Storchenkamera

Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah
Teil 14
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27. Jul. 03
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Heute ist es genau neun Wochen her, seit
Benjamin und Lore das Ei verlassen haben und damit das Licht der
Welt erblickten. 63 Tage Wachsen und Fressen sind für die
beiden Erstgeborenen nun vorbei, ohne dass der erste Ausflug
stattgefunden hätte. Was unseren Wonneproppen alles in dieser
Brutsaison erspart blieb oder anders ausgedrückt, was unsere
„Viererbande“ leider versäumt hat, entnehmen sie bitte
beiliegendem Pamphlet eines verdienten und in allen
großen Naturschutzverbänden anerkannten, seit über 50
Jahren dort hoch geschätzten Storchenschützers, der uns
auch schon einmal auf unserer Website die Ehre gab. Er gehört
natürlich seit Jahrzehnten allen wissenschaftlichen
Verbänden, Gesellschaften und Organisationen an, die auch nur im
Entferntesten mit Natur- und/oder Storchenschutz zu tun haben, ganz
im Gegensatz zu Ihrem Tagebuchschreiber, der es bisher nicht einmal
zum Mitglied im Bund Naturschutz gebracht hat. Über die Gründe,
die zu dieser Nicht-Mitgliedschaft geführt haben, kann nur
spekuliert werden, sie dürften aber mit den abstrusen
Ansichten Zieglers in Sachen Storchenschutz
zusammenhängen. Seit geraumer Zeit kursiert nun ein „Merkblatt
zur Weißstorch-Horstbetreuung der Natur- und
Umwelthilfe e.V. Erlangen“, zusammengestellt von
Michael Zimmermann, auf einer anderen Homepage als der des
genannten Vereins. Das ist schade, da man meinen könnte, der Verein
für Natur- und Umwelthilfe distanziere sich vielleicht vom Inhalt
des Blattes. Nun ist es endlich amtlich, wo in Bezug auf
Schutzmaßnahmen der Hammer hängt und jeder, der nur einen Funken für
unsere Lieblinge übrig hat, sollte sich jede Zeile der Abhandlung zu
Herzen nehmen. Durch die Veröffentlichung im heutigen
Tagebucheintrag wird eine nach Tausenden zählende Lesergemeinde
erreicht, die sich die Anregungen des genannten Storchenvaters an
anderer Stelle sonst nie und nimmer zu Gemüte führen könnte. Die
Veröffentlichung beweist, dass meine in früheren Einträgen gemachten
Einlassungen zur Problematik des Storchenschutzes durch dieses
Merkblatt eine Wendung erfahren, die selbst meine kühnsten
Befürchtungen bestätigen. Wer Interesse hat, sollte sich die
Empfehlungen Zimmermanns für Horstbetreuer nicht entgehen lassen.
Ich hoffe und wünsche, dass dieses Merkblatt endlich
bayernweit und bundesweit für alle Naturschützer und
Naturschutzverbände zu einer verbindlichen Richtlinie erwächst, um
den hundertfachen und tausendfachen Storchentod – ja Storchenmord -
zu beenden. Als anerkanntes, einflussreiches und sehr geschätztes
Mitglied a l l e r Naturschutzorganisationen sollte dies dem
Erlanger Storchenvater doch endlich möglichst schnell
gelingen.
Wer die Richtlinien gelesen hat, wird sich
vielleicht fragen, weshalb es in unserem Nest überhaupt vier Junge
gibt? Ich darf Sie beruhigen! Wir hatten schlicht und einfach
Glück! Glück muss der Mensch – der Storch – haben! Hoffen wir, dass
die Glückssträhne uns auch weiterhin treu bleibt und nach dem
Ausfliegen keine Schreckensmeldungen zu verkünden sein werden. Unser
Kleeblatt verabschiedet sich mit einer kleinen Auswahl besonders
gelungener Schnappschüsse.
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Hier
geblieben, Felix! Du kannst
doch noch nicht fliegen! |
Schaut! Dort
unten
läuft gerade wieder
die Kinderlore vorbei |

Bild von der offiziellen
Seite der
Stadt Dinkelsbühl |
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Eine weitere
Turneinlage! |
Wer suchet,
der findet! Neuer
Weltrekord im Hochsprung! |
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Bald ist die
Kinderzeche
vorbei und dann gibt es nichts mehr zu sehen! |
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28. Juli. 03 |
Die Kinderzeche 2003 gehört seit gestern
Abend der Vergangenheit an. Nun steigt wieder die
Vorfreude auf die „fünfte Jahreszeit“ im nächsten Jahr.
Für die Storchenfamilie tritt ab heute wieder der Alltag
ein und von ihrem hohen Ausguck aus geraten nun vermehrt Japaner
und Amerikaner ins Blickfeld und weniger die schwedischen Soldaten
des 30-jährigen Krieges. Lag es vielleicht am lärmenden Umfeld, dass
Benjamin & Co. vor einem Ausflug bisher zurückschreckten? Aber
eigentlich wäre doch gerade die Unruhe um das Nest ein geeigneter
Grund, das Weite zu suchen. Sei´s drum! Auf alle Fälle
gefällt es unserem Quartett nach wie vor so gut im
Nest, dass noch keiner der Jungen an einen Ausflug
gedacht hätte. Auch heute änderte sich an dieser Situation nichts.
Ihr Tagebuchschreiber traf sich am Abend noch zu einem
Gespräch mit Thomas Joas und Andreas Kamm in Dinkelsbühl
über den Fortgang der Übertragung aus dem Storchennest trotz
immens gestiegener Kosten. Dabei kam es vor dem Schaufenster der
Adler-Apotheke, in dem die Bilder der Videokamera über ein
Fernsehgerät für jedermann sichtbar werden, zu einer schönen
Begegnung. Ein Ehepaar aus Dänemark schien sich sehr für
Nest und Junge zu interessieren. Im anschließenden Gespräch erfuhr
man, dass besagtes Paar täglich von Dänemark aus via
Internet Anteil am Geschehen in unserem und in
anderen Storchennestern nähme. Nun seien sie auf einer
Storchenkamera-Reise durch Deutschland und hätten gestern
bereits in Vetschau, heute in Höchstadt und nun in
Dinkelsbühl Station gemacht. Die schon angesprochene Unterredung
im kleinen Kreis über die mit den Bildübertragungen in Zusammenhang
stehenden Kosten ergab, dass wir wohl in den saueren Apfel
beißen müssen und um eine weitere Zahlung im niedrigen
vierstelligen Eurobereich nicht herumkommen. Wir tun dies natürlich
in Ihrem Interesse besonders gern, wollen wir doch auf alle
Fälle sicher stellen, dass die Bilder mindestens bis zum Abzug
aller Störche weiter gesendet werden können. Dass wir uns
nicht zuletzt wegen der angesprochenen Kostenexplosion über
weitere Spenden sehr freuen, brauche ich – und so weit kenne
ich Sie ja mittlerweile – nicht besonders zu erwähnen. Was wäre ein
abendlicher Besuch am Storchennest, ohne noch nach Georg & Co.
zu sehen. Um 21:35 Uhr erfolgte die wohl letzte Fütterung des
Abends. Nachdem Pauline ihren Mageninhalt bei ihren Jungen
gelassen hatte, segelte sie schnurstracks über den Ledermarkt und
landete auf der Giebelspitze ihres täglichen
Übernachtungsplatzes, dem Cafe Haagen gegenüber dem
Nestgebäude. Nach unserer Besprechung – es war inzwischen 23 Uhr –
sah ich noch einmal die Dächer und Giebel um das alte Rathaus herum
ab. Pauline stand nach wie vor auf dem Cafehausdach, während ich von
Georg so auf die Schnelle keine Spuren entdecken
konnte. Keine Sorge! Er stand irgendwo auf einem Dach, eben
nur nicht so, dass ich ihn hätte noch entdecken können.
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Da war doch
grad noch Futter!
Ich glaube, Mama hat nichts mehr für uns! |
Bei Sonne
und besserer Thermik lohnen sich unsere Leibesübungen |
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Regenpause! |
Lift
off! |
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29. Jul. 03 |
Ein überaus erfreulicher Tag für unser
Kameraprojekt und seine Finanzierung stand heute auf dem Programm.
Auf Einladung des größten mittelfränkischen Energieversorgers – der
N-ERGIE Aktiengesellschaft Nürnberg – fand unterhalb des
alten Rathauses zu Dinkelsbühl ein denkwürdiger Pressetermin statt.
Aus Anlass einer Scheckübergabe waren mehrere
Pressevertreter, ein Kamerateam des Lokalsenders RTL Franken live,
ein Reporter des Bayerischen Rundfunks, Abteilung Hörfunk, Vertreter
von N-ERGIE, vom Bund Naturschutz sowie Ihr Tagebuchschreiber auf
dem Kirchhöflein unterhalb des Nestes erschienen. Ernst
Silberhorn, Vogelschutzbeauftragter der N-ERGIE
Aktiengesellschaft, begrüßte alle Anwesenden und übergab an die
Vertreter der „Storchenkamera“ einen Scheck in Höhe
von 2500 €.

