Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah

Teil 7

10. Mai 03

 

So lange an unserem Nest alles in ruhigen Bahnen läuft, kann ich meine Blicke etwas häufiger auf die Nester in Paulines und Georgs Umfeld richten. Dabei besitzt dieses Umfeld, bestehend aus den Landkreisen Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen, eine Fläche von immerhin 3.000 Quadratkilometern. Also bitte nicht denken, alles spiele sich in einem Radius von wenigen Kilometern um Dinkelsbühl ab! Bei meinem heutigen Ausflug – und dabei berührte ich nicht einmal alle Nester – kam ich auf über 150 Kilometer Fahrtstrecke. Das für mich persönlich Erfreulichste vorne weg! Ich bin gebürtiger Feuchtwanger und kam durch die Ansiedlung eines Storchenpaares im Jahre 1968 in meiner Heimatstadt zu meiner bis heute anhaltenden Liebe zu diesem Vogel. Nach einer erfolgreichen Brut ein Jahr später wurde es wieder ruhig um den Storch in meiner Geburtsstadt. 1974 kam es zur letzten länger andauernden Nestbesetzung. Das damals von den Störchen spontan, ohne menschliche Mithilfe errichtete Nest auf dem Kamin des Gasthauses „Zum Löwen“ in der Unteren Torstraße verfiel daraufhin, der Kamin wurde später sogar abgebrochen. In der Folge kam es fast alljährlich zu kurzen Besuchen von einzelnen Störchen auf den verschiedensten Gebäuden der Stadt. Bevorzugt wurden dabei stets Gebäude im Bereich des Marktplatzes mit dem prächtigen „Hotel zum Greifen“, dem Neststandort bis 1945. Eine künstliche Nisthilfe oder gar ein Nest sind seit Jahrzehnten nicht mehr vorhanden. Deshalb brach ich auch sofort mein Mittagessen ab, als mich heute die Nachricht ereilte, auf dem Dach des genannten Hotels stehe ein Storch. Nun kann ich vom Dachboden meines Elternhauses aus rund 50 Metern Entfernung dieses Dach einsehen. Also bezog ich dort Stellung und sah statt des gemeldeten Einzelstorches gleich zwei meiner Lieblingsvögel. Einer hatte Stellung auf  dem Dach bezogen, der andere stand auf dem Kamin, einem Platz, der sich durchaus für die Anlage eines Nestes eignen würde. Nach fünf Stunden waren die beiden immer noch vor Ort. Diesmal standen sie gemeinsam auf dem Kamin, also ein weiterer Fortschritt bei der versuchten Ansiedlung. Man flog gegen 17:30 Uhr ab und landete auf dem Turm der katholischen Kirche (auch dies konnte ich live vom Dachboden meines Elternhauses beobachten). Nach wenigen Minuten begaben sich die Neuansiedler in das kleine Flusstal der Sulzach, wirklich kein optimaler Lebensraum für Störche!


Du Georg, in Feuchtwangen sollen
seit heute auch Störche sein!

Das Beste zum Schluss! Nach Einbruch der Dunkelheit stand das Paar vereint auf dem Kamin des Hotels. Doch selbst eine so erfreuliche Nachricht wird noch übertroffen von meinem Besuch in Mosbach. Gerade hatte sich eine Ablösung am Nest vollzogen. Das Weibchen war abgerauscht, denn als ich meinen Aussichtsposten auf dem Kirchturm erreicht hatte, war nur noch das Männchen anwesend. Es hatte bereits gefüttert und stand nun ohne große Aktion im Nest. Ohne Unterbrechung richtete ich meine Blick bei 60facher Vergrößerung meines Spektives in die Nestmulde. Und nach einer halben Stunde war ein weiterer Traum wahr geworden. Das Mosbacher Paar hat 6 (!!) Junge im Nest.


Auf diese Traumzahl bringen wir es heuer nicht!

Drei Junge sind entwicklungsmäßig deutlich weiter als eine zweite Dreiergruppe, zu der natürlich auch das sechste Junge gehört. Dieses ist ja auch erst gestern geschlüpft. Bereits nach einer knappen halben Stunde kam das Weibchen erneut zum Füttern, das Männchen flog fast zeitgleich ab. Was sich dann aus dem Magen unserer Storchendame ins Nestinnere ergoss, war für mich eine weitere große Überraschung. Ungezählte fingerlange Ellritzen und Moderlieschen rutschten ins Nest und wurden von den Jungen begierig und mit Heißhunger verschlungen. Wo hatte das Weibchen in einer knappen halben Stunde rund 50 dieser Fische gefangen? Ein Teich ist nicht in der Nähe, auch der Badeweiher ist inzwischen ohne Wasser, bleibt also nur die Wörnitz. Und so muss es sein! Der niedrige Wasserstand ermöglicht es momentan den Störchen, an vielen Stellen in die nur ganz langsam fließende Wörnitz zu gelangen und dort auf Fischfang zu gehen. Es haben sich auch viele kleinere Sandbänke gebildet, von wo aus eine solche Jagd durchaus denkbar wäre. Ein Beweis für diese Jagdweise durch eine direkte Beobachtung steht aber noch aus. So hat auch die Trockenheit eine gute Seite im Nahrungsgebiet unserer Störche, erschließt sie doch eine sonst unzugängliche Nahrungsquelle. Freuen wir uns also im Moment über die seltene Zahl von sechs geschlüpften Störchenküken und nehmen wir gleichzeitig zur Kenntnis, dass es wohl nicht mehr lang bei dieser Zahl bleiben wird.

Meine Rundreise führte mich heute noch an weitere Storchennester. Vor allem am Mittellauf der Altmühl kannte ich die neuen Verhältnisse seit meinem letzten Besuch noch nicht. Und summa summarum ergaben sich gegenüber dem Vorjahr annähernd identische Verhältnisse. Gebrütet wird in bzw. mit kleinen Jungen besetzt sind die Nester in Ornbau, Triesdorf, Altenmuhr, Neuenmuhr, Gunzenhausen, Windsfeld und Trommetsheim. Das im Jahre 2002 neu gegründete Nest in Dittenheim blieb unbesetzt. Dafür siedelte sich ein Paar (dasselbe?) in Westheim neu an. Über einen kleinen Mittelgebirgszug, den Hahnenkamm, hinweg erreicht man in gerade mal 10 km Luftlinie den neuen Storchenort. Unweit der Wörnitz und in deren Einzugsgebiet hat sich ein Storchenpaar auf dem Kamin eines Wohnhauses völlig selbständig und ohne menschliche Mithilfe ein Nest gebaut und mit der Brut begonnen. Zufrieden mit den Feststellungen des Tages widmete ich mich danach Pauline und Georg.


Beim Nestbau sind wir
den Feuchtwangern überlegen!

Meine während der Zeit am Schreibtisch gemachten Notizen erwähnen besonders häufig die Tatsache, dass Georg bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit den Dachfirst des alten Rathauses aufsuchte und dort ruhte.

So, jetzt setze ich mich noch ein Weilchen auf den Dachfirst ab!

Das abendliche Zeremoniell mit dem letzten Anflug und dem Geschehen danach verlief diesmal genau nach Lehrbuch. Georg und Pauline verbrachten diese Nacht gemeinsam von Anfang an in ihrer zukünftigen Kinderstube.

