Storchenkamera

Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah
Teil 12
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03. Jul. 03
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Für alle, die vielleicht nicht jeden
Tagebucheintrag der letzten beiden Jahre im Kopf haben, möchte ich
mich zu Beginn des neuen Eintrages wieder einmal kurz vorstellen.

Gequältes Lächeln?
Nein, nur ein ungutes Gefühl beim Fotografiert-Werden!
Bei über 500 Seiten plus weiterer Info-Angebote
über den Lebensraum, den Stromtod, über Hilfsmaßnahmen, über
Historisches und so weiter ist in zwei Jahren ein reich bebildertes
Buch entstanden, das sicher über 600 Seiten Storchenwissen bietet
und somit das dickste „Storchenbuch“ überhaupt darstellt, das es im
Internet zum Nulltarif gibt. Auch im Buchhandel sucht man so viel
Wissen über den Storch in dieser Form und zu diesem Preis leider
vergeblich. Viele Fragen und Vorwürfe, die unser so liebenswerter
Gästebuchschreiber aus Erlangen gegen mich einst erhoben hat, wären
gar nicht gestellt oder erhoben worden, wenn man das Tagebuch
regelmäßig gelesen hätte. Das Anlegen der Ringe früher und heute hat
den Schreiber veranlasst, in dieser Frage Kritik zu üben. Er hat –
und das betone ich ausdrücklich – in der in Frage kommenden Zeit
zwischen 1975 und 1985 selbst regelmäßig an meinen Fahrten
teilgenommen und das Beringen voll und ganz unterstützt. Außerdem
geschehen solche Untersuchungen ja nur im Einvernehmen und mit
Erlaubnis einer Vogelwarte. Eine „Deutsche Vogelwarte“, in deren
Namen ich gesprochen haben soll, gibt es nicht. Die gab es
vielleicht noch während der betrüblichen Zeit des Dritten Reiches.
Nun hieß und heißt „meine“ Vogelwarte Vogelwarte Radolfzell. Sie ist
die Anlaufstelle für alle Beringungen in Süddeutschland und
praktisch die Nachfolge-Vogelwarte der Mutter aller Vogelwarten,
Rossitten im ehemaligen Ostpreußen. Vertrieben in den Wirren des
Zweiten Weltkrieges fand man eine neue Bleibe in den Räumen des
Schlosses Möggingen bei Radolfzell und dort „residiert“ man immer
noch. Ab diesem Moment hatte man in der nun entstandenen
Bundesrepublik eine zweite Vogelwarte neben der Vogelwarte
Helgoland. Man teilte sich den Zuständigkeitsbereich in der
beschriebenen Weise, Helgoland war fortan für die nördlichen Teile
der Republik „zuständig“. Seit der Wende leistet sich die nun
vergrößerte Republik den „Luxus“, eine dritte Vogelwarte zu
besitzen, die Vogelwarte Hiddensee“. Ihr Zuständigkeit waren und
blieben die neuen Bundesländer. Seit Bestehen der drei genannten
Forschungseinrichtungen wurden in Deutschland – und ich schätze hier
nur – ungefähr 100.000 bis 150.000 Weißstörche markiert. (Hiddensee
kommt bisher auf 40.000). Einer der größten deutschen Ornithologen,
Prof. Dr. Erwin Stresemann, beringte als Student im Jahre 1910 (!)
die ersten Jungstörche in Bayern. Er kam in jenem Jahr auch nach
Dinkelsbühl und stieg auf das Dach des alten Rathauses zu den
Vorgängern unseres Quartetts. In den 50er Jahren war es ein weiterer
großer Ornithologe, der die Beringung der Weißstörche in Franken
fortführte. Dr. Theodor Mebs, ein weltbekannter und durch zahlreiche
Buchveröffentlichungen renommierter Greifvogel- und Eulenspezialist,
war in dieser Funktion einige Jahre tätig. Die Reihe ist nicht
vollständig, doch aus zeitlichen Gründen muss meine Recherche
bruchstückhaft bleiben. Nähern wir uns neueren Zeiten, stoßen wir
auf die Namen Joachim Werzinger (er verstarb leider kürzlich viel zu
früh in Nürnberg) und Dr. Helmut Link. Mit beiden ist die
Storchenberingung in der Zeit von 1967 bis 1973 verbunden. Während
meines abgebrochenen Biologiestudiums stieß ich in Erlangen auf die
beiden und begleitete sie während des Sommers und half beim
Beringen. Bei dieser Gelegenheit durfte ich 1972 meine ersten
Jungstörche beringen. Da beide schließlich die Sache nicht mehr
weiterführen wollten oder konnten, baten sie mich, ihre Nachfolge
anzutreten. Nach den nötigen Prüfungen und den rechtlichen
Angelegenheiten erhielt ich 1972 die Beringungserlaubnis. In den
Anfangsjahren meiner Arbeit brachte ich wie Werzinger und Link die
neuen Ableseringe über dem Intertarsalgelenk an. Hier sind sie
besser sichtbar und leichter ablesbar. Als die Vogelwarte ihre
Mitarbeiter auf mögliche Gefahren hinwies, die mit einer Beringung
über dem Intertarsalgelenk verbunden sein konnten, kehrte ich zur
normalen Beringung über den Zehen zurück. Es wurde zunächst nur
vermutet, dass durch das Absetzen des „Spezialkotes“ bei großer
Hitze (thermoregulatorisches Beinkoten) zwischen dem Ring und dem
Bein des Vogels eine harte, sich nicht mehr lösende Schicht bilden
könnte, die dann durch ein Festsitzen des Ringes auch zu einer
Behinderung der Blutzirkulation und zu einer Beeinträchtigung des
Vogels führen könnte. Diese Gefahren waren allerdings nur für solche
Störche relevant, die über dem angesprochenen Gelenk beringt waren.
