Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah

Teil 14

27. Jul. 03

 

Heute ist es genau neun Wochen her, seit Benjamin und Lore das Ei verlassen haben und damit das Licht der Welt erblickten. 63 Tage Wachsen und Fressen sind für die beiden Erstgeborenen nun vorbei, ohne dass der erste Ausflug stattgefunden hätte. Was unseren Wonneproppen alles in dieser Brutsaison erspart blieb oder anders ausgedrückt, was unsere „Viererbande“ leider versäumt hat, entnehmen sie bitte beiliegendem Pamphlet eines verdienten und in allen großen Naturschutzverbänden anerkannten, seit über 50 Jahren dort hoch geschätzten Storchenschützers, der uns auch schon einmal auf unserer Website die Ehre gab. Er gehört natürlich seit Jahrzehnten allen wissenschaftlichen Verbänden, Gesellschaften und Organisationen an, die auch nur im Entferntesten mit Natur- und/oder Storchenschutz zu tun haben, ganz im Gegensatz zu Ihrem Tagebuchschreiber, der es bisher nicht einmal zum Mitglied im Bund Naturschutz gebracht hat. Über die Gründe, die zu dieser Nicht-Mitgliedschaft geführt haben, kann nur spekuliert werden, sie dürften aber mit den abstrusen Ansichten Zieglers in Sachen Storchenschutz zusammenhängen. Seit geraumer Zeit kursiert nun ein „Merkblatt zur Weißstorch-Horstbetreuung der Natur- und Umwelthilfe e.V. Erlangen“, zusammengestellt von Michael Zimmermann, auf einer anderen Homepage als der des genannten Vereins. Das ist schade, da man meinen könnte, der Verein für Natur- und Umwelthilfe distanziere sich vielleicht vom Inhalt des Blattes. Nun ist es endlich amtlich, wo in Bezug auf Schutzmaßnahmen der Hammer hängt und jeder, der nur einen Funken für unsere Lieblinge übrig hat, sollte sich jede Zeile der Abhandlung zu Herzen nehmen. Durch die Veröffentlichung im heutigen Tagebucheintrag wird eine nach Tausenden zählende Lesergemeinde  erreicht, die sich  die Anregungen des genannten Storchenvaters an anderer Stelle sonst nie und nimmer zu Gemüte führen könnte. Die Veröffentlichung beweist, dass meine in früheren Einträgen gemachten Einlassungen zur Problematik des Storchenschutzes durch dieses Merkblatt eine Wendung erfahren, die selbst meine kühnsten Befürchtungen bestätigen. Wer Interesse hat, sollte sich die Empfehlungen Zimmermanns für Horstbetreuer nicht entgehen lassen. Ich hoffe und wünsche, dass dieses Merkblatt endlich bayernweit und bundesweit für alle Naturschützer und Naturschutzverbände zu einer verbindlichen Richtlinie erwächst, um den hundertfachen und tausendfachen Storchentod – ja Storchenmord - zu beenden. Als anerkanntes, einflussreiches und sehr geschätztes Mitglied a l l e r Naturschutzorganisationen sollte dies dem Erlanger Storchenvater doch endlich möglichst schnell gelingen.

Wer die Richtlinien gelesen hat, wird sich vielleicht fragen, weshalb es in unserem Nest überhaupt vier Junge gibt? Ich darf  Sie beruhigen! Wir hatten schlicht und einfach Glück! Glück muss der Mensch – der Storch – haben! Hoffen wir, dass die Glückssträhne uns auch weiterhin treu bleibt und nach dem Ausfliegen keine Schreckensmeldungen zu verkünden sein werden. Unser Kleeblatt verabschiedet sich mit einer kleinen Auswahl besonders gelungener Schnappschüsse.

Hier geblieben, Felix! Du kannst
doch noch nicht fliegen!
Schaut! Dort unten läuft gerade wieder
die Kinderlore vorbei

Bild von der offiziellen Seite der Stadt Dinkelsbühl
Eine weitere
Turneinlage!
Wer suchet, der findet! Neuer
Weltrekord im Hochsprung!
Bald ist die Kinderzeche vorbei und dann gibt es nichts mehr zu sehen!
28. Juli. 03

Die Kinderzeche 2003 gehört seit gestern Abend der Vergangenheit an. Nun steigt wieder die Vorfreude auf die „fünfte Jahreszeit“ im nächsten Jahr. Für die Storchenfamilie tritt ab heute wieder der Alltag ein und von ihrem hohen Ausguck aus geraten nun vermehrt Japaner und Amerikaner ins Blickfeld und weniger die schwedischen Soldaten des 30-jährigen Krieges. Lag es vielleicht am lärmenden Umfeld, dass Benjamin & Co. vor einem Ausflug bisher zurückschreckten? Aber eigentlich wäre doch gerade die Unruhe um das Nest ein geeigneter Grund, das Weite zu suchen. Sei´s drum! Auf alle Fälle gefällt es unserem Quartett nach wie vor so gut im Nest, dass noch keiner der Jungen an einen Ausflug gedacht hätte. Auch heute änderte sich an dieser Situation nichts. Ihr Tagebuchschreiber traf sich am Abend noch zu einem Gespräch mit Thomas Joas und Andreas Kamm in Dinkelsbühl über den Fortgang der Übertragung aus dem Storchennest trotz immens gestiegener Kosten. Dabei kam es vor dem Schaufenster der Adler-Apotheke, in dem die Bilder der Videokamera über ein Fernsehgerät für jedermann sichtbar werden, zu einer schönen Begegnung. Ein Ehepaar aus Dänemark schien sich sehr für Nest und Junge zu interessieren. Im anschließenden Gespräch erfuhr man, dass besagtes Paar täglich von Dänemark aus via Internet Anteil am Geschehen in unserem und in anderen Storchennestern nähme. Nun seien sie auf einer Storchenkamera-Reise durch Deutschland und hätten gestern bereits in Vetschau, heute in Höchstadt und nun in Dinkelsbühl Station gemacht. Die schon angesprochene Unterredung im kleinen Kreis über die mit den Bildübertragungen in Zusammenhang stehenden Kosten ergab, dass wir wohl in den saueren Apfel beißen müssen und um eine weitere Zahlung im niedrigen vierstelligen Eurobereich nicht herumkommen. Wir tun dies natürlich in Ihrem Interesse besonders gern, wollen wir doch auf alle Fälle sicher stellen, dass die Bilder mindestens bis zum Abzug aller Störche weiter gesendet werden können. Dass wir uns nicht zuletzt wegen der angesprochenen Kostenexplosion über weitere Spenden sehr freuen, brauche ich – und so weit kenne ich Sie ja mittlerweile – nicht besonders zu erwähnen. Was wäre ein abendlicher Besuch am Storchennest, ohne noch nach Georg & Co. zu sehen. Um 21:35 Uhr erfolgte die wohl letzte Fütterung des Abends. Nachdem Pauline ihren Mageninhalt bei ihren Jungen gelassen hatte, segelte sie schnurstracks über den Ledermarkt und landete auf der Giebelspitze ihres täglichen Übernachtungsplatzes, dem Cafe Haagen gegenüber dem Nestgebäude. Nach unserer Besprechung – es war inzwischen 23 Uhr – sah ich noch einmal die Dächer und Giebel um das alte Rathaus herum ab. Pauline stand nach wie vor auf dem Cafehausdach, während ich von Georg so auf die Schnelle keine Spuren entdecken konnte. Keine Sorge! Er stand irgendwo auf einem Dach, eben nur nicht so, dass ich ihn hätte  noch entdecken können. 

Da war doch grad noch Futter!
Ich glaube, Mama hat nichts mehr für uns!
Bei Sonne und besserer Thermik lohnen sich unsere Leibesübungen
Regenpause!  Lift off!

 

29. Jul. 03

Ein überaus erfreulicher Tag für unser Kameraprojekt und seine Finanzierung stand heute auf dem Programm. Auf Einladung des größten mittelfränkischen Energieversorgers – der N-ERGIE Aktiengesellschaft Nürnberg – fand unterhalb des alten Rathauses zu Dinkelsbühl ein denkwürdiger Pressetermin statt. Aus Anlass einer Scheckübergabe waren mehrere Pressevertreter, ein Kamerateam des Lokalsenders RTL Franken live, ein Reporter des Bayerischen Rundfunks, Abteilung Hörfunk, Vertreter von N-ERGIE, vom Bund Naturschutz sowie Ihr Tagebuchschreiber auf dem Kirchhöflein unterhalb des Nestes erschienen. Ernst Silberhorn, Vogelschutzbeauftragter der N-ERGIE Aktiengesellschaft, begrüßte alle Anwesenden und übergab an die Vertreter der „Storchenkamera“ einen Scheck in Höhe von 2500 €.