11. Mai 03

Das Wunder dauerte auch den heutigen Tag über an. Das Storchenpaar in der Heimatstadt Ihres Tagebuchschreibers hielt dem Ort die Treue! Am Vormittag standen beide auf dem Turm der katholischen Kirche, dort kam es sogar zu einer Paarung in über 30 Metern Höhe. Gegen 13 Uhr kreisten 4 Störche über der Stadt, darunter also noch einmal zwei Fremde. Gegen 15 Uhr standen „Unsere“ abermals auf dem Kamin des Hotels „Zum Greifen“ und wurden zu dieser Zeit von einem Fremdstorch attackiert. Dabei wechselten sie während der Auseinandersetzungen den Platz und landeten auf dem Barockgiebel des angrenzenden ehemaligen Hotels „Zur Post“. Von dort aus gaben sie ihre Besitzansprüche kund und der Angreifer zog Leine und verschwand fürs Erste. 90 Minuten später, ihr Tagebuchschreiber saß auf der Terrasse seines gemieteten Anwesens, überflog sehr niedrig und zielgerichtet ein leibhaftiger Storch das Haus und entschwand in Richtung Sulzachaue. Wo soll das noch hinführen? Jetzt hat man nicht einmal mehr beim Kaffeetrinken seine Ruhe vor dem Storch! Danach ließ man sich nicht mehr blicken, doch bei Einbruch der Dunkelheit stand man wieder vereint auf dem Kamin des berühmten Feuchtwanger Romantik-Hotels.

Wunder Nummer zwei führte mich ein weiteres Mal nach Mosbach. Und auch dieses Wunder fand seine Fortsetzung. Nach einer einstündigen Sitzung hatte ich erneut zweifelsfrei die Anwesenheit von 6 Jungstörchen in der Nestmulde bestätigt. Das wachhabende Weibchen fand in dieser Zeit keine Ablösung durch Vater Storch, so dass über die Zusammensetzung der Speisekarte heute keine Aussagen gemacht werden können.


Jetzt sind aber endlich wir wieder dran,
lieber Tagebuchschreiber!

Kurzzeitig rückte heute in unserem Nest mal wieder das schwarze Folienteil von vorgestern ins Blickfeld.

Der Fetzen von vorgestern liegt immer noch rum! Jetzt leg ich ihn mal dahin... ...oder dorthin!

Irgendwer musste es aus einem Versteck hervorgeholt haben. Doch schon kurze Zeit später hatten es beide Störche wieder an die äußere Umrandung des Nestes gezerrt und da wird es (vielleicht) auch bleiben. Von langer Dauer und ausgesprochen häufig traten auch Georgs „Firststände“ auf dem Rathausdach auf.


Siesta auf dem Dachfirst!

Georg scheint diese Angewohnheit schon fast zur Perfektion gebracht zu haben und nutzte jede Gelegenheit, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Georg hatte in der Dämmerung Paulines Stellung als Brüter übernommen und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen in Gestalt Paulines kurz nach 21:00 Uhr. Nach der Brutablösung rutschte Georg mal schnell zur Seite auf den Dachfirst und dort erlebte er die erste Phase der Nacht.


Gute Nacht, meine liebe Sehergemeinde!

12. Mai 03

Die Störche, die seit dem 10. Mai meine Heimatstadt „heimsuchen“, halten mich weiter auf Trab. Heute genoss ich zum ersten Mal in 25 Dienstjahren an meiner Schule Unterricht mit Storchenblick. Die Volksschule Feuchtwangen-Stadt ist knapp außerhalb des die Stadt teilweise umgebenden ehemaligen Befestigungsringes in leichter Hanglage gebaut und besteht aus mehreren Gebäuden. Nur von einem Gebäude aus hat man einen unverbauten Blick auf die Altstadt und nur von ganz wenigen Klassenzimmern aus kann man das Hotel und die katholische Kirche aus direkt einsehen. Und wie es der Zufall so will, gehört das Zimmer der Klasse 2b, deren Klassenlehrer Ihr Tagebuchschreiber ist, dazu. Wen wundert es da, dass ich heute beim Gang in die Schule mein Fernglas mitnahm. Zum Unterrichtsbeginn war der Kamin, der als Übernachtungsplatz dient, leer. Doch um 8:10 Uhr, ich lief seit 10 Minuten an der Fensterfront des Klassenzimmers auf und ab, erkannte ich mit bloßem Auge, dass die Störche wieder gelandet waren. Nun war für einen Augenblick kein Unterricht mehr möglich. Die gesamte Klasse nahm Aufstellung und gemeinsam nahmen wir die Störche unter die Lupe. Gegen 8:30 Uhr unternahmen beide einen kurzen Ausflug, der sie für eine halbe Stunde auf den Turm der katholischen Kirche führte. Der Rückkehr auf den Kamin kurz nach 9 Uhr folgte ein längere Vakanz, deren Ende ich nicht genau mitbekam, denn wir mussten zum Sportunterricht in die Turnhalle und von dort ist das Storchennest nicht zu sehen. Doch nach unserer Rückkehr fanden wir beide Störche erneut auf ihrem Lieblingsplatz vor. Mittlerweile hatte auch unsere Nachbarklasse Wind von der Sache bekommen und so standen schon 60 Kinder an den Fenstern zweier Klassenräume. Doch als um 11 Uhr beide Störche abflogen und in niedriger Höhe über den Schulhof und an den Klassenzimmern vorbei flogen, gab es kein Halten mehr. Mit Mathematik hatte nun keiner mehr etwas am Hut, einschließlich des Lehrers. Nur gut, dass die Kinder bereits nach der vierten Stunde Unterrichtsschluss hatten. Aber was geschieht morgen, wenn es wieder „Storch live“ gibt? Kurz vor 14 Uhr fuhr ich in die Altsstadt, um einen jugendlichen Freund zu einer Storchenfahrt abzuholen. Der Kamin des Hotels war verwaist, doch nun halten sie sich fest! Auf dem Giebel des meinem Eltern- und Geburtshaus benachbarten Anwesens stand ein Storch! Sieben Meter weiter und erstmals wäre ein Storch bei mir gelandet. Zwei Stunden später hatte sich das Paar jedoch wieder den Dachfirst des Hotels „Zum Greifen“ ausgesucht  und schon lange vor 20 Uhr stand „mein“ Storchenpaar auf dem Kamin und richtete sich für die dritte Übernachtung ein.

Aus Mosbach gibt es weiter frohe Kunde ohne jeglichen Anflug von Traurigkeit. Die 6 geschlüpften Jungen sind weiter allesamt am Leben und haben einen weitere Nacht ohne Schaden überstanden. Es gelang diesmal wesentlich schneller alle sechs Köpfe und Hälse gleichzeitig zu sehen. Bei der größeren Dreiergruppe war dies keine Schwierigkeit, auch die Nummer vier und fünf setzten sich heute deutlicher in Szene, nur die Nummer sechs hielt sich vornehm zurück. Bei der kleinen Größe auch kein Wunder. Es gelangen mir auch einige Schnappschüsse, die ich später noch präsentieren werde. Als das Weibchen nach einer kurzen Zeit des Wartens erschien, würgte sie abermals eine Riesenportion Fisch ins Nest. Sie scheint sich zu einer Spezialistin für diese Art Nahrung zu mausern, doch wo sie den Fisch einkauft, bleibt weiter ihr Geheimnis. Aber Geheimnisse sind ja schließlich dazu da, gelüftet zu werden. Den Abschluss des Tages bildete dann noch ein Besuch unter dem Dach der Georgskirche. Dabei sah ich von oben auf Georg und Pauline, doch so gut wie über die Webcam bekam ich sie natürlich nicht zu Gesicht. Das Hauptaugenmerk galt dabei unserer Dohlenkolonie. Um die Beringung der Jungdohlen durch Thomas Joas besser koordinieren zu können, kontrollierte ich – das Risiko einer Störung wohl abschätzend – die unter dem Dach angebrachten Nistkästen. Der Zeitpunkt hätte nicht besser gewählt sein können, denn die meisten Jungen in den Nestern waren nur wenige Tage alt oder standen kurz vor dem Schlüpfen. 11 Paare hatten bis heute 30 Junge erbrütet, bis auf 2 Junge – diese waren schon rund 10 Tage alt – präsentierten sich alle in einem Alter zwischen ein und fünf Tagen. 14 Eier waren noch nicht zum Schlüpfen gebracht worden. Dieses Ergebnis belegt die große Synchronität des Brutablaufes in einer Kolonie.