Ernst Silberhorn, Thomas Joas, Helmut Altreuther, Thomas Ziegler (v.l.)
bei der Scheckübergabe
Dieser „warme Geldsegen“ kam uns bei der
momentan etwas prekären Finanzsituation um die Übertragungskosten
gerade recht. Ernst Silberhorn war es vorbehalten, besagten Scheck
an den Geschäftsführer der Kreisgruppe Ansbach des BN zu
überreichen. Dabei verwies Silberhorn auf das vor zwei Jahren
aufgelegte Schutzprogramm seines Konzerns für
Großvögel, das ein Gesamtvolumen von 5 Millionen Euro
ausweist und jährliche Ausgaben – bei einer 10-jährigen
Laufzeit – von 500.000 Euro vorsieht. Schwerpunkte des
Arbeitseinsatzes lägen derzeit im Altmühl- und Wörnitztal und
sehen die Absicherung aller gefährlichen Strommasten
mit Schutzhauben oder Sitzstangen in diesem Gebiet vor. Im Jahre
2003 seien bisher 700 Strommasten vogelsicher
umgerüstet worden, weitere 800 werden in diesem Jahr
noch folgen, so der Vogelschutzbeauftragte der N-ERGIE in
seinem
Statement.
Dieses
von Seiten des Vogelschutzes und speziell des Storchenschutzes
äußerst wichtige Vorgehen wurde durch eine Unterschriftenaktion
der Internetgemeinde „Storchennest Dinkelsbühl“ im Jahre
2001 in die Wege geleitet und führte anschließend zu dem Ergebnis,
dass sich der Energieversorger schneller als vom Gesetzgeber
gefordert, bereit erklärte, für Abhilfe zu sorgen. Diese Art von
Kooperation sollte Schule machen für gleichartige
Aktionen anderer Energieversorger und Naturschützer. Hier wird die
Haupttodesursache von Störchen bekämpft, die hundert Mal mehr Opfer
fordert als Bindegarn oder anderer „Müll“ im Nest.
Während der Scheckübergabe hüpfte unsere
Viererbande vor lauter Freude, dass man jeden
Augenblick hoffen – oder fürchten – konnte, der eine oder andere
könne just in diesem Moment das Nest verlassen. Doch auch heute
geschah dies noch nicht. Wir müssen weiter warten und zittern, doch
lange kann es und wird es nicht mehr dauern, bis unsere Großen
flügge werden. Während an anderen Horsten, in denen der reine
Tierschutzgedanke im Vordergrund steht und leider der
Naturschutzgedanke durch Zufütterungen und andere
begleitende Maßnahmen konterkariert wird, ebenfalls nur vier
Junge ausfliegen, wissen wir Dinkelsbühler, dass wir in unserer
Arbeit an der Schaffung eines artgerechten Lebensraum auf dem
richtigen Weg sind und Georg und Pauline auch ohne warmem
Eimer (siehe Merkblatt der Natur- und Umwelthilfe Erlangen) in
der Lage sind, ihre Brut groß zu ziehen. Der Vorteil der
Naturschutzarbeit liegt dabei darin, dass wir nicht nur
Freund Adebar unter die Arme greifen, sondern allen Tier- und
Pflanzenarten durch einen ungetrübten Blick auf Zusammenhänge in
einem Ökosystem helfen. Wenn ruchbar wird, wie die guten
Brutergebnisse in einigen Gebieten Bayerns zustande kommen,
verliert man bei der Durchsetzung von den Lebensraum
betreffenden Maßnahmen bei den Politikern jede Art von
Glaubwürdigkeit. Dann heißt es: Was wollen Sie? Die Straße soll
nicht durch das Auengebiet geführt werden? Wegen der Störche? Seit
Jahren fliegen doch an ihrem Nest vier Junge aus. Da muss der
Lebensraum doch bombig sein! Wie? Sie haben dies nur durch
Zufütterungen erreicht? Dann macht so weiter. Die Leute wollen doch
nur Top-Ergebnisse sehen! Füttert eben noch mehr, wenn Adebar selber
nichts mehr findet. Dann ist es doch völlig egal wie der Lebensraum
sich weiter entwickelt. Das schaffen wir mit Links. Wir zahlen das
billige Futter und dürfen dann zum Dank weitere Eingriffe in den
Lebensraum vornehmen. Auf diese Weise lassen sich sogar in einer von
Mais-Monokulturen beherrschten Landschaft zahlreiche Storchenpaare
ansiedeln und für reichlich Nachwuchs sorgen (z.B.
Holzen/Baden-Württemberg). Nichts ist einfacher als Störche zu
züchten!! Da sind mir Störche, die selbst ihr Futter suchen können,
allemal lieber. Nur sie sind dafür geeignet, als Indikatoren für den
Zustand und die biologische Ausstattung eines Lebensraumes zu
dienen. Alle anderen Storchenpaare belügen die Arbeit des
Naturschutzes und stärken lediglich die Ansichten einer häufig wenig
kritischen und mit wenig Naturverständnis ausgestatteten, sicher
aber mit besten Absichten agierenden Spezies Mensch, die sich dem
Individualschutz oder Tierschutz verschrieben hat.
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Bald muss
der erste Absprung doch klappen! |
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Die
Unersättlichen! |
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30. Jul. 03 |
Einer hat es heute getan! Um 9 Uhr
- wegen der Ferien kann es in nächster Zeit häufiger vorkommen,
dass Ihr Schreiber etwas längere im Bett bleibt – standen definitiv
nur drei Junge im Nest.

