Storchenkamera

Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah
Teil 4
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12. Apr. 03
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Mein gestriger Tagebucheintrag schloss mit
der Bemerkung, es liege etwas in der Luft. Und dieses
Gefühl ließ mich während des gesamten Vormittages nicht
mehr los. Storky flog ungezählte Male für kurze
Augenblicke vom Nest und erschien meist ohne Nistmaterial wieder.
Das bedeutete, dass er nur kleinere Rundflüge unternahm, mit
denen er anderen Störchen im Luftraum seine Präsenz
signalisierte. Er imponierte in regelmäßigen Abständen, legte
Klapperstrophen ein und zeigte eine ausgesprochen erhöhte Unruhe.

Ich hab’s im Urin! Da kommt heut noch eine!
Alle diese Beobachtungen ließen keinen
anderen Schluss zu als dass einer oder mehrere
fremde Störche in der Luft über Storkys Nest kreisen. Der
Drei-Sekunden-Takt hat sich schon jetzt als überzeugende
Lösung heraus kristallisiert: Keine hektischen Bildwechsel,
sondern trotz der schnelleren Folge immer noch eine gewisse Ruhe
ausstrahlend. Erst als Storky um 13:35 Uhr abflog
und innerhalb einer halben Stunde nicht mehr erschien, trat
wieder Ruhe ein am Nest. Ich nutzte diese Gelegenheit,
um einem Anruf aus Wilburgstetten, etwa 8 Kilometer von
unserer Webcam entfernt, nachzugehen, der berichtete, im dortigen
Nest auf dem Kirchturm hätte sich heute wieder der erste
Storch eingestellt. Diese Meldung konnte ich gegen 14:45 Uhr
bestätigen, ein unberingter Storch stand in über 30
Metern Höhe im seit letztem Jahr wieder besetzten Nest. Auf
der Durchfahrt durch Dinkelsbühl, 10 Minuten früher, war das
Storchendomizil leer und Storky immer noch außer Haus. Der neue
Storch in Wilburgstetten erwies sich als unberingt, denkbar, dass es
sich dabei um das Männchen des Vorjahres handelt. Während beim
Beobachten die Glocken des Kirchturmes den Sonntag einzuläuten
begannen, meldete sich mein Handy aus der
Hosentasche und meine Frau verkündete, dass ein
zweiter Storch wenige Minuten vor 15 Uhr ins Dinkelsbühler
Nest eingeschwebt sei.

Apollo 11: Eagle is landed!
Storky hat eine Frau!
Zusammen mit Sohn Lucas hatte sie
„Nestdienst“, um mir in meiner Abwesenheit die neueste
Entwicklung mitteilen und eventuell Schnappschüsse zu
machen. Dies schien nun nötig zu werden, denn kaum hatte ich von der
neuesten Entwicklung gehört, vermeldete Lucas bereits die erste
Kopulation.
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Das machen
nur die Hormone! |
Das fängt ja gut an, dachte ich, und
startete sofort mein Fahrzeug, um auf dem schnellsten Weg
ins heimische Feuchtwangen zu gelangen. Ungewöhnlich schnell
waren die 22 Kilometer zurückgelegt, manchmal auch schneller als die
Polizei erlaubt. Als ich vor der Haustür hielt, kam mir schon
Sohn Lucas entgegen, um trocken zu vermelden, dass beide
Störche gerade abgeflogen seien. Die Uhr zeigte 15:30
Uhr und es waren gerade wieder einmal 30 Minuten der Zweisamkeit
vorbei. Sollte dies schon alles gewesen sein? Zuerst betrachtete
ich mir die vorliegenden Schnappschüsse. Sofort war klar,
dass der neue Storch eine Störchin war, Storky
demnach – wie ja bereits angesichts der Bauwut vermutet – das
zugehörige Männchen. Außerdem wirkt die „Neue“
gegenüber ihrem zukünftigen Gemahl eher zierlich mit
kürzerem, weniger massigem Schnabel, so wie es das
Lehrbuch verlauten lässt. Auch die Schnabelfärbung lässt
wenigstens im Moment noch nicht das leuchtende Rot
erkennen. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass bei der
Nahrungssuche erdige Substanzen haften geblieben und anschließend
angetrocknet sind.

Die Neue vorne, der Alte hinten!
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Er links, sie rechts!
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Und noch einmal!
Jetzt könnt ihr gut vergleichen! |

Typisch Frau!
Prüfen, ob auch alles stimmt! |
Auffällig im direkten Vergleich der beiden
zeigt sich das Weiß im Gefieder des Weibchens mit einem
leichten Grauschleier und die schwarzen Hand- und
Armschwingen mit einem leicht bräunlichen Einschlag. Im
Gegensatz dazu glänzt Storkys Weiß ohne den geringsten Gilb und sein
Schwarz ohne einen Hauch von Farbstich. Viele werden fragen, ob wir
in unserem neuen Traumpaar nun Rudi und Resi aus dem
Vorjahr vor uns haben? Ich neige eher dazu, zu behaupten, dass es
sich bei beiden um Störche handelt, die noch nicht in
Dinkelsbühl waren. Der Größenunterschied zwischen Resi und Rudi
war weniger ausgeprägt als im Falle des jetzigen Paares. Beide
tragen wie Resi und Rudi keinen Ring, so dass sich ein Beweis
nicht führen lässt. Unabhängig davon könnten wir die Namen natürlich
auch für unser altes/neues Paar beibehalten. Äußern Sie sich im
Gästebuch, wie es Ihr Tagebuchschreiber halten soll oder
schlagen Sie ein paar neue Namen vor. Dies ist ja auch
schon von einigen Gästebuchschreibern in die Wege geleitet worden.
Die oben kurz angesprochenen Schnappschüsse zeigten überaus
deutlich, wie „spitz“ unser Ex-Einzelgänger auf seine
Zukünftige sein musste, denn kaum war sie gelandet,
nahm er sie nach allen Regeln der Kunst her. Die Neue
verzog sich bald wieder, um sich von den stürmischen Attacken
ihres Gemahls zu erholen. Doch bald flog er ihr hinterher,
obwohl er wissen musste, dass es außerhalb des Nestes zu
keinen Paarungen kommen wird. Storky erschien alleine danach
zwei Mal mit Nistmaterial und musste geschlagene 75 Minuten warten,
ehe seine Traumfrau wieder erschien. Was er dann mit der verdutzten
Ehefrau anstellte, muss man einfach erlebt haben. Die Palette
seiner Liebeskünste reichte von Vergewaltigungen des liegenden
Partners über sämtliche, dem indischen Kamasutra entlehnten
Stellungen. Ich gab es bald auf, sämtliche Liebesakte zu zählen,
aber auf deutlich über 10 dürften es die beiden mit
Sicherheit gebracht haben.

