Storchenkamera

Storchentagebuch 2002
...was bisher geschah

Teil 1 

Ein neues Tagebuch wird heute geöffnet. Es wird alle Beobachtungen und Ereignisse des Storchenjahres 2002 am Dinkelsbühler Storchennest erfassen und in gewohnter Weise für Sie nutzbar machen. Freuen Sie sich schon jetzt auf ein - hoffentlich wieder erfolgreiches - Beobachten der Vorgänge im Nest.

Seit dem Abzug der Störche Anfang September blieben die "Macher" vor Ort in keiner Weise untätig. Die Unterschriftenaktion "Stoppt den Stromtod" hat bayernweit für Aufsehen gesorgt und den Stromanbieter zu weitreichenden Zugeständnissen in Sachen Absicherung gefährlicher Strommasten bewegt. Darüber hinaus kam es zu einer Spende seitens des Energiekonzerns in Höhe von € 2500.- , die für den Betrieb der Webcam Verwendung finden wird. Für diese Unterstützung unserer Arbeit sei den Verantwortlichen des Stromkonzerns herzlichst gedankt. Als kleine Gegenleistung wird dafür neu das Logo von n-ergie auf der Website mit aufgenommen. Modellhaft für ganz Mittelfranken wurde zugesichert, entlang der Wörnitz bereits in den nächsten zwei Jahren sämtliche gefährlichen Masten vogelsicher umzurüsten. Damit wird sich ab diesem Zeitpunkt das Gefahrenpotenzial für die Dinkelsbühler Störche und ihre Nachbarn entscheidend verringern.

Eine angedachte, weitreichende Verbesserung der Kamerasituation mit Ersatz durch eine neue Anlage musste trotz intensiver Planungen und vieler, zeitaufwendiger Gesprächsrunden leider wieder verworfen werden. Dafür sei den Herren Horlacher, Joas, Kamm und Weidringer auch von dieser Stelle aus gedankt. Letztlich scheiterte die geplante Umrüstung an den immensen Kosten. Ein in Aussicht stehendes Sponsoring zerschlug sich im letzten Moment, so dass nicht mehr rechtzeitig nach neuen Geldgebern Ausschau gehalten werden konnte. Eine neue Software wird aber die Übertragungsgeschwindigkeit gegenüber der letzten Brutsaison ein wenig erhöhen.

Außerdem versprechen wir uns von der vorgenommenen Umbenennung der Website in www.storch24.de eine weitere Steigerung der Zugriffszahlen durch die hoffentlich leichtere Merkbarkeit der Adresse. Weiter ergibt sich durch die Einbeziehung des Namens "Storch" in die Adresse eine höhere Trefferquote nach der Eingabe in eine Suchmaschine. Für Sie als User bedeutet der neue Name der Website keinerlei Umstellung. 

Eine ebenfalls angedachte Veröffentlichung des Tagebuches 2001 in gedruckter Form ließ sich bis heute noch nicht realisieren. Allen, die ein wenig darauf gehofft hatten, sei gesagt, dass dies ausschließlich an der zögerlichen Haltung Ihres Storchenexperten liegt und lag, der es einfach noch nicht geschafft hat, die dafür notwendigen Arbeiten einzuleiten. Vielleicht kann dies aber in nächster Zeit doch noch gelingen.

15. Feb. 02

Früher als gehofft oder befürchtet öffnet sich bereits heute das Tagebuch 2002. Um die Mittagszeit kreist ein Storch über der Altstadt von Dinkelsbühl und gegen 13 Uhr hat er das Nest in Besitz genommen und wird vom Lokalredakteur der Fränkischen Landeszeitung auf Zelluloid gebannt. Doch bereits nach wenigen Minuten war das Nest wieder verwaist, so dass für den Augenblick - was die mögliche Herkunft des Besuchers betrifft - nur spekuliert werden kann.