Ernst Silberhorn, Thomas Joas, Helmut Altreuther, Thomas Ziegler (v.l.)
bei der Scheckübergabe

Dieser „warme Geldsegen“ kam uns bei der momentan etwas prekären Finanzsituation um die Übertragungskosten gerade recht. Ernst Silberhorn war es vorbehalten, besagten Scheck an den Geschäftsführer der Kreisgruppe Ansbach des BN zu überreichen. Dabei verwies Silberhorn auf das vor zwei Jahren aufgelegte Schutzprogramm seines Konzerns für Großvögel, das ein Gesamtvolumen von 5 Millionen Euro ausweist und jährliche Ausgaben – bei einer 10-jährigen Laufzeit – von 500.000 Euro vorsieht. Schwerpunkte des Arbeitseinsatzes lägen derzeit im Altmühl- und Wörnitztal und sehen die Absicherung aller gefährlichen Strommasten mit Schutzhauben oder Sitzstangen in diesem Gebiet vor. Im Jahre 2003 seien bisher 700 Strommasten vogelsicher umgerüstet worden, weitere 800 werden in diesem Jahr noch folgen, so der Vogelschutzbeauftragte der N-ERGIE in seinem Statement.  Dieses von Seiten des Vogelschutzes und speziell des Storchenschutzes äußerst wichtige Vorgehen wurde durch eine Unterschriftenaktion der Internetgemeinde „Storchennest Dinkelsbühl“ im Jahre 2001 in die Wege geleitet und führte anschließend zu dem Ergebnis, dass sich der Energieversorger schneller als vom Gesetzgeber gefordert, bereit erklärte, für Abhilfe zu sorgen. Diese Art von Kooperation sollte Schule machen für gleichartige Aktionen anderer Energieversorger und Naturschützer. Hier wird die Haupttodesursache von Störchen bekämpft, die hundert Mal mehr Opfer fordert als Bindegarn oder anderer „Müll“ im Nest.

Während der Scheckübergabe hüpfte unsere Viererbande vor lauter Freude, dass man jeden Augenblick hoffen – oder fürchten – konnte, der eine oder andere könne just in diesem Moment das Nest verlassen. Doch auch heute geschah dies noch nicht. Wir müssen weiter warten und zittern, doch lange kann es und wird es nicht mehr dauern, bis unsere Großen flügge werden. Während an anderen Horsten, in denen der reine Tierschutzgedanke im Vordergrund steht und leider der Naturschutzgedanke durch Zufütterungen und andere begleitende Maßnahmen konterkariert wird, ebenfalls nur vier Junge ausfliegen, wissen wir Dinkelsbühler, dass wir in unserer Arbeit an der Schaffung eines artgerechten Lebensraum auf dem richtigen Weg sind und Georg und Pauline auch ohne warmem Eimer (siehe Merkblatt der Natur- und Umwelthilfe Erlangen) in der Lage sind, ihre Brut groß zu ziehen. Der Vorteil der Naturschutzarbeit liegt dabei darin, dass wir nicht nur Freund Adebar unter die Arme greifen, sondern allen Tier- und Pflanzenarten durch einen ungetrübten Blick auf Zusammenhänge in einem Ökosystem helfen. Wenn ruchbar wird, wie die guten Brutergebnisse in einigen Gebieten Bayerns zustande kommen, verliert man bei der Durchsetzung von den Lebensraum betreffenden Maßnahmen bei den Politikern jede Art von Glaubwürdigkeit. Dann heißt es: Was wollen Sie? Die Straße soll nicht durch das Auengebiet geführt werden? Wegen der Störche? Seit Jahren fliegen doch an ihrem Nest vier Junge aus. Da muss der Lebensraum doch bombig sein! Wie? Sie haben dies nur durch Zufütterungen erreicht? Dann macht so weiter. Die Leute wollen doch nur Top-Ergebnisse sehen! Füttert eben noch mehr, wenn Adebar selber nichts mehr findet. Dann ist es doch völlig egal wie der Lebensraum sich weiter entwickelt. Das schaffen wir mit Links. Wir zahlen das billige Futter und dürfen dann zum Dank weitere Eingriffe in den Lebensraum vornehmen. Auf diese Weise lassen sich sogar in einer von Mais-Monokulturen beherrschten Landschaft zahlreiche Storchenpaare ansiedeln und für reichlich Nachwuchs sorgen (z.B. Holzen/Baden-Württemberg). Nichts ist einfacher als Störche zu züchten!! Da sind mir Störche, die selbst ihr Futter suchen können, allemal lieber. Nur sie sind dafür geeignet, als Indikatoren für den Zustand und die biologische Ausstattung eines Lebensraumes zu dienen. Alle anderen Storchenpaare belügen die Arbeit des Naturschutzes und stärken lediglich die Ansichten einer häufig wenig kritischen und mit wenig Naturverständnis ausgestatteten, sicher aber mit besten Absichten agierenden Spezies Mensch, die sich dem Individualschutz oder Tierschutz verschrieben hat.

Bald muss der erste Absprung doch klappen!
   
  Die Unersättlichen!  
30. Jul. 03

Einer hat es heute getan! Um 9 Uhr - wegen der Ferien kann es in nächster Zeit häufiger vorkommen, dass Ihr Schreiber etwas längere im Bett bleibt – standen definitiv nur drei Junge im Nest.


Wo ist Felix? Einer fehlt!

Das bedeutete, dass einer – nennen wir ihn der Einfachheit halber Felix – zu dieser Tageszeit aushäusig war. Es ist also passiert! Am 66. Lebenstag verließ der erste Jungstorch erstmals sein Zuhause. Vielleicht etwas spät, aber dennoch immer noch innerhalb der großen Bandbreite der in der Literatur angegebenen und aus eigenen Beobachtungen ermittelten Angaben zur Nestlingsdauer. Doch als nach einigen Minuten ein vierter Kopf am vorderen Nestrand auftauchte, verschwand und erneut erschien, war schnell klar, dass dieser Erstflug nur ein kleiner Schritt vom Nest war, denn Felix hatte sich den Dachfirst des alten Rathauses als Promenade ausgesucht und war zum Fußgänger mutiert.

Da ist der Schlingel!
Weit ist er nicht gekommen!
Platz! Ich will wieder
zu euch zurück!
Das reicht mir
mal fürs Erste!

Dies sollte aber niemand als Kritik an Felix oder gar als Ängstlichkeit auffassen, sondern lediglich als erste Maßnahme vor weiteren Erkundungen und größeren Expeditionen. Nach diesem Muster verfahren übrigens Jungstörche häufiger, sofern sie einen geeigneten „Gehsteig“ in unmittelbarer Nestnähe zur Verfügung haben. Ich konnte genau die gleiche Situation am Nachmittag bei einer Fahrt an die Altmühl in Altenmuhr beobachten. Auch dort befanden sich vier fast flugfähige Junge im Nest. Einer von ihnen hüpfte auf den Dachfirst und marschierte munter darauf entlang, ehe er sich auf den Nachbarkamin schwang und von dort zu seinen „Nesthocker-Geschwistern“ blickte. Zahlreiche Gästebucheinträge belegten an diesem Mittwoch, dass immer wieder unser Nest nur von drei Störchen besetzt  und einer zumindest für Minuten auf Ausflug war. Mit großer Sicherheit war es Felix, der dies als erster bewerkstelligte. Seine drei Geschwister werden in Kürze folgen. Also weiterhin gut aufpassen und alle Beobachtungen fleißig protokollieren und am besten im Gästebuch für uns lesbar machen. Man darf gespannt sein, wie sich in den nächsten Tagen die Dinge entwickeln werden. Eines steht allerdings jetzt schon fest: Es wird unheimlich aufregend und spannend! Genießen Sie deshalb die einmaligen Beobachtungen an unserem Nest! Sie werden Ähnliches in diesem Jahr weltweit nirgends mehr geboten bekommen! Ausflug von vier Jungstörchen in bester Qualität, vor prächtiger Kulisse und das alles live und kostenlos! Wer da nicht zugreift, ist selber Schuld.

Ich möchte auch so fliegen wie Felix! Fertig machen zum Futterfassen!