Pauline und Georg sollen aber auch heute nicht unerwähnt bleiben, sind sie doch nach wie vor unsere Hauptakteure.


Hey, Schorsch!
Der Tagebuchschreiber berichtet
ja nur noch von unseren Kollegen in Feuchtwangen!

Bis 0:00 Uhr in der vergangenen Nacht war Georg noch immer nicht zu Pauline ins Nest zurückgekehrt. Er hielt die Wacht auf dem Dachfirst. Danach hüllte sich der Mantel des Schweigens über die weiteren Geschehnisse. Im Laufe des Vormittags entdeckte Georg abermals seine alte Liebe zu Plastikabfällen aller Art. Vielleicht wollte er damit seiner Pauline ein verspätetes Muttertagsgeschenk unterbreiten.

Ob zu zweit oder allein im Nest, der Müll bleibt der selbe!

Ob er dabei bei „Ihr“ auf Gegenliebe gestoßen ist, mag bezweifelt werden. Doch garniert nun erneut ein schmuckes Kränzchen den inneren Nestrand. Georgs farbliche Vorliebe galt nach schwarz und dunkelblau mal wieder verstärkt der weißen Komponente.

Ich bin ja gespannt, was unser Experte morgen wieder alles schreibt! Dass ihm der Stoff immer noch
nicht ausgeht!

Lange Zeit stand unser Schorsch auch heute auf dem Dachfirst. Diese wenigen Meter vom Nest bis zur westlichen Giebelspitze haben es ihm besonders angetan. Schaut man vom Ledermarkt live zum Nest (also von Helmuts Modehaus aus!), ist unterhalb der genannten Strecke alles von den Ausscheidungen Georgs schneeweiß gekalkt. Gegen 19 Uhr tauschte Georg mit Pauline Platz. Während sie schnurstracks abdüste, übernahm er die weitere Bebrütung des Geleges.

13. Mai 03

Gegen 21 Uhr – und hiermit schließt der Eintrag an den des gestrigen Tages nahtlos an – erschien Pauline zur Brutablösung und Georg verabschiedete sich postwendend von seiner Partnerin. Auf dem Dachfirst sah man ihn anschließend bis mindestens Mitternacht stehen, dann verabschiedete sich auch Ihr Tagebuchschreiber von Georg.

Georg, Aufstehen! Morgen will unser Tagebuchschreiber mal Bilder von den Feuchtwanger Kollegen ins Netz stellen! Da mach ich doch gleich noch etwas Ordnung in unserem Nest!

Schule gab es auch heute wieder in meiner 2b mit Blickkontakt zum Storchenpaar auf dem Kamin des Hotels „Zum Greifen“. Ja, das Paar war von meinem Klassenzimmer abermals zu beobachten und ich ertappte mich immer wieder bei einem verstohlenen Blick nach draußen, ohne dass ich meine Schüler allzu sehr von der unterrichtlichen Arbeit ablenken wollte. So notierte ich den ersten Sichtkontakt um 9:00 Uhr auf dem besagten Kamin. Von dort wechselte man um 9:15 Uhr über die Untere Torstraße zum Turm der katholischen Kirche. Nach der großen Pause an unserer Schule waren beide Örtlichkeiten ohne Storch, jedoch kurz vor 11:00 Uhr wurde es für eine gute Stunde noch einmal turbulent. Beide Störche erschienen zu dieser Zeit erneut im Bereich des Hotels. Einer stand dabei kurz auf dem Dach, der andere besetzte den Kamin, ehe man sich dann doch gemeinsam für den Kamin entschied. Danach erfolgten einige An- und Abflüge des Männchens, die dem Transport von Nistmaterial dienten. Zum ersten Mal konnte ich dies hiermit in den vergangenen drei Tagen belegen. Allerdings schienen der Wind sowie die große Kaminöffnung etwas gegen diese ersten zaghaften Versuche zu haben, denn alle Zweige verschwanden entweder nach innen in den Kamin oder sie fielen einfach über das Dach herunter. Der abendliche Einflug und die darauf folgende Übernachtung auf dem  Kamin beweisen, dass das Feuchtwanger Paar meiner Stadt (noch) die Treue hält.

Es ist wieder kühler geworden und die momentane Witterung bei Höchsttemperaturen von nur mehr 17 Grad und häufigen kurzen Regenschauern lässt mehr an den April erinnern. Doch so lange die Tagestemperaturen ein Stück über 10 Grad bleiben und der Regen immer nur kurze Zeit anhält, besteht auch für schon geschlüpfte Jungstörche keine große Gefahr. Das Hudern durch die Altvögel sorgt dafür, dass das nasse Gefieder schnell wieder trocknet und die Regenpausen erlauben es den Eltern, auch größere Strecken bei der Nahrungssuche zu überwinden und damit den Nahrungsbedarf  zu decken. Bei diesen Zeilen denke ich natürlich in erster Linie an unsere sechs Jungen im Mosbacher Nest, die ich heute nicht besuchen konnte. So bleibt mir nur die Hoffnung, dass das erfahrene Mosbacher Paar – auch im letzten Jahr waren 6 Junge geschlüpft – alle Jungen deutlich länger am Leben erhält als im vergangenen Jahr. Damals war das sechste Küken bereits einen Tag nach dem Schlüpfen verschwunden.

Bei Georg und Pauline hat sich an diesem 13. Mai wenig ereignet.


Vorsicht, Pauline! Du fällst ja gleich kopfüber aus dem Nest!

Das Müllproblem hat sich abermals nach dem gestrigen Wieder-Aufflammen deutlich entspannt, kann aber noch nicht als überwunden bezeichnet werden.


Ganz verschwunden ist der Müll noch nicht!

Dass sich Georg nur dann länger im Nest aufhält, wenn er mit dem Brüten dran ist, erwies sich auch am heutigen Tag als überaus auffällige Verhaltensweise. Wurde er abgelöst, blieb er meist noch eine Weile auf dem Dachfirst stehen.
Viel Spaß beim Brüten, Pauline! Ich geh mal wieder nach Nebenan!

Als er Punkt 21:00 Uhr zum letzten Mal für heute am Nest landete, begnügte er sich mit einer höchst flüchtigen Begrüßung seiner Partnerin, um schon nach Sekunden das Nest hinter sich zu lassen und auf den Dachfirst überzuwechseln.

14. Mai 03

Das Storchenpaar in Feuchtwangen ist nun bereits den fünften Tag in meiner Heimatstadt ansässig. Auch heute konnte ich dem Paar wieder von meinem Arbeitsplatz in der Volksschule Feuchtwangen-Stadt zusammen mit meinen Schülern bis gegen 12 Uhr zusehen. Dabei gelang es uns einmal, einen spektakulären Anflug des Paares zu erleben. Ein Schüler entdeckte beide hoch über der Stadt und wir beobachteten, wie sie sich langsam abwärts schraubten. Dabei sah ich, dass einer der beiden Störche mit Nistmaterial im Schnabel ankam. In immer engeren Spiralen abwärts fliegend sowie mit ausgefahrenem „Fahrwerk“ näherte man sich dem angepeilten Landeplatz. Das Männchen beschäftigte sich danach längere Zeit mit den mitgebrachten Zweigen, hatte aber wieder kein Glück mit dem Einbau, denn so gut wie alles Material ging dabei verloren. Als kleine Zugabe füge ich einige Fotos bei, die alle am Ankunftstag der Störche, am 10. Mai, entstanden sind.