Eine derart frühe Erstankunft eines klassischen Zugvogels bedeutet mit großer Sicherheit, dass dieser Storch auf keinen Fall in Afrika überwintert hat. Die laufenden Forschungsvorhaben an mit Satellitensendern ausgestatteten Störchen (einige davon finden Sie in unseren Links!) belegen eindeutig, dass alle brutfähigen Altstörche zur Zeit in ihren Winterquartieren verharren und einzig ein fünfjähriges Männchen aus Belgien - es überwinterte in Südspanien - auf dem Heimweg Frankreich erreicht hat. Bliebe also die kleine Chance, dass sich unser Dinkelsbühler ebenfalls in einem südspanischen Überwinterungsgebiet aufgehalten hat. Mit 99-prozentiger Sicherheit hat dieser Storch jedoch sein mitteleuropäisches Brutgebiet nicht verlassen und bei uns überwintert.

Diese störchische Unsitte greift seit einem guten Jahrzehnt immer weiter um sich und hat mittlerweile schon dazu geführt, dass immer mehr Störche es vorziehen, die Winterzeit bei uns zu verbringen und dabei häufig noch von Tierliebhabern gefüttert werden. Da es sich bei solchen "Zugversagern" fast immer um Tiere handelt, die in Aufzuchtstationen oder ähnlichen Einrichtungen geboren wurden oder wenigstens in solchen über kurze oder längere Zeit gelebt haben, bleibt ein leider fader Beigeschmack zurück, wenn es um die Bewertung früher Beobachtungen von Weißstörchen geht. Obwohl man in Mitteleuropa (hier war die Schweiz führend und für viele ähnliche Projekte Paradebeispiel) inzwischen von der Zucht von Weißstörchen abgekommen ist und fast alle Stationen geschlossen hat oder an deren "Rückbau" arbeitet, existiert dort und an anderen Orten ein zum Teil größerer Bestand von "Zuchtstörchen". Ihre Zahl beläuft sich nach Schätzungen derzeit auf etwa 2000 Exemplare.
Wie die letzte internationale Storchenzählung der Jahre 1994/95 zeigte, ist der Weltbestand unserer Störche in keiner Weise bedroht. Im Gegenteil, er konnte sich im vergangenen Jahrzehnt sogar deutlich steigern. Von dieser Steigerung durften auch die bayrischen Storchenzahlen profitieren, die sich in diesem Zeitraum sogar fast verdoppelten.
Als überaus anpassungsfähige Art muss deshalb der Weißstorch nicht gezüchtet werden, um bei uns zu überleben. Der einzige Weg, Meister Adebar zu unterstützen, muss deshalb ausschließlich auf den Erhalt des Lebensraumes im Brutgebiet und der Nahrungsräume im Überwinterungsgebiet sowie auf eine Minderung der Gefahrenpotentiale bei uns und in den Überwinterungsgebieten liegen. Zucht und Fütterung sind dabei der falsche Weg und sollten ausschließlich Haustieren vorbehalten bleiben.

16. Feb. 02

Die dem Vertreter der Fränkischen Landeszeitung gegenüber gemachte Äußerung, bei unserem gestrigen Besucher des Storchennestes auf dem Alten Rathaus handle es sich lediglich um einen "Durchzieher", muss heute schon revidiert werden. Mehrere Beobachter konnten einen Storch "Im Brühl" im Bereich des Friedhofes von Dinkelsbühl bei der Nahrungssuche beobachten. Mit Sicherheit muss es sich dabei um den gestrigen "Nestinspekteur" handeln.

17. Feb. 02

Der "Frühheimkehrer" ist weiterhin vor Ort. Nach den Spuren unterhalb des Nestes auf dem Dach zu urteilen, hat der Storch auch schon im Nest übernachtet. Eine Kontrolle durch den Storchenexperten steht noch aus.