Von den Mosbacher Störchen – 10 km wörnitzaufwärts von Dinkelsbühl aus gesehen – habe ich in der Vergangenheit immer wieder berichtet. Drei Junge sind dort vor etwa drei Wochen ausgeflogen. Zusammen mit ihren Eltern ergibt das eine Zahl von 5 Störchen. Doch als ich heute Abend im Gebiet weilte, hielten sich zwischen dem Ort und Reichenbach 8 Störche auf. Als schlaues Kerlchen kam ich schnell zu dem Schluss, dass sich hier drei Fremde eingeschlichen hatten. Da diese ebenfalls – wie die Mosbacher Jungen – schwarze ELSA-Kennringe trugen, konnten sie ja sogar von mir in einem der Nachbarnnester beringt worden sein. Da die Dämmerung hereinbrach und leichter Regen einsetzte, kam bald Bewegung in den Trupp und alle flogen Richtung Mosbach. Nun setzte ein reger Pendelverkehr ein. Als Ruheplatz dienten der Kirchturm sowie das Dach des Kirchenschiffes. Maximal sieben Störche standen aufgereiht wie die Perlen einer Kette auf dem First des Daches. Doch immer wieder herrschte Unruhe unter den Störchen, so dass ein stetiges Kommen und Gehen zu beobachten war. Zwischendurch bezogen die Störche auch weitere Gebäude des Ortes als kurzes Standquartier und auch das Nest bot logischerweise Platz für den einen oder anderen Jungen. Nach einer knappen halben Stunde waren alle Ringe abgelesen und eine schöne Story an den Tag gebracht, die nur durch die Beringung eine Enthüllung erfuhr. Neben dem beringten Mosbacher Storchenweibchen und dem unberingten Männchen gehörten die drei Mosbacher Jungen sowie drei weitere Jungstörche dem Trupp an. Bei der Ablesung der Nummern fiel auf, dass sie in der numerischen Reihenfolge den Mosbacher Jungen folgten. Zu Hause war das Rätsel schnell gelöst. Die Fremden rekrutierten sich aus der Nestbesatzung des Weiltinger Storchennestes. Dort waren am selben Tag wie in Mosbach – nur eine gute Stunde später - die drei Jungen von mir beringt worden. Nun waren die sechs vereint, wobei die Weiltinger Jungen ungehindert im Mosbacher Nest landeten und wieder abflogen. Sie hatten einen Ausflug von 20 Kilometern unternommen und blieben auch während der Nacht eine knappe Flugstunde von ihrem Heimatnest entfernt. Wie Anwohner berichteten, dauert diese Besuchsphase schon einige Tage und brachte einmal schon 11 Übernachtungsgäste zum Vorschein. Ich werde diese Entwicklung im Auge behalten, liefert sie doch interessante Details aus dem Storchenleben, die nicht so leicht nachzuweisen sind.  

31. Jul. 03

Flugwetter über und um das Storchennest! Es blieb den ganzen Tag über bei mehr oder weniger kürzeren Ausflügen eines Mitgliedes der Nestbesatzung. Felix bewies seinen Geschwistern während des gesamten Tages immer mal seine Flugfähigkeit. Auch wenn er zwischendurch vom Dachfirst grüßte, so steht fest, dass ihn seine Ausflüge auch in die nähere Umgebung führten. Beweise für diese Annahme liegen mir allerdings nicht vor.(

Abgerückt! Felix auf dem Dachfirst!  Da probier ich es doch auch einmal! Flugpause!

Ich bin ja selbst gespannt, ob zu unserem Freundestreffen am kommenden Sonntag in Dinkelsbühl beim Surri schräg gegenüber des alten Rathauses nicht ein Festival an An- und Abflügen von vier Jungen zu bestaunen sein wird. Auf alle Fälle ist Nestblick garantiert und Ihr Tagebuchschreiber wird sich selbstverständlich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, alle begrüßen zu dürfen.


 

 
Höhenflüge!

Ein wenig verstehe ich die, die tatenlos und ahnungslos von zu Hause zuschauen und ihren Frust durch  beschämend destruktive und unqualifizierte Äußerungen abbauen müssen. Werden Sie einfach auch auf dem Gebiet des Naturschutzes tätig, dann löst sich die Verkrampfung schnell und Kräfte können gebündelt in sinnvoller Weise zum Einsatz gebracht werden. Melden Sie sich bei einer Naturschutzorganisation in ihrer Nähe und Sie haben auch in der storchenlosen Zeit eine Menge Gelegenheit, ihre Kenntnisse einzubringen und in der Diskussion mit Gleichgesinnten ihr Wissen zu vertiefen. Stellen Sie dort die unterschiedlichen Auffassungen über Natur- und Storchenschutz zur Diskussion und stellen Sie sich auch anderen Meinungen.

Gelandet! Auf dem Absprung! In gespannter Erwartung!

Sie werden danach feststellen, dass auch dort, wo nicht in jedem Nest fünf Junge zum Ausfliegen gebracht werden, nette und liebe Menschen wohnen, die Ihre gesamte Freizeit und noch viel mehr für das Überleben der Störche einsetzen. Mit den Ausflugquoten ist das nämlich so eine Sache! Wenn ein erwachsener Brutstorch, z.B. am Nest in Erlangen, seinen Storchenvater nach der Ankunft flügelschlagend begrüßt – das ist mir Gott sei Dank noch nicht passiert – und dieser ihm zur Begrüßung feinen Fisch reicht, ist etwas faul im Staate Dänemark. Eine so enge Beziehung zwischen Mensch und Tier kennen wir doch sonst nur von Haustieren! Sieht ein Haushund ein bekanntes Gesicht mit gutem „Fressi“, kommt er schwanzwedelnd auf die Person zu, eine Hauskatze verhält sich nicht anders, ein Schwein grunzt und stupst den Bauern gegen die Hand, ein Pferd lässt sich die ihm gereichte Möhre gut schmecken und belohnt den Spender mit einem fröhlichen Wiehern. Läuft ein Storch auf einen Menschen zu und bettelt ihn um Futter an, dann fühlt man sich eher an Franz von Assisi erinnert. Gibt es noch lebende Personen mit solch heilig machenden Gaben? Ich denke nicht. Die einzige Erklärung, die ich finde: Es war kein Weißstorch, der dies tat, sondern ein Hausstorch. Alle Störche, die ich kenne, fliegen auf, wenn ich ihre Fluchtdistanz unterschreite. Diese Distanz ist unterschiedlich groß, je nachdem, ob ich auf dem Traktor sitze oder zu Fuß unterwegs bin und um Futter hat mich in 35 Jahren noch kein einziger Storch angebettelt. Prof. Dr. Antal Festetics, ein namhafter Biologe und Ornithologe, hat einmal den Begriff der Verhausschweinung von Wildtieren geprägt und damit einen Begriff geschaffen, der schon vor Jahrzehnten in die biologische Fachterminologie eingegangen ist. Leider kann sich nicht Ihr Tagebuchschreiber als der „Erfinder“ dieses prägnanten, den Kern des Problems treffenden Vergleiches feiern lassen, aber an seiner Verwendung gibt es dennoch nichts auszusetzen.  Also, Vorsicht bei allen Erfolgsquoten! Hier handelt es sich vielfach um so genannte Mogelpackungen, die mehr versprechen als drin ist. Wer Störche ohne Grund und Not füttert, macht aus Weißstörchen Hausstörche, so wie man einst aus Wildschweinen Hausschweine machte. Aber bei der Gier nach „Erfolgsquoten“ ist eben jedes Mittel recht. Da heißt es doch im „Taschenbuch für Vogelschutz“, herausgegeben von Klaus Richarz, Einhard Bezzel und Martin Hormann, erschienen im AULA Verlag Wiesbaden: „Das Ausbleiben von Brutpaaren (gemeint sind solche des Weißstorchs) geht also nicht auf Mangel an Störchen, sondern auf die schlechte Qualität der Lebensräume zurück. Grundvoraussetzung für die Stabilisierung der Bestände ist die Erhaltung bzw. Renaturierung von Lebensräumen.“ Und etwas weiter heißt es: „Die Zucht des Weißstorchs birgt die Gefahr in sich, dass die symbolträchtige, majestätische Wildtierart zu einer Haustierart – einem „Hausstorch“ – verkommt. Dieses Schicksal sollte ihm erspart bleiben.“ (siehe oben erwähntes Anbetteln eines „Hausstorches“ bei Erscheinen der Futterquelle „Mensch“)  Lesen Sie dazu noch einmal das Merkblatt der Natur- und Umwelthilfe Erlangen und wundern Sie sich über dort genannte Begriffe wie Fütterungen, Föhnen, Wärmflasche, warmer Eimer, gelegentlich Gabe von Antibiotika (steht nicht im Merkblatt, aber durch persönliche Erlebnisse bekannt), konsequentes Eingreifen bei besonderen Wetterereignissen wie Starkregen usw.! Liebe Freunde, die ihr weniger als vier oder fünf Junge zum Ausfliegen bringt! Ihr macht Euch deshalb nicht strafbar! Ich zitiere abermals aus dem Taschenbuch für Vogelschutz, das die renommiertesten deutschen Ornithologen herausgegeben haben: „Das Tierschutzgesetz verfolgt den Zweck, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Es betrifft nur Tiere, die sich in der Obhut des Menschen befinden. Auf wild lebende Tiere findet es keine Anwendung.“ Das Bundesnaturschutzgesetz räumt den frei lebenden Vögeln (dazu zählen noch viele Störche) einen umfassenden Schutzstatus ein. Der §20 des Gesetzes nennt eine ganze Reihe von Zugriffsverboten. Demnach ist es untersagt „...die Nist- und Brutstätten wild lebender Vögel der besonders geschützten Arten (dazu gehört der Weißstorch).... zu beschädigen..“ Ich nenne noch einmal das Merkblatt für Weißstorch-Horstbetreuer der Natur- und Umwelthilfe Erlangen. Hier findet sich folgende Vorgehensweise für alle Weißstorchhorste: „Mit einem geeigneten Werkzeug (Misthaken) wird der innere Horstbereich auf einem Durchmesser von ca. 60 cm und einer Tiefe von ca. 40-50 cm bzw. bis zur Horstunterlage (!!!!!, Ausrufezeichen sind Zusätze Ihres Tagebuchschreibers) entnommen (1-2 Säcke). Das entstandene Loch wird mit Stroh vollgestopft. Der Horst ist jetzt wasserdurchlässig.“ Hier erübrigt sich jeder Kommentar, ist doch schon das Anfahren der Weißstorchhorste, ohne daran herumzufummeln, verboten und erfordert jeweils eine Genehmigung der Höheren Naturschutzbehörden. Mit diesen Anmerkungen, die von Zeit zu Zeit ergänzt werden, sollen Tier- und Naturschutzgedanken vorgestellt werden.

