Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah

Teil 5 

21. Apr. 03

 

Es ist vollbracht. Nach einer Pause von einem Jahr hat Pauline in der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag mit der Eiablage begonnen. Einen besseren Termin hätten sich unsere Kamerastörche auf keinen Fall aussuchen können. Hoffen wir, dass sich dies als gutes Omen erweisen möge. Zum ersten Mal überhaupt können wir nun bereits die Eiablage als stumme Zeugen verfolgen. Im ersten Jahr des Bestehens dieser Möglichkeit, es war im Jahr 2001, begann die Bildübertragung erst Mitte Mai und damals war das Gelege schon komplett und im letzten Jahr kam es überhaupt nicht mehr zu einer Eiablage. Also genießen Sie die nächsten Tage, es klappt nicht in jedem Jahr, so hautnah dabei zu sein. Auch die Frage des „Erst-Schnappschusses“ dürfte geklärt sein, auch wenn sich die Ermittlung des „Täters“ als äußerst schwierig herauszustellen scheint. Der erste Ei-Nachweis stammt aus dem Morgengrauen, die Uhr zeigte 5:53 Uhr und in allerbester Manier leuchtet deutlich das erste Ei.


Die glücklichen Eltern präsentieren ihr „Schmuckstück!

Pauline sollte es während der Nachtstunden „geboren“ haben, so dass als Geburtstermine sowohl der 20. als auch der 21. April möglich sind. Dass der Schnappschuss von einer Seherin aus Ohio in den Vereinigten Staaten kommt, gibt unserem kleinen Gewinnspiel „Wer sieht das erste Ei?“, einen internationalen Anstrich. Nur gelang es mir bisher nicht, die Adresse von Charlee aus Bucyrus im genannten Bundesstaat zu ermitteln. Mein erstes Mal geschah mit zweistündiger Verspätung um genau 7:49 Uhr. Kein Zweifel! Pauline hatte ein Osterei, nein ein Storchenei, gelegt! Während des Tages zeigte es sich schon sehr deutlich, dass Pauline und Georg dieses Ei bereits bebrüten.


Georg, heute ist ein Freudentag!

Es wird stets warm gehalten und beide Partner des Paares lösen sich auch schon mal beim Brüten ab, auch wenn Georg sich mehr um die Pflege und den Ausbau der Storchenwohnung kümmert und Madame die häuslichen Geschäfte überlässt. Auch wenn der Müll, bestehend aus zahllosen großen und kleinen Plastikresten, immer noch präsent ist, spielt er nicht mehr die dominante Rolle.

Das große blaue Teil lege ich hier hin! Vorsicht! Müllschlange im Anmarsch!

Georgs unermüdlicher Einsatz in Sachen Nestbau hat nämlich auch dazu geführt, dass die Teile an den Rand des Nestes gedrängt und teilweise in dieses eingebaut wurden.

Ich arbeite doch so viel ich kann!

Sehr einleuchtend bleibt auch die Tatsache, dass bei der Bildung eines neuen Eies abermals zahlreiche Kopulationen nötig sind. Auch dazu zeigte sich Georg bereit und er lieferte erneut den Nachweis seiner Fortpflanzungsfähigkeit und Willigkeit.

Das muss sein, Pauline! Du willst ja
noch mehr Eier legen!
Nach dem Absprung hätte ich
doch bald die Balance verloren!

Erhob sich Pauline zwischen all den Aktionen vom Nest, sah man, ein wenig Geduld vorausgesetzt, immer wieder das Ei aufleuchten und jeder von Ihnen sollte es, wenn noch nicht geschehen, in nächster Zeit auch erkennen können.


Immer gut wenden und drehen,
hat mir meine Mutter einst erklärt!

Vielleicht verhindert einmal ein Müllfetzen den sofortigen „Zugriff“, doch Störche stochern ständig am Nistmaterial herum, so dass nach kurzer Zeit das Ei für die Blicke sichtbar sein wird.


So könnte es dann aussehen,
meine lieben Seher!