Vergewaltigung! Der geht aber ran!
Nun ist die Vereinigung der
Geschlechter bei Storchens kein leichtes Unterfangen. In
Ermangelung eines Begattungsorgans (Penis) sind Männchen
und Weibchen genötigt ihre Kloaken für einen kurzen Moment
deckungsgleich aufeinander zu pressen. Dieser Augenblick muss
ausreichen, um die Samenflüssigkeit (Sperma) am Eingang der besagten
weiblichen Körperöffnung abzusetzen. Das Aufsteigen des Männchens
auf den Rücken des Weibchens, das Ausbalancieren, das Einknicken des
Männchens im Intertarsalgelenk, das Suchen der weiblichen Kloake und
die anschließende Ejakulation des Samens sind sehr komplexe
Vorgänge, die eine gewisse Übung voraussetzen und längst nicht
in jedem Fall erfolgreich verlaufen.

Storky,
nimmer müde! |

Huch! Ist
das hoch! |

Das hat aber
geklappt! |
Die hohe Zahl solcher Versuche ist
deshalb nicht Ausdruck der Lust, sondern pure
Notwendigkeit. Für Storky schien die Ankunft des
Weibchens am heutigen Tag aber dringend nötig gewesen zu sein, war
er doch hormonell äußerst angespannt. Dem Abflug Storkys nach
getaner Arbeit folgte seine Partnerin unvermittelt nach. Der
Hausherr gab noch ein kurzes Nestbauintermezzo und folgte seiner
Gespielin endgültig auf die Wiese. Als man nach nur 30 Minuten in
der gemeinsamen Wohnung einschwebte, musste die Partnerin erneut
Storkys Sexhunger ertragen. Sie tat es mit Würde und Fassung und
in dem Bewusstsein, dass ein derart stürmischer Verehrer ein
Garant für viele befruchtete Eier sein kann und diesem
Verlangen sollte man als Storch zumindest nachkommen.

Für heute lassen wir es dann sein!
Ob es Freude über die Erhörung durch ein
Weibchen war oder pure Angeberei, auf alle Fälle flog Storky nach
20 Uhr noch zwei Mal vom Nest und was Storky kann, kann
auch die neue Partnerin. Auch sie flog um 20:13 Uhr – das Licht war
nicht mehr berauschend – zu ihrem Angebeteten irgendwo in der Nähe
des Nestes. Der gemeinsame Rückflug fand um 20:23 Uhr sein
vorläufiges Ende. Sie haben sich gefunden und sind ein
Paar geworden.

Gute Nacht, meine Turteltäubchen!
Mit dieser für alle besten Nachricht seit
etwa zwei Jahren geht ein wunderschöner Tag, der 13 Plusgrade, aber
kaum einen Sonnestrahl brachte, mit dem malerischen Bild des Paares
vor der dezent illuminierten Paulskirche gegenüber des
Storchennestes zu Ende. |
13. Apr. 03 |
Die Zeit des Wartens ist endlich vorbei.
Nach den Entbehrungen des letzten Jahres haben wir es wirklich
verdient, von einem „frühen“ Paar etwas verwöhnt zu werden.
Dieser Zustand garantiert deshalb noch lange kein Gelege geschweige
denn fünf Junge, doch die Voraussetzungen sind erst einmal gelegt.
Mit einem Namen für unser Traumpaar können wir getrost noch etwas
warten, melden Sie Ideen und Wünschen von Ihrer Seite im Gästebuch.
Es ist bereits angedacht, auch die Hörer eines lokalen Radiosenders
in die Diskussion mit einzubeziehen.
Die erste gemeinsame Nacht im Nest
durfte unser Traumpaar ab 22:30 Uhr in der sicheren Gewissheit
genießen, nicht mehr durch das Kameraauge beobachtet zu werden. Um
diese Zeit erlöschen die Scheinwerfer, die die Paulskirche in ein
„romantisches“ Licht tauchen. An den morgendlichen Anblick
eines „vollen Hauses“ muss ich mich erst noch
gewöhnen. Um 7:17 Uhr beginne ich mein Tagwerk mit dem
Hochfahren des Computers und dem ersten Blick zum Storchennest.
Storky hielt um diese Zeit alleine Wache, seine
Gemahlin weilte nicht zu Hause.

Na Storky, hat sie dich
schon wieder verlassen?
Um etwa 8:20 Uhr war man wieder
vereint.

So habe ich mir das
schon eher vorgestellt!
Was dann geschah...!? Aber Sie kennen es ja von
gestern schon zur Genüge. Der Storchenmann tat weiter seine
„Pflicht“.

Wir dürfen keine Zeit verlieren!
Auch für meine Familie und mich standen
sonntägliche Verpflichtungen an. Auch beim vierten
Konfirmationsgottesdienst in unserer Kirchengemeinde versuchte die
gesamte Familie erneut, die Feier zusammen mit anderen musikalisch
zu bereichern. Gerade die Musik bildet in meinem Familienkreis neben
der Vogelkunde einen wesentlichen Schwerpunkt und hält für Ihren
Tagebuchschreiber die nötige Entspannung nach langen
Beobachtungsstunden und Schreibarbeiten am Computer bereit. Dass um
11 Uhr das verliebte Paar im Nest stand und auch über
Mittag im Nest turtelte, entschädigte mich für die lange Zeit vor
dem Monitor etwas. Draußen wurde es richtig Frühling
und die Sonne strahlte aus einem heiteren, leicht diesigen
Himmel und erstmals kletterten die Temperaturen seit über einer
Woche über die 15-Grad-Marke. Wenn man bedenkt, dass Storky vor
48 Stunden noch im Schnee lag, eine einmalige
Entwicklung. Den ganzen Nachmittag über war das Nest nur selten
gänzlich verlassen. Dies nutzte dann eine Dohlengruppe von vier
Exemplaren, um noch an das letzte Nistmaterial für ihre eigenen
Nester zu gelangen. Meist harrte, wenn man nicht sowieso gemeinsam
die Stellung hielt, ein Storch in der gemeinsamen Wohnung aus. Was
so an Nistmaterial herbei geschleppt wird, entspricht
nicht immer den Idealvorstellungen. So konnte man sich
über mehrere Stunden des Nachmittags an einem in seiner Größe doch
bemerkenswerten Plastikteil erfreuen.