Wo ist Felix? Einer fehlt!
Das bedeutete, dass einer – nennen wir ihn der
Einfachheit halber Felix – zu dieser Tageszeit aushäusig war. Es
ist also passiert! Am 66. Lebenstag verließ der erste
Jungstorch erstmals sein Zuhause. Vielleicht etwas spät, aber
dennoch immer noch innerhalb der großen Bandbreite der in der
Literatur angegebenen und aus eigenen Beobachtungen ermittelten
Angaben zur Nestlingsdauer. Doch als nach einigen Minuten ein
vierter Kopf am vorderen Nestrand auftauchte,
verschwand und erneut erschien, war schnell klar, dass dieser
Erstflug nur ein kleiner Schritt vom Nest war,
denn Felix hatte sich den Dachfirst des alten Rathauses als
Promenade ausgesucht und war zum Fußgänger mutiert.
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Da ist der
Schlingel!
Weit ist er nicht gekommen! |
Platz! Ich
will wieder
zu euch zurück! |
Das reicht
mir
mal fürs Erste! |
Dies sollte aber niemand als Kritik an Felix
oder gar als Ängstlichkeit auffassen, sondern lediglich als erste
Maßnahme vor weiteren Erkundungen und größeren Expeditionen.
Nach diesem Muster verfahren übrigens Jungstörche häufiger,
sofern sie einen geeigneten „Gehsteig“ in unmittelbarer
Nestnähe zur Verfügung haben. Ich konnte genau die gleiche Situation
am Nachmittag bei einer Fahrt an die Altmühl in Altenmuhr
beobachten. Auch dort befanden sich vier fast flugfähige Junge im
Nest. Einer von ihnen hüpfte auf den Dachfirst und marschierte
munter darauf entlang, ehe er sich auf den Nachbarkamin schwang und
von dort zu seinen „Nesthocker-Geschwistern“ blickte. Zahlreiche
Gästebucheinträge belegten an diesem Mittwoch, dass immer
wieder unser Nest nur von drei Störchen besetzt und
einer zumindest für Minuten auf Ausflug war. Mit großer Sicherheit
war es Felix, der dies als erster bewerkstelligte. Seine drei
Geschwister werden in Kürze folgen. Also weiterhin gut aufpassen
und alle Beobachtungen fleißig protokollieren und am besten im
Gästebuch für uns lesbar machen. Man darf gespannt sein,
wie sich in den nächsten Tagen die Dinge entwickeln werden. Eines
steht allerdings jetzt schon fest: Es wird unheimlich aufregend
und spannend! Genießen Sie deshalb die einmaligen
Beobachtungen an unserem Nest! Sie werden Ähnliches in diesem
Jahr weltweit nirgends mehr geboten bekommen! Ausflug
von vier Jungstörchen in bester Qualität, vor prächtiger Kulisse und
das alles live und kostenlos! Wer da nicht zugreift, ist
selber Schuld.
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Ich möchte
auch so fliegen wie Felix! |
Fertig
machen zum Futterfassen! |
Von den Mosbacher Störchen – 10 km
wörnitzaufwärts von Dinkelsbühl aus gesehen – habe ich in der
Vergangenheit immer wieder berichtet. Drei Junge sind dort vor etwa
drei Wochen ausgeflogen. Zusammen mit ihren Eltern ergibt das eine
Zahl von 5 Störchen. Doch als ich heute Abend im Gebiet
weilte, hielten sich zwischen dem Ort und Reichenbach 8 Störche
auf. Als schlaues Kerlchen kam ich schnell zu dem Schluss, dass sich
hier drei Fremde eingeschlichen hatten. Da diese ebenfalls – wie die
Mosbacher Jungen – schwarze ELSA-Kennringe trugen, konnten sie ja
sogar von mir in einem der Nachbarnnester beringt worden sein. Da
die Dämmerung hereinbrach und leichter Regen einsetzte, kam
bald Bewegung in den Trupp und alle flogen Richtung Mosbach.
Nun setzte ein reger Pendelverkehr ein. Als Ruheplatz
dienten der Kirchturm sowie das Dach des Kirchenschiffes. Maximal
sieben Störche standen aufgereiht wie die Perlen einer Kette auf dem
First des Daches. Doch immer wieder herrschte Unruhe unter den
Störchen, so dass ein stetiges Kommen und Gehen zu beobachten war.
Zwischendurch bezogen die Störche auch weitere Gebäude des Ortes als
kurzes Standquartier und auch das Nest bot logischerweise Platz für
den einen oder anderen Jungen. Nach einer knappen halben Stunde
waren alle Ringe abgelesen und eine schöne Story an
den Tag gebracht, die nur durch die Beringung eine Enthüllung
erfuhr. Neben dem beringten Mosbacher Storchenweibchen und dem
unberingten Männchen gehörten die drei Mosbacher Jungen sowie drei
weitere Jungstörche dem Trupp an. Bei der Ablesung der Nummern fiel
auf, dass sie in der numerischen Reihenfolge den Mosbacher Jungen
folgten. Zu Hause war das Rätsel schnell gelöst. Die
Fremden rekrutierten sich aus der Nestbesatzung des
Weiltinger Storchennestes. Dort waren am selben Tag wie
in Mosbach – nur eine gute Stunde später - die drei Jungen von mir
beringt worden. Nun waren die sechs vereint, wobei die Weiltinger
Jungen ungehindert im Mosbacher Nest landeten und wieder abflogen.
Sie hatten einen Ausflug von 20 Kilometern unternommen und blieben
auch während der Nacht eine knappe Flugstunde von ihrem Heimatnest
entfernt. Wie Anwohner berichteten, dauert diese Besuchsphase schon
einige Tage und brachte einmal schon 11 Übernachtungsgäste zum
Vorschein. Ich werde diese Entwicklung im Auge behalten, liefert sie
doch interessante Details aus dem Storchenleben, die nicht so leicht
nachzuweisen sind. |
31. Jul. 03 |
Flugwetter über und um das Storchennest!
Es blieb den ganzen Tag über bei mehr oder weniger kürzeren
Ausflügen eines Mitgliedes der Nestbesatzung. Felix
bewies seinen Geschwistern während des gesamten Tages immer mal
seine Flugfähigkeit. Auch wenn er zwischendurch vom Dachfirst
grüßte, so steht fest, dass ihn seine Ausflüge auch in die
nähere Umgebung führten. Beweise für diese Annahme liegen mir
allerdings nicht vor.(
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Abgerückt!
Felix auf dem Dachfirst! |
Da
probier ich es doch auch einmal! |
Flugpause! |
Ich bin ja selbst gespannt, ob zu unserem
Freundestreffen am kommenden Sonntag in Dinkelsbühl
beim Surri schräg gegenüber des alten Rathauses nicht ein
Festival an An- und Abflügen von vier Jungen zu
bestaunen sein wird. Auf alle Fälle ist Nestblick garantiert
und Ihr Tagebuchschreiber wird sich selbstverständlich die
Gelegenheit nicht nehmen lassen, alle begrüßen zu dürfen.
Ein wenig verstehe ich die, die tatenlos und
ahnungslos von zu Hause zuschauen und ihren Frust durch beschämend
destruktive und unqualifizierte Äußerungen abbauen müssen. Werden
Sie einfach auch auf dem Gebiet des Naturschutzes tätig,
dann löst sich die Verkrampfung schnell und Kräfte können gebündelt
in sinnvoller Weise zum Einsatz gebracht werden. Melden Sie sich bei
einer Naturschutzorganisation in ihrer Nähe und Sie haben
auch in der storchenlosen Zeit eine Menge Gelegenheit,
ihre Kenntnisse einzubringen und in der Diskussion mit
Gleichgesinnten ihr Wissen zu vertiefen. Stellen Sie dort die
unterschiedlichen Auffassungen über Natur- und Storchenschutz zur
Diskussion und stellen Sie sich auch anderen Meinungen.
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Gelandet! |
Auf dem
Absprung! |
In
gespannter Erwartung! |
Sie werden danach feststellen, dass auch dort,
wo nicht in jedem Nest fünf Junge zum Ausfliegen
gebracht werden, nette und liebe Menschen wohnen, die Ihre
gesamte Freizeit und noch viel mehr für das Überleben der
Störche einsetzen. Mit den Ausflugquoten ist das nämlich so
eine Sache! Wenn ein erwachsener Brutstorch, z.B. am Nest in
Erlangen, seinen Storchenvater nach der Ankunft
flügelschlagend begrüßt – das ist mir Gott sei Dank noch nicht
passiert – und dieser ihm zur Begrüßung feinen Fisch reicht, ist
etwas faul im Staate Dänemark. Eine so enge Beziehung
zwischen Mensch und Tier kennen wir doch sonst nur von Haustieren!
Sieht ein Haushund ein bekanntes Gesicht mit gutem „Fressi“, kommt
er schwanzwedelnd auf die Person zu, eine Hauskatze verhält sich
nicht anders, ein Schwein grunzt und stupst den Bauern gegen die
Hand, ein Pferd lässt sich die ihm gereichte Möhre gut schmecken und
belohnt den Spender mit einem fröhlichen Wiehern. Läuft ein
Storch auf einen Menschen zu und bettelt ihn um
Futter an, dann fühlt man sich eher an Franz von Assisi
erinnert. Gibt es noch lebende Personen mit solch heilig machenden
Gaben? Ich denke nicht. Die einzige Erklärung, die ich finde: Es war
kein Weißstorch, der dies tat, sondern ein Hausstorch.
Alle Störche, die ich kenne, fliegen auf, wenn ich ihre
Fluchtdistanz unterschreite. Diese Distanz ist unterschiedlich groß,
je nachdem, ob ich auf dem Traktor sitze oder zu Fuß unterwegs bin
und um Futter hat mich in 35 Jahren noch kein einziger Storch
angebettelt. Prof. Dr. Antal Festetics, ein namhafter
Biologe und Ornithologe, hat einmal den Begriff der
Verhausschweinung von Wildtieren geprägt und damit einen Begriff
geschaffen, der schon vor Jahrzehnten in die biologische
Fachterminologie eingegangen ist. Leider kann sich nicht Ihr
Tagebuchschreiber als der „Erfinder“ dieses prägnanten, den Kern des
Problems treffenden Vergleiches feiern lassen, aber an seiner
Verwendung gibt es dennoch nichts auszusetzen. Also, Vorsicht
bei allen Erfolgsquoten! Hier handelt es sich vielfach um so
genannte Mogelpackungen, die mehr versprechen als drin ist.
Wer Störche ohne Grund und Not füttert, macht aus Weißstörchen
Hausstörche, so wie man einst aus Wildschweinen Hausschweine machte.
Aber bei der Gier nach „Erfolgsquoten“ ist eben jedes Mittel recht.
Da heißt es doch im „Taschenbuch für Vogelschutz“,
herausgegeben von Klaus Richarz, Einhard Bezzel und Martin Hormann,
erschienen im AULA Verlag Wiesbaden: „Das Ausbleiben von
Brutpaaren (gemeint sind solche des Weißstorchs) geht also
nicht auf Mangel an Störchen, sondern auf die schlechte
Qualität der Lebensräume zurück. Grundvoraussetzung für
die Stabilisierung der Bestände ist die Erhaltung bzw.
Renaturierung von Lebensräumen.“ Und etwas weiter heißt es: „Die
Zucht des Weißstorchs birgt die Gefahr in sich, dass die
symbolträchtige, majestätische Wildtierart zu einer Haustierart
– einem „Hausstorch“ – verkommt. Dieses Schicksal sollte ihm
erspart bleiben.“ (siehe oben erwähntes Anbetteln eines
„Hausstorches“ bei Erscheinen der Futterquelle „Mensch“) Lesen Sie
dazu noch einmal das Merkblatt der Natur- und Umwelthilfe Erlangen
und wundern Sie sich über dort genannte Begriffe wie Fütterungen,
Föhnen, Wärmflasche, warmer Eimer, gelegentlich Gabe von Antibiotika
(steht nicht im Merkblatt, aber durch persönliche Erlebnisse
bekannt), konsequentes Eingreifen bei besonderen Wetterereignissen
wie Starkregen usw.! Liebe Freunde, die ihr weniger als vier oder
fünf Junge zum Ausfliegen bringt! Ihr macht Euch deshalb nicht
strafbar! Ich zitiere abermals aus dem Taschenbuch für Vogelschutz,
das die renommiertesten deutschen Ornithologen herausgegeben haben:
„Das Tierschutzgesetz verfolgt den Zweck, aus der
Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen
Leben und Wohlbefinden zu schützen. Es betrifft nur Tiere, die
sich in der Obhut des Menschen befinden. Auf wild lebende Tiere
findet es keine Anwendung.“ Das Bundesnaturschutzgesetz
räumt den frei lebenden Vögeln (dazu zählen noch viele Störche)
einen umfassenden Schutzstatus ein. Der §20 des Gesetzes
nennt eine ganze Reihe von Zugriffsverboten. Demnach ist es
untersagt „...die Nist- und Brutstätten wild lebender
Vögel der besonders geschützten Arten (dazu gehört der
Weißstorch).... zu beschädigen..“ Ich nenne noch einmal das
Merkblatt für
Weißstorch-Horstbetreuer der Natur- und Umwelthilfe Erlangen.
Hier findet sich folgende Vorgehensweise für alle Weißstorchhorste:
„Mit einem geeigneten Werkzeug (Misthaken) wird der innere
Horstbereich auf einem Durchmesser von ca. 60 cm und einer Tiefe von
ca. 40-50 cm bzw. bis zur Horstunterlage (!!!!!, Ausrufezeichen sind
Zusätze Ihres Tagebuchschreibers) entnommen (1-2 Säcke). Das
entstandene Loch wird mit Stroh vollgestopft. Der Horst ist jetzt
wasserdurchlässig.“ Hier erübrigt sich jeder Kommentar, ist doch
schon das Anfahren der Weißstorchhorste, ohne daran herumzufummeln,
verboten und erfordert jeweils eine Genehmigung der Höheren
Naturschutzbehörden. Mit diesen Anmerkungen, die von Zeit zu
Zeit ergänzt werden, sollen Tier- und Naturschutzgedanken
vorgestellt werden.
Seit einigen Tagen ist im Verhalten
der Jungen auf dem Rathausdach bei Fütterungen eine
Veränderung feststellbar. Nahmen in früheren Zeiten die
Jungen die Nahrung jeweils im Fersensitz
entgegen, passiert es jetzt immer wieder, dass sich die Vierlinge
nur noch sporadisch in die „Altlage“ begeben und die Nahrung im
Stehen erbetteln und aufnehmen.