22. Apr. 03

Pauline und Georg haben sich bisher genau an unsere Erwartungen gehalten. Nach Paulines Erscheinen am Nachmittag des 12. April merkte man sofort, dass es zwischen beiden gefunkt hatte. Sämtliche Verhaltensabläufe waren sehr gut aufeinander abgestimmt und vorzüglich koordiniert. So verwunderte es auch nicht, dass bereits nach 8,5 Tagen Gemeinsamkeit, am Morgen des Ostermontags, das erste Ei im Nest lag. Dass das Paar schon gleich Brutstimmung signalisierte, hier zeigte aber das Weibchen deutlich mehr Initiative, gehört nicht zu den Selbstverständlichkeiten.


Pauline erweist sich schon jetzt als treu sorgende Mutter!

Eine intensive Betreuung der Eier setzt normalerweise erst mit dem zweiten Ei ein. Freuen wir uns also über den Erfolg versprechenden Fortgang der Ereignisse um unser Storchennest.

Damit wir noch mehr befruchtete Eier bekommen!

Dass bei Störchen beide Partner des Paares brüten, hat sich sicher schon herumgesprochen. Männchen und Weibchen lösen sich also in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen ab. Erscheint die Ablösung am Nest, muss nicht schlagartig ein Wechsel vollzogen werden. Es kann immer wieder vorkommen, dass der brütende Storch einfach noch nicht bereit ist, sich ablösen zu lassen. Dann steht der Partner eben so lange am Nestrand, bis sich der andere erhebt. Vogeleier benötigen eine kontinuierliche Wärmezufuhr. Abkühlungen oder längere Brutunterbrechungen führen sehr schnell zu einem Absterben der Embryonen. Eine gleichmäßige Wärmezufuhr macht ein regelmäßiges Wenden und Drehen der Eier erforderlich. Deshalb erheben sich brütende Vögel in regelmäßigen Abständen (bei Störchen im Schnitt etwa alle 20 Minuten), um die Eier in eine neue Position zu bringen. Damit wird gewährleistet, dass das Ei immer an einer neuen Stelle direkten Körperkontakt erhält, also stets andere Stellen von den rund 42 Grad Brut- und Bluttemperatur profitieren. Über den gesamten 24-Stunden-Tag gesehen, liegen die Brutanteile des Weibchens deutlich höher als die des Männchens, übernimmt das Weibchen doch die Bebrütung während der Nachtstunden. Auch heute war deutlich zu erkennen, dass Georg immer wieder mit neuem Nistmaterial auftauchte, dieses einbaute oder ablegte, kurz mit Pauline kopulierte und schon wieder verschwand. Bis zur Fertigstellung des Geleges wird dies so bleiben und erst mit weiter fortschreitender Brutzeit wird sich ein gleichmäßigerer Rhythmus einstellen. Dann werden sich Georg und Pauline vielleicht alle 1,5 bis 2 Stunden am Nest sehen und ansonsten wird jeder für sich auf Nahrungssuche gehen. Diese Zeiten können sich natürlich sowohl nach unten, häufiger jedoch nach oben verschieben. Dass Georg während des ganzen Tages erneut dem Plastikmüll zusprach, muss festgehalten, braucht aber nicht dramatisiert zu werden. So erschien er um 10 Uhr mit einem riesigen Drum weißer Folie. Pauline und Georg legten sie in der nächsten Stunde immer wieder an eine neue Stelle, bis sie um 10:47 Uhr der Wind in den Hof des alten Rathauses segeln ließ.

Das neue Teil habe ich mir wieder beim Baugeschäft besorgt!

So ergeht und erging es vielen Teilen dieser Art und auch die noch im Nest befindlichen Müllteile bilden keine isolierende Schicht im Nestinneren, sondern werden stets nach außen gezogen, verknüllen durch das ständige Bearbeiten mit den Schnäbeln zu kleinen Bällchen und werden dadurch immer mehr im äußeren Bereich des Nestes „verschwinden“. Also Vorsicht mit den Behauptungen, dadurch würde der Wasserabfluss behindert.