Seit einigen Tagen ist im Verhalten der Jungen auf dem Rathausdach bei Fütterungen eine Veränderung feststellbar. Nahmen in früheren Zeiten die Jungen die Nahrung jeweils im Fersensitz entgegen, passiert es jetzt immer wieder, dass sich die Vierlinge nur noch sporadisch in die „Altlage“ begeben und die Nahrung im Stehen erbetteln und aufnehmen.


Fütterung, nicht nur im Fersensitz!

Ein abendlicher Besuch in Mosbach brachte gegen 22:00 Uhr folgende Situation zum Vorschein. Ein Storch lag im Nest (wahrscheinlich einer der Altvögel), zwei weitere standen auf dem Dachfirst des Nestgebäudes, einer auf dem Kirchendach, einer auf einer Scheune und drei weitere auf einem Bauernhaus. Zusammen ergibt dies erneut die Zahl 8, so dass auch an diesem Abend die drei Weiltinger Gäste der Mosbacher Familie angegliedert blieben.

01. Aug. 03

Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann ist das Nest leer! Ich weiß, dass sich meine Zeilen nicht reimen. Sie dürfen deshalb nicht böse sein. Heute waren es auf alle Fälle schon einmal zwei Junge, die sich in die Tiefe stürzten und das Abenteuer „Ausflug“ unbeschadet überstanden haben, kehrten sie doch nach rund 90 Minuten reumütig und wohlbehalten wieder zurück.

 Wann ist das Nest wohl
zum ersten Mal leer?
Heute ist Lore an der reihe!
Sie übt schon!

Doch nun kurz der Reihe nach. Die strahlende Sonne, die es im Laufe des Tages locker auf 30 Schattengrade brachte, verzauberte das Nest und seine Bewohner und machte Lust, den Absprung zu versuchen. Sicher boten die thermischen Verhältnisse um das Nest gute Voraussetzungen, sich auf einen Ausflug zu begeben. Windstille garantierte zusätzlich, dass keine Bö für unkontrollierbare Turbulenzen sorgte, die ein solches Unternehmen für wenig Flugerfahrene zu einem Wagnis werden lassen würde. Meine „Nestpräsenz“ erbrachte den Nachweis, dass zwei Junge ausgeflogen waren. Zwischen 13 Uhr und 14:25 Uhr stand nur noch ein Duo im Nest.


Jetzt gibt es langsam Platz! Felix und Lore sind weg

Nicht weiter verwunderlich, denn das Ausfliegen geschieht nicht in einem Aufwasch, d.h. nicht alle verlassen auf ein geheimes Zeichen das Nest, sondern dieser Vorgang ist ausschließlich von individuellen Faktoren abhängig und erstreckt sich deshalb auch über einen längeren Zeitraum. Felix und Lore sind demnach (zu beweisen ist diese Zuordnung natürlich nicht!) die ersten Freiflieger unseres Quartetts. Lore kam von ihrem Ausflug um 14:25 Uhr zurück,


Lore ist zurück!

ehe kurz darauf und gemeinsam, Felix und Georg am Nest erschienen.

Zur Fütterung sind wieder alle vereint! Brodelnde Masse!

Der Anlass für die Rückkehr zum Nest war schnell ersichtlich. Es gab Futter und das wollten sich die beiden „Ausreißer“ nun doch nicht entgehen lassen. Junge Störche müssen erst Erfahrungen beim Erbeuten verschiedener Nahrungstiere sammeln. So liegt der Fangerfolg natürlich deutlich unter dem der erwachsenen Störche. Um satt zu werden, müssen die „Alten“ ein wenig aushelfen und zusätzlich Nahrung bereit stellen. Im Augenblick heißt es für alle Futter Suchenden, Insekten zu fangen. Dies geht noch relativ einfach, denn in Anbetracht der enormen Trockenheit und der großen Hitzegrade haben sich Feld- und Laubheuschrecken in extensiv bewirtschafteten Flächen erfreulich zahlreich entwickelt, so dass Störche beim Abschreiten eines Wiesenstückes bei jedem Schritt ein Exemplar der „Hüpfer“ einsammeln und mit einem leichten, nach hinten geführten Ruck des Kopfes in die Speiseröhre befördern.

Die Damen und Herren Jungstörche lassen
sich auch heute wieder im Stehen füttern
Wer stürzt sich
da vom Nest?

Felix und Lore agieren ebenso und werden diese Jagdart auch am ehesten beherrschen. Schwieriger und von mehr Übungsstunden begleitet ist die Jagd auf Mäuse oder das Fangen von Fischen am Rande eines Gewässers. Von Regenwürmern muss man in Anbetracht der großen Trockenheit erst gar nicht sprechen.


Bitte abzählen! Alle sind angetreten zum Appell!

Ein Besuch in Mosbach – dort waren in den beiden letzten Tagen neben den drei Mosbacher Störchen auch die drei Jungstörche aus dem 20 Kilometer entfernten Weiltingen zu Gast, erbrachte folgendes Ergebnis: Nur die Eltern standen in der Nacht im Nest, alle Jungen waren im Verlauf des Tages abgeflogen und nicht mehr erschienen. Vielleicht statten sie ja den Weiltinger Störchen einen Gegenbesuch ab. In Feuchtwangen hält das Storchenpaar weiterhin nachts Quartier auf dem Gebäude einer Matratzenfabrik und kommt nur noch gelegentlich zu Besuch ins „Stadtnest“. Vielleicht besteht ja bei ihnen eine Affinität zu einem weicheren Untergrund als Schlafstelle.

02. Aug. 03 Man trägt schneeweiß! Die enorme Hitze, die seit Tagen schon wieder das Land überzieht, ist bereits am Aussehen unserer sechs Störche ablesbar und absehbar. Von roten, braunen oder schwarzen Beinen ist nichts mehr übrig, sondern der der Wärmeregulation und damit dem Schwitzen dienende weiße Spezialkot hat alle Beine mit einer deutlich sichtbaren Schicht überzogen. Und selbst das Nest leuchtet in seinen Randbereichen weiß, weißer geht’s nicht. Um 8:57 Uhr, ich habe heute wegen der Ferien etwas länger geschlafen, drehte bei meinem ersten Blick zum  Storchennest, gerade Felix eine Runde und erschien nach wenigen Sekunden abermals bei seinen Geschwistern. Um 9:34 Uhr ereignete sich ein weiterer Abflug, mit dem Ergebnis, dass erneut nur drei Störche das Nest bevölkern. Um 10:07 Uhr bringt eine weitere Zähleinlage nur noch 2 Junge zum Vorschein.