Dach und Kamin des Hotels „Zum Greifen“ vom Dachboden meines Elternhauses aus

 Beide auf dem Turm der katholischen Kirche in Feuchtwangen

 
Auf dem Barockgiebel des ehemaligen Hotels „Post“,
heute Teil des Hotels „Zum Greifen“

Mein letzter Blick um 21:45 Uhr zum Kamin und den umliegenden Häusern am Marktplatz bescherte dann aber eine leichte Enttäuschung. Nur einer der beiden Störche war zur Übernachtung auf den Kamin zurückgekehrt.

Mit etwas bangen Erwartungen stattete ich heute dem Mosbacher Storchenpaar einen weiteren Besuch ab. Die vergangene Nacht brachte immerhin mit Temperaturen von knapp über dem Gefrierpunkt wenig Erwärmendes, doch die Schauer des Tages waren immer nur von kurzer Dauer. Die Kühle am Spätnachmittag – und hier sah man, dass das Paar durchaus weiß, was es tut – brachte es mit sich, dass das Männchen ab und zu während meines Besuches die Jungen huderte. Seine Partnerin stand unweit des ausgelassenen Badeweihers von Mosbach. Sie erschien leider nicht zu einer Fütterung und meine Zeit war knapp bemessen, um noch länger warten zu können. Man kann halt nicht alles haben, aber wenigstens war es mir vergönnt, abermals einige kurze Blicke auf sechs Junge zu erhaschen. Das kleinste Junge machte mir dabei einen reichlich desolaten Eindruck, zumindest der Größenunterschied zu einigen seiner Geschwister wird immer deutlicher. Beiliegende Aufnahmen vom Montag, 12. April zeigen einmal das fütternde Weibchen mit deutlich sichtbaren sechs Jungstörchen, drei größeren links und im Hintergrund, drei deutlich kleineren rechts vorne. Die kleineren Jungen tragen noch das dunkle erste Dunenkleid, während sich die größeren im helleren zweiten Dunenkleid präsentieren. Das zweite Foto zeigt die vorausgegangene Ablösung. Das Männchen fliegt Sekunden nach der Aufnahme ab, das vierjährige Weibchen widmet sich den Jungen und beginnt mit der Fütterung.

  

Bei Pauline und Georg fasse ich mich heute mal ausnahmsweise ganz kurz, zumal ich noch überraschend nach Herrieden eilte, um einer mysteriösen Geschichte nachzugehen. Eine Anruferin berichtete von zwei Störchen, die auf dem Pausenhof der dortigen Volksschule, auf dem gerade eine Klasse mit Verkehrsunterricht befasst war, Kinder bedrängt und attackiert hätten. Das kam mir bekannt vor, gab es solche Berichte auch schon vom letzten Jahr aus Herrieden. Doch heuer sind bis heute diese Störenfriede nicht aufgetaucht und ein anderes Paar brütet in der Altmühlstadt. Sollten beide verspätet doch noch eingetroffen sein und ihr Unwesen treiben? Meine Nachforschungen führten jedoch zu keinem Ergebnis. Außer einem im Nest auf dem Storchenturm brütenden Storch konnte ich keinen weiteren Adebar finden. Trotzdem können alle Mütter unbesorgt sein. Tollwut – denn dies wurde von der Anruferin ins Gespräch gebracht – kann von Vögeln nicht übertragen werden.

Nur gut, dass Pauline und Georg durchaus „normale“ Störche sind, wenn man einmal von Georgs Leidenschaft für Zivilisationsmüll einmal absieht. Der Müll der vergangenen Tage hat sich, wie erwartet, schon wieder verflüchtigt, so dass das Nest einigermaßen manierlich aussieht.

Georg wendet die Eier von rechts... ...Pauline von links!

Die Brutablösungen nahmen ihren gewohnten Gang und beim abendlichen Showdown spielte sich alles wie erwartet ab. Pauline erschien Punkt 21 Uhr, Georg erhob sich, flatterte auf den Dachfirst und flog noch einmal ab.


Lass
mich, Georg!
Und setz du dich mal wieder auf den Kamin!

Hat er uns doch ein Schnippchen geschlagen? Ich glaube, da auch später sein Platz auf dem Dachfirst leer blieb, dass er sich nach einer kleinen Platzrunde wieder einmal auf den Kamin neben der Videokamera begeben hat und dort nächtigt. 

15. Mai 03

Offenbar haben der Feuchtwanger Georg oder die Feuchtwanger Pauline gestern an anderer Stelle genächtigt – es stand ja nach Einbruch der Dunkelheit nur ein Storch auf dem Kamin des Hotels – denn heute gegen 9:30 Uhr war man wieder vereint. Meine Klasse in der Schule nahm regen Anteil am spannenden Geschehen, nachdem ihr Klassenlehrer den ersten Sichtkontakt eines Einzelstorchs gegen 8:15 Uhr gemeldet hatte. Als dann, wie oben berichtet, während der großen Pause zwei Störche auf dem Kamin standen, war ich doch sehr erleichtert und wir feierten die Rückkehr des kurz Verschollenen mit einer ausgiebigen Beobachtungsrunde. Über eine Stunde dauerte die Anwesenheit, ehe beide abflogen und hoch über dem Schulgebäude zu kreisen begannen. Für die Zweitklässler entwickelte sich die Betrachtung des Flugbildes der Störche zu einem beeindruckenden Erlebnis. Ein Nestbau oder das, was man als solchen bezeichnen könnte, hat auch heute noch nicht eingesetzt. Dies tut der Freude dennoch keinen Abbruch, da es für einen solchen ja auch keine biologische Notwendigkeit mehr gibt. Allein durch die Anwesenheit von Störchen über einen längeren Zeitraum ist für das nächste Jahr ein deutliches Zeichen gesetzt, an welcher Stelle der Stadt sich die Anbringung einer künstlichen Nisthilfe lohnen würde. Bereits gegen 20:15 Uhr stellte sich das Paar heute zur Übernachtung ein. Einer der beiden Altvögel stand anfangs auf der Giebelspitze des Hotels „Zum Greifen“. Als der zweite anflog und sofort auf dem Kamin landete, gesellte sich der Partner schnell ebenfalls dazu. Ein schönes Bild, an das man sich durchaus gewöhnen kann.

Pauline und Georg, Dinkelsbühl prominente Mitbürger, stehen vor der letzten Brutwoche und bald beginnt für beide ein neuer Lebensabschnitt, der viel Kraft kosten wird. Im Grunde vergingen für mich die bisherigen 24 Bruttage wie im Fluge und mit dem Rest wird es nicht anders sein.


Wenn ich daran denke, dass bald unsere Kinder
schlüpfen, dann schüttelt es mich richtig!

Morgen werden wir ein kleines Jubiläum feiern. Wer das Datum unter unserem Counter einmal genau beachtet, weiß, dass morgen vor zwei Jahren erstmals Bilder der Webcam via Internet ausgestrahlt wurden. Morgen werden wir auch die Zahl von 360.000 Zugriffen überschreiten. Im ersten Jahr konnten wir bis zum 16. Mai 125.000 Zugriffe erreichen, im zweiten Jahr sind es mit 235.000 fast doppelt so viele und wenn die Steigerungsrate weiter anhält und wenn Georg und Pauline Junge erfolgreich aufziehen können, sollte die Akzeptanz sich weiter steigern lassen und viele neue Freunde unserer Webcam sowie der sie begleitenden Hintergrundinformationen dazu kommen.


Unser Tagebuchschreiber nennt Zahlen,
da wird mir ganz schwindelig!
Nur gut, dass ich liege, Pauline!