Wenn ich ehrlich bin,
haben wir einen ganz schönen Saustall!

Ich habe schon sehr häufig Diskussionen über dieses Thema geführt. Um einen Wasserabfluss zu verhindern, müsste selbst beim kleinen Dinkelsbühler Nest ein Folienteil von über einem Quadratmeter Fläche sauber ausgebreitet im Nest platziert werden. Dies ist vollkommen ausgeschlossen, wenn Sie in den letzten Tagen beobachtet haben, wie schnell sich selbst große Teile minütlich in ihrer Gestalt verändern und schließlich sogar „unsichtbar“ werden. Bei der Beringung der Jungen (sofern es Junge gibt) werde ich das Nest einer genauen Inspektion unterziehen (dies ist auch ein Grund, der eine Beringung zu einer wichtigen Sache macht) und gravierende Fremdkörper aus dem Nest entfernen. Doch selbst dann ist es weiter möglich, dass die Eltern Tag für Tag neues Material eintragen, das die alte Situation wieder herstellt. Und tägliche Kontrollen verbieten sich ja von selbst, es sei denn man sperrt die Störche gleich in einen Stall (Gehege), da hat man sie dann immer schnell griffbereit! Ich denke im Laufe der Saison komme ich noch öfters auf dieses Thema (Verhausschweinung!). Über ein Ereignis freute sich Ihr Tagebuchschreiber heute außerdem noch: Es regnete! Am Spätnachmittag gegen 17:30 Uhr kam es zu einem Gewitter über Dinkelsbühl, das erfreulicherweise auch einige Liter Regen brachte. Damit kam es zwar nur zu einem Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin. Georg und Pauline verbrachten dabei die Zeit des heftigsten Regens gemeinsam im Nest.


Unser erster gemeinsamer Regen, Georg!

Die Kamera brauchte danach einige Zeit, bis sich der Beschlag wieder verflüchtigt hatte und ein klarer Durchblick herrschte. Um 20:10 Uhr erschien Georg bei Pauline am Nest, flog ab und stellte sich für einige Minuten zum Verschnaufen auf den Dachfirst des alten Rathauses. Anschließend flog er noch einmal in die hereinbrechende Dunkelheit. Erst um 20:43 Uhr waren Georg und Pauline wieder vereint und die erste vollständige Nacht mit dem Erst-Ei konnte beginnen.


Bekommt das Ei bald
ein Geschwisterchen, Pauline?

23. Apr. 03

Was gibt es Schöneres als am Morgen einen Blick ins Storchennest zu tun und von einem , nein von zwei Eiern, begrüßt zu werden. Das klingt jetzt doch etwas merkwürdig, ich lasse es aber trotzdem so stehen. Dieses erhebende Gefühl muss Elke überkommen sein, denn Ihr gebührt der symbolische Preis des ersten Schnappschusses, auf dem zwei Eier zu sehen sind. Der gelang Ihr heute um 6:22 Uhr.


Du Pauline, Elke hat uns
mit den zwei Eiern überrascht!

Wie schon beim Erstei-Schnappschuss fällt auch diesmal die gute Erkennbarkeit des Geleges im Morgengrauen auf.(Ähnliches gilt übrigens auch für die Abenddämmerung! Es stehen ja nicht alle so früh auf!) Pauline scheint sich also strikt daran zu halten, alle 48 Stunden ein weiteres Ei zu legen. Es darf am Freitag im Morgengrauen erneut gespannt geguckt werden.


Ätsch, Storchenexperte!
So siehst du die Eier nicht!

Da über Nacht kein neues Nistmaterial und damit auch keine neuen Plastikteile eingetragen und die „Altlasten“ in den Nachtstunden komprimiert und zur Seite geschoben werden, liegt das Gelege zu dieser Zeit relativ frei.


Für alle Spätaufsteher
präsentiere ich hiermit mein Gelege!