Fütterung, nicht nur im Fersensitz!
Ein abendlicher Besuch in Mosbach
brachte gegen 22:00 Uhr folgende Situation zum Vorschein. Ein Storch
lag im Nest (wahrscheinlich einer der Altvögel), zwei weitere
standen auf dem Dachfirst des Nestgebäudes, einer auf dem
Kirchendach, einer auf einer Scheune und drei weitere auf einem
Bauernhaus. Zusammen ergibt dies erneut die Zahl 8, so dass auch an
diesem Abend die drei Weiltinger Gäste der Mosbacher Familie
angegliedert blieben. |
01. Aug. 03 |
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier,
dann ist das Nest leer! Ich weiß, dass sich meine Zeilen nicht
reimen. Sie dürfen deshalb nicht böse sein. Heute waren es
auf alle Fälle schon einmal zwei Junge, die sich in die Tiefe
stürzten und das Abenteuer „Ausflug“ unbeschadet überstanden
haben, kehrten sie doch nach rund 90 Minuten reumütig und
wohlbehalten wieder zurück.
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Wann
ist das Nest wohl
zum ersten Mal leer? |
Heute ist
Lore an der reihe!
Sie übt schon! |
Doch nun kurz der Reihe nach. Die strahlende
Sonne, die es im Laufe des Tages locker auf 30 Schattengrade
brachte, verzauberte das Nest und seine Bewohner und machte Lust,
den Absprung zu versuchen. Sicher boten die thermischen Verhältnisse
um das Nest gute Voraussetzungen, sich auf einen Ausflug zu
begeben. Windstille garantierte zusätzlich, dass keine Bö für
unkontrollierbare Turbulenzen sorgte, die ein solches Unternehmen
für wenig Flugerfahrene zu einem Wagnis werden lassen würde.
Meine „Nestpräsenz“ erbrachte den Nachweis, dass zwei
Junge ausgeflogen waren. Zwischen 13 Uhr und 14:25 Uhr
stand nur noch ein Duo im Nest.

Jetzt gibt es langsam Platz! Felix und Lore sind weg
Nicht weiter verwunderlich, denn das Ausfliegen
geschieht nicht in einem Aufwasch, d.h. nicht alle verlassen auf ein
geheimes Zeichen das Nest, sondern dieser Vorgang ist ausschließlich
von individuellen Faktoren abhängig und erstreckt sich deshalb auch
über einen längeren Zeitraum. Felix und Lore sind demnach (zu
beweisen ist diese Zuordnung natürlich nicht!) die ersten
Freiflieger unseres Quartetts. Lore kam von ihrem Ausflug
um 14:25 Uhr zurück,

Lore ist zurück!
ehe kurz darauf und gemeinsam, Felix und
Georg am Nest erschienen.
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Zur
Fütterung sind wieder alle vereint! |
Brodelnde
Masse! |
Der Anlass für die Rückkehr zum
Nest war schnell ersichtlich. Es gab Futter und das wollten
sich die beiden „Ausreißer“ nun doch nicht entgehen lassen. Junge
Störche müssen erst Erfahrungen beim Erbeuten
verschiedener Nahrungstiere sammeln. So liegt der Fangerfolg
natürlich deutlich unter dem der erwachsenen Störche.
Um satt zu werden, müssen die „Alten“ ein wenig aushelfen und
zusätzlich Nahrung bereit stellen. Im Augenblick heißt es für alle
Futter Suchenden, Insekten zu fangen. Dies geht noch relativ
einfach, denn in Anbetracht der enormen Trockenheit und der großen
Hitzegrade haben sich Feld- und Laubheuschrecken in extensiv
bewirtschafteten Flächen erfreulich zahlreich entwickelt, so dass
Störche beim Abschreiten eines Wiesenstückes bei jedem Schritt ein
Exemplar der „Hüpfer“ einsammeln und mit einem leichten, nach hinten
geführten Ruck des Kopfes in die Speiseröhre befördern.
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Die Damen
und Herren Jungstörche lassen
sich auch heute wieder im Stehen füttern |
Wer stürzt
sich
da vom Nest? |
Felix und Lore agieren ebenso und werden diese
Jagdart auch am ehesten beherrschen. Schwieriger und von mehr
Übungsstunden begleitet ist die Jagd auf Mäuse oder das Fangen von
Fischen am Rande eines Gewässers. Von Regenwürmern muss man in
Anbetracht der großen Trockenheit erst gar nicht sprechen.

Bitte abzählen! Alle sind angetreten zum Appell!
Ein Besuch in Mosbach – dort waren in
den beiden letzten Tagen neben den drei Mosbacher Störchen
auch die drei Jungstörche aus dem 20 Kilometer entfernten
Weiltingen zu Gast, erbrachte folgendes Ergebnis: Nur die
Eltern standen in der Nacht im Nest, alle Jungen
waren im Verlauf des Tages abgeflogen und nicht mehr
erschienen. Vielleicht statten sie ja den Weiltinger Störchen
einen Gegenbesuch ab. In Feuchtwangen hält das
Storchenpaar weiterhin nachts Quartier auf dem Gebäude
einer Matratzenfabrik und kommt nur noch gelegentlich zu Besuch
ins „Stadtnest“. Vielleicht besteht ja bei ihnen eine Affinität zu
einem weicheren Untergrund als Schlafstelle. |
02. Aug. 03 |
Man trägt schneeweiß! Die enorme Hitze, die seit Tagen
schon wieder das Land überzieht, ist bereits am Aussehen unserer
sechs Störche ablesbar und absehbar. Von roten, braunen oder
schwarzen Beinen ist nichts mehr übrig, sondern der der
Wärmeregulation und damit dem Schwitzen dienende weiße Spezialkot
hat alle Beine mit einer deutlich sichtbaren Schicht überzogen. Und
selbst das Nest leuchtet in seinen Randbereichen weiß, weißer geht’s
nicht. Um 8:57 Uhr, ich habe heute wegen der Ferien etwas
länger geschlafen, drehte bei meinem ersten Blick zum Storchennest,
gerade Felix eine Runde und erschien nach wenigen Sekunden abermals
bei seinen Geschwistern. Um 9:34 Uhr ereignete sich ein weiterer
Abflug, mit dem Ergebnis, dass erneut nur drei Störche das
Nest bevölkern. Um 10:07 Uhr bringt eine weitere Zähleinlage
nur noch 2 Junge zum Vorschein.