Nehmen Sie unser Jubiläum zum Anlass, möglichst viele auf uns aufmerksam zu machen und neben schönen Bildern auch für unsere Anliegen zu werben. Das Nest macht schon längst wieder einen sauberen Eindruck.


Ich habe Georgs Plastikmüll verschwinden lassen.
Hoffentlich merkt er es nicht so schnell!

Auch wenn dies kein wichtiges Kriterium darstellt und mir auch ein Nest mit Müll gefällt, unterstreicht es doch den besonderen Charakter und die Sammelleidenschaft unseres Georgs. So gesehen, stellt er vielleicht doch etwas Besonderes dar! Bis 20:32 Uhr brütete Georg. Pauline erschien, Georg erhob sich vom Gelege, flog sofort ab und überließ Pauline die letzte Schicht.


Bald habe ich das Wenden der Eier aber satt!

Als er um 21:30 Uhr wieder bei Pauline auftauchte, widmete er sich zuerst dem Zustand des Nestes und anschließend dem seines Gefieders. Gemeinsame Nächte unseres Traumpaares scheinen sich nun doch bereits zur Rarität zu entwickeln. Allem Anschein nach ist Georg heute bereit, die Nacht in Gesellschaft Paulines zu verbringen.


Ich probiere es mal wieder
eine Nacht bei dir, Pauline!

Ist damit eine ernste Ehekrise für den Augenblick überstanden? Ist das Paar über die ausführlichen Berichte des Tagebuchschreibers aus Feuchtwangen etwas verschnupft und entzieht sich deshalb Georg allzu gerne den abendlichen Blicken? Es darf weiter gerätselt und spekuliert werden. Bald sind die Tage trauter Zweisamkeit so und so vorbei, denn mit der Aufzucht der Jungen beginnen sich die familiären Probleme und Sorgen erst so richtig zu entwickeln.

16. Mai 03

Zwei Jahre „Storchenkamera Dinkelsbühl“ sind mit dem heutigen Tag „voll“ geworden. Für mich natürlich eine tolle Zeit, hatte ich doch (fast) täglich während der Anwesenheit unserer Störche die Gelegenheit, meinen Lieblingsvogel bequem und aus einer einmaligen Perspektive erleben zu können. In dieser Phase hat sich aber auch in meinem täglichen Lebensrhythmus einiges verändert. Wegen der Tagebucharbeit und dem Bestreben nach höchster Aktualität waren für mich und meine Familie auch ab und zu Opfer zu erbringen, die dann spürbar wurden, wenn die Arbeit am Computer den familiären Belangen entgegen arbeitete. So blieb mancher Ruf zum Essen unbeantwortet oder der Rufer verspürte  keine sichtbare Reaktion. Gemeinsame Unternehmungen im Familienkreise waren häufig von den Vorgängen am Storchennest und den damit zusammenhängenden Arbeiten geprägt. War die Stimmung deshalb einmal besonders „angeknackst“, nahmen mich meine Kinder wegen meiner Affinität zum Thema „Storch“ gelegentlich auf den Arm und gaben mir damit zu verstehen, dass sie das hohe Maß meines Einsatzes nicht in jedem Falle nachvollziehen konnten. Ein wenig bedauere ich für mich nur, dass für die Beobachtungen anderer Vögel in „Wald, Flur und an Gewässern“ fast keine Zeit mehr übrig bleibt. Nehmen Sie es mir aus den genannten Gründen nicht übel, wenn ich nicht jede Anfrage, die mich über eMail erreichte, beantwortet habe oder beantworten konnte. Ihre daraus ersichtliche Anteilnahme und Ihr großes Interesse an naturkundlichen Themen, die auf unserer Website über den Vogel Storch transportiert werden, haben mich aber schon ein wenig stolz gemacht. Und letztlich sind es auch Ihre durchweg positiven Reaktionen gegenüber meiner Arbeit, die mir selbstverständlich gut tun und die es mir leichter machen, manch inneren Schweinehund zu überwinden. Aus Anlass unseres heutigen kleinen Jubiläums möchte ich aber auch unserem Technik-Pionier Helmut Wilfling herzlich danken, der es trotz mancher, nicht von ihm zu verantwortender Schwierigkeiten immer wieder geschafft hat, in fast zwei Jahren die Bildübertragung zu sichern. Dass es unser Andreas Kamm von K&K Computer-Systeme seit nunmehr fast fünf Wochen geschafft hat, mit der neuen Technik einen vollkommen reibungslosen Ablauf der Internetübertragung zu gewährleisten darf als eine weitere Steigerung der Leistungsfähigkeit des Systems betrachtet werden. Doch Tagebuchschreiber und beste Technik könnten nichts an den Mann und die Frau bringen, wenn nicht im Hintergrund ein kompetenter und höchst fleißiger Webmaster stünde, der alles gekonnt, ruhig und sachlich für Sie umsetzt. Alles, was an Texten sein Haus erreicht, ob unter der Woche oder am Wochenende, am Tage oder in der Nacht, wird auf der Stelle bearbeitet. Als ihn der Bund Naturschutz vor zwei Jahren bat, wusste er sicherlich nicht, auf was er sich da eingelassen hatte. Von einer Webcam war zu dieser Zeit noch gar nicht die Rede, von einem Tagebuch, das seinem Namen alle Ehre macht, ebenfalls nicht. Nun hat sich die Sache immer weiter entwickelt und aus einer „Nur-Pflege-Aufgabe“ ist ein täglicher Einsatz nötig geworden. Dafür möchte ich mich – sicher in Ihrer aller Namen – auch bei Wolfgang Horlacher ganz herzlich bedanken. Kurzum: Ich freue mich, auch in den nächsten Monaten die Ereignisse um Pauline, Georg und – hoffentlich – deren Kinder kommentieren zu dürfen. Ich tue dies ausschließlich freiwillig, ohne Zwang und  gern, denn anders wäre ein solcher Marathon nicht zu leisten und mir würde ehrlich gesagt auch etwas fehlen. Deshalb sollen Sie mich in keiner Weise bedauern, denn in diesem Sinne wollte ich mich mit meiner kleinen Abschweifung in eigener Sache auch nicht äußern.

Aus Feuchtwangen gibt es weiter frohe Kunde.


Da drüben aus dem Dachfenster schaut der Storchenexperte!

Unterricht im Zeichen des Storchs! Das Paar scheint sich für einen längeren Aufenthalt gerüstet zu haben. Die Anwesenheitszeiten auf dem Kamin werden länger und auch auf dem Giebel des benachbarten Hotels „Zur Post“ könnte sich ein Nestbau ebenso lohnen wie auf dem Kamin unseres alten Rathauses (man beachte die Duplizität der Ereignisse mit Dinkelsbühl!). Heute beobachteten meine Klasse und ich zwei Fremdstörche über der Altstadt, die von unserem heftigst drohenden und klappernden Paar aus dem Felde geschlagen wurden. Auch während des Nachmittags hielten sich die Neubürger Feuchtwangens regelmäßig auf dem Kamin auf und abends gegen 20 Uhr stand man – bereit für die Nacht – an gleicher Stelle. Als ihr Tagebuchschreiber gegen 00:00 Uhr nach der letzten Chorprobe vor dem großen Kirchenkonzert am morgigen Sonntag über den Marktplatz Richtung Heimat ging, leuchteten ihm zwei weiße Punkte aus luftiger Höhe entgegen.

Schnell noch nach Mosbach: Heute durfte ich erneut einen Blick ins dortige Storchennest werfen. Der Storchenmann (unberingt) stand zunächst im Nest. Mit meinem Spektiv durchmusterte ich die Nestmulde und nach kurzer Zeit hatte ich alle Sechse gleichzeitig im Bilde.


Seltener Anblick mit 6 Jungen!