Apropos Plastikmüll! Vielleicht – und das ist reine Spekulation – hat Georg irgendwo in Südspanien seine Winterferien verbracht und dabei in menschlichen Abfällen und Unrat aller Art „gebadet“. Unter www.sosstorch.ch gibt es die eindrucksvollen Bilder von vielen Tausenden Störchen auf den Müllkippen andalusischer Großstädte, die begierig auch im Plastikmüll wühlen, um versteckte Beute zu ergattern. Man muss sich an solche Bilder gewöhnen. Das gehört zu einem Kulturfolger, der sich entschlossen hat, im Umfeld menschlicher Zivilisation zu leben. Dieses Problem darf – und da haben einige Gästebuchschreiber sicher Recht – keineswegs verharmlost werden. Ich denke, das wird es auch nicht! Nur scheint mir im Falle von Georg ein Spezialist am Werke zu sein, der ein Faible für derartigen „Mist“ zu entwickeln scheint und eben gerne nach solchen Teilen Ausschau hält. Man kann ihn im Augenblick aber leider nicht daran hindern. Das Entfernen der Teile zum jetzigen Zeitpunkt verbietet sich von selbst, man würde in einem so frühen Stadium der Brut diese aufs Spiel setzen und damit hätte man das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Also kann man nur hoffen, dass Georg diese Marotte bald wieder verliert. Eine Gefährdung für Eier oder kleine Junge sehe ich aber auch für spätere Wochen nicht. Dass das Nest momentan nicht schön aussieht, sollte dabei die geringste Rolle spielen. Dass selbst bei bester Wartung und Pflege auf einem Recyclinghof  nicht immer alles an den Platz kommt, an den es hingehört, brauche ich nicht besonders zu erwähnen. Jeder von uns hat sich da schon über gewisse Zeitgenossen geärgert. Doch sind es am allerwenigsten die Kinder, die sich wenig einsichtig verhalten, sondern in weit größerem Maße die Erwachsenen. Ihnen gebührte deshalb das „Erstlingsrecht“ draußen in der Natur aufzuräumen. Vom Storchennest auf die Zustände in und um Dinkelsbühl zu schließen, ist ein Weg, der den wahren Zustand in keiner Weise wiedergibt. Jeder, der Dinkelsbühl kennt, hat die Stadt als ausgesprochen attraktiv und in seiner architektonischen Geschlossenheit als Schmuckstück deutscher Romantik schätzen und lieben gelernt. Dass Georg uns das Gegenteil zu suggerieren scheint, hängt mit der enormen Findigkeit unseres Männchens zusammen und andere Störche verhalten sich ebenso. Hat er einmal in seinem Aktionsgebiet – und dieser Raum umfasst locker 30 Quadratkilometer – eine Stelle entdeckt, wo sich etwas holen lässt, dann fliegt er diese auch immer wieder an. Da schreckt er auch nicht zurück, im Hof eines Betriebes zu landen und sich an dort liegendem Müll zu bedienen, vor allem wenn sich während der Osterfeiertage niemand dort aufhält. Das Grundstück ist eingezäunt, doch starker Wind...  aber das kennen Sie ja schon! Nun habe ich mich doch – entgegen meiner früheren Absicht – noch einmal ausführlich zum Thema Müll geäußert. Ich finde es sehr positiv, wenn sich meine Leser auch kritisch äußern und Ihre Meinung sagen. Mit dem Betreiber des Recyclinghofes wird gesprochen – wenn er denn der allein Verantwortliche ist. Beim Säubern der Landschaft mit Schulklassen habe ich so meine Zweifel. Immer mehr Eltern wehren sich bei solchen Veranstaltungen vehement gegen den Einsatz ihrer Kinder und ich kann das sehr gut verstehen. Hier sollten doch in erster Linie Erwachsene zum Einsatz kommen. Hier denke ich an Sport- und Wandervereine, an Jäger und Angler, die doch immer für sich in Anspruch nehmen, die größten Naturschützer zu sein. Da diese auch den größten Nutzen, auch finanziell, aus der Natur ziehen wollen, sollten sie sich hier verstärkt engagieren und nicht zuletzt denke ich an unsere lieben Landwirte, die in puncto Plastikmüll in der Natur die mit weitem Abstand schlimmsten Verursacher unseres Zustandes im Storchennest sind. Bauernverbände sollten hellhörig werden und ihren Mitgliedern endlich beibringen, wie mit Folien in der Landwirtschaft umzugehen ist und das wäre nur der Anfang.