Wer hat das denn
mitgebracht? |

Nun, so schlecht finde
ich das doch gar nicht! |
Anfangs lag es noch mehrfach gefaltet
in der Nestmitte, später wurde es ausgebreitet und wirkte dann in
der prallen Sonne wie ein Sonnenkollektor.

Die neue Unterlage fühlt sich
im Liegen schön glitschig an!)
Doch das junge Glück sollte heute noch
auf eine harte Bewährungsprobe gestellt werden, deren Ende
bis in die Nacht hinein noch nicht absehbar war. Gegen 19 Uhr
bemerkte ich eine größer werdende Unruhe bei unserer neuen
Storchendame, die um diese Zeit alleine im Nest stand.

Bevor die Unterlage aus dem Nest fällt,
habe ich sie mit einem Zweig beschwert!)
Sie flog einige Male ab, um kurz darauf in
ihrer Behausung wieder zu landen. Um 19:25 Uhr begannen
dann schließlich heftigste Kämpfe um das Nest und dies vor den
Augen der Kamera. Es fing damit an, dass ein Knäuel von drei
Störchen im Nest auftauchte. Wie häufig in solchen Situationen
erwiesen sich die gemachten Schnappschüsse als nicht gelungen. Als
nach fünf Sekunden das Bild aktualisiert wurde, klapperte die
Storchendame im Nest, während Storky und ein fremder
Storch auf dem Dachfirst hintereinander aufgereiht ihre
Klapperstrophen abgaben.

Da ist einer zu
viel!
Das große Stück Plastikfolie ging bei
der ersten Attacke gleich mit über Bord, wenigstens in diesem
Punkt ein kleiner Erfolg. In den nächsten Minuten wogte der Kampf
hin und her, bald erblickte man zwei, dann wieder drei Störche,
die um das Nest zankten.
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Attacke!!! |
In der Verteidigung desselben trug Storky ,
der Mann – wie bei Störchen üblich – die Hauptlast. Nur
für wenige Augenblicke verließen einige Male beide Partner des
Paares das Nest, um gemeinsam gegen die Attacken des Fremden
vorzugehen. Dieses Verhalten birgt natürlich auch Risiken in sich,
denn sein Haus preiszugeben, lässt dem Angreifer die Chance, im Nest
Fuß zu fassen und damit einen leichten Vorteil zu ergattern. Aber
bei der Kräfteverteilung zwei gegen einen sind die Chancen des
Angreifers niedriger zu kalkulieren. Bis 20 Uhr hatte sich
die Situation etwas beruhigt und beide Dinkelsbühler Störche
schienen den Angreifer auf Distanz halten zu können, denn er war
längere Zeit nicht mehr im Blickfeld der Kamera erschienen. Diese
Ruhepause nutzte Storky sofort aus und kopulierte
mit seiner Gemahlin im Angesicht des Feindes. Dieses Verhalten
signalisiert den Vorgang einer Übersprunghandlung, bei der
durch Stress eine in dieser Situation eigentlich unsinnige
Verhaltensweise ausgelöst wird. Storky kam auch anschließend nicht
zur Ruhe. Nach mehreren An- und Abflügen entwickelte sich ab
20:22 Uhr eine weitere Kampfrunde, die der ersten in nichts
nachstand.
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Die nächste
Kampfrunde wird eingeläutet! |
Immer wieder versuchte der Eindringling, sich
zu behaupten, doch mit unbändigem Kampfeswillen konnte Storky sich
durchsetzen. Als das Paar um 20:29 Uhr wieder im Nest
vereint war, konnte man erkennen, dass es unser Paar von
gestern war. In der Zwischenzeit war es doch schon recht dunkel
geworden, obwohl der Himmel wolkenlos war und ein Dreiviertel-Mond
ein milchiges Licht über die Landschaft schickte. Was dann geschah,
füge ich im Telegrammstil an, ist es in seiner Dramatik
anders nicht zu beschreiben. In 35 Jahren Storchenbeobachtung konnte
ich Ähnliches noch nie in dieser Genauigkeit dokumentieren und
festhalten. Dass mir nach einem 2-stündigen Marathon durch das
Kameraauge die Augen brannten, darf ich beiläufig auch noch
erwähnen. Als ich schon dachte, das wäre nun endgültig überstanden,
setzten um 20:40 Uhr neue Kämpfe ein.