18. Feb. 02

Heute gelingt es zum ersten Mal, den Storch "Im Brühl" zu beobachten. Dieses Nahrungsgebiet kristallisiert sich - auch nach den letztjährigen Beobachtungen zu urteilen - immer mehr als das wichtigste im Dinkelsbühler Nahbereich heraus. Unmittelbar vor den Toren der Stadt an der Wörnitz gelegen bietet es so ziemlich alles, was man als Storch sich wünschen kann. Flutmulden, in denen nach der letzten Überschwemmung immer noch reichlich Wasser steht, ein weit verzweigtes System an unverbauten Gräben und wenig Störungen durch Spaziergänger. Letztere Eigenschaft wird vor allem dadurch gewährleistet, dass der gesamte Wiesenkomplex vom südlichen Stadtrand bis nach Neustädtlein - einem Dinkelsbühler Ortsteil - von keinen Wegen durchzogen ist.
Wie nicht anders zu erwarten, verspeist Adebar dort heute in schneller Folge Regenwürmer, seine mit Abstand wichtigste Beute in den ersten Wochen nach der Rückkehr aus dem Winterquartier. Bei einigen wenigen Beutestücken, die in einer 30-minütigen Beobachtungszeit festgestellt wurden, kann es sich um Egel oder kleine Wasserschnecken gehandelt haben. Der Erstankömmling trägt leider keinen Ring. Deshalb automatisch auf einen "Wildstorch" schließen zu können, ist dennoch nicht möglich. Leider wurden in letzter Zeit nicht alle aus Stationen stammenden Vögel konsequent beringt, bei vielen unterblieb dieses wichtige Mittel, den Einfluss solcher Tiere auf die Gesamtpopulation später einmal erforschen zu können.
Am Abend - es ist kurz nach 18 Uhr - steht der Storch zum Übernachten im Nest. Damit zeigt er den Beobachtern, dass er gewillt ist, länger als anfangs vermutet in Dinkelsbühl zu bleiben.


Auf der Karte erkennen Sie das Nahrungsgebiet (rot schraffierte Fläche) und die Lage des Nestes (roter Punkt) in der Dinkelsbühler Altstadt. Den Abschnitt vom Nest bis zum Rand des Nahrungsgebietes sehen Sie hier auf einem Panoramafoto.

21. Feb. 02

Am Morgen hat es kräftig geschneit. Es liegt eine geschlossene Schneedecke, die in den Vormittagsstunden schnell abtaut. Bisher konnte ich den Storch unter Tage noch nicht im Nest beobachten. Er verbringt also lediglich die Nacht im sicheren Nest, durchstreift aber sonst die freie Zeit in seinem Nahrungsgebiet. Ein erster Gang ins "Brühl" am südlichen Stadtrand bringt auch schnell wieder die erhoffte Bestätigung. Ein unberingter Storch geht an gleicher Stelle wie an den Vortagen dort der Nahrungssuche nach. Um 18.45 Uhr sehe ich ihn im Nest stehen.

25. Feb. 02

Ein nächtlicher Besuch der Stadt bestätigt es erneut. Ein Übernachtungsgast verbringt die Nacht im Nest.
Während der gesamten Beobachtungszeit konnte noch kein Eintrag von Nistmaterial festgestellt werden. Offensichtlich fließen noch nicht die entsprechenden Hormone, so dass das Sammeln von Nistmaterial unterbleibt.

28. Feb. 02

Es ist nach wie vor sehr feucht und kühl. Bei einem heftigen Graupelschauer und lediglich 4 Grad Celsius finde ich unseren "Neu-Dinkelsbühler" wieder "Im Brühl" in Höhe Friedhof und Kläranlage. Dort stehen heute wieder Regenwürmer auf dem sehr einseitigen Speisezettel.

Um 18:18 fliegt der Storch das Nest an, landet und verbringt eine weitere Nacht in seinem luftigen Domizil.