So, jetzt fühle ich mich doch etwas erleichtert! Es gab aber ansonsten überwiegend Erfreuliches am heutigen Tag aus dem Storchennest zu berichten. 2 Eier, das ist doch schon etwas!


Augen rechts! Ordnung muss sein!

Regelmäßige Brutablösungen, Georgs unermüdlicher Einsatz beim Transport von Nistmaterial,


Schaut, ich kann auch Zweige bringen!

kaum noch neuer Müll in Form artfremden Materials!


Ein kleine Sünde habe ich
mir heute doch geleistet!

Was will man mehr? Gegen 11 Uhr konnte man Georg und Pauline längere Zeit in heller Aufregung erleben. Georgs ständige Abflüge und baldige Rückkehr ohne Nistmaterial, gemeinsames Drohen mit ausgeprägtem Flügelpumpen und heftigste Klapperstrophen waren deutliche Anzeichen für einen oder mehrere fremde Störche über dem Nest. Dieses Verhaltensrepertoire genügte, um einen direkten Angriff auf das Nest zu umgehen. So konnten in der Folgezeit Pauline und Georg zur Tagesordnung übergehen, sich gegenseitig beim Brüten ablösen und schließlich die erste Nacht mit zwei Eiern im Nest in Angriff nehmen.

24. Apr. 03

Eine vorläufig letzte Bemerkung  (?) zum Müllnotstand im Storchennest: Georg ist heute zu naturbelassenem Nistmaterial zurückgekehrt und hat, soweit ich ihn beobachten und ich nach Betrachten des Nestes feststellen konnte, kein neues Folienteil mehr eingetragen. Statt dessen brachte er standesgemäß große Äste und Zweige sowie viel altes Gras nach Hause.

Meine besorgten Seher! Gefällt euch dieses Nistmaterial?

Wollte er der Diskussion in Tage- und Gästebuch ein Ende setzen? Wissen wir doch alle, dass der harte Kern der Schreiber, Leser und Seher unserer Website sowieso ein vorbildliches Verhalten bei der Mülltrennung und Müllbeseitigung an den Tag legt und jeder auch versucht, auf Mitmenschen in positiv und vorbildlich einzuwirken. So zeigt uns Georgs Leidenschaft für diversen Kunststoffmüll in deutlicher Weise, dass auf dem Gebiet der Vermüllung unserer Umwelt noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten und viel Geduld bei der Überzeugungsarbeit aufzubringen sein wird.


Mein Georg hat schon ein paar seltsame Vorlieben!
Aber sonst ist er voll in Ordnung!

Wenn man einen positiven Aspekt aus Georgs Verhalten gewinnen will, dann den, dass viele Menschen miteinander in fairer Weise diskutierten und das Problem somit erneut an die Öffentlichkeit brachten, in der Hoffnung, einer Verbesserung nahe zu kommen. Erneut durfte unser Traumpaar und wir einen wunderschönen Frühlingstag genießen, der am Nachmittag eine Temperatur von 20 Grad erreichte.

Man tut, was man kann! Mit drei Eiern
rechne ich mindestens, Pauline!

Inzwischen ziehen auch schon zahlreiche Mauersegler über der Altstadt ihre Kreise. Waren vor 20 Jahren die ersten dieser Langstreckenzieher frühestens in der ersten Maiwoche zu erwarten, treffen sie jetzt 14 Tage früher in ihrem Brutgebiet ein. Pauline und Georg erwiesen sich während des ganzen Tages als gut funktionierendes Storchenpaar. Die Brutablösungen vollzogen sich nach Art des Hauses, d.h. der ablösende stand nach dem Wechsel meist noch eine Weile am Nest, ehe er oder sie zur Nahrungssuche abflog. Georg baute erneut fleißig, diesmal ohne Vorlieben für Plastteile und bei mancher Ablösung am Nest begrüßten sich beide Partner mit typischem Begrüßungsklappern
 

Hallo Pauline, schön, dass ich dich wieder sehe!