Als Ihr Tagebuchschreiber von diesen Gefahren erfuhr, beringte er
zwar weiter, jedoch danach ausschließlich über den Zehen. Eine neue
Dimension ergab sich durch eine Veröffentlichung von Holger Schulz
in der Zeitschrift „Die Vogelwarte“ im Jahre 1987 zum Thema „Thermoregulatorischen
Beinkoten beim Weißstorch“. Bei Freilanduntersuchungen im
afrikanischen Winterquartier beobachtete Schulz unter vielen
Tausenden von Störchen mehrere beringte, die hinkten oder
Verhaltensauffälligkeiten zeigten die im Zusammenhang mit der
Beringung standen. Drei in dieser Arbeit veröffentlichte Fotos
zeigen einen polnischen Storch, der zwischen Bein und Ring eine
dicke Harnsäureschicht aufwies, die den Vogel so sehr behinderte,
dass er entkräftet eingefangen werden konnte, aber nach einem Tag
starb. Auch ein über den Zehen beringter Weißstorch wies nach obiger
Arbeit eine Behinderung auf, so dass auch bei dieser Beringungsart
die Möglichkeit einer Harnsäureverkrustung nicht auszuschließen war.
Nachdem die Arbeit erschienen war, stellte die Vogelwarte Radolfzell
als erste ihre Beringungen am Weißstorch ein. Man wollte sich in
dieser Frage nichts vorwerfen lassen. Auch wenn sicher war, dass nur
ein verschwindend kleiner Prozentsatz aller beringten Störche in
dieser Weise Behinderungen zeigte, waren die gewonnenen Erkenntnisse
natürlich auch betrüblich. Ihr Tagebuchschreiber beendete im Jahre
1987 (mit Erscheinen des Artikels) auf Anweisung der Vogelwarte
seine ehrenamtliche Tätigkeit auf diesem Gebiet. Andere Vogelwarten
im europäischen Raum sahen dagegen die Vorteile einer Markierung für
wesentlich gewichtiger an als den Verlust des einen oder anderen
Vogels und ich kann diese Haltung wegen der großen Bedeutung der
Beringungsarbeit für den Naturschutz auch durchaus nachvollziehen.
In den Jahren danach galt es, einen neuen Ring zu entwickeln, der
ein Festhaften von Kot nicht mehr erlaubt. Es dauerte über 10 Jahre,
bis unter Federführung von Herrn Walter Feldt, ebenfalls
langjähriger Beringer der Vogelwarte Radolfzell, ein Kunststoff
entwickelt war, an dem ähnlich einer Teflonpfanne, nichts mehr
haften bleibt. Die nun zum Einsatz kommenden ELSA-Ringe verkörpern
diese neue Ringgeneration. Wenigstens zwischen Bein und Ring sind
mir bisher keine Anhaftungen bekannt. Lediglich bei noch im Nest
befindlichen Jungstörchen kann durch den engen Kontakt zum Nestboden
eine Verschmutzung dazu führen, dass die Ringinschrift nicht gut
erkennbar ist. Beim ersten Kontakt mit Wasser, ist der Ring dann
wieder sauber. Eine persönliche Adresse sei noch an Elke gerichtet:
Ich kann nicht ausschließen, dass einer oder einige meiner rund
1.500 Ringstörche in ihrem späteren Leben durch meinen Ring
beeinträchtigt waren. Ich hoffe, dass sich solche Beeinträchtigungen
durch Kontakte mit Wasser möglicherweise wieder verringert haben und
die behinderte Blutzufuhr wieder funktionierte. Man muss aber auch
mit dem schlimmsten Fall, einem Todesfall rechnen. Als man von
solche Fällen wusste, gab es bei uns keine Beringungen mehr. Durch
markierte Störche wurde aber auch erst bekannt, welchen Gefahren sie
ausgesetzt sind und wo die stärksten Gefahren lauern. Jeder tote
Storch mit Ring unter einem Strommasten oder einer Stromleitung half
gleichzeitig anderen Störchen das Leben retten. Ihr Schicksal wurde
so bekannt und Stromversorger reagierten postwendend, während ein
unberingter Storch unter einer entsprechenden Stromanlage zu keiner
weiteren Reaktion nötigte und einfach vergraben wurde. Du siehst
Elke, dass man in vielen Bereichen der Storchenarbeit auch mit
Kompromissen leben muss und jeweils für sich abwägen sollte, in
welche Richtung man sich begibt. Allen alles Recht zu machen, ist
eine Kunst, die nie gelingen wird. Der neue Ring verspricht
Positives, doch das haben auch die „Macher“ des damaligen
Ablesringes gedacht. Zum Trost für alle: Es gibt Hunderte, nein
Tausende von Ringstörchen, die wieder ins Brutgebiet zurückgekehrt
sind, jedes Jahr erfolgreich gebrütet haben, zwanzig Mal und öfters
die Reise nach Afrika angetreten haben und immer ohne Behinderung
zurückgekehrt sind. Und dessen seien Sie versichert: Die
geschilderten Fälle betreffen nicht einen Großteil, sondern einen
winzigen Prozentsatz aller beringten Störche.
Ich komme einer weiteren Bitte nach, denn im
Nest in Dinkelsbühl gab es heute – zum Glück – in keiner Richtung
Berichtenswertes. Viele wollen Ihren Tagebuchschreiber etwas besser
kennen lernen. Über sein größtes Hobby wissen ja alle bereits
Bescheid, sonst gäbe es wahrscheinlich kein Tagebuch und keine
Hintergrundinformationen. Mein zweite Liebe (oder doch die erste?)