Hoffentlich ist das bald vorbei!
Storky war wieder der erste, der reagierte und
abflog. Seine Partnerin folgte, drehte eine Runde und landete. Eine
Minute später war das Nest erneut leer.
20:44 Uhr 1 Storch
auf Dach, kurz darauf im Nest, 20:45 Uhr Nest leer, 20:45 Uhr
Weibchen zurück, steht und liegt, 20:57 Uhr Abflug des
Weibchens, Nest leer, 21:01 Uhr Weibchen zurück, erneut
Kämpfe mit Fremdstorch im Blickfeld der Kamera, es kommt zu
einem massiven Stoß an die Kamera, sicheres Indiz dafür, dass
einer der Störche bei den Verfolgungsjagden auf der Kamera
gelandet war und sich anschließend wieder abgestoßen hatte,
21:02 Uhr Weibchen landet im Nest, 21:12 Uhr Storky landet im
Nest, nun sind es wieder zwei, 21:34 Uhr Storky fliegt ab,
21:35 Uhr Weibchen ebenfalls ab, Nest leer, es ist tiefe Nacht
und beide kämpfen immer noch um ihr Nest, 21:36 Uhr Weibchen
landet im Nest, 21:38 Uhr Storky landet, beide immer noch sehr
unruhig, Fremdstorch muss irgendwo im Umkreis des Nestes auf
einem Gebäude sitzen und von dort Angriffe in Richtung unseres
Paares starten, 21:40 Uhr Storky verlässt das Nest, 21:40
Uhr Storky landet wieder, 21:55 Uhr Storky ab, 21:55 Uhr
Storky wieder zurück, 22:09 Uhr Storky ab, nach einer Runde
wieder Landung, 22:15 Uhr Neuer Angriff, dritter Storch
erscheint im Blickfeld, Storky fliegt ab, 22:16 Uhr Storky
landet, 22:23 Storky fliegt noch einmal ab, 22:24 Uhr Storky
ist wieder da |
Ein eindrucksvolles Protokoll eines sich
bis in die Nacht hinziehenden Kampfes: Das Erlöschen der
Stadtbeleuchtung ließ im Anschluss daran die beiden nur noch
schemenhaft erkennen, aber die Tatsache, dass man sie noch sah,
beweist, dass sie noch im Nest standen und sich die Lage wieder –
diesmal endgültig – beruhigt hatte. Das junge Glück war nach
gerade mal 24 Stunden auf eine harte Bewährungsprobe gestellt
worden, die es nur unter ungewöhnlichen Umständen bestand.
Nächtliche Flüge gehören wohl nicht zu den
regelmäßigen Unternehmungen von Störchen, wenngleich mir schon
öfters Storchennestbesitzer von Raufereien und Kämpfen in der Nacht
erzählt haben. In dieser Weise „öffentlich“ sind sie wohl noch nie
dargestellt und sichtbar geworden. Es bleibt weiter spannend um
unser Nest und jeden Tag muss auch mit weiteren unliebsamen
Überraschungen gerechnet werden. |
14. Apr. 03 |
Heute konnte Ihr Tagebuchschreiber nach
den aufregenden Ereignissen der beiden vergangenen Tagen etwas
durchatmen. Es blieb Gott sei Dank alles ruhig. Der
Angreifer vom Abend vorher hat doch das Weite gesucht und
unser Traumpaar nicht mehr behelligt.

Auf die stürmische Nacht gestern
hätte ich verzichten können!
Vielleicht handelte es sich bei diesem
Störenfried um den Storch, der am Abend das Paar in Wilburgstetten,
8 Kilometer von Dinkelsbühl entfernt, komplettierte.
Ein völlig leeres Nest gehört jetzt zu
den großen Seltenheiten, denn meist hält zumindest einer der
beiden Störche Wache.

Wenn ich so daliege, finde ich es toll!
Für alle Storchenfreunde gilt deshalb ab
sofort: Es gibt immer etwas zu sehen und wenn das Nest einmal
leer ist, dann nur für kurze Zeit. In den kommenden Tagen darf man
auch davon ausgehen, dass sich dieser Zustand sogar noch verbessert.
Wenn alles nach Lehrbuch verläuft, sollte Storkys Partnerin
zum Wochenende mit der Eiablage beginnen, also richtige
Ostereier! Ein Tag hin oder her ist dabei immer drin, doch so wie
beide Verliebte die Sache angebahnt haben und immer neu anbahnen,
harmonisieren sie sehr gut miteinander. Die von vielen
beobachtete Synchronisation mancher Bewegungsabläufe und
Körperhaltungen, die beide wie das Ebenbild des anderen erscheinen
lassen, ist ein Verhalten, das dem Zusammenhalt des Paares
dient und auch die Paarungsakte in Einklang bringt.

Mach mir weiter bitte
jede Bewegung nach! |

Und das Gleiche
noch einmal! |
Ein kundiger Beobachter erkennt auch an
bestimmten Verhaltensmustern, ob eine Paarung bevorsteht.
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Es macht mir
immer noch Spaß! |
Es beginnt mit synchronen Bewegungen der beiden
Partner. In einer zweiten Phase schickt sich das Männchen an,
das Weibchen mit langsamen Schritten und tief gesenktem Kopf
zu umkreisen. Reagiert die Partnerin positiv, bleibt sie
stehen, senkt den Kopf ebenfalls kurz und lässt den Gemahl
aufspringen.
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Storky,
halte dich genau an die Beschreibung des Storchenexperten! |
Ist es ihr nicht danach, richtet sie Hals und
Kopf auf, zeigt sich praktisch unbeteiligt und signalisiert dem
männlichen Mitspieler, seine Pläne zu ändern. „Mann“ bricht den
geplanten Vorgang ebenfalls ab, geht zu anderen Tätigkeiten über und
versucht es einige Minuten später ein weiteres Mal. Wird das
Weibchen im Liegen beglückt – und das versuchte Storky schon
etliche Male – geschieht dies nicht unbedingt mit
Zustimmung der Partnerin. Derartige Versuche werden dann auch
öfters abgebrochen und führen nur selten zur Befruchtung des Eies.
Der ganze Tag stand eindeutig im
Zeichen der Vertiefung der Partnerschaft. Man blieb
meist zusammen, Storky versorgte ab und zu sein Nest mit
Baumaterial und widmete sich ansonsten ganz seiner Partnerin.
Dem Verhalten nach zu urteilen – vor allem in den späten
Nachmittagsstunden - erschienen wieder fremde Störche über der
Stadt. Das Traumpaar klapperte, drohte und imponierte
nach allen Regeln der Kunst. Zu ernsten Angriffen kam es
dieses Mal aber nicht.
So weit wie
gestern lassen wir es nicht mehr kommen!
Mit dem letzten Anflug um 20:15 Uhr
endete ein durchweg sonniger, mit 17 Grad auch warmer Frühlingstag
und als der Fast-Vollmond über der Stadt stand, träumten die noch
Namenlosen von einem Nest mit 5 Jungen. Doch darüber erschraken
beide so sehr, dass sie wieder erwachten und froh waren, diese Zeit
noch vor sich zu haben.