Dieses unterscheidet sich in der Klangfarbe und in der Ausführung deutlich vom Drohklappern, welches bei Erscheinen von fremden Störchen zur Anwendung kommt. Das Begrüßungsklappern klingt wesentlich weicher und wird auch nicht von heftigem Flügelpumpen begleitet. Warum auch?

25. Apr. 03

„Eins, zwei, drei, noch ein Ei, Ostern ist noch nicht vorbei!“ Mit diesem launigen Reim begrüßte uns gestern unser Webmaster via aktuellem Laufband auf unserer Kameraseite. Was war passiert? Pauline hatte in der Nacht vom Donnerstag auf Freitag ihr drittes Ei gelegt. Helga kann diesmal als Entdeckerin genannt werden, lieferte sie doch den ersten Schnappschuss der neuen Situation.


Helga, da hast du uns aber voll erwischt!

Der Blick auf ihre „Prachtstücke“ gelang mit etwas Geduld sehr gut, sobald die Produzentin sich vom Nest erhoben hatte. Dies geschah auch heute in regelmäßigen Abständen.


Pauline, du wendest die Eier richtig fachmännisch!

Vor allem, wenn Georg mit Nistmaterial erschien, kam Leben in die Bude. Meist standen dann beide für kurze Zeit gemeinsam und bauten geschäftig die neuen Zweige und das neue Polstermaterial in Form von Altgras ein.


Jetzt bin ich gleich wieder an der Reihe!

Nicht selten legte der Storchenmann gleich mehrere solcher kurzen Zwischenstopps ein, ehe er schließlich bereit war, für Pauline den Innendienst zu schieben und seiner Partnerin Gelegenheit zu geben, selbst auf Nahrungssuche zu gehen. Mit drei Eiern hat sich Pauline bereits in den unteren Bereich der in der Literatur gemeinhin als Gelegegröße bezeichneten Zahlen begeben.


Eins, zwei, drei! Stimmt!
Es werden nicht mehr!

Es kommen auch noch niedrigere Eizahlen in einem Vollgelege vor, jedoch tritt ein solches Ereignis eher selten auf. Generell gilt, dass Paare, die sehr früh mit einer Brut beginnen meist auch größere Gelege zeitigen als solche, die ihren Brutbeginn sehr spät haben (erste Maihälfte). Auch haben Untersuchungen an Paaren, deren Alter bekannt war, ergeben, dass ältere Störche signifikant höhere Eizahlen in einem Gelege zeitigen als jüngere  Störche. Bei 85 Paaren mit bekanntem Alter fanden sich folgende Ergebnisse: 4-jährige Störche 3,7 Eier/Gelege, 5-jährige 4,1; 6-jährige 4,9; 7-9-jährige 5,0 und schließlich als letzte Gruppe die 16-21-jährigen mit einer Eizahl von 5,6 Eiern/Gelege.