gilt der Musik. Mit 40 Jahren lernte ich im örtlichen Posaunenchor
das Spiel mit der Posaune, es folgten meine drei Kinder mit der
Trompete sowie meine Frau Ingrid, mit der ich 27 Jahre verheiratet
bin, ebenfalls mit Posaune. So ist meine Familie in der Lage ein
Bläserquintett auf die Beine zu stellen und miteinander zu
musizieren, was leider immer seltener zu realisieren ist. Eine noch
längere Liebe gilt dem Chorgesang, den ebenfalls alle fünf Zieglers
aktiv in der Feuchtwanger Kantorei der evangelischen Kirchengemeinde
ausüben. Dass ich dort auch auf meine Frau stieß und sie dort kennen
und lieben lernte, sei nur am Rande vermerkt. Die offenbar
vorhandene Musikalität bei meinen Kindern hat bisher dazu geführt,
dass Felicitas (24 Jahre) mit Gesang und Tobias (19 Jahre) mit
Trompete, versuchen, ihre Liebe zur Musik auch später zum Beruf
werden zu lassen. Bei Lucas (13 Jahre) „droht“ uns dies vielleicht
auch noch. Eigentlich bliebe bei diesem Programm schon fast keine
Zeit mehr, doch als Vertrauensmann im Kirchenvorstand der
Feuchtwanger Kirchengemeinde besteht für mich noch Mitverantwortung
für 5 Pfarrer, 20 Mitarbeiter in drei Kindergärten, für einen großen
Friedhof, für Gottesdienstgestaltung usw. Das Wichtigste hätte ich
fast vergessen. In die Schule gehe ich auch noch und betreue dort
vorzugsweise die erste und zweite Klasse. Meine 27 Küken gehen gerne
zu ihrem Herrn Ziegler und ich denke, dass sie keine Angst zu haben
brauchen, von Ihrem Tagebuchschreiber zu herzlosen Kreaturen erzogen
zu werden, die einmal jeden Vogel, den sie sterbend sehen, liegen
lassen und sich freuen, wenn sein Leiden möglichst lange dauert
(derartige Attribute wollten mir einige Kommentare im Gästebuch
unterstellen, es kann auch im Vetschauer GB gewesen sein!). Einige
meiner Schüler möchten sich an dieser Stelle mit kleinen Zeichnungen
ihrer Lieblingsvögel kurz vorstellen und meinen Lesern damit eine
Freude machen.
Aileen, 2b
Aileen, 2b
Sarah, 2b
Linda, 2b
Stefanie, 2b
Auf dem alten Rathaus in Dinkelsbühl stehen
auch heute vier Junge im Regen, im strömenden Regen. Erstmals hat
sich eine kleine Pfütze im Nest gebildet, die auch dadurch bedingt
ist, dass sich der Nestboden durch die Beanspruchung der letzten
Wochen sehr verdichtet hat, durch die lange Trockenheit zusätzlich
ausgezehrt ist und deshalb nicht so gut das Wasser durchlässt.

Hast du auch nasse Füße?
Außer einer Verschmutzung der Körperunterseite
ziehen diese Begleitumstände keine weiteren Folgen nach sich. Papa
Georg zeigt sich souverän bei seinen Fütterungen und präsentiert
sein Erkennungszeichen in prägnanter Weise (mehrere weiße Streifen
auf den großen Armdecken des rechten Flügels).

Georg gibt heute Gas!
Auch Pauline lässt sich nicht „lumpen“ und
erfüllt ihre Pflicht. Dabei artet die ganze Geschichte schon mal als
ein Kampf ums Futter aus.

Pauline und der Kampf ums Futter!
Am Abend schließlich kann ich auch für
Feuchtwanger wieder ein Storchenpaar zur Übernachtung auf dem Kamin
des alten Rathauses begrüßen. |
04. Jul. 03 |
Die Wetterlage ist auf dem besten Wege,
erneut in Richtung Sommer durchzustarten. Es gab zwar die
letzten Tage nur Temperaturen mehr oder weniger deutlich unter 20
Grad, aber für den Sonntag und die darauf folgenden Tage werden wir
und die Dinkelsbühler Storchenfamilie wieder solche von 25 Grad und
darüber erleben. Storchenherz, was willst du mehr?
Vier gesunde Junge, die sich mit Macht der Vollendung der sechsten
Lebenswoche nähern und ein Paar, das seinen Aufgaben in
bewundernswerter Weise nachkommt. Es bleibt dem Paar auch nichts
anderes übrig! Es handelt so, wie es von seiner Konstitution für die
Aufgaben während der Brut und Jungenaufzucht prädestiniert ist. Von
Ringpaaren (beide Partner eines Paares tragen einen Ring und
sind deshalb eindeutig identifizierbar) weiß man, dass es
unter diesen solche gibt, die signifikant höhere Nachwuchszahlen
hervorbringen als andere von bekanntem Alter und Herkunft,
die durch die Bank nur wenig Bruterfolge zeitigen. Ferner ist schon
lange bekannt, dass Erstbrüter und daher in der Regel sehr
junge Störche (zwei oder drei Jahre alt) die geringsten
Bruterfolge aller Altersklassen innerhalb einer
Storchenpopulation hervorbringen. In meiner Zulassungsarbeit zum
Lehramt an Volksschulen mit dem Titel „Populationsdynamische
Untersuchungen am Weißstorch in Franken“, die ich im Jahre
1977 verfasste und die auch der nette Gästebuchschreiber aus
Erlangen mit falschem Titel (obwohl er die Arbeit besitzt) in seinem
Eintrag erwähnte, wertete ich erstmals für Gesamtfranken die
Bestandsverhältnisse seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus
und brachte sie in Zusammenhang mit der Auswertung von bis
dahin rund 150 Ablesungen fränkischer Brutstörche oder
in Franken abgelesener Störche aus anderen Regionen. Einen
Großteil der Ablesungen konnte ich bis 1977 durch
unermüdlichen Einsatz und jährlich Tausende von Kilometern Fahrt
selbst erbringen und war damit für die Auswertung der Ergebnisse
der kompetenteste Bearbeiter. Bis heute hat sich die Zahl
meiner Ablesungen von Brutstörchen in Franken auf rund 500
erhöht. Davon kann unser Gästebuchschreiber nur träumen,
da sich er und seine Helfer mehr auf das Vertuschen von
Datenmaterial berufen. In den letzten 20 Jahren erhielt ihr
Tagebuchschreiber keine einzige Ablesung aus der Gruppe um
den Gästebuchschreiber aus Erlangen, denn bei der Vogelwarte ging
bis heute auch keine einzige Meldung eines von mir beringten
Storches ein (obwohl alljährlich solche präsent waren). Diese
Tatsache kann nur damit erklärt werden, dass man in dieser Gruppe
von aktiven Storchenschützern nicht in der Lage ist,
Ablesungen zu Stande zu bringen oder – und dies trifft im
vorliegenden Fall schon eher zu – wissenschaftliche Daten bewusst
verschleiert. Man möchte damit seine Macht gegen einen
Storchenschützer aus Feuchtwangen demonstrieren, der so um die
Früchte seiner Beringungsarbeit gebracht werden sollte
(gelang natürlich nicht, aber schon der Versuch ist mies!). Mit
derlei Kindergartenmethoden muss man sich herumschlagen, wenn
man eine differenziertere Sicht der Dinge zu seiner Meinung
macht als andere.