Erstaunlich und für mich auch etwas überraschend ist die Tatsachse, wie lange das Nesthäkchen mit Erfolg gegen seine Geschwister ankämpft. Inzwischen gebe ich bereits vier Jungen gute Überlebenschancen, auch das fünfte macht einen besseren Eindruck als zuletzt. Das Weibchen erschien heute zur Fütterung. Fische waren erneut mit dabei, spielten jedoch eine nur untergeordnete Rolle. Offenbar ist die Fischquelle so ziemlich versiegt und unser Weibchen ist gezwungen, auf andere Kost umzusteigen. Außer erkennbaren Regenwürmern waren weitere kleine Beutestücke darunter, die ich nicht identifizieren konnte. Das Männchen flog gleich nach der Landung seiner Partnerin ab. Ich konnte es wenig später, rund 1,5 Kilometer entfernt bei Tribur in einer frisch gemähten Wiese entdecken.

Pauline und Georg verlebten einen ruhigen Tag, was auch ein wenig mit der fehlenden Zeit zusammenhing, die Ihr Tagebuchschreiber heute vor dem Kamerabild zubrachte.


Georg beim Brüten vom Dach des Münsters Sankt Georg aus

So beobachte ich schon beim ersten Blick am Morgen Georgs „Dachstand“


Wie lange kann ich mir diesen Luxus noch leisten?

und kurze Zeit darauf nach dem Drohverhalten und dem heftigen Flügelpumpen zu urteilen auch wieder Fremde in der Luft.

Pauline, die Fremden sollen doch nach Feuchtwangen und dort ihr Unwesen treiben!

Könnten es sogar dieselben Störche gewesen sein, die einige Stunden später in Feuchtwangen unserem Paar einigen Schrecken einjagten? Die Nacht verbrachten Pauline und Georg schließlich wieder einträchtig zusammen im Nest. 

17. Mai 03

Wochenende und kein Unterricht bedeutet heute auch weniger Storchensichtung in Feuchtwangen. Trotzdem reicht es für einige kurze Notizen. Gegen 11 Uhr stand das Paar – ein neuer Standort in diesem Jahr – auf dem Kamin des alten Rathauses. Man beachte die Gemeinsamkeit im Vergleich mit dem Dinkelsbühler Nest. So schlecht fand ich die Wahl für einen möglichen Neststandort auch nicht. Da es sich bei dem Altrathauskamin um einen so genannten deutschen Kamin handelt, er über eine Steinplatte als oberen Abschluss und gleichzeitig über die Möglichkeit eines seitlichen Rauchaustrittes verfügt, könnten hier die Störche ohne Schwierigkeit einen Nestbau fertigen und kämen völlig ohne die menschliche Mithilfe aus. Dieser neue Aussichts- und Ruheplatz gewinnt ab heute an Bedeutung. Ich sah sie nur noch dort stehen und auch die abendliche Übernachtung geschah auf dem Kamin des alten Rathauses.

Leider brachte ein Besuch in Mosbach den schon lange erwarteten Verlust des Nesthäkchens. Nach einer über einstündigen Wartezeit war klar, dass sich nur noch fünf Junge im Nest befanden. Dabei scheinen vier vorerst über den Berg zu sein, während das fünfte noch stark gefährdet ist. Die Storchendame hielt während der längsten Phase der Beobachtung Wache am Nest. Als das Männchen erschien, flog sie postwendend ab und landete genau in dem unter dem Nestgebäude vorbeiführenden betonierten Abfluss des Badeweihers, der später in die Wörnitz fließt. Als ich anschließend der Sache nachging, entdeckte ich zufällig die Ursache der „Fischflut“ der vergangenen Tage. Nicht in der Wörnitz hatte unsere Storchenmutter die zahllosen Fische erbeutet, sondern hier. Auch heute noch entdeckte ich am Fuße eines kleinen Wehres mitten im Ort viele der toten Fischkörper. Beim Spülen und Reinigen des Badeweihers durch die örtliche Feuerwehr und beim Auslassen eines dem Badeweiher als Zufluss dienenden kleinen Staubeckens waren die Fische durch die Betonrinne Richtung Wörnitz gespült worden. Viele strandeten unterwegs und wurden so zur Beute der Störchin. Auch für die nächsten Tage steht diese zufällig entstandene Nahrungsquelle noch zur Verfügung. Als das Männchen fütterte, reckten sich fünf Hälse in die Höhe und alle Jungen schienen von den mitgebrachten Beutetieren satt zu werden. Am Abend gegen 18 Uhr erreichte mich noch ein Anruf aus Mosbach. Frau Kern, eine direkte Anrainerin des Nestgebäudes meldete, dass ein totes Junges unmittelbar vor der Ausfahrt der zu einer Übung ausrückenden Mosbacher Feuerwehr liege. Ich holte wenig später den frischen Kadaver ab, machte einige Fotos und wog das sechste Mosbacher Junge. Es war genau 8 Tage alt geworden und brachte 240 Gramm auf die Waage. Nach der Literatur sollte es in diesem Alter etwa 270 Gramm schwer sein. Sicherlich waren die 10% Untergewicht nicht der ausschlaggebende Grund für den Tod, sondern die immer größer werdende Diskrepanz zu den Nestgeschwistern. Das Küken hätte gerade in der vergangenen Nacht bei Temperaturen nahe null Grad einige zusätzliche Wärmeeinheiten vertragen. Die ältesten Geschwister bringen es im Augenblick bei einem Alter zwischen 15 und 19 Tagen auf Gewichte zwischen 860 und 1400 Gramm, was dem Vier- bis Sechsfachen entspricht. Vergleichen sie einfach – auf den Menschen übertragen – ein 15 kg schweres Kind mit einem 60 bis 90 kg schweren Erwachsenen. Nicht traurig sein! Sechs ausfliegende Junge sind eine große Seltenheit und solche Ereignisse kommen in Mitteleuropa vielleicht bei 10.000 Bruten einmal vor. In Bayern geschah dies in den vergangenen 23 Jahren bei geschätzten 2000 Bruten nur einmal und das auch nur unter Zufütterung. Auch fünf Junge, die zum Ausfliegen gebracht werden, bilden immer noch einen verschwindend geringen Anteil am Gesamtbruterfolg. Deshalb machen Sie sich schon auf weitere Verluste im Mosbacher Nest gefasst.

Lass mich, Pauline!
Nein, ich will,
Georg!...
...Dem hab ich es aber
gezeigt! Soll doch der
aufs Dach!
Da bin ich wieder!
Jetzt bin ich
aber dran!

Bei Pauline und Georg konzentrierte ich mich vor allem auf die Geschehnisse des Abends und auf das Schlafverhalten des Storchenmannes. Keine besonderen Vorkommnisse bis dahin, vermeldet deshalb das Tagesbulletin. Um 21:00 Uhr fand noch einmal eine Brutablösung statt. Danach wechselte Georg schnell auf den Dachfirst, flog aber schon nach wenigen Minuten letztmals ab. Um 21:45 Uhr landete er – bei reichlich wenig Licht  - im Nest, gab Pauline einen letzten „Kuss“, wich auf den Dachfirst aus und blieb dort zumindest bis Mitternacht.


Fast jeden Abend übernachtet er auswärts!

Kurz darauf träumte Ihr Tagebuchschreiber von Marc-Antoine Charpentiers „Te Deum“, von Buxtehude, Pachelbel und Manfredini.