Auch ist noch ein Blick auf die durchschnittlichen Gelegegrößen in verschiedenen Regionen innerhalb des Verbreitungsgebietes interessant. In Estland ergaben n=46 Vollgelege eine durchschnittliche Zahl an Eiern von 3,91. In Mecklenburg und der Altmark (n=199) 3,94; in Schleswig-Holstein (n=102) 4,34; in den Niederlanden (n=80) 3,89; in Polen (n=381) 3,94; in Spanien (n=203) 3,6; in Portugal (n=48) 4,13; in der Schweiz (n=85) unter „halbwilden“ Bedingungen 5,02. Mit einem Ei können wir also bei Georg und Pauline noch rechnen, alles weitere über die Zahl vier hinaus wäre eine feine Zugabe, ist aber nicht automatisch zu erwarten. Wie uns das Storchenpaar in Höchstadt/Aisch heuer deutlich zeigt, sind auch sechs Eier durchaus keine sensationelle Seltenheit (www.storchennest-hoechstadt.de/Live-Cam/live-cam.html),aber in 0,5% aller Fälle kommen solche großen Gelege vor. Endgültig Schluss scheint es aber bei 7 Eiern zu sein, die ebenfalls in der Literatur gelegentlich genannt werden. Wir sollten auf alle Fälle am Sonntagmorgen wieder besonders genau ins Nest blicken. Wird Pauline ein weiteres Ei legen oder gibt sie sich mit drei Eiern zufrieden?


Ein Bild, an das man sich gewöhnen kann!

Georgs Marotte Marke „Folienfetischist scheint doch tatsächlich zum Erliegen gekommen zu sein. Er hielt sich auch heute strikt an sein arteigenes Nistmaterial-Spektrum und mied artfremde Stoffe. Dafür entwickelte er seit gestern eine neue gute Sitte, die Störche häufig an den Tag legen, besonders, wenn Junge im Nest sind. Man fliegt dann nicht gleich nach der Ablösung ins Nahrungsgebiet, sondern sucht sich noch einen ruhigen Zwischenstopp. Den hat Georg auf dem Dachfirst des alten Rathauses (von der Kameraposition aus gesehen direkt hinter dem Nest) gefunden. Dort kann man ihn gelegentlich ruhen sehen. 


 

 
Ein ruhiges Plätzchen hier! Da schaut das Nest ganz anders aus
und ich kann mich vor der Kamera etwas verstecken!

Ob er auf diese Art und Weise vor seiner Pauline ausweicht? Hat er ihre Vorwürfe zum Folienmüll nicht ganz verkraftet und schmollt er auf seinem Ausweichplatz still vor sich hin? Es wird doch nicht jetzt schon eine Ehekrise in Anmarsch sein? Fragen über Fragen, die auf eine Antwort warten müssen. Wünschen wir beiden eine ruhige, laue Nacht, die für Georg, den Spätheimkehrer, um 20:45 Uhr mit der letzten Landung am Nest auf dem alten Rathaus begann.

26. Apr. 03

Werden sich Pauline und Georg auf ihren drei Eiern ausruhen oder noch einen Zahn zulegen? Bereits in den frühen Morgenstunden war es mit 17 Grad ungewöhnlich warm und bereits um die Mittagszeit kletterte die Quecksilbersäule auf schlappe 23 Grad. Der böige Wind und aufziehende, hohe Schleierbewölkung deuteten jedoch für den Nachmittag einen Wetterumschwung an.

Georg konnte am Morgen bei einer neuerlichen „Straftat“ ertappt werden. Er trug ein taschentuchgroßes Folienteil ins Nest ein.


Schnell weg, bevor es alle sehen!

„Kein Beinbruch, Georg! Wir verzeihen dir! Du hast es ja nicht so gemeint! Und außerdem ist es ja nun wirklich nicht groß!“ Als ob er sich seines Tuns bewusst wäre, versteckte er das Ding schließlich hinter dem Körper seiner liegenden Partnerin und brachte es damit aus der Schusslinie der Kamera.


Jetzt ist es nicht mehr zu sehen!

So ein Gauner! Glaubt er doch, uns täuschen zu können. Kaum war er gelandet und hatte sein Mitbringsel platziert, , bestieg er Pauline und legte einen stürmischen Liebesakt aufs Parkett (ins Nest natürlich!).


Als Dank dafür, dass du mich nicht verrätst!

Diese Paarungen sind während der Eiablage für Georg und Pauline bindend, sie ebben aber nach Beendigung der Eiablage erst nach und nach ab. Zwischen 11 Uhr und der Mittagsstunde zeigte sich im Verhalten des Paares erneut große Unruhe, wie sie nur in Anwesenheit von fremden Störchen zu beobachten ist. Das Szenario dazu ist Ihnen ja aus früheren Tagebucheinträgen bekannt.