Zurück zu Nachwuchssorgen mancher
Störche und deren möglicher Ursachen. Es ist nicht nur
Nahrungsmangel, der zum Tod von jungen Störchen im Nest führt.
Wenn in Vetschau zwei Junge im jüngsten Alter gefressen und aus dem
Nest befördert werden, so ist das bedauerlich, aber kein Mensch
der Welt kann und sollte dies verhindern. Denkbar ist genauso
der Fall, dass einer oder beide Partner mit vier Jungen
einfach überfordert sind. In Saulgau versuchte über viele
Jahre ein beringtes Paar, es stammte aus einem Ansiedlungsversuch,
Junge zum Ausfliegen zu bringen. Es kam nie dazu. In ihrer Not
wandte sich die Stadtverwaltung an den Naturschutz, ob es nicht
möglich sei, die „Alten“ oder besser die „Unfähigen“ einfach
abzuschießen, um endlich wieder Junge im Nest zu erleben. Bei
Überwinterern kann ohne eine solche absurde, aber doch so angedachte
Lösungsmöglichkeit 20 Jahre auf das natürliche Verschwinden solcher
„Hausschweine“ gewartet werden. Zweifache Bettelaktionen, wie jetzt
zum Beispiel in Vetschau, sind für überforderte Störche (Alter,
Konstitution) einfach erträglicher als der physisch bedeutend höhere
Aufwand mit vier Jungen. Doch ich kenne jemanden, der schon
immer forderte, dass die Anzahl der gelegten Eier mit
der Zahl der ausfliegenden Jungen gleichgesetzt werden muss,
koste es, was es wolle. Wie wäre es, wenn man jeweils schon die
Eier sofort nach der Ablage durch das Weibchen aus dem Nest
entnähme (mit dieser Strategie wäre es sogar denkbar, dass ein
Storchenweibchen auch mal zur Produktion von 10 Eiern animiert
werden könnte)? Ein Ei bliebe dann maximal im Nest, die restlichen
kämen in eine Brutmaschine. Die Aufzucht der Jungen
selbst bereitet überhaupt keine Schwierigkeiten und
bayernweit hätte man dann pro Jahr – ich staple mal bewusst tief
– um die 500, vielleicht sogar knapp an die Tausend
Jungstörche (im Moment sind es so um die 200 jährlich). Dies
veranlasste denselben Storchenpapst aus Erlangen in richtiger Weise
zu der Bemerkung, dass in Bayern jährlich 200 bis 300
junge Störche den schrecklichen Hungertod sterben müssen
und er dies auf keinen Fall unterstützen wolle. Sie verstehen! Pro
Paar 5 Eier = 5 ausfliegende Junge mal Hundert Paare ergibt
tatsächlich 500 „Pflichtjunge“ jährlich in meinem Bundesland.
Dann zieht man die 200 Überlebenden ab und es bleiben die 300
Hungertoten übrig. Natur ist doch so einfach zu verstehen, wenn
man die richtige Ausbildung auf mathematisch-naturwissenschaftlichem
Gebiet besitzt. Sollte man nicht angesichts solch erschütternder
Erkenntnisse, schnellstens an die Verwirklichung einer groß
angelegten Zuchtanlage nach oben beschriebenem Muster gehen? Die
Kosten wären sicher nicht ganz so niedrig, doch ein grandioses
Spendenaufkommen wäre gesichert. Fernsehteams würden sich
in der nicht gerade knapp bemessenen Großanlage am Stadtrand von
Erlangen tummeln, wo der Verkauf von Werbeartikeln rund
um den Storch in Verbindung mit fränkischer Küche aus
zahlreichen Imbissbuden einen Großteil der Kosten decken
könnte. Bei Kindernachmittagen und wöchentlichen
Großveranstaltungen würde man hämisch ins westliche
Mittelfranken blicken, wo ein etwas weltfremder Kauz,
sich gegen alle Vorschriften wendend, auf nur noch drei
Storchenhorste blickt, in denen zusammen gerade ein Jungstorch
schwach und hinkend dem Ausfliegen entgegen sieht, das wiederum mit
dem sicheren Tod an einem ungesicherten Strommast endet. Inzwischen
denkt man in Erlangen bereits an eine Überdachung des
gesamten Geländes, die man sich durch wirtschaftliches Arbeiten
locker leisten kann. Es bestünde dann für Besucher und Bewohner
der Anlage keine Gefahr mehr, nass zu werden. Denn bei
Starkregen müssen alle Jungen immer noch ins
Trockene gebracht werden. Die dafür erforderlichen hohen
Personalkosten würden dann natürlich entfallen.
Diese kleine Replik in die Zukunft soll
Ihnen die Möglichkeit, wohin der Zug in Sachen Storchenschutz fahren
kann, einmal drastisch aufzeigen. Manches ist gar nicht so
abwegig gedacht, denn es hat sich auf diesem Gebiet schon oft
ähnlich ereignet. Sollten sich noch lebende Personen als Akteure
darin wiederfinden, so geschah dies rein zufällig und war nicht
beabsichtigt. Wenn die Glosse zum Denken anregt, so soll sie
Andersdenkenden ein wenig zur Diskussionshilfe
gereichen. Wer polarisiert, sollte seine Leser nicht
einfach hilflos im Regen stehen lassen.
Mit der anschließenden kleinen Bilderschau
soll noch bewiesen werden, dass man in Dinkelsbühl von derlei
Visionen nach meilenweit entfernt ist und hoffentlich allzeit davor
bewahrt bleibt.
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Mittagessen,
Kinder! – Fein, Papa! |
Vierfacher
„Hochstand“ |
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Auch
Einbeiniges Stehen will gelernt sein! |
Mit viel
Schwung! |
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Nach dem
Essen sollst du ruh'n |
Schnabelfechtereien! |
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Bis
zum
letzten
Happen |
Konspirative
Sitzung zum Thema:
Zukunft des Storchenschutzes!