Wo sind Felix und Lore abgeblieben?
Doch Lore stellt sich bis 10:10 Uhr abermals am Nest ein und nur
Felix bliebt weiter draußen auf der Spielwiese. Doch dann – kurz
nach Mittag – ereignete sich Neues. Ein Blick zum Nest machte
deutlich: Da war es nur noch einer!

Alle haben mich verlassen!
Benjamin musste seinen drei Geschwistern den Vortritt lassen und
stand schließlich recht „betröppelt“ und reichlich allein in der
Gegend herum. Nach Felix und Lore, hatte sich endlich auch die
Nummer 3 – Luise – auf die Socken gemacht und war
zu einem Ausflug gestartet. Da sie am Montag, den 26. Mai aus
dem Ei geschlüpft war, passierte ihr erster Abflug genau
am 68. Lebenstag. Dieser Wert liegt an der oberen Grenze der
allgemein genannten Nestlingsdauer, aber bei vier Jungen dauert
die Aufzucht eben länger als wenn nur ein Junges zu
versorgen gewesen wäre. Uns kann es egal sein, denn nun bleibt es
Benjamin vorbehalten, in den nächsten Tagen seinen Geschwistern zu
folgen. Um 12:36 Uhr tat sich Neues: Plötzlich stand Georg etwas
irritiert bei Benjamin im Nest und fand die neue Situation gar nicht
lustig.

Was ist den hier los?
Nur noch unser Junior ist da!
Doch schnell fand er die ihm vertraute Umgebung wieder vor, denn
innerhalb von einer Minute landete auch Lore
und Luise im Nest.

Jetzt lohnt sich die Fütterung wieder!
Sie waren Papa offenbar bei dessen Abflug von der Wiese
gefolgt und erhofften sich bei rechtzeitigen Eintreffen
am Horst noch eine Portion Extra-Nahrung. Und so geschah es
auch. Georg würgte die Nahrung aus, die er bereit war, abzugeben.
Lediglich Felix hatte es noch vorgezogen, länger auf Ausflug zu
bleiben und selbst sein Glück als Heuschreckenjäger zu versuchen.
Erst um 13:05 Uhr war die Jungenschar wieder im Nest
vereint.
 |
 |
Wir
melden: Nestbesatzung
komplett angetreten! |
Wir sind
doch
schöne Kerle! |
So oder ähnlich werden sich auch die nächsten Tage
entwickeln.
 |
 |
Wilde Szenen
beim Füttern! Es droht akute Absturzgefahr! |
Die Zeiten, in denen das Nest leer steht, werden
sich verlängern und abends werden wir uns sicher noch zwei
bis drei Wochen an einem „vollen“ Nest erfreuen können. Doch eines
Nachts werden wir feststellen, dass nur noch Georg und Pauline
anwesend sind. Und wieder einige Tage später bleibt das Nest
schließlich gänzlich verwaist. Aber da man bei Störchen mit allem
rechnen muss, kann es ganz anders ausgehen und Ihr Tagebuchschreiber
muss sich revidieren. |
03. Aug. 03 |
Meine Ankündigung im Tagebucheintrag vom
31. Juli zu dem bevorstehenden Treffen einiger
Internetfreunde in Dinkelsbühl hätte nicht treffender sein können,
bewahrheitete sich meine Vorhersage der Ereignisse des
heutigen Tages in fast schon beängstigender Weise. Ich
erhoffte mir für das „Cliquentreffen“ ein Festival der An-
und Abflüge unseres Quartetts und dies trat in einer Art
und Weise ein, die selbst eingefleischte Storchenfans in
Verzückung geraten ließen.

Heute kommen die angekündigten Gäste!
Siehst du sie schon?
Bis in die frühen Nachmittagsstunden hielt
unsere Nestbesatzung den kräftigen Sonnenstrahlen stand und steckte
die Hitzegrade bis 34 Grad im Schatten anstandslos weg. Ihre Blicke
waren ständig auf den Altrathausplatz gerichtet, an dessen Rand im
Biergarten der Gaststätte „Zum Surri“ sich der harte Kern
der User unserer Website bis gegen 13 Uhr versammelt hatte.

Schaut da unten sitzen sie alle!
Aus der Reihe der „Best of“ seien genannt:
Katharina aus Frankfurt, Helga aus Asbach-Bäumenheim mit Moritz,
Elke aus Ellwangen, Elisabeth aus Oberschleißheim mit Mann und Sohn,
Peter aus Neu-Isenburg mit Gemahlin, Ulrich aus
Dinkelsbühl/Taunusstein mit Frau sowie von storch24 Ihr
Tagebuchschreiber.

Links Frans aus Antwerpen mit Frau, gegenüber Peter aus Neu-Isenburg
mit Frau

Von links: Ulrich aus Dinkelsbühl/Taunusstein, Helga aus
Asbach-Bäumenheim, Elke aus Ellwangen, Katharina aus Frankfurt,
Ulrichs Frau aus Dinkelsbühl
Schnell kam man ins Fachsimpeln, viele
Fragen wurden gestellt und viele davon
beantwortet, Privates ausgetauscht und Beziehungen hergestellt.
Ein bereit gestelltes Spektiv ließ uns die Jungen
immer ganz nah erscheinen, auch wenn man sie mit bloßem Auge
von unserem Rastplatz sehen konnte. Leider konnte nur Felix
seinen Ring in sauberem Zustand zur Schau stellen, so
dass A 1995 mit dem Spektiv formatfüllend erkannt und von
allen einwandfrei abgelesen werden konnte.

Der Mann am Spektiv von der Hitze erledigt!
Die anderen Ringe waren doch mehr
oder weniger intensiv vom der Kühlung dienenden Kot überzogen,
der entgegen der Voraussagen ein Ablesen nicht erlaubte. Es muss
wohl so gegen 14 Uhr gewesen sein –Ihr Tagebuchschreiber ließ
immer ein Auge über das Nest gleiten – als wir vom Kirchhöflein aus
(einem schattigen Platz hinter der Georgskirche mit Blick zum Nest)
das Quartett reichlich unruhig und quietschend erlebten.
Einige Sekunden später stand Pauline im Nest und ließ
sich zu einer langen Fütterung hinreißen. Dabei war gut
erkennbar, dass Hunderte von Insekten (meist Heuschrecken)
ihrem Schnabel entglitten. Unmittelbar darauf verzog
sich die fleißige Pauline und stand eine ganze Weile
auf dem Kamin unmittelbar neben der Webcam.

Fütterung!
Drehte vorher schon einer der Jungen eine
Ehrenrunde um das alte Rathaus, um gleich darauf wieder im Nest zu
landen, erfasste plötzlich alle Junge eine große Unruhe
und alle Vier – ich wiederhole a l l e – verließen ihr
sicheres Nest wie an einer langen Perlenschnur aufgereiht
innerhalb weniger Sekunden. Dass sich der erste Abflug des
gesamten Quartetts ausgerechnet an diesem „besonderen Tag“
ereignete und sich damit das Nest zum ersten Mal seit Mitte April
in einem jungfräulichen Zustand präsentierte, muss als
besonders gutes Omen betrachtet werden.

Ausgeflogen!
Im weiteren Verlauf des Nachmittages gelangen
weitere eindrucksvolle Beobachtungen um das Nest. Glückte eine
Landung am Nest nicht auf Anhieb, wurde durchgestartet und ein
zweiter Versuch folgte. Hatte man sich total verschätzt,
nahmen die Jungen auch mit einer Zwischenlandung an
anderer Stelle vorlieb. So wurde während unserer Anwesenheit einmal
das Wörnitztor der Stadt als Aussichts- und
Zwischenlandeplatz gewählt.