Der Mond ist aufgegangen!
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15. Apr. 03 |
Die Natur sehnt sich langsam nach
Regen. Ein weiterer Tag ohne das lang erwartete Nass neigt sich
dem Ende entgegen und auch die kommenden Tage schaut es (noch) nicht
danach aus. Für alle, die Ferien haben und ein paar freie Tage
genießen wollen, sicher ein Traum, doch für unsere Störche
bringt die lange Trockenheit auch Probleme mit sich. Bessert
sich die Lage bis zum Schlüpfen möglicher Jungen nicht, kann dies zu
Nahrungsengpässen führen. Weite Wiesenflächen im Umkreis um das
Dinkelsbühler Nest bieten bereits jetzt ein Bild, das es selbst
einem Storchenschnabel schwer macht, auch nur ansatzweise
in das Erdreich einzudringen. Um auch Storky und seiner
Partnerin das Leben etwas zu erleichtern, wären ergiebige
Regenfälle wünschenswert. Nun weichen beide mit Sicherheit an
einige der zahlreichen Weiher in der Umgebung Dinkelsbühls
aus, vor allem an solche, die noch nicht oder nur teilweise mit
Wasser gefüllt sind. Diese können sie dann leicht durchwaten und
ausreichend Beute machen. Hoffen wir einfach in den nächsten Wochen
auch ab und zu auf Regen, es muss ja nicht gleich
unwetterartig sein. Storkys Bauwut ist erneut aufgeflammt.
In Gegenwart einer Partnerin macht es doppelt so viel Spaß,
zudem werden neue Hormone frei, die einem auch keine andere
Möglichkeit lassen. Das Nest wächst munter weiter und mit ihm
die Chancen auf einen baldigen Brutbeginn.

Wenigstens beim Einbau des Nistmaterials
bekomme ich Unterstützung!
Seinen ehelichen Pflichten kommt Storky
unermüdlich nach und jede Stunde der trauten
Zweisamkeit im Nest wird von mehreren Liebesakten
unterbrochen. Unter Einrechnung eines nur kurzen Vorspiel sind diese
„engeren Beziehungen“ allerdings auch schon nach rund 20 Sekunden
wieder vorbei. Gönnen wir es den beiden einfach!

An diesen Anblick kann man sich gewöhnen

Ein bisschen mehr Begeisterung
kann man schon erwarten!
Die Storchendame verbringt im Augenblick
kaum eine Minute außerhalb des Nestes und fliegt nur sehr selten
ab. Storky baut fleißig und wird dabei von seiner Partnerin
nicht unterstützt. Dies ist aber ganz normal, sind doch
praktische Angelegenheiten im Haus überwiegend in den Händen des
Mannes. Ach, die Dohlen hätte ich fast vergessen! Sie sind
komplett abgemeldet. Wann sollten sie auch zur Plünderung ansetzen,
wenn immer jemand zu Hause ist? Außerdem glaube ich, dass in den
meisten Dohlennestern die Eiablage begonnen hat und dann ist ja
Nistmaterial nicht mehr nötig. Diese Vermutung versuche ich
demnächst zu bekräftigen, indem ich unter das Dach des Münsters
klettere und die Nistkästen vorsichtig inspiziere. Dabei wird mich
Thomas Joas, der Dinkelsbühler Dohlenmann, begleiten.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit scheinen sich
beide (nicht Thomas und Thomas, der eine Storchenmann, der andere
Dohlenmann, sondern Storky und Lore?) noch mit Nahrung zu versorgen.
Sie sind dabei im letzten Licht unterwegs und kehren spät
(heute erst kurz nacheinander um 20:37 Uhr) im Hotel „Zum Alten
Rathaus“ ein. |
16. Apr. 03 |
In der Namensgebung um unser
Traumpaar ist man bisher nicht viel weiter gekommen. Da ich
den Namen „Storky“ seinerzeit lediglich als Kunstname
verstanden wissen wollte, war mir von vornherein klar, dass dieser
wegen seines offenen Amerikanismus auf wenig Gegenliebe
stoßen würde. Rudi, Resi, Sissi und Ludwig nannten wir bereits das
vorjährige Paar bzw. die beiden Jungen des Jahres 2001. Somit
scheiden diese – es sollten schon neue Namen sein – aus. Unser
Freund Thomas Joas brachte kürzlich Tom und Bea ins
Gespräch und einige Gästebuchschreiber fanden diesen Vorschlag
zumindest nicht abwegig. Lore und Michael konnten ebenso
Aufnahme in die Liste der eingegangenen Namen finden. Vor allem
Lore hat einen deutlichen Bezug zur Geschichte Dinkelsbühls,
soll sie doch als Kinderlore und Tochter des Turmwächters einen
wesentlichen Beitrag zur Rettung der Stadt vor der Plünderung durch
schwedische Truppen im Dreißigjährigen Krieg geleistet haben.
Weitere Vorschläge möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, um
Ihrer Meinungsbildung etwas auf die Sprünge zu helfen.
Wie wäre es mit Grace und Storky (zu amerikanisch!?), Rosi und Radi
(zu altbayrisch, liegt doch Dinkelsbühl mehr im fränkisch/hohenlohischen
Sprachgebiet), Franz und Tommi (da müsste es sich aber um ein
Schwulenpaar handeln und dies halte ich im gegebenen Fall für höchst
unwahrscheinlich, es kommt aber bei Gefangenschaftshaltung durchaus
zu solchen Paarungen, in Bayern wird solchen Verbindungen (noch)
wenig Unterstützung erteilt!), Storle und Storly (zu künstlich?),
Störte und Storlinchen (zu nordisch!?), Paul und Paula (das wäre
unter den bisher genannten mein Favorit!)

Wie soll ich heißen?
Mal sehen, zu welcher Lösung man kommt!
Vielleicht darf ich noch aus eigenem
Nachdenken einige Vorschläge unterbreiten. Paul und Paula würde
ich, wie gesagt, in die engere Wahl nehmen, die Lore ebenso wegen
des Bezugs zur Stadtgeschichte, mir gefällt zum Beispiel auch
Otto (nicht, weil der Dinkelsbühler Bürgermeister zur Zeit den
Vornamen Otto trägt), Georg und Paula könnte ich mir auch
sehr gut vorstellen (Georg ist der Namensgeber des Münsters in
unmittelbarer Nähe des Storchennestes, der Heilige Georg war ein
Kämpfer, der es sogar mit Drachen aufnahm, so wie es Storky am
Sonntag in eindringlicher Weise zum Ausdruck brachte und Paula, weil
alle beim Blick ins Storchennest auch die Paul(a)skirche im Visier
haben und mit der katholischen Georgskirche und der evangelischen
Paulskirche das harmonische Verhältnis der beiden großen
Konfessionen in der Stadt dokumentiert wird). Georg - wenn Storky
denn Georg hieße - könnte z.B. je nach Lage der Dinge auch mit echt
fränkischen Kosenamen bedacht werden. So wäre man schnell
zwischendrin einmal beim Schorsch oder Schorschi oder beim Gerch.
Kurzum: Denken Sie noch einmal über die verschiedenen
Vorschläge nach und geben Sie – soweit Sie Lust darauf haben –
eine kurze Rückmeldung im Gästebuch.