1. Mrz. 02

Ab nächster Woche sollen wieder Bilder unserer Webcam übertragen werden. Früher als gedacht und erwartet, hat sich, wie sie sicher bereits erfahren haben, ein Storch eingestellt. Auch wenn er noch die meiste Zeit des Tages außerhalb des Nestes zubringt, sollte es sich doch für Sie lohnen, ab und zu unsere Website zu besuchen. Ganz sicher können sie einen Blick auf den Neuankömmling werfen, wenn die Sonne untergegangen ist und die Dämmerung beginnt. Momentan ist dieser Zeitpunkt etwa 18.20 Uhr bis 18.30 Uhr Dinkelsbühler Ortszeit.

Drücken Sie uns also wieder ein wenig die Daumen und klicken Sie vielleicht öfters als zuletzt unsere Website an. Keine andere Storchencam auf der Welt kann Ihnen im Augenblick schon wieder Storchenbilder liefern.

3. Mrz 02

Heute sind die ersten deutlichen "Bauspuren" am Nest zu sehen. Das bedeutet eindeutig, dass die entsprechenden Hormone im Storch nun doch zu fließen beginnen. Beim Besuch des Nestes - es war am frühen Nachmittag wie erwartet von keinem Storch besetzt - flogen zwei Dohlen ab, die dort gerade wieder versuchten, Nistmaterial zu stehlen, um es in einem der zahlreichen Nistkästen unter dem Dach der Georgskirche einzubauen. Auch das Dach des alten Rathauses zeigt unter dem Nest kräftige weiße Spritzer - ein sicherer Hinweis auf eine regelmäßige und sich ständig steigernde Anwesenheit eines Storchs im Nest.


Unser Storch ist nicht zu Hause. Die Spuren am Dach weisen aber auf eine Besetzung des Nestes hin. Die Storchenkamera befindet sich genau hinter dem Kamin links

Die Suche nach Meister Adebar brachte schon nach wenigen Minuten an der gleichen Stelle wie an den Vortagen den gewünschten Erfolg. "Im Brühl" an den Ufern der Wörnitz stand er etwa in Höhe des Städtischen Bauhofes in einer noch mit Wasser gefüllten Flutmulde. Die nasse Witterungsperiode scheint nun doch zu Ende zu gehen, der Fluss ist wieder in sein Bett zurückgekehrt. An der Hochwasserlinie blieb viel an Material zurück. Ausgewählte Stücke werden sicher demnächst beim Ausbau des Nestes Verwendung finden. Während einer halben Stunde hielt der Storch Siesta, er rührte sich nicht von der Stelle und nahm in dieser Zeit natürlich auch keine Nahrung zu sich. Kurz vor Einbruch der Nacht wird er spätestens wieder im Nest stehen.

4. Mrz. 02 Die Webcam liefert die ersten Bilder!!! Bildarchiv und Tagebuch werden auf die neue Saison umgestellt.

Der Bildausschnitt ist auf ein maximales Blickfeld ausgerichtet und wie bestellt liegt am frühen Nachmittag ein Storch im Nest. Alle 20 bis 30 Minuten erhebt er sich für kurze Zeit, um einen Kotstrahl gezielt über den Nestrand abzusetzen. Die weißen Spuren am Dach unterhalb des Nestes sind in dieser Einstellung ebenfalls deutlich zu erkennen. Immerhin befindet sich unser Storch bereits den 18.Tag mehr oder weniger regelmäßig in seinem Domizil. Auf alle Fälle übernachtet er seit seiner Ankunft am 15.Februar im Nest.

Die folgende Bildsequenz entstand während eines Zeitraums von 45 Minuten zwischen 14 und 15 Uhr.

Erster Schnappschuss des
neuen Storchenjahres

Luftiger Liegeplatz des
Frühankömmlings

Erstes "Standbild"

Abflug zur Nahrungssuche

Bisher hat der Neuankömmling neben wenigen frischen Zweigen am Nestrand das Nest bereits mit vorjährigem Gras frisch begrünt.