Jungstorch auf dem Wörnitztor
Nach einigen Minuten auf dem Dachfirst des
Tores wechselte – es war nicht Felix – der betreffende Jungstorch
auf die dort angebrachte Sirene, ehe Er oder Sie anschließend das
Nest erfolgreich ansteuerte. Bei allen Flügen über dem Nest
und über der Stadt hatte man nie den Eindruck, dass einer der
Jungen unsicher wirkte oder bald mit einer Bruchlandung
zu rechnen sei. Alles wirkte sehr kontrolliert und sehr
routiniert. Man verlässt das Nest eben nur, wenn man vollkommen
flugtauglich ist. Als am Nachmittag auch Georg das zweite Mal zur
Fütterung erschien, kam es entgegen den Erwartungen nicht zu einer
Fütterung, sondern Georg begann kräftig zu klappern
und wild mit den Flügeln zu schlagen: Luftalarm! Ein
Blick in den Himmel offenbarte – wie angekündigt – zwei
Fremdstörche. Zuerst niedrig kreisend schraubten sie sich immer
höher in den stahlblauen, von keiner Wolke getrübten Himmel. Georg
war inzwischen seinen hungrigen Jungen entflohen und hatte auf dem
schon häufig erwähnten Kamin neben der Kamera Position
bezogen.
 |
 |
Georg zeigt
Abwehrverhalten, das
Jungvolk beobachtet! |
Abgewehrt!
Georg,
Kamera, Quartett! |
Das Klappern hatte er noch nicht ganz
eingestellt, da tauchte niedrig, eine enge Kurve hinter dem Nest
ziehend einer der Fremdstörche auf. Georg zeigte die gesamte Palette
seines Drohverhaltens, der Fremde hegte keine ernsten
Absichten und landete auf dem mächtigen Dach der
Georgskirche. Ein Blick durchs Spektiv wies den Fremden
als unberingten Altvogel aus, der nach wenigen Minuten
stadteinwärts über den Dächern der Altstadt entschwand. Georgs
Schuldigkeit war ebenfalls getan und er verzog sich in Richtung
Süden zu seinen Jagdgründen. Zwischendurch stand unser Quartett
zur Abwechslung am äußersten Nestrand und schaute unentwegt
zu uns in den Biergarten herab. Die Zeit des Abschiednehmens
rückte immer näher und so verschwand ein Gast nach dem anderen,
so wie sich auch Felix, Lore, Luise und Benjamin immer wieder in die
Lüfte aufschwangen und zu Rundflügen vom Nest abhoben. Zum Schluss
verabschiedete sich Ihr Tagebuchschreiber von Katharina,
deren Bus sie zunächst nach Ansbach bringen sollte.

Das Wörnitztor entlässt die Gäste der Stadt

Wer wollte da nicht zum Abschluss ins Wörnitzstrandbad?
Elisabeth mit Mann und Sohn taten es!
Die Bilder, die das Geschehen des
heutigen Tages in eindrucksvoller Weise ausschmücken wurden mir
dankenswerter Weise von Elke und Katharina (hier
geht es zu Katharinas Bildbericht) zur Verfügung gestellt.
Zum Übernachten – und so wird es noch
eine ganze Weile bleiben - traf man sich wieder im Nest und
verbrachte eine warme Nacht, die eine Abkühlung auf gerade mal 20
Grad brachte. Rüsten wir uns morgen für die nächste Hitzeschlacht.

Es ist immer noch nicht wesentlich kühler! |
04. Aug. 03 |
An den morgendlichen Anblick muss ich
mich erst gewöhnen! Ein leeres Nest! Wer sich über die
Farbe des Nestinneren Gedanken machte, sei beruhigt! Es gab schon
seit einigen Monaten keinen Schneefall in Dinkelsbühl. Also kann es
sich bei den weißen Stellen nicht um diese Form des Niederschlags
handeln. Stellen Sie sich den Nestboden wie mit einer Schicht
Pergament überzogen vor. Diese Schicht fühlt sich auch so ähnlich
an, wenn man darüber streicht. Wenn man drückt, bekommt sie Sprünge.
Erdige Substanzen (das Nistmaterial entwickelt sich im Laufe der
Nestlingszeit zu perfektem Humus) wird durch die Aktivität der
Jungen stark verdichtet, durch die Trockenheit sehr stark
entwässert, so dass wir am Schluss einen zarten und dünnen Film aus
Ton in der Nestmulde vorfinden. In der gleißenden Sonne der letzten
beiden Wochen spiegelt diese Schicht so stark, dass es den Anschein
hat, es würde frischer Schnee im Nest liegen.

Verschneites Nest?
Wie viele Tage saß ich seit April vor dem
Monitor meines häuslichen Computers? Wie viele Tage verbrachte ich
seither vor Ort, um durch direkte Beobachtungen das Geschehen um die
Webcam noch transparenter zu machen? Von anderen Aktivitäten um das
„Thema Storch“ ganz zu schweigen. Dafür möchte ich auch von
dieser Stelle meiner Familie wieder einmal ganz
herzlich danken. Seit zwei Jahren verzichte ich –
und die Storchenkamera trägt daran die Hauptschuld – auf
jeglichen Urlaub. Dieses „Fehlverhalten“ meinerseits wird wohl
nicht von jeder Familie so klaglos hingenommen wie in meinem Fall.
Als vor kurzem meine Tochter zufällig einige
Gästebucheinträge mit zum Teil beleidigenden Äußerungen
gegen meine Person las – sie wusste von den Angriffen vorher noch
nichts – reagierte sie ziemlich ungehalten. „Wie kannst du
dir das gefallen lassen? Du machst den Scheiß und opferst deine
gesamte Freizeit! Für wen denn? Ich würde keine Zeile mehr schreiben
und meine Mitarbeit sofort aufkündigen.“ Da ich aber weiß, dass es
sich lediglich um etwa 5 Personen handelt, die sich die Mühe
machen, sich im Gästebuch auf peinliche Weise bloß zu stellen, wäre
es den anderen 500.000 gegenüber nicht fair, alles hin zu
werfen. Dass meine Haltung in Sachen Storchenschutz
genau der Haltung der großen Naturschutzverbände Deutschlands
entspricht, muss ich nicht besonders erwähnen. Deshalb dürfen ja
alle, die diese Meinungen nicht teilen wollen, diesen Verbänden den
Rücken kehren und eigene Vereine ins Leben rufen. Nichts ist in
Deutschland einfacher als einen Verein zu gründen und sei es einer,
der sich der Natur verschrieben hat. Ich schreibe – und dies
habe ich bereits erwähnt – mein Tagebuch weiter. Ich werde
weiter m e i n e Meinung sagen, wenn i c h es für
nötig halte. Niemand muss es lesen! Wie oft wurde im
Gästebuchbuch auf die freie Meinungsäußerung hingewiesen. Da gebe
ich manchem „Tiefschläger“ ausnahmsweise mal Recht. Wer sich aber
komplett daneben benimmt, fliegt dennoch raus!
Das bestimmen wir! Mein Tipp: Seid Gäste im Gästebuch! Wer dies
nicht akzeptieren kann, wird nicht mehr eingeladen.
Ein leeres Storchennest wird uns in den
nächsten Tagen noch häufiger begleiten, doch langweilig
wird es dennoch nicht. Einen Großteil des Tages gibt es auch
nach dem Ausfliegen der Jungen Leben im Nest. Mal sieht man
vier, dann drei, zwei, einen oder keinen mehr im Nest. Dann taucht
plötzlich Georg, dann wieder Pauline auf. Ein Kommen und Gehen ist
also garantiert und sollte das Beobachten sogar noch versüßen
helfen.
 |
 |
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Erst
eins...
|
...dann
zwei... |
...dann
vier! |
Wenn sich ein vorher verwaistes Nest plötzlich
im Sekundentakt wieder mit Leben füllt und alle Viere ihre Rückkehr
anmelden, dauert es meist nur kurze Zeit, bis Er oder Sie folgen und
Futter ins Nest würgen.
 |
 |
Hier gebe
ich viel lieber
mein Futter ab als draußen! |
Jetzt könnt
ihr mir ja
wieder folgen, Kinder! |
Dass die Altstörche dies lieber im Nest
erledigen, scheint beim Abflug aus dem Nahrungsgebiet für alle
Beteiligten schon fest zu stehen. Nach einer Verständigungsprozedur
fliegen die Jungen dann schon mal voraus und Papa oder Mama folgen
mit einem gewissen Respektabstand. Gut erzogen!, muss ich da
schon sagen. Ich kenne Beobachtungen an anderen Nestern, bei denen
sich der Nachwuchs alles andere als anständig verhielt. Da wurden
die Eltern im Nahrungsgebiet direkt so sehr attackiert
und um Futter angebettelt, dass den Altvögeln nichts anderes
übrig blieb, als an Ort und Stelle in die Wiese zu erbrechen. Bevor
sich jemand Gedanken um die Störche wegen der großen Hitze
macht – Sonnenschirm über dem Nest, Einbau einer Klimaanlage,
Berieselungsanlage, Schälchen mit angewärmtem Wasser ins Nest
stellen (nach Kenntnis einiger Veröffentlichungen ist man
möglicherweise bald auch davor nicht mehr sicher!) – kann ich
ihn beruhigen. Alt und Jung ist den hohen Temperaturen voll
und ganz gewachsen! Was sollte Meister Adebar denn dann mit sich und
seinen Jungen anfangen, wenn er sogar im Süden Marokkos seine Nester
baut und brütet? Würde er dann nicht auch lieber im Norden Norwegens
überwintern als im heißen Afrika? Aber ich verstehe die, die so
denken. Man greift ja auch ein, wenn es regnet oder kalt ist
(Gummiwärmflasche, Föhn). Da darf man doch schließlich auch bei
Hitze in Sorge geraten. Vielleicht erleben wir schon bald auch
Vorschläge zur Hilfe bei dieser ausgesprochenen Ausnahmesituation in
deutschen Landen (Naturschützer retten durstige Storchenjunge!
Wasser ins Nest gebracht!). Wer sich jetzt verwundert die Augen
reibt, möge sich nur an Folgendes erinnern. Da hat irgend jemand
festgestellt, dass die Störche Hunger haben: Dann wird gefüttert!
Wenn sie frieren: Dann wird gewärmt! Wenn sie nass sind: Dann wird
getrocknet! Wenn sie durstig sind: Dann wird getränkt! Was ist
daran so abwegig? Georg nutzte am Vormittag die auch für ihn
neue Situation eines leeren Storchennestes und machte es
sich für längere Zeit solo darin gemütlich.