Referent: N.N. |
Ob Eingriffe am Nest, die als
vermeintliche Hilfeleistungen getarnt sind,
immer
den Störchen weiter helfen, sei dahingestellt. Ein
ansiedlungswilliger Storch, muss sich in Zukunft nach Angaben
des Erlanger Storchenexperten mit einer
„.....fortschrittlichen Nestunterlage aus rostfreiem Stahl mit
peripherem Lastabzug, so dass der Nestboden frei von
Strukturmaterial wird (ideal für Wasserdurchlässigkeit und
Trocknung)“, anfreunden. Das ist doch schon was! In
Feuchtwangen und Westheim haben die Störche – kaum zu glauben –
allein in diesem Jahr jeweils die Abdeckplatte eines Kamins ohne
peripheren Lastabzug ausgewählt und den rostfreien Stahl
(Technokraten an die Front!) dürfen diese ebenfalls nicht genießen.
Sie hatten doch die bodenlose Frechheit, einfach dorthin zu bauen,
wo ihnen der Schnabel gewachsen ist. Nicht einmal ein schäbiges
Wagenrad hatte man ihnen geboten, doch die Zeiten sind ja schon
längst vorbei, in denen Störche machen konnten, was s i e wollten. |
05. Jul. 03 |
Mit dem heutigen Tag vollenden unsere
Musketiere ihre sechste Lebenswoche. Hätten Sie mich zu
Anfang der Brutzeit gefragt, ob aus dem Vierergelege
auch vier Junge zum Ausfliegen gebracht werden, hätte ich
keinen Pfifferling darauf gewettet. So muss man sich manchmal
eines Besseren belehren lassen. Doch mit dieser von Georg und
Pauline praktizierten „Belehrung“ kann ich mich ohne Weiteres
abfinden. Nachdem wir alle zusammen im letzten Jahr auf so
viele Proben gestellt wurden und wochenlang nur auf ein
leeres und dann immer weniger werdendes Storchennest blicken
konnten, hatten wir heuer schon eine Verbesserung verdient.
Dass es nun fast schon zum Maximum in puncto Nachwuchs
gereicht hat, ist auch eine kleine Belohnung für all die, die
unserer Website und meinem Tagebuch die Treue gehalten haben. Dass
natürlich die Kameraseite einsamer Spitzenreiter bei den
Zugriffen innerhalb der Homepage des BN ist und bleiben wird,
ist ja nur zu verständlich. Hier passiert all das, was man
ungeschminkt und ohne jegliches Missverständnis betrachten und sich
darüber freuen kann. Mit etwa 20% der Seitenaufrufe liegt die
Schanppschussfunktion eindeutig und mit weitem Abstand an
zweiter Stelle. Diese wunderschöne Möglichkeit, die
unsere Technik mit Andreas Kamm als „Alleinunterhalter“ zur
Verfügung stellt, lässt während einer Brutzeit kein Detail
des Heranwachsens der Jungen aus und hält jede einzelne
Entwicklungsstufe fest. Zu meinen eigenen, bisher rund 3000
Schnappschüssen kommen noch ungezählte, die mir treue „Seher“
immer wieder in dankenswerter Weise zusenden. Als besonders
fleißigen „Schützen“ möchte ich hier Jörg Dirks erwähnen, der
mit zu einer lückenlosen Dokumentation beitrug. An nächster
Stelle folgt in der Beliebtheitsskala unserer Homepage mit fast
gleichen Prozentzahlen von etwas unter 10 Prozent das
Gästebuch und das Tagebuch. Diese Aufteilung in der
Rangfolge besteht seit Beginn der Übertragung aus dem Storchennest
vor gut zwei Jahren. Auch dass wir uns mit Macht der 500000er –
Marke bei den Zugriffen nähern, ist ein schöner Lohn für
manchen Stress mit den Störchen und um die Störche.
Was passiert momentan im Nest? Es wird
wieder spannend und aufregend! Denn mit jedem Tag mehr
verstärkt sich die Unruhe unseres Quartetts. Neben längeren
und kürzeren Ruhezeiten, in denen man nur gelegentlich mal
den Kopf bewegt (also keine Angst, dass hier gleich alle vier
gestorben sein könnten!),
 |
 |
Da wird doch
nichts passiert sein?
Sind alle tot? |
Gott sei
Dank!
Ein neugieriger Blick! |
werden sie zu wahren Furien, wenn ein
Elternteil mit Futter erscheint.

Georg nimmt den Mund ganz schön voll!
Häufig merkt man schon geraume Zeit vorher
(wenige Sekunden bis vielleicht eine Minute), ob Georg oder Pauline
im Anflug sind. Waren die Kinder vorher ziemlich relaxt, so befällt
sie eine plötzliche Unruhe und alle beginnen sich zu gruppieren.
Schnabel in die Mitte des Nestes, Hinterteil zum Nestrand. So
erwartet man den „Anflieger“. Da die Jungen aus ihrer hohen Position
die Eltern schon aus einiger Distanz sehen und
erkennen können (je nachdem, woher der Anflug erfolgt), sind die
angesprochenen Reaktionen schon vor dem Auftauchen am Nest
erkennbar. Sind Georg oder Pauline schließlich gelandet, geben die
Jungen den Eltern durch energisches Stoßen mit dem Schnabel in
Richtung Elternschnabel, zu verstehen, dass man Hunger hat. Die
nächste Stufe führt dann zum Absenken des Elternschnabels in
Richtung Nestmulde und zum gleichzeitigen Ausrichten der
Jungenschnäbel auf einen Fixpunkt im Nest, der gleichzeitig
Brennpunkt aller an der Aktion beteiligten Schnäbel ist.

Auf die Schnäbel, fertig, los!
Der Futterbringer öffnet schließlich
seinen Schnabel sehr weit, während das Quartett den „Auswurf“ der
mitgebrachten Nahrung erwartet. Passiert einige Sekunden noch
nichts, richtet das Jungvolk jetzt seine Schnäbel schon fast in den
Mundraum des „Alten“, um ja als erster an der Futterquelle zu sein.