Wie wäre es mit Georg und Paula?
Völlig unbeteiligt haben unsere Stars auf dem
alten Rathaus die bisherige Diskussion über sich ergehen lassen. Ich
weiß aus langjähriger Erfahrung jedoch, dass Störche mit jedem Namen
einverstanden sind und bei Nicht-Gefallen auch keine Kritik
vorbringen. Storky baut derweil munter am Nest weiter. Dieses
wächst dabei zusehends auch in die Breite, das heißt
der Durchmesser legt deutlich zu. Nun lohnt es sich, in den
nächsten Tagen die Nestmulde genauer zu durchleuchten und
auf das „Erscheinen“ des ersten Eies zu achten. Wem
gelingt der erste Schnappschuss „Ei im Nest“? Vielleicht ist
das Gelege aus unserer Kameraposition auch gar nicht immer und in
seiner Gänze zu erkennen. Dabei kommt es natürlich auf die Tiefe der
kleinen Mulde an, in der die künftigen Eier Platz finden sowie auf
das diese Mulde umgebende Nistmaterial.

Wann lege ich das erste Ei?
Da alle Vögel in regelmäßigen Abständen die
Eier wenden, werden zumindest Teile des Geleges bei dieser Prozedur
immer wieder einmal zu sehen sein.
Deshalb ab sofort „Augen auf!“. Der
„Erst-Entdecker“ (Schnappschuss mit Zeitangabe) erhält ein
Buchgeschenk zum Thema „Storch“ von Ihrem
Tagebuchschreiber zugesandt. |
Vom fleißigen Nestbau unseres Storky war schon
die Rede, ebenso soll auch wieder an die perfekte Erfüllung seiner
ehelichen Pflichten, an die durchgehende Besetzung während aller
Stunden des Tages und schließlich an die gemeinsame Nacht mit Frau
unter Vollmondeinfluss erinnert werden. |
17. Apr. 03 |
Danke für die rege Mithilfe bei
der Namensfindung für unser Traumpaar. Ich werde morgen
eine endgültige Entscheidung treffen. Allen kann man es nicht
recht machen, aber letztlich kommt es doch nur darauf an, dass es
den beiden gut geht und sie eine erfolgreiche Brut auf die Beine
stellen können. In meiner engeren Wahl sind Paul,
Paulinchen und nach wie vor Georg, weil man letzteren
auch Schorsch und Gerch nennen kann. Diese Varianten bieten
aus schriftstellerischen Gründen sicher ab und zu (je nach
Ereignissen) eine kleine Hilfe und willkommene
Abwechslungsmöglichkeiten für das Tagebuch. Nun wissen Sie es ja
ungewollt doch schon heute, wie unsere beiden höchstwahrscheinlich
heißen werden. Noch-Storky entwickelte sich an diesem
Gründonnerstag erneut zum „Müllstorch“ und trug mehrere
Teile, die einmal an ein Stück Plastikfolie und zum zweiten an ein
Stück eines alten Zementsackes erinnerten, ein.
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Die
Müllabfuhr ist da! |
Es muss ja
nicht jedem gefallen! |
Immer wieder hantierten er und sie damit
herum, sie schoben es mal da- mal dorthin und schienen regelrecht
Gefallen an ihrer „Beute“ zu finden. Erstaunlich auch
heute die hohe Nestbauaktivität, die den großen Kamin rechts
hinter dem Nest immer mehr verschwinden lässt.

Da habe ich ein gutes Stück gefunden!
Oft sah man Storky auch mit altem, vergammeltem
Gras einfliegen, das er dann seiner liegenden Partnerin erst einmal
über dem Kopf, dann aber auch in der Nestmulde verteilte. Das
Nest blieb auch heute so gut wie durchgehend besetzt, so
dass ich nun ziemlich sicher mit der unmittelbar
bevorstehenden Eiablage rechne. Storky trug das Seine zu
diesem Unterfangen bei,
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Hallo, hier
oben bin ich! |
Nun bin ich
besser im Bilde! |
nun ist es an seiner Gemahlin, eine befruchtete
Eizelle mit einer Kalkschale zu umhüllen und das fertige Produkt
über die Kloake ins Freie zu setzen, wo es von eifrigen Sehern
sofort als Ei erkannt und mittels Schnappschuss auch bestätigt wird. |
18. Apr. 03 |
Nicht nur Georg –
jetzt müssen Sie sich halt an diesen Namen gewöhnen – baut
unermüdlich weiter, auch ein anderer Storchenmann hat sich an
einen Nestneubau gewagt und alle Anzeichen deuten auf ein gutes
Gelingen hin. 13 Kilometer nördlich von Dinkelsbühl an einem kleinen
Nebenfluss der Wörnitz, der Ampfrach, baut ein Storchenmann
ein neues Nest auf einem Holzmasten. Schon im letzten Jahr konnten
sich die Einwohner von Unterampfrach an den Aktivitäten
dieses Storchs erfreuen. Der örtliche Energieversorger hatte
allerdings etwas dagegen und entfernte das Nest. In schwierigen
Verhandlungen konnte damals jedoch erriecht werden, dass der Mast
und ein kleiner Rest des alten Unterbaus stehen blieb. Am 14.
April erschien nun der erste Storch in Unterampfrach
und begann, das alte Nest in Besitz zu nehmen. In den wenigen
Tagen seit seinem Erscheinen ist es bereits stattlich gewachsen.
Man darf deshalb gespannt sein, ob noch ein zweiter Storch erscheint
und möglicherweise die erste Brut in diesem Ort überhaupt zustande
kommt. Von Mosbach, rund vier Kilometer entfernt, gibt es
weiter nur positive Nachrichten. Über Gelegegröße und Zahl
der Eier lässt sich nichts sagen. Selbst vom benachbarten Kirchturm
lässt sich kein Einblick in die kleine, jedoch tiefe Nestmulde
gewinnen. Es steht lediglich fest, dass ein Gelege gezeitigt wurde.
Beide Partner des Paares sind zur Nahrungssuche
regelmäßig im Mosbacher Badeweiher anzutreffen. Diese
momentan halb volle „Betonschüssel“ wird von einem Zulauf mit Wasser
versorgt, in dessen Bereich sich die Störche immer aufhalten. Sie
bedienen sich dort an kleinen, fingerlangen Fischchen, die mit dem
Wasser eingespült werden. Dies zeigt, wie prekär wegen der
langen Trockenheit auch in Mosbach die Nahrungssituation
für die Störche ist.
Georg und Pauline, unser Traumpaar,
bereiteten sich auch am Feiertag Karfreitag weiter intensiv auf die
Eiablage vor.