Wo sind Felix und Lore abgeblieben?

Doch Lore stellt sich bis 10:10 Uhr abermals am Nest ein und nur Felix bliebt weiter draußen auf der Spielwiese. Doch dann – kurz nach Mittag – ereignete sich Neues. Ein Blick zum Nest machte deutlich: Da war es nur noch einer!


Alle haben mich verlassen!

Benjamin musste seinen drei Geschwistern den Vortritt lassen und stand schließlich recht „betröppelt“ und reichlich allein in der Gegend herum. Nach Felix und Lore, hatte sich endlich auch die Nummer 3 – Luise – auf die Socken gemacht und war zu einem Ausflug gestartet. Da sie am Montag, den 26. Mai aus dem Ei geschlüpft war, passierte ihr erster Abflug genau am 68. Lebenstag. Dieser Wert liegt an der oberen Grenze der allgemein genannten Nestlingsdauer, aber bei vier Jungen dauert die Aufzucht eben länger als wenn nur ein Junges zu versorgen gewesen wäre. Uns kann es egal sein, denn nun bleibt es Benjamin vorbehalten, in den nächsten Tagen seinen Geschwistern zu folgen. Um 12:36 Uhr tat sich Neues: Plötzlich stand Georg etwas irritiert bei Benjamin im Nest und fand die neue Situation gar nicht lustig.


Was ist den hier los?
Nur noch unser Junior ist da!

Doch schnell fand er die ihm vertraute Umgebung wieder vor, denn innerhalb von einer Minute landete auch Lore und Luise im Nest.


Jetzt lohnt sich die Fütterung wieder!

Sie waren Papa offenbar bei dessen Abflug von der Wiese gefolgt und erhofften sich bei rechtzeitigen Eintreffen am Horst noch eine Portion Extra-Nahrung. Und so geschah es auch. Georg würgte die Nahrung aus, die er bereit war, abzugeben. Lediglich Felix hatte es noch vorgezogen, länger auf Ausflug zu bleiben und selbst sein Glück als Heuschreckenjäger zu versuchen. Erst um 13:05 Uhr war die Jungenschar wieder im Nest vereint.

 Wir melden: Nestbesatzung
komplett angetreten!
Wir sind doch
schöne Kerle!

So oder ähnlich werden sich auch die nächsten Tage entwickeln.

Wilde Szenen beim Füttern! Es droht akute Absturzgefahr!

Die Zeiten, in denen das Nest leer steht, werden sich verlängern und abends werden wir uns sicher noch zwei bis drei Wochen an einem „vollen“ Nest erfreuen können. Doch eines Nachts werden wir feststellen, dass nur noch Georg und Pauline anwesend sind. Und wieder einige Tage später bleibt das Nest schließlich gänzlich verwaist. Aber da man bei Störchen mit allem rechnen muss, kann es ganz anders ausgehen und Ihr Tagebuchschreiber muss sich revidieren.

03. Aug. 03

Meine Ankündigung im Tagebucheintrag vom 31. Juli zu dem bevorstehenden Treffen einiger Internetfreunde in Dinkelsbühl hätte nicht treffender sein können, bewahrheitete sich meine Vorhersage der Ereignisse des heutigen Tages in fast schon beängstigender Weise. Ich erhoffte mir für das „Cliquentreffen“ ein Festival der An- und Abflüge unseres Quartetts und dies trat in einer Art und Weise ein, die selbst eingefleischte Storchenfans in Verzückung geraten ließen.


Heute kommen die angekündigten Gäste!
Siehst du sie schon?

Bis in die frühen Nachmittagsstunden hielt unsere Nestbesatzung den kräftigen Sonnenstrahlen stand und steckte die Hitzegrade bis 34 Grad im Schatten anstandslos weg. Ihre Blicke waren ständig auf den Altrathausplatz gerichtet, an dessen Rand im Biergarten der Gaststätte „Zum Surri“ sich der harte Kern der User unserer Website bis gegen 13 Uhr versammelt hatte.


Schaut da unten sitzen sie alle!

Aus der Reihe der „Best of“ seien genannt: Katharina aus Frankfurt, Helga aus Asbach-Bäumenheim mit Moritz, Elke aus Ellwangen, Elisabeth aus Oberschleißheim mit Mann und Sohn, Peter aus Neu-Isenburg mit Gemahlin, Ulrich aus Dinkelsbühl/Taunusstein mit Frau sowie von storch24 Ihr Tagebuchschreiber.


Links Frans aus Antwerpen mit Frau, gegenüber Peter aus Neu-Isenburg mit Frau


Von links: Ulrich aus Dinkelsbühl/Taunusstein, Helga aus Asbach-Bäumenheim, Elke aus Ellwangen, Katharina aus Frankfurt, Ulrichs Frau aus Dinkelsbühl

Schnell kam man ins Fachsimpeln, viele Fragen wurden gestellt und viele davon beantwortet, Privates ausgetauscht und Beziehungen hergestellt. Ein bereit gestelltes Spektiv ließ uns die Jungen immer ganz nah erscheinen, auch wenn man sie mit bloßem Auge von unserem Rastplatz sehen konnte. Leider konnte nur Felix seinen Ring in sauberem Zustand zur Schau stellen, so dass A 1995 mit dem Spektiv formatfüllend erkannt und von allen einwandfrei abgelesen werden konnte.


Der Mann am Spektiv von der Hitze erledigt!

Die anderen Ringe waren doch mehr oder weniger intensiv vom der Kühlung dienenden Kot überzogen, der entgegen der Voraussagen ein Ablesen nicht erlaubte. Es muss wohl so gegen 14 Uhr gewesen sein –Ihr Tagebuchschreiber ließ immer ein Auge über das Nest gleiten – als wir vom Kirchhöflein aus (einem schattigen Platz hinter der Georgskirche mit Blick zum Nest) das Quartett reichlich unruhig und quietschend erlebten. Einige Sekunden später stand Pauline im Nest und ließ sich zu einer langen Fütterung hinreißen. Dabei war gut erkennbar, dass Hunderte von Insekten (meist Heuschrecken) ihrem Schnabel entglitten. Unmittelbar darauf verzog sich die fleißige Pauline und stand eine ganze Weile auf dem Kamin unmittelbar neben der Webcam.


Fütterung!

Drehte vorher schon einer der Jungen eine Ehrenrunde um das alte Rathaus, um gleich darauf wieder im Nest zu landen, erfasste plötzlich alle Junge eine große Unruhe und alle Vier – ich wiederhole a l l e – verließen ihr sicheres Nest wie an einer langen Perlenschnur aufgereiht innerhalb weniger Sekunden. Dass sich der erste Abflug des gesamten Quartetts ausgerechnet an diesem „besonderen Tag“ ereignete und sich damit das Nest zum ersten Mal seit Mitte April in einem jungfräulichen Zustand präsentierte, muss als besonders gutes Omen betrachtet werden.


Ausgeflogen!

Im weiteren Verlauf des Nachmittages gelangen weitere eindrucksvolle Beobachtungen um das Nest. Glückte eine Landung am Nest nicht auf Anhieb, wurde durchgestartet und ein zweiter Versuch folgte. Hatte man sich total verschätzt, nahmen die Jungen auch mit einer Zwischenlandung an anderer Stelle vorlieb. So wurde während unserer Anwesenheit einmal das Wörnitztor der Stadt als Aussichts- und Zwischenlandeplatz gewählt.


Jungstorch auf dem Wörnitztor

Nach einigen Minuten auf dem Dachfirst des Tores wechselte – es war nicht Felix – der betreffende Jungstorch auf die dort angebrachte Sirene, ehe Er oder Sie  anschließend das Nest erfolgreich ansteuerte. Bei allen Flügen über dem Nest und über der Stadt hatte man nie den Eindruck, dass einer der Jungen unsicher wirkte oder bald mit einer Bruchlandung zu rechnen sei. Alles wirkte sehr kontrolliert und sehr routiniert. Man verlässt das Nest eben nur, wenn man vollkommen flugtauglich ist. Als am Nachmittag auch Georg das zweite Mal zur Fütterung erschien, kam es entgegen den Erwartungen nicht zu einer Fütterung, sondern Georg begann kräftig zu klappern und wild mit den Flügeln zu schlagen: Luftalarm! Ein Blick in den Himmel offenbarte – wie angekündigt – zwei Fremdstörche. Zuerst niedrig kreisend schraubten sie sich immer höher in den stahlblauen, von keiner Wolke getrübten Himmel. Georg war inzwischen seinen hungrigen Jungen entflohen und hatte auf dem schon häufig erwähnten Kamin neben der Kamera Position bezogen.