Erleichtern sich schließlich Pauline oder Georg und es
kommt zur Nahrungsaufnahme durch die Jungen, werden die
Bewegungen der Nestlinge extrem. Die Flügel sind ausgefahren, in
der Hand an- und abgewinkelt und alles wird von pumpenden
Bewegungen begleitet. Solange Nahrung noch im Nest liegt oder
gefressen wird, bleibt es bei diesem Bild. Die Dinkelsbühler Jungen
entwickeln während dieses Vorganges ein herrliches Bild, das
einer aufblühenden Blume gleicht, die sich für Augenblicke
entfaltet, um urplötzlich (das Futter ist alle) wieder in sich
zusammen zu fallen.
 |
 |
Eine Blume
blüht auf!
Georg hat für diese Schönheiten
keinen Sinn! |
Und
nun das
Gleiche mit
Mama Pauline! |
Mit dem sofortigen Abflug des Fütterers
kehren die Jungen wieder zur Normalität zurück.

Nach der Fütterung sucht Pauline sofort das Weite!
Dass alle Jungen inzwischen mühelos auf beiden
oder auf nur einem Bein stehen können , ist eine schon lange
erlangte Errungenschaft. Dass sie sich mit einem Bein auch an
allen so erreichbaren Stellen des Körpers kratzen können, hat sich
erst entwickelt, da ist die gleiche Tätigkeit mit dem Schnäbel schon
leichter auszuführen. Aber wenn es einmal am Kopf juckt, muss halt
der Fuß mit den Zehen herhalten. Die meiste Zeit des Tages
verbringen die Jungen im Fersensitz, d.h. sie sind so halb
aufgerichtet. Mit etwas Glück kann man die Beobachtung von
vier stehenden Jungen machen.

Es geht doch!
Platz ist in der kleinsten Hütte!
Diese Position wird im Laufe der nächsten 14
Tage sicher an Bedeutung gewinnen, ist sie doch die Voraussetzung
für eine intensive Bewegung des Flugapparates.

Hubschrauber im Anflug!
Man tut, was man kann!
Und schließlich gibt es noch die
Liegend-Position, bei dem das Fersengelenk eingeklappt wird und
dadurch eine Berührung der gesamten Bauchseite mit dem Nestboden
gegeben ist. Schmutzige Körperpartien in diesem Bereich sind
dann sichtbarer Ausdruck für Bodenkontakt. In den letzten
Tagen konnte man schon des öfteren die mächtig in die Länge
gewachsenen Hand- und Armschwingen bei manchen „Flugübungen“
bewundern. Wenn die Flügel angelegt sind, lassen sich unsere
Erstgeborenen an dieser Messgröße von den beiden „Letztgeschlüpften“
noch relativ sicher unterscheiden. Ansonsten gleichen sich die
Jungen immer mehr den Eltern an und wachsen nun ihrerseits
aus dem Blickfeld der Kamera. Ich werde versuchen, morgen einen
neuen Kameraausschnitt zu wählen und mit der Brennweite etwas zurück
zu zoomen. Dazu muss nach Dinkelsbühl gefahren werden, denn eine
Fernsteuerung für diese Kamerafunktion gibt es nicht, sondern dafür
ist gute alte Handarbeit nötig. Das „Aus-dem Bild-Rücken“
beweist auf der anderen Seite aber auch, dass sich die Beine
rasant in die Länge entwickelt haben. Mit etwas Glück –
wenn der Blick frei auf das gesamte Bein frei ist – sieht man bei
allen vier Jungen links über dem Fersengelenk den neuen schwarzen
ELSA-Ring der Vogelwarte Radolfzell (auch die anderen
Vogelwarten in Deutschland haben sich zur Verwendung dieses Rings
entschlossen). Nicht unbedingt nötig, aber doch einen Hinweis wert,
hat das Anbringen der Ringe am linken Bein in ungeraden
Jahren (2003) zu erfolgen, am rechten Bein in geraden
(2004). Sollten noch einige Tage vergehen und sich Alt und Jung
immer mehr angleichen, kann man auch am Ring die Jungen
von den Alten unterscheiden. Natürlich ist der kürzere und zum
Schluss auch nie tiefrote Schnabel ein deutliches Erkennungszeichen,
ganz zu schweigen von der schwarzbraunen und später allenfalls
hellbraunen Beinfärbung der Jungen. Pauline und Georg zu
unterscheiden, sollte in diesem Moment schon vielen möglich sein,
ich werde auf den Schnappschüssen die „Personen“ immer mit benennen.
Einige kleine „Hausaufgaben“ möchte ich zum Schluss noch
loswerden: Achten sie, wie sich die „Standzeiten“ der Jungen
entwickeln! Beobachten Sie mit gesteigerter Aufmerksamkeit, in
welcher Weise die Unruhe des Quartetts zunimmt und in welcher Weise
und wie lange Flügel ausgebreitet und bewegt werden (das ist beim
5-Sekunden-Takt allerdings schwer zu realisieren)! Wenn sie eine
Fütterung erwischen, achten Sie, ob es Georg oder Pauline ist und
wie sich ihr Fütterungsverhalten voneinander unterscheidet! Wann
findet die letzte Fütterung statt? Im Augenblick ist es so kurz vor
22 Uhr. Wenn die Bilder der Webcam um 22 Uhr 30 plötzlich nicht mehr
im gewohnten Takt aktualisiert werden, müssen Sie nicht an einen
Defekt denken. Unsere Technik – sprich Andreas Kamm – hat die Kamera
so geschaltet, dass während der Nachtstunden (aus
Kostenersparnisgründen) nur alle 30 Minuten ein neues Bild
gesendet wird. Noch eine letzte Hausaufgabe für heute: Gibt es schon
jetzt Unterschiede in der „Flugaktivität“ der Jungen. Einer scheint
mir ja schon ziemlich fortgeschritten zu sein. Und wann erfolgt die
erste Sichtung eines freien Schwebens über den Nestboden, also kein
Kontakt mehr zu diesem? Ich hoffe, mit dem neuen Eintrag wieder
vielen eine ungetrübte Freude bereitet zu haben. Passen wir auf
unser Quartett besonders gut auf und freuen wir uns auf viele
weitere, hoffentlich nur angenehme und auch spannende Geschichten um
Storch & Co. |
06. Jul. 03 |
Ich wechsle heute zu einem etwas
entfernteren Nestblick. Immer noch nahe, aber doch so, dass die
Jungen im Stand meist komplett zu sehen sind. Wenn die
„Sprungphase“ kommt, entfernen wir uns ein weiteres Stück vom
Nest. Während des Einrichtens der neuen Kameraeinstellung gelang
Wolfgang Horlacher schon einmal ein Schnappschuss aus dem
„Weitwinkelblick“.