Wir heißen jetzt Georg und Pauline! Nur einige Male war
das Nest völlig leer und dann auch nur für wenige Minuten.
Nun gilt es während der Osterfeiertage immer wieder einen
intensiven Blick in das Nestinnere zu werfen, um
vielleicht das erste Ei dort zu entdecken. Sie wissen ja: Es
winkt dem Erst-Seher ein Buchpreis Ihres
Tagebuchschreibers. Wer möchte da nicht zugreifen!
 |
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Damit die Eier
schön weich liegen,
Pauline! |
Sag mir,
wenn es so weit ist! |
Vor dem letzten Anflug am Abend war
das Nest einmal für 15 Minuten gänzlich leer. Pauline
war um 20:20 Uhr ihrem aushäusigen Gemahl in die nahen Wiesen
gefolgt, um noch einige Bissen Nahrung zu sich zu nehmen. Die
Rückkehr von Georg bzw. Pauline fand schließlich um 20:35
Uhr bzw. 20:36 Uhr statt. Der Wind hatte im Laufe des Tages
kräftig aufgefrischt und auch einige Grade Abkühlung
gebracht. Als sich Georg und Pauline zur Nachtruhe begaben, zeigte
das Thermometer nur noch 7 Grad und in den Morgenstunden des
Karsamstags sollten frische drei Grad das höchste der Gefühle
darstellen. |
19. Apr. 03 |
Oh, Georg und Pauline! Beide
bekundeten heute auf unübersehbare Weise ihre Partnerschaft.
Eigentlich und streng genommen traf dies vor allem und
ausschließlich auf Georg zu. Was der Schorsch da so alles an
Brautgeschenken anschleppte, konnte nicht jedermanns Gefallen
finden.

Du Schorsch, mein Folienfetischist
Wenn es aber seiner Pauline zu gefallen schien
– und das tat es ja wohl – dann hatten diese Geschenke ihren
Sinn und Zweck erreicht. Ein Stück Plastikfolie hätte es ja
getan, aber im Lauf des Tages sammelte sich ein ganzes
Plastikmeer an und dieses füllte für Augenblicke schon mal das
gesamte Nest aus, ehe vor allem Georg neue Ideen entwickelte,
wie man die Folien zu platzieren hatte.

Im Liegen fällt der Verhau
gar nicht mehr so auf!
Auch der Wind entführte mal dieses mal
jenes Teil in eine andere Ecke des Nestes. So war immer Bewegung
im Nest und für alle stets neue Überraschungen geboten.
Diese Sammelleidenschaft unseres Hausherren legt auch ein
sichtbares Zeugnis ab über das, was so draußen in der Natur
liegen bleibt oder achtlos weggeworfen wird.

Da bin ich gespannt,
was Pauline zu sagen hat!
Ich habe den Georg ein wenig in Verdacht und
muss ihn deshalb auch in Schutz nehmen, dass er sich am Rande
eines Betriebes, der zwischen dem Friedhof und der Kläranlage
von Dinkelsbühl angesiedelt ist, das Plastikzeug holt. In
verschiedenen Containern lagert hier vorsortierter Abfall.
Gerade aber der Plastikmüll – und das ist mir schon früher
mal aufgefallen – ist wenig sorgfältig abgedeckt und verbreitet
sich gerade bei Wind weit über die angrenzenden
Wörnitzwiesen, genau in den Nahrungsraum von Georg und Pauline,
der dem Nest am nächsten liegt. Wenn ich meinem detektivischen
Spürsinn nachgehe, dürfte dort am beschriebenen Ort Georgs
Sammelstelle sein. Auch anderswo in der freien Landschaft
flattern Folienteile übers Feld, die nachlässige Landwirte draußen
liegen lassen, statt sie einfach mit nach Hause zu nehmen und zu
entsorgen. Nun kann man aber – und damit relativiert sich alles
wieder etwas – bei unserem Traumpaar auch bemerken, dass es das
gesamte „Fehlmaterial“ im Nest nicht im zentralen Bereich der
Storchenbehausung verteilt, sondern nach einiger Zeit nach außen an
den Rand des Nestes schiebt und dort mit einbaut. Ein
Ausbreiten in der Nestmulde findet auf keinen Fall statt, ebenso ein
Verhindern des Wasserabflusses bei starkem Regen. Jedes Storchennest
stellt aber gleichzeitig auch ein Spiegelbild einer vermüllten
Landschaft dar und Sammelaktionen vor Beginn der Brutzeit können
im Umkreis von ein bis zwei Kilometern um das Nest schon zu Erfolgen
führen. Da aber Störche auch während der Brutzeit weiter am Nest
bauen, sind Einträge von gefährlichem Müll ständig zu
erwarten.
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Nun soll es
für heute genug sein! |
Ich habe mich in einem früheren Tagebucheintrag
schon einmal dazu ausführlich geäußert und sehe persönlich
die Plastikbestandteile in einem Nest nicht so
dramatisch, man darf sie aber auf keinen Fall bagatellisieren.
Wesentlich gravierender und verlustreicher gestaltet sich das
Einbringen von Schnüren aller Art. In der Landwirtschaft wird beim
Pressen und Silieren von Gras ein reißfestes, aus Kunststoff
bestehendes Bindegarn verwendet. Teile dieses Garns werden
oft achtlos weggeworfen und finden immer wieder auch bei Störchen
Gefallen. Ins Nest transportiert stellen sie vor allem für Junge
eine wesentliche Gefahr dar. In jedem Jahr verfangen sich
Jungstörche im Nest in diesen Beinfesseln, im Extremfall Beine
abschnüren können. Schreckliche Verletzungen sind dann die Folge.
Harmloseres Nestgut stellten da die 60 Damenstrumpfhosen dar, die
ich einmal beim Abtragen eines sehr alten Storchennestes vorfand. Ob
sie damals von einer Storchenliebhaberin ausgelegt wurden oder ob
sie Adebar auf seine Weise entführte, bleibt ein Geheimnis. Auch
heute blieb das Nest nur einige Male für kurze Zeit ohne Storch.
Dass dies immer noch vorkommt, beweist auf der anderen Seite, dass
die Brut noch nicht begonnen hat. Ob die vielen Plastikteile
nach Osterhasenart zum Verstecken der hoffentlich bald zu legenden
Eier dienen, wäre ein sehr schöner Erklärungsversuch. Paulinchen
stehen also in nächster Zeit anstrengende Tage bevor,
bedeutet die Eiablage für jeden Vogel eine große physische
Belastung. Allen Lesern wünsche ich von dieser Stelle ein
erholsames und friedvolles Osterfest. Für die lieben Ostergrüße aus
dem Gästebuch möchte ich mich auch im Namen aller
Mitverantwortlichen ganz herzlich bedanken. Bleiben Sie unserer
Seite weiterhin gewogen und bleiben Sie in den nächsten Tagen am
„Ei“ und versuchen Sie zwischen all dem Müll gelegentlich einmal ein
Ei zu entdecken. Es müsste sich durch ein leuchtendes Weiß immer
noch deutlich vom Folienmüll abheben. Viel Glück beim Suchen! |
20. Apr. 03 |
Das Warten auf den Osterhasen ist in
vollem Gange. Ein prächtiges Wetter tat an diesem
Ostersonntag sein Übriges dazu. Auch Pauline und Georg
trafen weitere Vorbereitungen im Hinblick auf das Erscheinen des
Osterhasen. Schorsch trug unermüdlich Nistmaterial aller Art
ins Nest. Besonders attraktiv schien für ihn heute ein Teil
eines prächtig blauen Müllsackes zu sein, der dekorativ seit
den Mittagsstunden das Nest zierte.

