Nürnberg als Pflegling oder als Nachkomme der kleinen hauseigenen Storchenpopulation beringt. Derartige Abkömmlinge verbleiben bis zum Eintritt der Geschlechtsreife in Obhut des Zoos und dürfen dann als Freiflieger ihre eigenen Wege gehen. So brüten im weiten Umkreis um den Zoo einige dieser „Zoostörche“, auch in Neunstetten im Landkreis Ansbach tut dies in diesem Jahr einer.


Nummer 20 mit schmalem Ring wie ihn der Zoo Nürnberg verwendet

Diese Ringe sind mit 15 mm Höhe sehr schmal und tragen einen deutlich sichtbaren Verschluss, der die beiden Ringenden zusammenhält. Die meisten Ringe von Vogelwarten sind deutlich höher und liegen bei etwa 25-30 mm. Diesen Unterschied kann man bei den beiden Ringstörchen des heutigen Tages ebenfalls auf den Schnappschüssen gut erkennen. Für den fotografischen Beleg danken wir wieder Helmut Wilfling sowie Kurt Krömer. 

Auch Besucher Nummer 20 blieb für den Rest des Tages eine Kurzzeit-Erscheinung. Nach Einbruch der Dunkelheit ist der Platz im Nest leider wieder unbesetzt.

3. Mai 02

Ein weiterer Tag ohne Storchensichtung geht zu Ende. Und damit sinkt natürlich auch die Chance einer erfolgreichen Brut in diesem Jahr.

Wenn ich mein Datenmaterial der vergangenen Jahrzehnte einmal oberflächlich sichte, gibt es immer wieder Fälle von ausgesprochenen Spätbruten auch beim Storch. Darunter verstehe ich das Erscheinen oder Komplettieren eines Paares nach dem 1. Mai. In diesen Fällen startet eine Brut dann um den 10. Mai oder später. Meinen „Rekordhalter“ stellt ein Paar dar, das 1999 in Großenried, Landkreis Ansbach brütete und erst am 9. Mai erschien. Die Brut startete damals – nach dem Schlüpftermin zurückgerechnet – am 18./19.Mai. Das einzige Junge schlüpfte am 22. Juni. Sie verstehen, was ich damit ausdrücken will: Viel Zeit bleibt nicht mehr für uns. Alles, was so um den 10.Mai und später passiert, führt demnach zu keiner erfolgreichen Brut mehr. Man weiß beispielsweise von Ringablesungen, dass an späten Nestbesetzungen häufig sehr junge Störche beteiligt sind. Ihr Hormonhaushalt ist noch nicht 100%-ig auf Brüten eingestellt und lässt die benötigten Verhaltensabläufe noch nicht so gut funktionieren. Diese „Halbstarken“ brauchen vielleicht noch ein Jahr, um gänzlich „fit“ zu werden und schreiten dann erst zur Brut. Die Bandbreite des ersten Brütens reicht in einem Storchenleben von 2 Jahren (frühester Termin) bis zu 7 Jahren. In diesen Altersklassen führen unsere Störche ihre erste Brut durch. Sie sehen, welch große individuellen Unterschiede hier vorhanden ist. Es gibt „Frühreife“ und „Spätzünder“ – und hier bestehen durchaus Ähnlichkeiten mit „Homo sapiens“! 

Das Gros der Störche brütet in der Regel mit 3-4 Jahren zum ersten Mal. Dabei fällt auf, dass die Mitglieder der nordöstlichen Storchengebiete (neue Bundesländer, Polen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein usw.) ein höheres Erstbrutalter aufweisen als die südwestlichen „Vertreter“ (Baden-Württemberg, Elsass usw.) der Spezies Storch.

Sollte also auch die nächste Woche ähnlich „storchenlos“ verstreichen, werden wir auf Nachwuchs im Nest verzichten müssen. Storchenbeobachtungen oder gar die Präsenz eines Paares über Wochen und Monate hindurch bleiben jedoch auch nach diesem Termin durchaus möglich und wahrscheinlich. Packen wir es an! Ändern können wir es so und so nicht.

 

Thomas Ziegler

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