Das Storchennest einmal ganz anders!
So oder ähnlich müssen Sie sich in etwa das
Schlussbild der diesjährigen Storchensaison vorstellen,
dann aber ohne volles Nest. Ob es auch danach noch ein Bild –
quasi als kleine Werbung für die Stadt Dinkelsbühl gibt – ist noch
nicht entschieden. Warten Sie also die weitere Entwicklung ab. Da
man das von der Kamera gesendete Bild des Nestes im Dachboden des
alten Rathauses nicht sehen kann (kein Kontrollmonitor!), stellte
ihr Tagebuchschreiber – wie auch in den bisherigen, vergleichbaren
„Verstellsituationen“ – eine Handyverbindung zu seinem Sohn am
heimischen PC her, der ihm dann die erforderlichen Anweisungen gab.
Denn wir hatten vorher genau besprochen, wie der „Ausschnitt danach“
auszusehen habe. Nach etwa fünf Minuten hatten wir das gewünschte
Bild im Kasten. Dass man vor Betreten des Rathausen einen Schlüssel
holen muss, dessen „Besitzerin“ auch nicht immer zu Hause ist, sei
nur am Rande erwähnt. Nach dem Einrichten der Kamera wechselte ich
noch zu einem kleinen Kontrollblick ans Schaufenster der
Adler-Apotheke, wo sich wieder einige Personen eingefunden hatten
und dem Treiben im Storchennest mit Begeisterung zusahen.

Der neue Kamerablick! Ob sich Pauline auch so gefällt?
Dass der neue Router sowie der neue
Server seit Inbetriebnahme am 11. April unter dem Dach
des Rathauses in so beeindruckender Weise ohne eine Störung (von
Konfigurationsproblemen ganz am Anfang abgesehen) arbeiten, verdient
Respekt. Andreas Kamm von K&K Computersysteme hat dies zwar
schon vorher in dieser Weise angekündigt, doch so ganz überzeugt
waren wir davon nicht. Andreas behielt Recht und stellt damit seinen
fachlichen Fähigkeiten ein überragendes Zeugnis aus. Sollte sich die
Storchenkamera Dinkelsbühl in den nächsten Jahren weiter entwickeln,
kommen wir an seinem Know –how sicher nicht vorbei. Einem
aufmerksamen Betrachter der Kameraseite der Homepage dürfte nicht
entgangen sein, dass seit kurzem der Link zu Helmut Wilflings
Modehaus neben dem Bildfenster nicht mehr existiert. Dies
geschah nicht, um Helmut zu ärgern, sondern ausschließlich auf Grund
der Tatsache, dass über das „Haus Wilfling“ kein Sponsoring mehr
betrieben wird. Alle technischen Anlagen, die für die
Übertragung unserer Bilder benötigt werden, sind seit April
ausgelagert. Helmut behielt den Empfänger für die Bildsignale
und überträgt weiter Live-Bilder in ein Schaufenster seines
Unternehmens. Dass er seine Homepage für zusätzliche
Informationen aus dem Leben der Dinkelsbühler Störche bereit
hält (siehe zum Beispiel den großartigen Film der
Fremdstorchattacke!), steht außer Frage und Helmut wird, wenn es
etwas zu berichten gibt, sicher immer im Gästebuch darauf
verweisen. Wer nicht so lange warten will, soll einfach
Helmuts
Website seinen Favoriten hinzufügen. Ansonsten
gebührt ihm als Mann der ersten Stunde und leidenschaftlichem
Bastler die Ehre, während zweier Jahre unter nicht immer leichten
Umständen die Bildübertragungen gesichert und wertvolle Dienste
geleistet zu haben. Wer einen Besuch in Dinkelsbühl mit einem in
Helmuts Laden verbinden möchte (gegenüber dem Nestgebäude), bekommt
auf alle Fälle einen Espresso gratis und erfährt vieles über die
Dinkelsbühler Störche aus erster Hand.
Wer von Ihnen das Getümmel während der
Fütterungen mit Leidenschaft beobachtet, wird sich manchmal
fragen, weshalb nicht das eine oder andere Junge dabei aus dem Nest
gestoßen wird?
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Who is who?
– Getümmel im Nest mit Pauline |
Erst recht bei den nun beginnenden, noch
zaghaften Flügelbewegungen mag manchem schon der Atem
gestockt haben und er oder sie sich schon mit dem Absturz des
Unglücklichen abgefunden haben, doch siehe da! Beim nächsten Bild
stand er immer noch im Nest und schien sich über Ihre Aufregung
köstlich zu amüsieren.

Flügelspreizen mit einbeinigem Stehen!
Ich rate also jedem, sich in solchen
Situationen möglichst cool zu verhalten und erst einmal damit
zu rechnen, dass nichts passiert. Ein Reflex, der selbst nach
hohen Sprüngen die Jungen immer wieder ins Nest zurückführt, wird
unsere Freunde nicht so leicht ins Verderben stürzen lassen.
Bei diesen Überlegungen sind mir zum Beispiel und Ihnen zum Trost
die Nester von Graureihern mit Jungen in Erinnerung, die
teils in den Baumkronen hoher und stark schwankender Bäume ebenfalls
wild mit den Flügeln schlagen und das auch häufig zu viert oder zu
fünft bei einem viel kleineren Nestdurchmesser schadlos überstehen.