18 Uhr 20: Adebar ist zurück und übernachtet in seinem Nest

Inzwischen gibt es einiges Neues von den besenderten Störchen zu berichten, die andeuten, dass im Winterquartier eine gewisse Aufbruchstimmung herrscht.
Ein erwachsener Storch hat am 17.Februar seinen Brutort in Belgien wieder erreicht, nachdem er im Süden Spaniens überwintert hat. Ein zweiter dreijähriger Storch ist ebenfalls auf dem Rückweg aus Spanien (www.ooievaars.vlaanderen.be).

Prinzesschen, eine etwa 10-jährige Störchin aus Sachsen-Anhalt, startete ihren Rückflug von der Südspitze Afrikas Richtung Norden am 20.Februar. Zur Stunde hat sie Tansania erreicht und strebt täglich im Schnitt gute 200 Kilometer weiter Richtung Deutschland (www.storchenzug.de). Auch der berühmte schweizerische Senderstorch Max - er ist mittlerweile 3 Jahre alt - hat sein marokkanisches Überwinterungsgebiet verlassen und gestern die Straße von Gibraltar überquert. Es wird spannend, ob und wo er in diesem Jahr zur ersten Brut schreiten wird (www.etatfr.ch).

5. Mrz. 02

Genießen Sie noch einmal die prächtige Einstellung unserer Storchenkamera, die viel von der einmaligen Kulisse Dinkelsbühls präsentiert und zumindest in westlicher Richtung auch dem Blickfeld unseres Storches entspricht. In den nächsten Tagen werden Sie dann – wie viele sicher auch erwarten – einen Blick genießen, der sich wieder unserem Hauptobjekt „Storch“ widmet und dieses dann auch formatfüllend abbildet.

Auch heute konnte der Frühankömmling zwischen 13 und 14 Uhr im Nest beobachtet werden, ehe er dann genau um 13:54 Uhr das Nest verließ. Auch am späten Vormittag liegt  schon ein Schnappschuss vor. Es hat den Anschein, als ob Adebar so langsam in „Stimmung“ kommt und die Phasen seiner „Nestpräsenz“ deutlich an Fahrt gewinnen. Gegen 18 Uhr erscheint der Nestbesucher abermals als Übernachtungsgast auf dem Alten Rathaus.

Ob es sich bei dem bereits anwesenden Storch um ein Männchen oder Weibchen handelt, muss zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen bleiben. Da die Partner eines Paares getrennte Winterquartiere aufsuchen, also nicht gemeinsam ziehen, treffen sie erst wieder zu Beginn der neuen Brutzeit in ihrem vorjährigen Nest zusammen (wenn beide überhaupt überleben). Dafür ist die große Ortstreue verantwortlich. Erster Gast am vorjährigen Nest ist eben der, der auf seinem Rückweg schneller vorankam, ein weniger weit entferntes Überwinterungsquartier aufsuchte oder eben (wie vermutlich unser Dinkelsbühler) überhaupt den Winter in heimatlichen Gefilden verbracht hat. Warten wir die weitere Entwicklung ab und freuen wir uns auf die neue Kameraeinstellung, die vielleicht doch noch das eine oder andere Detail offenbart, um eine Geschlechtsbestimmung vorzunehmen. Leichter wird es auf alle Fälle, wenn ein zweiter Partner erschienen ist

6. Mrz. 02
bis
9. Mrz. 02

Die letzten Tage am Storchennest liefen stets nach dem gleichen Muster ab, wobei sich die Phasen der Nestanwesenheit unseres Storches sukzessive erhöhten. Während der Vormittagsstunden gab es immer wieder Blicke ins Nest, bei denen eine "Storchensichtung" gegeben war. Kurz nacheinander flog unser Storch jeweils für wenige Minuten ab, um bald darauf mit Nistmaterial wieder zu erscheinen. Darauf folgten einige Minuten eifriges Stochern und Einbau der mitgebrachten Baustoffe. Anschließend wiederholte sich der Vorgang noch einige Male in gleicher Weise. An den Nachmittagen ab etwa 14.30 Uhr konnte Adebar nicht im Nest festgestellt werden. Jedoch pünktlich mit sinkender Sonne erschien er jeden Tag gegen 18 Uhr (einige Minuten früher oder später dürfen außer acht gelassen werden) zum Übernachten.