Georg zeigt Abwehrverhalten, das
Jungvolk beobachtet!
 Abgewehrt! Georg,
Kamera, Quartett!

Das Klappern hatte er noch nicht ganz eingestellt, da tauchte niedrig, eine enge Kurve hinter dem Nest ziehend einer der Fremdstörche auf. Georg zeigte die gesamte Palette seines Drohverhaltens, der Fremde hegte keine ernsten Absichten und landete auf dem mächtigen Dach der Georgskirche. Ein Blick durchs Spektiv wies den Fremden als unberingten Altvogel aus, der nach wenigen Minuten stadteinwärts über den Dächern der Altstadt entschwand. Georgs Schuldigkeit war ebenfalls getan und er verzog sich in Richtung Süden zu seinen Jagdgründen. Zwischendurch stand unser Quartett zur Abwechslung am äußersten Nestrand und schaute unentwegt zu uns in den Biergarten herab. Die Zeit des Abschiednehmens rückte immer näher und so verschwand ein Gast nach dem anderen, so wie sich auch Felix, Lore, Luise und Benjamin immer wieder in die Lüfte aufschwangen und zu Rundflügen vom Nest abhoben. Zum Schluss verabschiedete sich Ihr Tagebuchschreiber von Katharina, deren Bus sie zunächst nach Ansbach bringen sollte.


Das Wörnitztor entlässt die Gäste der Stadt


Wer wollte da nicht zum Abschluss ins Wörnitzstrandbad?
Elisabeth mit Mann und Sohn taten es!

Die Bilder, die das Geschehen des heutigen Tages in eindrucksvoller Weise ausschmücken wurden mir dankenswerter Weise von Elke und Katharina (hier geht es zu Katharinas Bildbericht) zur Verfügung gestellt. 

Zum Übernachten – und so wird es noch eine ganze Weile bleiben - traf man sich wieder im Nest und verbrachte eine warme Nacht, die eine Abkühlung auf gerade mal 20 Grad brachte. Rüsten wir uns morgen für die nächste Hitzeschlacht.


Es ist immer noch nicht wesentlich kühler!

04. Aug. 03

An den morgendlichen Anblick muss ich mich erst gewöhnen! Ein leeres Nest! Wer sich über die Farbe des Nestinneren Gedanken machte, sei beruhigt! Es gab schon seit einigen Monaten keinen Schneefall in Dinkelsbühl. Also kann es sich bei den weißen Stellen nicht um diese Form des Niederschlags handeln. Stellen Sie sich den Nestboden wie mit einer Schicht Pergament überzogen vor. Diese Schicht fühlt sich auch so ähnlich an, wenn man darüber streicht. Wenn man drückt, bekommt sie Sprünge. Erdige Substanzen (das Nistmaterial entwickelt sich im Laufe der Nestlingszeit zu perfektem Humus) wird durch die Aktivität der Jungen stark verdichtet, durch die Trockenheit sehr stark entwässert, so dass wir am Schluss einen zarten und dünnen Film aus Ton in der Nestmulde vorfinden. In der gleißenden Sonne der letzten beiden Wochen spiegelt diese Schicht so stark, dass es den Anschein hat, es würde frischer Schnee im Nest liegen.


Verschneites Nest?

Wie viele Tage saß ich seit April vor dem Monitor meines häuslichen Computers? Wie viele Tage verbrachte ich seither vor Ort, um durch direkte Beobachtungen das Geschehen um die Webcam noch transparenter zu machen? Von anderen Aktivitäten um das „Thema Storch“ ganz zu schweigen. Dafür möchte ich auch von dieser Stelle meiner Familie wieder einmal ganz herzlich danken. Seit zwei Jahren verzichte ich – und die Storchenkamera trägt daran die Hauptschuld – auf jeglichen Urlaub. Dieses „Fehlverhalten“ meinerseits wird wohl nicht von jeder Familie so klaglos hingenommen wie in meinem Fall. Als vor kurzem meine Tochter zufällig einige Gästebucheinträge mit zum Teil beleidigenden Äußerungen gegen meine Person las – sie wusste von den Angriffen vorher noch nichts – reagierte sie ziemlich ungehalten. „Wie kannst du dir das gefallen lassen? Du machst den Scheiß und opferst deine gesamte Freizeit! Für wen denn? Ich würde keine Zeile mehr schreiben und meine Mitarbeit sofort aufkündigen.“ Da ich aber weiß, dass es sich lediglich um etwa 5 Personen handelt, die sich die Mühe machen, sich im Gästebuch auf peinliche Weise bloß zu stellen, wäre es den anderen 500.000 gegenüber nicht fair, alles hin zu werfen. Dass meine Haltung in Sachen Storchenschutz genau der Haltung der großen Naturschutzverbände Deutschlands entspricht, muss ich nicht besonders erwähnen. Deshalb dürfen ja alle, die diese Meinungen nicht teilen wollen, diesen Verbänden den Rücken kehren und eigene Vereine ins Leben rufen. Nichts ist in Deutschland einfacher als einen Verein zu gründen und sei es einer, der sich der Natur verschrieben hat. Ich schreibe – und dies habe ich bereits erwähnt – mein Tagebuch weiter. Ich werde weiter m e i n e Meinung sagen, wenn i c h es für nötig halte. Niemand muss es lesen! Wie oft wurde im Gästebuchbuch auf die freie Meinungsäußerung hingewiesen. Da gebe ich manchem „Tiefschläger“ ausnahmsweise mal Recht. Wer sich aber komplett daneben benimmt, fliegt dennoch raus! Das bestimmen wir! Mein Tipp: Seid Gäste im Gästebuch! Wer dies nicht akzeptieren kann, wird nicht mehr eingeladen.

Ein leeres Storchennest wird uns in den nächsten Tagen noch häufiger begleiten, doch langweilig wird es dennoch nicht. Einen Großteil des Tages gibt es auch nach dem Ausfliegen der Jungen Leben im Nest. Mal sieht man vier, dann drei, zwei, einen oder keinen mehr im Nest. Dann taucht plötzlich Georg, dann wieder Pauline auf. Ein Kommen und Gehen ist also garantiert und sollte das Beobachten sogar noch versüßen helfen.

Erst eins...   ...dann zwei... ...dann vier!

Wenn sich ein vorher verwaistes Nest plötzlich im Sekundentakt wieder mit Leben füllt und alle Viere ihre Rückkehr anmelden, dauert es meist nur kurze Zeit, bis Er oder Sie folgen und Futter ins Nest würgen.

Hier gebe ich viel lieber
mein Futter ab als draußen!
Jetzt könnt ihr mir ja
wieder folgen, Kinder!

Dass die Altstörche dies lieber im Nest erledigen, scheint beim Abflug aus dem Nahrungsgebiet für alle Beteiligten schon fest zu stehen. Nach einer Verständigungsprozedur fliegen die Jungen dann schon mal voraus und Papa oder Mama folgen mit einem gewissen Respektabstand. Gut erzogen!, muss ich da schon sagen. Ich kenne Beobachtungen an anderen Nestern, bei denen sich der Nachwuchs alles andere als anständig verhielt. Da wurden die Eltern im Nahrungsgebiet direkt so sehr attackiert und um Futter angebettelt, dass den Altvögeln nichts anderes übrig blieb, als an Ort und Stelle in die Wiese zu erbrechen. Bevor sich jemand Gedanken um die Störche wegen der großen Hitze macht – Sonnenschirm über dem Nest, Einbau einer Klimaanlage, Berieselungsanlage, Schälchen mit angewärmtem Wasser ins Nest stellen (nach Kenntnis einiger Veröffentlichungen ist man möglicherweise bald auch davor nicht mehr sicher!) – kann ich ihn beruhigen. Alt und Jung ist den hohen Temperaturen voll und ganz gewachsen! Was sollte Meister Adebar denn dann mit sich und seinen Jungen anfangen, wenn er sogar im Süden Marokkos seine Nester baut und brütet? Würde er dann nicht auch lieber im Norden Norwegens überwintern als im heißen Afrika? Aber ich verstehe die, die so denken. Man greift ja auch ein, wenn es regnet oder kalt ist (Gummiwärmflasche, Föhn). Da darf man doch schließlich auch bei Hitze in Sorge geraten. Vielleicht erleben wir schon bald auch Vorschläge zur Hilfe bei dieser ausgesprochenen Ausnahmesituation in deutschen Landen (Naturschützer retten durstige Storchenjunge! Wasser ins Nest gebracht!). Wer sich jetzt verwundert die Augen reibt, möge sich nur an Folgendes erinnern. Da hat irgend jemand festgestellt, dass die Störche Hunger haben: Dann wird gefüttert! Wenn sie frieren: Dann wird gewärmt! Wenn sie nass sind: Dann wird getrocknet! Wenn sie durstig sind: Dann wird getränkt! Was ist daran so abwegig?  Georg nutzte am Vormittag die auch für ihn neue Situation eines leeren Storchennestes und machte es sich für längere Zeit solo darin gemütlich.