18. Mai 03

Feuchtwangen stand für Familie Ziegler heute ganz im Zeichen der Musik. Nicht konsumierend, sondern produzierend brachte sich die Gesamtfamilie musikalisch zu Gehör. Sie sehen, dass es für Ihre „Tagebuchschreibers“ nicht nur Störche und anderes Getier gibt, sondern auch die eine oder andere Muse unser Gefallen findet. Natürlich blieb zwischen den Proben immer noch Zeit, nach den Feuchtwanger Störchen zu sehen. Sie hielten sich am Vormittag wiederholt auf dem Kamin des alten Rathauses auf. Dort fand in meinem Beisein auch eine Paarungsversuch statt, der allerdings fehlschlug und das Männchen anschließend auf den Dachfirst des Nachbarhauses abdriften ließ. Es stand dann – sichtlich enttäuscht von seinem Fehlversuch – eine ganze Weile mit Gefiederpflege beschäftigt und gelangweilt da, bis sich eine Körperfeder löste, vom Dach trudelte und vor meinen Füßen auf den Boden fiel. Als stolzer Besitzer einer Feuchtwanger Storchenfeder sah ich Adebar später auf den Kamin des Hauses in der Unteren Torstraße wechseln, während das Weibchen auf dem Rathaus stehen blieb.

Sohn Lucas spielte mit Vater Thomas zwischendurch bei der Goldenen Konfirmation in unserer Kirchengemeinde mit dem Posaunenchor als Trompeter bzw. Posaunist  die Festmusik und sah im Vorbeifahren erneut das Storchenpaar auf dem Altrathauskamin. Der Nachmittag war mit weiteren Proben ausgefüllt, wobei Tochter Felicitas als Gesangssolistin (studiert in Dresden Gesang) und Sohn Tobias (macht gerade sein Abitur, ist Mitglied des Bundesjugendorchesters und möchte Trompeter werden) als Solotrompeter, Ehefrau Ingrid als Sängerin im Chor und schließlich auch der Tagebuchschreiber als Sänger aktiv beteiligt waren. Dass ein Storch am Nachmittag auch der Sirene auf dem Rathaus einen Besuch abstattete und das abendliche Konzert mit Charpentier, Pachelbel, Buxtehude und Manfredini ein voller Erfolg wurde, ist noch gar nichts gegen den abendlichen Einflug unseres Storchenpaares beim Gang über den Marktplatz zur Nachfeier nach dem Konzert. Gegen 21 Uhr segelten beide niedrig über unsere Köpfe hinweg und landeten zur Abwechslung wieder auf dem Kamin des Hotels „Zum Greifen“. Zwei Stunden später leuchteten die Körper der Störche aus luftiger Höhe über den Marktplatz.

Nach Mosbach kam ich heute aus verständlichen Gründen nicht, ich hatte aber im gestrigen Eintrag vergessen, dass ich das ehemalige Nesthäkchen nach dem Fotografieren und dem Wiegen in meinem Garten beerdigt habe.  

Warum Prinzesschen und Felix in diesem Jahr so langsam vorankommen und scheinbar noch immer nicht im Zielgebiet eingetroffen sind, lässt sich so aus der Distanz nur schwer abschätzen und hiermit möchte ich auf die Frage Renates im Gästebuch Bezug nehmen. Als erwachsene Störche, die schon mindestens eine Brutsaison in Mitteleuropa hinter sich gebracht haben, sollten die längst Überfälligen von ihrer inneren Uhr aus gesehen schon bis Ende April bei uns eingetroffen sein. Altersgründe für einen langsameren Zug sind mir nicht bekannt. Im Gegenteil sind erfahrene, also gleichzeitig auch ältere Störche meist sogar früher am Nest als die jungen Vertreter ihrer Art. Von besenderten Störchen des Katastrophenjahres 1997 weiß man, dass sie sich zwar pünktlich auf den Zug gemacht hatten, sie aber im Raum Naher Osten, Syrien, Türkei, Israel durch Schlechtwettergebiete am Weiterflug gehindert wurden und teilweise sogar eine Zugumkehr stattfand. Viele Störche erreichten in diesem Jahr nicht das Brutgebiet und setzten mit der Brut für ein Jahr aus. Eine andere Variante für eine späte oder nicht erfolgende Rückkehr sehe ich in einer schlechten körperlichen Verfassung des Vogels für die weite Reise. Diese physische Behinderung kann im Winterquartier ausgelöst worden sein (dafür spräche der sehr späte Aufbruch Prinzesschens aus dem südafrikanischen Winterquartier in der ersten Märzwoche). Bei meinen langjährigen Untersuchungen und Ablesungen fränkischer Ringstörche konnte ich drei Mal das Ausbleiben eines Ringstorchs am Nest des Vorjahres beobachten und gleichzeitig sicherstellen, dass diese Vögel auch nicht anderswo gebrütet haben. Ein Jahr später waren alle drei wieder an ihrem ehemaligen Nest aufgetaucht. Dies spricht ebenfalls sehr dafür, dass alle drei ein Sabbatjahr eingelegt und aus welchen Gründen auch immer einmal auf ein stressfreies Jahr ohne Brut gesetzt haben.

In Dinkelsbühl läuft alles glatt und wie am Schnürchen. Pauline und Georg befinden sich auf der Zielgeraden der etwas über einen Monat langen Brutzeit. Verfolgen Sie bis dahin alles mit größter Aufmerksamkeit. Pünktlich zum Wochenende werde ich etwas näher ans Nest zoomen, um den Schlüpfvorgang besser sichtbar zu machen, auch wenn dann Papa und Mama Storch nicht immer ganz im Bilde sind. Aber ich denke, die beiden kennen wir mittlerweile sehr gut, so dass wir auch einmal auf eine Komplettansicht verzichten können. Ein zusätzliches Zuckerl wäre es darüber hinaus, wenn es Andreas Kamm gelingen würde, die Bildfrequenz in den Bereich von drei Sekunden zu bringen. Bietet sich der schnelle Takt aus „Gerätegründen“ nicht an, werden wir auch den bisherigen von fünf Sekunden weiter genießen. Der unbeständige Witterungscharakter hielt auch heute – so wie in den vergangenen Tagen schon – unvermindert an. Eigentlich kein schlechtes Storchenwetter: Die Temperaturen um oder leicht unter 20 Grad, immer wieder Regen, aber nicht lang andauernd und damit auch vermehrt Regenwürmer für die Jungen. Da kam man sich doch auf seinen Nachwuchs freuen, Pauline und Georg. Die Schnappschüsse, die ich noch schnell beilege, sind der Beweis, dass Ihr Tagebuchschreiber nicht ganz untätig in Sachen „Storch“ war.


Schirmherrin Pauline: Georg, du kannst dich jetzt umziehen!
Die Storchengucker sehen dich nicht mehr...
 
Einer muss ja schließlich das
Nest in Ordnung bringen!
 
Der Zweig da vorne
stört mich etwas!
 

Noch etwas pumpen,
dann geht es los!
 

Für ein kleines Stückchen Folie
hat's gerade noch gereicht!
 
Abstand zu Pauline!
19. Mai 03

Eine gute und eine schlechte Nachricht  zu Beginn meiner Ausführungen. Die gute zuerst: Nestanfänge auf dem Kamin des alten Rathauses in Feuchtwangen! Die schlechte: Dieses Gebäude ist von meinem Klassenzimmer nicht mehr zu sehen. Nur gut, dass mein Nachbarklassenzimmer diese Möglichkeit noch bietet und ich seit dieser Woche wegen einer längeren Krankheit der Kollegin mit drei Stunden pro Woche und einer kleineren Stundenplanänderung dort eingeteilt bin. So auch bereits am heutigen Vormittag! Ein Blick durchs Fernglas ließ zunächst einen  Storch auf dem Kamin des alten Rathauses sichtbar werden, später auch einen auf der Sirene des Rathauses und nach längerer Zeit wieder einmal auf dem Turm der katholischen Kirche. Am Nachmittag konnte ich beide gemeinsam im Nahrungsgebiet entdecken und beobachten. Sie standen zwischen der Kläranlage und dem Feuchtwanger Ortsteil Herrnschallbach ohne viel Aktion. Erst abends standen sie erneut zur Übernachtung auf dem Hotelkamin. 