Erfahrungsgemäß fliegen Störche beim Nestbau nie sehr lange Strecken. Flugtechnisch erfordert ein Manövrieren mit einem sperrigen Gegenstand im Schnabel einiges Geschick. So ziehen es Störche vor, das Suchen von Nistmaterial in unmittelbarer Nestumgebung vorzunehmen. Dabei wird in einer Flussaue die Hochwasserlinie abgegangen, an der sich nach Ablaufen des Wasser ein vielfältiges Sammelsurium verschiedenster Materialien angesammelt hat. Von Ästen unterschiedlicher Stärke und Länge bis zu angeschwemmtem vorjährigem Schilf bietet sich eine breite Palette an. Schon bei der Auswahl zeigen sich Störche sehr wählerisch. Sie nehmen nicht einfach das mit, was ihnen so vor den Schnabel kommt. Immer wieder werden bereits aufgenommene Zweige und Äste ohne ersichtlichen Grund abgelegt und durch einen neuen ersetzt. Häufig nehmen Störche auch mehrere Teile gleichzeitig in den Schnabel und starten "voll beladen". Die Nestbauzeit ist auch meist die Zeit des Obstbaumschnittes. So tauchen oft unvermutet Nistmaterial suchende Störche in stadtnahen Obstgärten auf, um liegengebliebene Äste auf ihre "Nest-Eignung" zu prüfen. Für die Gestaltung des Nestinneren steuern Störche ebenso zielgerichtet Strohhaufen, Misthaufen und ähnliche Strukturen an, auch wenn sie mitten in bewohntem Gelände liegen. An kuriosen Materialien, die ins Nest eingearbeitet werden können, ist kein Mangel. So fand ich in einem alten Storchennest, das im Herbst wegen Baufälligkeit abgetragen werden musste, etwa 50 Damenstrumpfhosen (Nylonware) und einige Wollhandschuhe. Leider bleibt es manchmal nicht aus, dass auch gefährlicher "Müll" ins Nest eingetragen wird. Teile von Plastikplanen, mit denen Fahrsilos abgedeckt werden oder gepresstes Gras eingeschweißt wird - davon gibt es in der freien Flur immer mehr Beispiele - werden "eingeflogen" und können dann im ungünstigsten Fall zu einer Beeinträchtigung beim Ablaufen von Regenwasser aus der flachen Nestmulde führen.

11. Mrz. 02

Ab heute läuft die schon angekündigte neue Kameraeinstellung über die Bildschirme. Wir hoffen, das Panoramabild der ersten Woche dadurch wesentlich verbessert zu haben und werden in Bälde noch einen weiteren Schritt ans Nest heranrücken. Die sehr tief stehende Spätwintersonne ließ in letzter Zeit ab dem frühen Nachmittag nur ein mäßiges Kamerabild zu. Dem wurde Rechnung getragen, so dass ab jetzt auf alle Fälle mehr "Storch" zu sehen ist. 

Am Vormittag sind die Bilder der Kamera aber immer noch wesentlich kontrastreicher, da dann die Sonne von hinten (von der Kamera aus gesehen) ins Nest scheint.

Unser Neststorch befindet sich nun bereits in der vierten Woche allein am Nest und es wird - wenn alles gut geht - noch ein Weilchen dauern, bis wieder traute Zweisamkeit herrschen wird. 