Georg seit langem einmal solo!

Doch bald herrschte wieder Ordnung und er musste seiner vierköpfigen Kinderschar weichen. Eines der flugfähigen Kinder zog es vor, die Welt zwar außerhalb des Nestes, aber nur wenig davon entfernt auf dem Dachfirst des Nestgebäudes zu betrachten.


Ein Junges auf Abwegen! Kopf bitte einziehen!

05. Aug. 03

Auch heute kletterte die Quecksilbersäule auf über 36 Grad im Schatten. Was sich wie ein seltener Temperaturwert anhört, ist schon seit vielen Tagen Normalität. Die Wetterprognosen für die nächsten Tage versprechen in dieser Hinsicht keine Verbesserung der Situation. Die Störche ertragen dies ohne erkennbare Beeinträchtigung, sind sie doch Tiere, die Temperaturen von weit unter Null bis 50 oder 60 Grad über Null bestens angepasst sind. Dabei ist eine einzige Bedingung nötig: Es müssen Nahrung und Wasser im Lebensraums des Vogels vorhanden sein. Das Nest bot einen weiteren heißen Tag ständig ein neues Bild. Ganz egal, wann man einen Blick durch das Kameraauge riskierte, boten sich zwischen einem leeren Nest und fünf Störchen alle Varianten.

 Leeres Nest: Wert Null Fünf Köpfe im Nest: Wert 5

Der Wert eins zeigte sich, wenn lediglich ein Jungstorch oder – wie schon gestern – Georg im Nest Posten bezogen hatte. Bei fünf wurde der Höchstwert erreicht und dies bedeutete, dass entweder Georg oder Pauline ihre Futterrationen vorbei brachten. Thema mit Variationen:

Georg alleine, ein Junges,
zwei Junge, drittes Junge im Anflug,
drei Junge, vier Junge.
06. Aug. 03

Hitze und kein Ende! Erneut kletterte die Quecksilbersäule am Nachmittag auf  über 35 Grad im Schatten. Die Anwesenheiten der Jungen am Nest sind nach wie vor überaus ausgedehnt und dauern wesentlich länger als die Zeiten der Abwesenheit. Fütterungen im Nest gehören weiter zu den regelmäßigen Aufgaben der Eltern, die diese mit hoher Intensität erfüllen. Die nachfolgenden Schnappschüsse sollen das Geschriebene noch ein wenig transparenter erscheinen lassen.

Georg allein
zu Haus!
Gedränge im Nest! Nr. 4
setzt zur Landung an!
...und gemeinsam wartet
man auf Futter!
Da kommt es schon! Mitkommen! Wir fliegen
Papa schnell hinterher!
Machen wir!
Ab geht die Post!
07. Aug. 03

Zum gestern Gesagten gibt es kaum Weiteres anzumerken. Das Quartett ist nach wie vor wohlauf und hat die ersten Ausflüge unbeschadet überstanden. Hoffen wir, dass es auch bis zum Abflug und danach so bleibt. Leider gibt es auch bei uns und nicht nur im Erlanger Stadtgebiet Todesopfer unter den Jungstörchen zu beklagen. Diese Fälle haben nun aber wahrlich nichts mit der unterschiedlichen Haltung in Sachen Storchenschutz zu tun. Sie sollen uns vielmehr noch stärker als bereits geschehen dazu veranlassen, auf alle Energieversorger (auch die Stadtwerke sind davon betroffen!) in sachlicher Weise zuzugehen und für Abhilfe zu sorgen. Wer dazu Fragen hat, kann auf unsere reichhaltigen Erfahrungen zurückgreifen. Erste Tipps finden Sie auf unserer Homepage unter dem Link „Stromtod“. Bayernweit hat sich der Raum um das Storchennest Dinkelsbühl zu einem Vorzeigegebiet entwickelt, dessen Modellcharakter Schule machen sollte. Verluste werden sich dadurch aber nie ganz ausschließen lassen und werden sich so lange ereignen, bis Energie anders übertragen wird als über Freileitungen. Dennoch gibt es noch viel zu tun. Wie Sie sicher wissen, machen Verluste an Freileitungen auch nicht an Ländergrenzen Halt, sondern verstärken sich zum Beispiel in Frankreich und Spanien um ein Vielfaches. Von meinen 46 in diesem Jahr beringten Jungstörchen leben meines Wissens bis zum heutigen Tag nur noch 43. Ein Jungstorch aus Oettingen rutschte aus unbekannten Gründen (Windbö?) vor dem Ausfliegen über das Dach des Nestgebäudes und blieb mit gebrochenen Beinen im Schneefanggitter hängen. Er wurde geborgen und eingeschläfert. Ein ähnliches Schicksal ereilte ein Junges aus dem Nest in Westheim. Dort hatte die erste Brut überhaupt heuer stattgefunden. Nach den ersten Ausflügen landete der Unglückliche auf dem Dachfirst des Nestgebäudes, fand nicht gleich Halt, rutschte ein Stück das Dach hinunter und blieb zwischen Dachziegeln und der dort angebrachten Solaranlage hängen. Auch in diesem Fall brachen die Beine. Ein Tierarzt erlöste ihn von seinem Leid. Der dritte Todesfall betraf einen Jungstorch aus Trommetsheim. Er wurde tot in den Altmühlwiesen entdeckt. Die Fundumstände deuten in diesem Fall auf Stromtod oder Leitungsanflug hin.

Alle vier komplett angetreten...
 ...am Morgen... ...am Mittag...
...am Abend... ...und in der Nacht
08. Aug. 03 Auf den Spuren von Felix, Lore, Luise und Benjamin! Während am späten Vormittag das Nest einmal verwaist war, brach ich mit dem Auto auf, um die Familie im Nahrungsgebiet zu suchen. Die Suche dauerte nicht sehr lange. Ich fand fünf von sechs Familienmitgliedern dort vor, wo ich sie auch schon früher regelmäßig feststellen konnte und wo auch vor zwei Jahren die Storchenfamilie ihre Nahrung bezog. In Sichtweite zum Nest, weniger als einen Kilometer von ihm entfernt, bei der Südumgehung im „Brühl“ gingen Pauline und ihre Vierlinge mehrere Hundert Meter voneinander entfernt der Nahrungssuche nach. Derweil grüßte Papa Georg vom Nest auf dem Dach des alten Rathauses. Der kleine Wetterbericht für die Neugierigen: Die Höchsttemperatur für Dinkelsbühl lag erneut über 35 Grad.
 
Morgentoilette Fütterung durch Georg
Georg allein Alle gesund und munter
Abendliche Ruhephase
09. Aug. 03

Über 35 Grad! Für unsere Vier nach wie vor kein Problem! Denn der Storch als Vogel hat gegenüber einer Pflanze den großen Vorteil, sich bei nicht passenden Lebensbedingungen aus dem Staube zu machen. Deshalb hat sich beispielsweise der Vogelzug entwickelt und deshalb gibt es nur in ganz bestimmten Lebensräumen Störche. Verändert sich der Lebensraum zu ihren Ungunsten, verschwinden sie oder im umgekehrten Fall erscheinen sie wieder. Deshalb muss Natur- und Storchenschutz hier ansetzen.

Meine Feuchtwanger Störche übernachten nach wie vor im Industriegelände der Stadt. Weshalb sie ihr neues Nest auf dem Rathauskamin in der Stadtmitte nicht mehr anfliegen, weiß ich nicht. Die Schopflocher Jungstörche – ebenfalls eine höchst erfreuliche Premiere des Jahres 2003 – stehen vor dem Ausfliegen und sind damit die ersten, die in der Geschichte des Marktes hier geboren wurden. Die Mosbacher Jungen sind seit knapp einer Woche abgereist, ihre Eltern halten noch Kontakt zum Ort und zur kleinen Wörnitzgemeinde.