Georg seit langem einmal solo!
Doch bald herrschte wieder Ordnung und er
musste seiner vierköpfigen Kinderschar weichen. Eines der
flugfähigen Kinder zog es vor, die Welt zwar außerhalb des Nestes,
aber nur wenig davon entfernt auf dem Dachfirst des Nestgebäudes zu
betrachten.

Ein Junges auf Abwegen! Kopf bitte einziehen! |
05. Aug. 03 |
Auch heute kletterte die
Quecksilbersäule auf über 36 Grad im Schatten. Was sich
wie ein seltener Temperaturwert anhört, ist schon seit vielen Tagen
Normalität. Die Wetterprognosen für die nächsten Tage versprechen in
dieser Hinsicht keine Verbesserung der Situation. Die Störche
ertragen dies ohne erkennbare Beeinträchtigung, sind sie doch Tiere,
die Temperaturen von weit unter Null bis 50 oder 60 Grad über Null
bestens angepasst sind. Dabei ist eine einzige Bedingung nötig: Es
müssen Nahrung und Wasser im Lebensraums des Vogels vorhanden sein.
Das Nest bot einen weiteren heißen Tag ständig ein neues Bild. Ganz
egal, wann man einen Blick durch das Kameraauge riskierte, boten
sich zwischen einem leeren Nest und fünf Störchen alle Varianten.
 |
 |
Leeres
Nest: Wert Null |
Fünf Köpfe
im Nest: Wert 5 |
Der Wert eins zeigte sich, wenn lediglich ein
Jungstorch oder – wie schon gestern – Georg im Nest Posten bezogen
hatte. Bei fünf wurde der Höchstwert erreicht und dies bedeutete,
dass entweder Georg oder Pauline ihre Futterrationen vorbei
brachten. Thema mit Variationen:
 |
 |
Georg
alleine, |
ein Junges, |
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zwei
Junge, |
drittes Junge im Anflug, |
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drei
Junge, |
vier
Junge. |
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06. Aug. 03 |
Hitze und kein Ende! Erneut kletterte die
Quecksilbersäule am Nachmittag auf über 35 Grad im Schatten. Die
Anwesenheiten der Jungen am Nest sind nach wie vor überaus
ausgedehnt und dauern wesentlich länger als die Zeiten der
Abwesenheit. Fütterungen im Nest gehören weiter zu den regelmäßigen
Aufgaben der Eltern, die diese mit hoher Intensität erfüllen. Die
nachfolgenden Schnappschüsse sollen das Geschriebene noch ein wenig
transparenter erscheinen lassen.
 |
 |
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Georg
allein
zu Haus! |
Gedränge im Nest! Nr. 4
setzt zur Landung an! |
...und gemeinsam wartet
man auf Futter! |
 |
 |
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Da
kommt es schon! |
Mitkommen! Wir fliegen
Papa schnell hinterher! |
Machen wir! |
 |
Ab geht die Post! |
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07. Aug. 03 |
Zum gestern Gesagten gibt es kaum Weiteres
anzumerken. Das Quartett ist nach wie vor wohlauf und hat die ersten
Ausflüge unbeschadet überstanden. Hoffen wir, dass es auch bis zum
Abflug und danach so bleibt. Leider gibt es auch bei uns und nicht
nur im Erlanger Stadtgebiet Todesopfer unter den Jungstörchen zu
beklagen. Diese Fälle haben nun aber wahrlich nichts mit der
unterschiedlichen Haltung in Sachen Storchenschutz zu tun. Sie
sollen uns vielmehr noch stärker als bereits geschehen dazu
veranlassen, auf alle Energieversorger (auch die Stadtwerke sind
davon betroffen!) in sachlicher Weise zuzugehen und für Abhilfe zu
sorgen. Wer dazu Fragen hat, kann auf unsere reichhaltigen
Erfahrungen zurückgreifen. Erste Tipps finden Sie auf unserer
Homepage unter dem Link „Stromtod“. Bayernweit hat sich der Raum um
das Storchennest Dinkelsbühl zu einem Vorzeigegebiet entwickelt,
dessen Modellcharakter Schule machen sollte. Verluste werden sich
dadurch aber nie ganz ausschließen lassen und werden sich so lange
ereignen, bis Energie anders übertragen wird als über Freileitungen.
Dennoch gibt es noch viel zu tun. Wie Sie sicher wissen, machen
Verluste an Freileitungen auch nicht an Ländergrenzen Halt, sondern
verstärken sich zum Beispiel in Frankreich und Spanien um ein
Vielfaches. Von meinen 46 in diesem Jahr beringten Jungstörchen
leben meines Wissens bis zum heutigen Tag nur noch 43. Ein
Jungstorch aus Oettingen rutschte aus unbekannten Gründen (Windbö?)
vor dem Ausfliegen über das Dach des Nestgebäudes und blieb mit
gebrochenen Beinen im Schneefanggitter hängen. Er wurde geborgen und
eingeschläfert. Ein ähnliches Schicksal ereilte ein Junges aus dem
Nest in Westheim. Dort hatte die erste Brut überhaupt heuer
stattgefunden. Nach den ersten Ausflügen landete der Unglückliche
auf dem Dachfirst des Nestgebäudes, fand nicht gleich Halt, rutschte
ein Stück das Dach hinunter und blieb zwischen Dachziegeln und der
dort angebrachten Solaranlage hängen. Auch in diesem Fall brachen
die Beine. Ein Tierarzt erlöste ihn von seinem Leid. Der dritte
Todesfall betraf einen Jungstorch aus Trommetsheim. Er wurde tot in
den Altmühlwiesen entdeckt. Die Fundumstände deuten in diesem Fall
auf Stromtod oder Leitungsanflug hin.
Alle vier
komplett angetreten... |
 |
 |
...am
Morgen... |
...am Mittag... |
 |
 |
...am Abend... |
...und in der
Nacht |
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08. Aug. 03 |
Auf den Spuren von Felix, Lore, Luise und Benjamin! Während am
späten Vormittag das Nest einmal verwaist war, brach ich mit dem
Auto auf, um die Familie im Nahrungsgebiet zu suchen. Die Suche
dauerte nicht sehr lange. Ich fand fünf von sechs
Familienmitgliedern dort vor, wo ich sie auch schon früher
regelmäßig feststellen konnte und wo auch vor zwei Jahren die
Storchenfamilie ihre Nahrung bezog. In Sichtweite zum Nest, weniger
als einen Kilometer von ihm entfernt, bei der Südumgehung im „Brühl“
gingen Pauline und ihre Vierlinge mehrere Hundert Meter voneinander
entfernt der Nahrungssuche nach. Derweil grüßte Papa Georg vom Nest
auf dem Dach des alten Rathauses. Der kleine Wetterbericht für die
Neugierigen: Die Höchsttemperatur für Dinkelsbühl lag erneut über 35
Grad.
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Morgentoilette |
Fütterung durch Georg |
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Georg allein |
Alle gesund und munter |
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Abendliche Ruhephase |
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09. Aug. 03 |
Über 35 Grad! Für unsere Vier nach wie
vor kein Problem! Denn der Storch als Vogel hat gegenüber
einer Pflanze den großen Vorteil, sich bei nicht passenden
Lebensbedingungen aus dem Staube zu machen. Deshalb hat sich
beispielsweise der Vogelzug entwickelt und deshalb gibt es nur in
ganz bestimmten Lebensräumen Störche. Verändert sich der Lebensraum
zu ihren Ungunsten, verschwinden sie oder im umgekehrten Fall
erscheinen sie wieder. Deshalb muss Natur- und Storchenschutz
hier ansetzen.
Meine Feuchtwanger Störche übernachten
nach wie vor im Industriegelände der Stadt. Weshalb sie ihr
neues Nest auf dem Rathauskamin in der Stadtmitte nicht mehr
anfliegen, weiß ich nicht. Die Schopflocher Jungstörche –
ebenfalls eine höchst erfreuliche Premiere des Jahres 2003 – stehen
vor dem Ausfliegen und sind damit die ersten, die in
der Geschichte des Marktes hier geboren wurden. Die
Mosbacher Jungen sind seit knapp einer Woche abgereist,
ihre Eltern halten noch Kontakt zum Ort und zur kleinen
Wörnitzgemeinde.
Benjamin, Luise, Lore und Felix gefällt
es nach wie vor im Nest und seiner Umgebung. Wir durften sie
auch heute wieder live und in voller Größe bewundern und genießen.