Denen werden wir es zeigen, Pauline!

Georg flog ständig auf und ab und hatte dabei alles im Griff. Während dieser Beobachtungen erreichte mich ein Anruf aus Dinkelsbühl. Thomas Joas, Vorsitzender der Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz, hatte sein Handy am Ohr und gab mir einen Situationsbericht von den Vorgängen um das Storchennest, die für uns Normalverbraucher in diesem Moment nur indirekt erkennbar waren. Auf dem Dachfirst der dem Nest benachbarten Georgskirche saßen zwei Fremdstörche, die von Georg immer wieder umflogen wurden und dabei mehrmals vom Dachfirst vertrieben wurden. Immer, wenn dies gelungen war, machte Georg einen kurzen Abstecher zu Pauline, die sich fest auf die Eier gelegt hatte und diese nach Kräften schützte. Zum Glück führten die beiden Fremden keine bösen Absichten im Schilde, denn nach einigen Platzrunden in sicherer Distanz zum Nest landeten sie abermals auf dem Kirchendach und ließen es sogar zu, dass Georg auch bei ihnen auf dem Dach Platz nahm. Dieses Schauspiel wurde mehrere Male wiederholt, wobei nur die Dohlen des Münsters eine schlechte Figur machten und laut schimpfend vor den drei sie umkreisenden „Riesen“ flüchteten. Nach einigen Minuten Spannung beruhigte sich die Situation vor Ort, die zahmen Angreifer gingen auf die Weiterreise und Thomas Joas verzog sich wieder ins nahe Cafe. Auch das Kamerabild signalisierte bald darauf Beruhigung, denn Georg blieb bei Pauline im Nest und forderte sie sogar um 12:23 Uhr zur Ablösung auf, was sie sich nicht zweimal sagen ließ und das Feld so gleich räumte. Immer häufiger nimmt Georg nach Brutablösungen Reißaus und stellt sich auf den Dachfirst des alten Rathauses.


Diesen Platz werde ich mir merken.
Ob Pauline auch mal will?

Dies geschah während meiner Beobachtungszeiten einige Male. Am frühen Nachmittag herrschte noch einmal für kurze Zeit Aufregung über dem Storchennest. Pauline und Georg äugten unablässig in den Himmel, sicher flogen erneut fremde Störche ihre Bahn hoch über dem Wörnitztal.


Georg, geht das schon wieder los?

Und anschließend stellte sich Georg abermals auf den Dachfirst. Zunächst hielt er sich nahe dem Firstende auf, doch mit der Zeit lief er immer näher ans Nest und schien mit Pauline Verstecken spielen zu wollen.

Jetzt mach ich erst mal
ein wenig Gymnastik...
...und dann spiele ich Verstecken!

Mit Wind und immer dunkler werdendem Himmel vollzog sich endlich am Spätnachmittag der Wetterumschwung. Die Temperatur fiel um über 10 Grad, die Regenmenge hielt sich dagegen in bescheidenen Grenzen. Immerhin für ein paar nasse Federn reichte es allemal.


Ich schüttle mir mal die Regentropfen aus meinen Federn!

Georg ließ sich von den Wetterunbilden nicht beeinträchtigen und flog um 20:30 Uhr zu einem Kurztrip noch einmal ab. Als er endgültig um 20:46 Uhr zur Übernachtung einschwebte, war er von Regen, Sturm und Dunkelheit umgeben, doch das Gelege verbreitete als leuchtender Mittelpunkt einen eigenartigen Zauber.


Mit unseren Eiern haben wir eine gute
Nachttischbeleuchtung gewonnen, Georg!

Noch ein kleiner Nachtrag zum Thema Abend:
Falls Sie den heutigen Artikel in der Abendzeitung "Live-TV aus dem Storchennest" nicht schon gelesen haben, finden Sie ihn in unserem Pressearchiv.

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Thomas Ziegler

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