Auch an den beiden Nachbarnestern Dinkelsbühls sind seit gestern bzw. seit heute die ersten Störche eingetroffen. Bei beiden - in Weiltingen und in Mosbach - sind es die beringten Weibchen des Vorjahres, die bereits wieder auf ihre Männer warten und damit in zweifacher Weise die immer wieder gehörte These widerlegen, die Männchen seien die ersten Besucher am Storchennest.

Ein Blick ins leere Nest macht nun die bisherigen Nestbauversuche etwas deutlicher sichtbar.

Die linke Nesthälfte wurde bereits deutlich begrünt, während die rechte noch jungfräulich, d.h. grauschwarz erscheint. Diese Färbung stammt noch aus der Endphase der Jungenaufzucht, als durch die Tritte der Jungstörche in Verbindung mit den ausgewürgten Gewöllen der Nestboden zu einer ziemlich harten Unterlage verdichtet wurde.

Riskieren Sie die nächste Zeit aber immer wieder einen Blick ins Nest, auch wenn Sie vielleicht häufig nicht "fündig" werden. Die beste Zeit, Adebar im Nest anzutreffen, sind nach wie vor die Vormittagsstunden sowie die frühen Nachmittagsstunden. Bombensicher erscheint unser Medienstar jedoch mit Einbruch der Dunkelheit.

13. Mrz. 02

Adebar macht sich rar! Mit dieser Bemerkung möchte ich heute meinen Tagebucheintrag beginnen. Trotz längerer „Anwesenheiten“ am Nest überwiegen immer noch die „Abwesenheiten.“ Ein richtiger Zug ist hinter unserem Storch noch nicht erkennbar. Ich meine damit, dass für Nahrungssuche und andere „auswärtige“ Tätigkeiten deutlich weniger Zeit in Anspruch genommen werden sollte. Ein Storch sollte Präsenz zeigen und „sein“ Nest gegen mögliche andere Interessenten verteidigen können. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn man so lange wie möglich Nestpräsenz zeigt. Den gesamten gestrigen Nachmittag sowie den heutigen Nachmittag seit dem Abflug vom Nest um 14.17 Uhr verbrachte unser Storch in seinem zweiten wichtigen Nahrungsgebiet, in dem er in diesem Jahr bisher noch nicht gesichtet worden war. Nördlich der Stadt an der Abzweigung Burgstall/Froschmühle ging Adebar stundenlang der Nahrungssuche nach.

Die Entfernung vom Nest in das Wiesengebiet beträgt 2,1 Kilometer, von dort ist allerdings das Nest nicht einsehbar. Ein kleiner Nachteil für den Futter suchenden Storch, kann er doch im Falle des Erscheinens eines möglichen Konkurrenten nicht sofort reagieren. Deshalb gilt es auch, ständig den Luftraum im Auge zu behalten, um in einem solchen Fall in wenigen Minuten am Nest zu sein. Während seines Aufenthaltes nördlich der Stadt sprach Adebar ausgiebig seiner momentanen Lieblingsspeise, dem Regenwurm, zu. Die in unmittelbarer Nähe liegenden kleinen Teiche einer Fischzucht spielen im Augenblick bei der Futterbeschaffung keine Rolle. Sie sind, ebenso wie die Kleinstteiche bei Maulmacher bespannt, also bis zum Rande mit Wasser gefüllt und wegen des steilen Uferprofils für die Störche nicht nutzbar.

Während der Abwesenheit vom Nest inspizierten heute einige Dohlen das Nest, um sich dort von einer weiteren Steigerung in Hinsicht auf Auspolsterung der Nestmulde zu überzeugen. Bei einer Verhaltensweise unseres Storches kann man schon fast seine Uhr stellen. Die allabendliche Rückkehr zum Nest findet stets gegen 18 Uhr statt. Es gilt also für Ungeduldige weiter die These: Schau um sechs ins Interne(s)t, wirst finden dort den Storch im Nest .

 

Thomas Ziegler

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