Angestrahlt!
Dass die Morgensonne auch durchaus ihre
schönen Seiten aufzuweisen hat, kann nicht verleugnet werden,
wenn auch der Rest des Tages in puncto Sonnenschein alle Dimensionen
sprengte. Doch bald hatten unsere Erstflieger genug Sonne im Nest
getankt und suchten Entspannung im „Brühl“. Aber sie kamen
nur vom Regen in die Traufe, denn auch dort hatte es in der
Sonne deutlich über 40 Grad.

Auf ins „Brühl“! Dort soll es kühler sein!
Pauline als
Solistin im Nest zu erleben, gehört seit dem Flügge-Werden ihres
Nachwuchses zu den seltenen Ereignissen. Deshalb freute ich
mich ganz besonders, dass sie, die die Hauptlast der Aufzucht der
Jungen trug, sich endlich einmal von ihren Kindern losreißen konnte
und wenigstens für einige Minuten keine hungrigen Schnäbel zu
stopfen hatte oder ständig angebettelt wurde. Gegessen wurde –
soweit noch nötig – zu Hause. In dieser Beziehung herrscht in der
Storchenfamilie also Ordnung. Wer Hunger hat, findet sich im Nest
ein und solches geschieht nach wie vor mehrmals täglich.

Antreten zum Essen-Fassen!
Mit Sinken der Sonne kehren die
Jungen bis zu ihrem Abflug aus Dinkelsbühl ins Nest zurück Will
jemand sicher gehen, ob die Jungen noch da sind,
sollte er vor Einbruch der Nacht diese Website anwählen.
Er erhält dann binnen Sekunden Gewissheit. Ich denke, dass wir auf
jeden Fall noch bis Ende nächster Woche mit unserem Quartett rechnen
können, ehe sie ihre Brutheimat verlassen.

Abendlicher Appell am Nest! |
10. Aug. 03 |
Während Mutter Pauline mit ihrer Kinderschar im
Nahrungsgebiet weilte, entspannte sich Papa Georg allein im
Nest.

Ich kann es mir leisten!
Pauline ist ja bei unseren Kindern!
Dieses Verhalten der Eltern zeigt allein
durch die Beobachtung des mehr oder weniger leeren Nestes, dass noch
zumindest ein Elternvogel bei den Jungen bleibt, wenn diese
außer Haus sind. Dies dient weniger zum Schutz der
Jungen vor möglichen Feinden, sondern die Jungen sollen vielmehr
durch das elterliche Vorbild in ein lukratives
Nahrungsgebiet geleitet und bei der Nahrungssuche dadurch
Unterstützung erfahren. Wer von den kleinen Gelegenheit hat,
die Eltern bei der Futtersuche zu beobachten, kann sich die eine
oder andere Technik regelrecht „abschauen“. Anschließend erfolgt die
„Learning-By-Doing-Phase und innerhalb weniger Wochen mausern
sich ungeschickte Jäger zu perfekten und sind dann fit für das
richtige Leben, das spätestens nach dem Verlassen Dinkelsbühls
einsetzt. Wenn der Nachwuchs am Nest auftaucht, suchen die Eltern
schnell das Weite und lassen sich nicht zusammen mit den Gierigen im
Nest erwischen. Nur wenn Futter im Spiel ist, verweilen die Eltern
für kurze Momente.

Papa ist aber schnell verduftet!
Wo sich unsere vier
Glücklichen auch aufhalten, Schatten gibt es nur ganz spärlich. Und
wie man sich im Nest auch dreht und wendet, es bleiben von vorne und
von hinten jeweils satte 36 Grad im Schatten, weit über 40 im Nest.
Wie ist die Hitze besser auszuhalten? |
 |
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So? |
Oder
so? |
Nach südländischem Brauch – und in einigen Wochen
werden die vier Tapferen es am eigenen Leibe erfahren – wird erst
nach Sonnenuntergang zu Abend gegessen. Georg praktizierte es
auch im Dinkelsbühler Nest wieder in deutlicher Weise. Die Kamerauhr
zeigte genau 21.24 Uhr. Guten Appetit!

Um die Zeit schmeckt es bestimmt besser!
|
11. Aug. 03 |
Seit einigen Tagen laufen die Bilder
unserer Kamera wegen dringend notwendiger Wartungsarbeiten in einem
Zeittakt, der häufig wechselte und zuletzt über drei
Minuten betrug. Das ist für Sie, liebe Seher, zwar schade,
aber leider nicht zu ändern. Nur gut, dass die Jungen schon
ausgeflogen sind und ihre Anwesenheit am Nest nicht mehr die alten
Ausmaße erreicht. Trotzdem gelang Rudi Zellner und Ihrem
Tagebuchschreiber ein Schnappschuss von hohem
Seltenheitswert. Punkt 19.23 Uhr standen sechs
diesjährige Störche im Nest.

Die zweite bayerische Sechserbrut! Wir grüßen Dannberg!
Nun
wissen wir ja längst, dass unser Paar lediglich vier Junge
zu verzeichnen hatte. Woher also diese wundersame
Kindervermehrung? Georg und Pauline konnten nicht die
„Überzähligen“ sein, das war an Hand des Schnappschusses sofort klar
und dass sich beide zu ihren Vierlingen ins Nest stellen sollten,
konnte auch ausgeschlossen werden. Die vorgerückte Tageszeit
ließ vermuten, dass die fremden Störche wohl auch in der
Nacht irgendwo in Dinkelsbühl bleiben würden. So machte
ich mich auf , der Sache nachzugehen und mich nach Dinkelsbühl zu
begeben. Es herrschte reger Flugverkehr um das Nest. Ich
konnte sieben beringte Jungstörche erkennen, doch leider
waren alle Ringe so stark mit Kot überzogen, dass ein
Ablesen der Ringnummer ausgeschlossen erschien. Doch
bei einem Jungen hatte ich Glück. Dieser stand
während der ganzen Zeit im Nest und blieb es als einziger
auch während der Nacht. An einer Stelle seines Ringes war die
Kotschicht abgeplatzt und die Nummer einwandfrei erkennbar. Und zu
meiner Überraschung war es keiner der Dinkelsbühler
Jungen, sondern – die Ringnummer brachte es an den Tag –
ein Jungstorch aus Wassertrüdingen. Dort hatte ich am 20.
Juni ebenfalls vier Junge im Nest beringt. Jetzt stand
einer dieser vier im Dinkelsbühler Storchennest und es
darf mit fast 100%-iger Sicherheit vermutet werden, dass auch
seine Geschwister unter den fremden Störchen waren. Nach Adam
Riese sollten also vier Junge aus Dinkelsbühl plus vier Junge aus
Wassertrüdingen plus zwei (Georg und Pauline) zehn ergeben. Ich sah
bis 21:15 Uhr jedoch nur acht Störche. Kein Grund zur Aufregung! Ein
Wassertrüdinger stand also im Nest, ein zweiter auf dem Dachfirst
und ein dritter auf dem Kamin vor der Webcam. Vier weitere
Jungstörche standen auf dem Dach des Cafes Haagen und Georg wieder
einmal auf dem Dach eines großes Buchhauses. Fehlten noch Pauline
und der achte Jungstorch. Wegen anderer Verpflichtungen konnte ich
nicht die vollkommene Dunkelheit abwarten, zumal wegen des
bevorstehenden Vollmondes auch die Nacht nicht völlig dunkel wurde
und ein Fliegen bei Vollmond immer möglich ist. Bemerkenswert war
allerdings die Tatsache, dass in dieser Nacht erstmals
seit Monaten kein Dinkelsbühler Jungstorch mehr im Nest
stand und es alle vorzogen, auf benachbarten Dächern zu
übernachten. Ich möchte nicht unken, aber dies könnte ein
Verhalten sein, das auf die unmittelbar bevorstehende Abreise
unseres Quartetts hindeutet. In Mosbach vor gut einer Woche
geschah ganz Ähnliches und zwei Tage später waren die Mosbacher
Jungen mit den sie besuchenden Weiltinger Jungen abgezogen. Also
machen Sie sich bereit, es dauert nicht mehr lange, bis
die mehr oder weniger lange Reise beginnt.
 |
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Georg hält
wieder einmal alleine Ausschau! |
Halbes Quartett
erwartet Verpflegung! |
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Vollversammlung! |
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Inzwischen sind weitere
Spenden
eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
|