Pauline, für Ostern schmücke ich unser Nest
einmal ganz besonders aus!
Insgesamt kam unser Paar auf mindestens
sieben oder acht verschieden farbige und verschieden große
Plastikteile, die es einem Ring gleich als Begrenzung zur
eigentlichen Nestmulde anordnete. Immer wieder ertappte ich mich
beim Suchen zwischen den Müllbergen dabei, das erste Ei entdeckt zu
haben, aber schnell geriet ich erneut ins Zweifeln und rechnete die
Entdeckung mehr meiner Wunschvorstellung zu.

Du Georg, da kommen schon die ersten Besucher
unserer Osteraustellung! Anschauen ist erlaubt!
Ob die Müllorgie wirklich etwas mit dem
heutigen Osterfest zu tun haben könnte? In vielen Familien
mit kleinen und auch großen Kindern existiert doch der Brauch des
Versteckens von Ostereiern. Sollten sich Pauline und Georg dieser
alten Tradition bewusst sein und ähnliches mit den Besuchern der
Website im Schilde führen? Oder stellt diese Masche einen besonderen
Gag Ihres Tagebuchschreibers dar, der dadurch hoffen darf, dass Eier
auf immer und ewig den Blicken verborgen bleiben und der
versprochene Buchpreis gar nicht ausgelobt werden muss. Ein bunter
Osterteller konnte heute in keinster Weise mit dem
Dinkelsbühler Storchennest konkurrieren. Ohne mich allzu
weit vorzuwagen, behaupte ich einmal: So ein Storchennest
hat die Welt noch nicht gesehen! Schon gar nicht zur Osterzeit!
Um 12:45 Uhr notierte ich in meinen Aufzeichnungen: Nest
heute zum ersten Mal gänzlich leer! Auch wenn es nur für kurze
Zeit so blieb, rechnete ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit dem
Beginn der Eiablage.

Hat die Welt schon so etwas gesehen?
Später fiel mir weiter auf, dass Pauline
ständig im Nest weilte und von ihrem Gemahl dazwischen mal mit
Nachschub aus der Müllkippe und mal mit Sperma
versorgt wurde.

Wann liegt das erste Ei im Nest?
Als sich gegen 19:25 Uhr die
Bildqualität wegen der schlechter werdenden Beleuchtung ebenfalls
verschlechterte, notierte ich in mein separat geführtes Tagebuch:
Sehe 1 Ei! Schnappschuss geht nicht! Sch...! Da sah ich
mich doch schon für einen kurzen Moment als Sieger unseres
Eiersuchspieles und dann das! Man kann eben nicht alles haben. Einen
Tipp möchte ich aber gerne noch wiederholen: Ein Ei
– sollte es je sichtbar werden – ist anfangs auf alle Fälle
schneeweiß und leuchtet deshalb aus jedem noch so
gearteten Müll heraus. Nehmen Sie sich die weißen Federn von Pauline
und Georg zum Vergleich! So in etwa sollte die Farbe der Eier auch
sein. Was für das erste Ei gilt, gilt selbstverständlich auch für
die weiteren. Mit Ihrem Einverständnis, werde ich den
Bildausschnitt zumindest für ein paar Tage während der
Eiablage etwas heranzoomen. Da ja jetzt die meiste Zeit
ein Storch im Nest liegt und beim Stehen auch häufig den Kopf in die
Nestmulde senkt, stören abgeschnittene Hälse nicht so sehr. Der
große Vorteil ist natürlich, den Müll noch ausgedehnter
bewundern und vor allem die Eier noch besser identifizieren
zu können. Lassen wir es einfach auf einen Versuch ankommen.
Die Zeiten, dass längere Zeit auch zwei Störche im Nest anzutreffen
sind (außer nachts) verringern sich ja ab jetzt immer mehr. |
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Spenden für die Neueinrichtung unserer technischen Anlagen
eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas
Ziegler
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