Georg und Pauline mussten heute einige heftige Regenschauer und am späten Nachmittag ein über einstündiges Gewitter über sich ergehen lassen.


Am Tag als der Regen kam!

Waren die Temperaturen vor dem großen Regen auf über 20 Grad geklettert, fielen sie bis nach dem Regen auf nur noch 14 Grad. Doch bis zum Abend hatte sich das Wetter beruhigt und die Sonne kam sogar kurzzeitig wieder zum Vorschein. Der Countdown läuft also und die Spannung steigt langsam an.


Ich mach mich schon mal schön,
Pauline! Brüte du nur ruhig weiter!

Die Abendzeitung, eine auflagenstarke Tageszeitung, die im Großraum Nürnberg mit einer eigenen Lokalausgabe erscheint, brachte heute einen sehr großen Bericht, es war schon der zweite, über die Arbeit Ihres Tagebuchschreibers.


In der Abendzeitung steht heute ein großer Bericht!
Hab's gerade gelesen!

Dabei wirbt die Verfasserin für unsere Website und weist auf die bevorstehende Geburt der Jungen hin. Wir dürfen uns auch weiter freuen und ein wenig stolz sein, dass über die kommenden Ereignisse in regelmäßigen Abständen berichtet wird.

Unser Traumpaar sieht also bald Mutter- und Vaterfreuden entgegen. Lag es vielleicht daran, dass Georg bereits gegen 22 Uhr seinen Platz auf dem Dachfirst verließ und seiner Pauline für den Rest der Nacht seine Aufwartung machte?

Zuerst so!... Dann vereint!
20. Mai 03

Feuchtwangen. Am Vormittag – das Paar stand bereits um 7:30 Uhr bei meiner Fahrt in die Schule auf dem Kamin des alten Rathauses – beobachtete ich das Feuchtwanger Storchenpaar vom Zimmer meiner Nachbarklasse aus. Um 8:00 Uhr war der Kamin verlassen, ehe das Paar bereits eine halbe Stunde später wieder Präsenz zeigte. Für eine Stunde riskierte ich ab und zu einige Blicke, Adebar kreiste erneut über unserer Schule und zeigte sich immer wieder auf dem Kamin. Das Nistmaterial auf dem alten Rathaus ist weiter gewachsen und so nahm ich mir den Nachmittag Zeit, um „Nest“ und Storch zu fotografieren. Als ich mir bei der Mesnerin den Schlüssel zum Kirchturm holte, landete gerade ein Storch im Nest. Es dauerte, obwohl sich alle sehr beeilten, doch eine Viertelstunde, bis ich meinen Platz in der ehemaligen Türmerwohnung des Kranzturmes bezogen hatte. Und wie schon im Stillen befürchtet, fand ich am Ende ein leeres Nest vor. Dieser Schlingel hat sich mir einfach entzogen! So blieb mir nichts anderes übrig, als geduldig zu warten. Und es dauerte und dauerte! Nach vier Stunden brach ich die Beobachtung ab, hatte aber ein gutes Stück der Probenarbeit des Ensembles der Kreuzgangspiele zum Stück „Der Brandner Kaspar und das ewig Leben“ akustisch mitverfolgen können, außerdem den Flugkünsten der Dohlen zugeschaut (die gibt es in Feuchtwangen unmittelbar neben dem entstehenden Storchennest ebenfalls!) und die Bauarbeiten am Neubau der Sparkasse beobachtet. Das Storchenpaar glänzte während der gesamten Zeit durch Abwesenheit. So muss ich es eben morgen erneut probieren, denn auch bis 20:30 Uhr zeigten sich keine Störche und das Licht zum Fotografieren mit einer langen Brennweite wurde immer schlechter. Dafür fand ich die beiden vor Einbruch der Nacht seelenruhig gut zwei Kilometer südlich ihres Nestes im Sulzachtal bei Koppenschallbach stehen und ruhen. Statt dem Tagebuchschreiber einige schöne Fotos zu gönnen, zogen sie es lieber vor, im Wiesengrunde die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Um 21 Uhr kam ich doch noch zu meinen Fotos. Beide flogen zur Übernachtung auf den Rathauskamin ein, turtelten noch eine Weile, zupften das Nistmaterial zurecht und gaben eine scherenschnittartige Silhouette vor dem Abendhimmel ab.

Bei unserem Dinkelsbühler Traumpaar blieb bis zum Abend alles ruhig. Die Ablösungen klappten, die Eier wurden sorgsam umhegt und behutsam gewendet, Georg hielt ab und zu vom Dachfirst aus Wache und am Abend blieb er unsichtbar. Doch Sorgen braucht sich deswegen keiner zu machen, hält er sicher wieder vom nicht sichtbaren Rathauskamin Ausschau nach seiner und auf seine Pauline.

Wann schlüpft wohl mein erster?
Das mit Georg nervt dabei schon gewaltig!
Pauline soll sich doch nicht so haben!
Ich brüte doch auch meinen Teil
21. Mai 03

Mein Storchentag begann heute bereits vor dem Unterrichtsbeginn. Da ich gestern vom Turm der Stiftskirche aus keinen Erfolg mit einer Storchensichtung hatte, probierte ich es erneut um 7:30 Uhr. Das Aktivitätsmaximum beim Nestbau liegt, wie wir auch an Georg und Pauline gesehen hatten, in den frühen Morgen- und Vormittagsstunden. Bei Erreichen des Marktplatzes stand wenigstens einer der beiden Störche im „Nest“ auf dem Kamin. Ich spurtete den etwa 40 Meter hohen Turm hoch und musste, als ich oben ankam, zu meiner Enttäuschung abermals ein leeres Nest bestaunen. Doch die Enttäuschung hielt nicht lange vor. Nach wenigen Sekunden flog einer der Störche aus Süden kommend mit Nistmaterial im Schnabel niedrig über die Dächer der Altstadt geradewegs auf mich zu und landete dreißig Meter unterhalb meines Standplatzes und 50 Meter entfernt auf dem Kamin des alten Rathauses. Wie auf Bestellung dauerte es nur wenige Minuten, ehe auch der zweite Storch, ebenfalls mit Nistmaterial, neben seinem Partner einflog. 30 Jahre liegen zwischen der letzten Storchenbeobachtung vom Turm der Stiftskirche und dem heutigen Tag. Irgendwie doch schön, dass sich meine Heimatstadt anschickt, in den illustren Kreis der Storchenorte aufgenommen zu werden. Ich hätte damit nicht gerechnet. Die beiden Bilder stehen für die Ontogenese eines Nestes:

Paar mit Nest am 18.5. Paar mit Nest am 21.5.

Wegen eines Ausfluges mit dem Lehrerkollegium meiner Schule komme ich erst abends zum erneuten Besuch des Storchennestes. Beide Neubürger Feuchtwangens übernachten auf dem Altrathauskamin.

Gleiches tun auch Georg und Pauline, nur mit dem Unterschied, dass sich ihr altes Rathaus in Dinkelsbühl befindet. Bei den beiden dauerte es nur etwas länger, bis sie wieder vereint im Nest anzutreffen waren. Georg kam erst um 21:45 Uhr zu seiner Pauline. Ob er vorher eine Zwischenrast auf dem Kamin nebenan eingelegt hatte, entzieht sich meiner Kenntnis.

Wann rührt sich denn
endlich etwas im Nest?
Ich kann auch vom
Dachfirst aus warten
Kuscheliger ist es aber
bei dir, Pauline!

 

 

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Thomas Ziegler

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