Benjamin, Luise, Lore und Felix gefällt es nach wie vor im Nest und seiner Umgebung. Wir durften sie auch heute wieder live und in voller Größe bewundern und genießen.


Angestrahlt!

Dass die Morgensonne auch durchaus ihre schönen Seiten aufzuweisen hat, kann nicht verleugnet werden, wenn auch der Rest des Tages in puncto Sonnenschein alle Dimensionen sprengte. Doch bald hatten unsere Erstflieger genug Sonne im Nest getankt und suchten Entspannung im „Brühl“. Aber sie kamen nur vom Regen in die Traufe, denn auch dort hatte es in der Sonne deutlich über 40 Grad.


Auf ins „Brühl“! Dort soll es kühler sein!

Pauline als Solistin im Nest zu erleben, gehört seit dem Flügge-Werden ihres Nachwuchses zu den seltenen Ereignissen. Deshalb freute ich mich ganz besonders, dass sie, die die Hauptlast der Aufzucht der Jungen trug, sich endlich einmal von ihren Kindern losreißen konnte und wenigstens für einige Minuten keine hungrigen Schnäbel zu stopfen hatte oder ständig angebettelt wurde. Gegessen wurde – soweit noch nötig – zu Hause. In dieser Beziehung herrscht in der Storchenfamilie also Ordnung. Wer Hunger hat, findet sich im Nest ein und solches geschieht nach wie vor mehrmals täglich.


Antreten zum Essen-Fassen!

Mit Sinken der Sonne kehren die Jungen bis zu ihrem Abflug aus Dinkelsbühl ins Nest zurück  Will jemand sicher gehen, ob die Jungen noch da sind, sollte er vor Einbruch der Nacht diese Website anwählen. Er erhält dann binnen Sekunden Gewissheit. Ich denke, dass wir auf jeden Fall noch bis Ende nächster Woche mit unserem Quartett rechnen können, ehe sie ihre Brutheimat verlassen.


Abendlicher Appell am Nest!

10. Aug. 03 Während Mutter Pauline mit ihrer Kinderschar im Nahrungsgebiet weilte, entspannte sich Papa Georg allein im Nest.


Ich kann es mir leisten!
Pauline ist ja bei unseren Kindern!

Dieses Verhalten der Eltern zeigt allein durch die Beobachtung des mehr oder weniger leeren Nestes, dass noch zumindest ein Elternvogel bei den Jungen bleibt, wenn diese außer Haus sind. Dies dient weniger zum Schutz der Jungen vor möglichen Feinden, sondern die Jungen sollen vielmehr durch das elterliche Vorbild in ein lukratives Nahrungsgebiet geleitet und bei der Nahrungssuche dadurch Unterstützung erfahren. Wer von den kleinen Gelegenheit hat, die Eltern bei der Futtersuche zu beobachten, kann sich die eine oder andere Technik regelrecht „abschauen“. Anschließend erfolgt die „Learning-By-Doing-Phase und innerhalb weniger Wochen mausern sich ungeschickte Jäger zu perfekten und sind dann fit für das richtige Leben, das spätestens nach dem Verlassen Dinkelsbühls einsetzt. Wenn der Nachwuchs am Nest auftaucht, suchen die Eltern schnell das Weite und lassen sich nicht zusammen mit den Gierigen im Nest erwischen. Nur wenn Futter im Spiel ist, verweilen die Eltern für kurze Momente.


Papa ist aber schnell verduftet!

Wo sich unsere vier Glücklichen auch aufhalten, Schatten gibt es nur ganz spärlich. Und wie man sich im Nest auch dreht und wendet, es bleiben von vorne und von hinten jeweils satte 36 Grad im Schatten, weit über 40 im Nest.

Wie ist die Hitze besser auszuhalten?
So? Oder so?

Nach südländischem Brauch – und in einigen Wochen werden die vier Tapferen es am eigenen Leibe erfahren – wird erst nach Sonnenuntergang zu Abend gegessen. Georg praktizierte es auch im Dinkelsbühler Nest wieder in deutlicher Weise. Die Kamerauhr zeigte genau 21.24 Uhr. Guten Appetit!


Um die Zeit schmeckt es bestimmt besser!

11. Aug. 03

Seit einigen Tagen laufen die Bilder unserer Kamera wegen dringend notwendiger Wartungsarbeiten in einem Zeittakt, der häufig wechselte und zuletzt über drei Minuten betrug. Das ist für Sie, liebe Seher, zwar schade, aber leider nicht zu ändern. Nur gut, dass die Jungen schon ausgeflogen sind und ihre Anwesenheit am Nest nicht mehr die alten Ausmaße erreicht. Trotzdem gelang Rudi Zellner und Ihrem Tagebuchschreiber ein Schnappschuss von hohem Seltenheitswert. Punkt 19.23 Uhr standen sechs diesjährige Störche im Nest.


Die zweite bayerische Sechserbrut! Wir grüßen Dannberg!

Nun wissen wir ja längst, dass unser Paar lediglich vier Junge zu verzeichnen hatte. Woher also diese wundersame Kindervermehrung? Georg und Pauline konnten nicht die „Überzähligen“ sein, das war an Hand des Schnappschusses sofort klar und dass sich beide zu ihren Vierlingen ins Nest stellen sollten, konnte auch ausgeschlossen werden. Die vorgerückte Tageszeit ließ vermuten, dass die fremden Störche wohl auch in der Nacht irgendwo in Dinkelsbühl bleiben würden. So machte ich mich auf , der Sache nachzugehen und mich nach Dinkelsbühl zu begeben. Es herrschte reger Flugverkehr um das Nest. Ich konnte sieben beringte Jungstörche erkennen, doch leider waren alle Ringe so stark mit Kot überzogen, dass ein Ablesen der Ringnummer ausgeschlossen erschien. Doch bei einem Jungen hatte ich Glück. Dieser stand während der ganzen Zeit im Nest und blieb es als einziger auch während der Nacht. An einer Stelle seines Ringes war die Kotschicht abgeplatzt und die Nummer einwandfrei erkennbar. Und zu meiner Überraschung war es keiner der Dinkelsbühler Jungen, sondern – die Ringnummer brachte es an den Tag – ein Jungstorch aus Wassertrüdingen. Dort hatte ich am 20. Juni ebenfalls vier Junge im Nest beringt. Jetzt stand einer dieser vier im Dinkelsbühler Storchennest und es darf mit fast 100%-iger Sicherheit vermutet werden, dass auch seine Geschwister unter den fremden Störchen waren. Nach Adam Riese sollten also vier Junge aus Dinkelsbühl plus vier Junge aus Wassertrüdingen plus zwei (Georg und Pauline) zehn ergeben. Ich sah bis 21:15 Uhr jedoch nur acht Störche. Kein Grund zur Aufregung! Ein Wassertrüdinger stand also im Nest, ein zweiter auf dem Dachfirst und ein dritter auf dem Kamin vor der Webcam. Vier weitere Jungstörche standen auf dem Dach des Cafes Haagen und Georg wieder einmal auf dem Dach eines großes Buchhauses. Fehlten noch Pauline und der achte Jungstorch. Wegen anderer Verpflichtungen konnte ich nicht die vollkommene Dunkelheit abwarten, zumal wegen des bevorstehenden Vollmondes auch die Nacht nicht völlig dunkel wurde und ein Fliegen bei Vollmond immer möglich ist. Bemerkenswert war allerdings die Tatsache, dass in dieser Nacht erstmals seit Monaten kein Dinkelsbühler Jungstorch mehr im Nest stand und es alle vorzogen, auf benachbarten Dächern zu übernachten. Ich möchte nicht unken, aber dies könnte ein Verhalten sein, das auf die unmittelbar bevorstehende Abreise unseres Quartetts hindeutet. In Mosbach vor gut einer Woche geschah ganz Ähnliches und zwei Tage später waren die Mosbacher Jungen mit den sie besuchenden Weiltinger Jungen abgezogen. Also machen Sie sich bereit, es dauert nicht mehr lange, bis die mehr oder weniger lange Reise beginnt.

Georg hält wieder einmal alleine Ausschau! Halbes Quartett erwartet Verpflegung!
Vollversammlung!

 

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Inzwischen sind weitere Spenden eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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