Das Dinkelsbühler Nest schwankt nur ganz unerheblich,
wie ich beim Beringen feststellen konnte. Wind oder Berührungen, An-
und Abfliegen der Altvogel lösen lediglich ein leichtes Vibrieren
aus. Wenn man unser Quartett momentan in Rückenansicht
im Fersensitz zu Gesicht bekommt, sieht man, dass auch die
Schwanzfedern, die in letzter Zeit etwa zu kurz gekommen waren,
einen deutlichen Wachstumsschub erleben durften. Sie lugen
nun schon deutlich unter den schwarzen Armschwingen am
angelegten Flügel hervor. Diese wichtigen Steuerorgane
werden in Zukunft auch dazu beitragen, dass ein Manövrieren
im Nest bei den ersten Sprüngen wieder auf sicheren Boden zurück
führt. Warten wir noch gut eine Woche – also so um Mitte Juli herum
– haben die Federn ihr Wachstum beendet und die Jungen die
Größe des Altvogels beinahe erreicht. Schon jetzt werden die
Schwingen immer häufiger gespreizt und gestreckt oder heftige
Flügelschläge ausgeführt. Und anschließend folgen, von einem kurzen,
etwas hölzern klingenden Geklappere begleitet, nach einigen
unruhigen Schritten die ersten kurzen Luftsprünge im Gegenwind. Mit
etwa 60 Tagen, das ist in unserem Fall so um den 25. Juli,
kann mit den ersten Ausflügen gerechnet werden.
Zum Schluss einige Beobachtungen, die Sie durch
eigenes Nachforschen bestätigen oder aber widerlegen können. Mit
einbrechender Dämmerung, momentan in Dinkelsbühl so um 21:30
Uhr, tritt bei unserem Quartett eine deutlich sichtbare Ruhephase
ein, in der man alle vier sehr lange in der Liegend-Position
bewundern kann. Die Eltern übernachten nicht mehr auf dem sichtbaren
Teil des Rathausdaches. Sie ziehen es also vor, in noch größerer
Distanz zu den Jungen die Nacht zu verbringen. Bei einigen
Fütterungen der vergangenen Tage kam es zweimal zu
Begegnungen der Eltern am Nest. In beiden Fällen war Georg als
erster erschienen und Pauline folgte ihm, während er noch Futter
auswürgte. Und jedes Mal drängte sie ihn einfach vom Nest, obwohl er
sich noch gar nicht „ausgekotzt“ hatte. Sage noch einmal einer,
Pauline hätte in Ernährungsfragen nicht die Hosen an. Georg wirkte
dabei reichlich verdutzt, als Pauline ihn so sang- und klanglos
überrumpelte. Auch konnte man Georg – man beachte die
Arbeitsteilung – nach den Regentagen mit reichlich
Nistmaterial anfliegen sehen. Dies muss als sehr sinnvolle
Maßnahme betrachtet werden, zu der Störche instinktmäßig veranlasst
werden, wenn der Nestboden aufgeweicht und vielleicht zu nass
erscheint. Macht weiter so, Georg und Pauline! Ihr seid für mich
einfach Spitze und im weiten Internet so und so die Besten!
Wer es schafft, im Umfeld von Dinkelsbühl vier Junge groß zu ziehen,
verdient dieses Attribut uneingeschränkt. Wegen zahlreicher anderer
Verpflichtungen (es war Sonntag und da galt es für mich im
Kirchenchor und als Lektor das gottesdienstliche Leben der
Kirchengemeinde bereichern zu helfen und außerdem war die Kamera neu
einzustellen), fiel die Zahl meiner Schnappschüsse heute eher
bescheiden aus. |
07. Jul. 03 |
Heute vor sechs Wochen schlüpfte unser
kleinster Jungstorch aus dem Ei. Damit sind nun alle „Viere“
in einem Alter zwischen 42 und 44 Tagen und haben bereits
Dreiviertel der Nestlingszeit hinter sich. Ich denke doch, dass
das Wetter insgesamt in diesem Sommer dem
Storchennachwuchs mehr genützt als geschadet hat. Als der
Regen ausblieb, wechselten Georg und Pauline auf Fischkost
und später mit dem Einsetzen eines höheren Nahrungsverbrauches gab
es dann die nötige Nagerkost in Gestalt von Maus & Co. Sind
die Jungen erst einmal flugfähig, beginnt für sie auch
die Zeit, sich ihre Nahrung selbst zu suchen. Dazu sind
verständlicherweise einige Erfahrungen nötig, die es dann
erst erlauben, erfolgreich auf Mäusejagd zu gehen. Nebenbei kommt es
in dieser Phase aber weiterhin regelmäßig zu Fütterungen der
Jungen durch die Eltern. Da Junge und mindestens einer
der Altvögel meist gemeinsam auf Nahrungssuche gehen,
kommt es vor, dass die Altvögel von ihren großen Kindern auf der
Wiese angebettelt werden und Futter dann auch abseits des Nestes
auswürgen. Regelmäßiger werden sie aber – wie in unserem Fall
– dann von Georg oder Pauline nach ihrer Rückkehr im Nest
gefüttert. Diese Phase währt vielleicht 14 Tage
mit abnehmender Tendenz, das heißt die Fütterungen werden seltener
und schließlich auch ganz eingestellt. Bis es so weit ist, dürfen
wir das immer turbulenter werdende Treiben im Nest beobachten und
sicher mehr und mehr genießen. Dass es inzwischen schon zum guten
Ton gehört, die Flügel zu spreizen und heftigst damit zu
schlagen, dürfte keinem mehr entgangen sein. So gelangen besonders
Darklord einige eindrucksvolle Schnappschüsse.
Dabei entdeckte ich, dass zumindest
einer der Jungen im Bereich der Armschwingen doch die
eine oder andere Lücke offenbart, wo eine solche gar nicht
vorgesehen ist.
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Sind hier
Lücken in den Armschwingen oder nicht? |
Ob diese Lücke nun die Flugeigenschaften
in dramatischer Weise verschlechtert, glaube ich zwar nicht,
aber von Vorteil kann ein solches Loch wahrlich nicht sein,
wird an dieser Stelle doch der tragende Auftrieb jäh
unterbrochen. Ob auch die Hand Lücken aufweist oder bei anderen
Jungen ähnliche „Defekte“ vorliegen, wird die Zukunft erweisen. Nun
mausern Störche ja regelmäßig, das heißt abgenutzte und alte Federn
werden ersetzt. So fehlen bei erwachsenen Brutstörchen
eigentlich immer mal Federn – auch am Flügel. Dies geschieht
sukzessive, so dass die Flugtauglichkeit nicht
beeinträchtigt wird. Bei Jungen, die ihre erste Federgeneration
tragen, entwickelt sich normalerweise schon ein kompletter
Federnsatz, aber halt nicht immer. Ein Jungstorch des Mosbacher
Storchenpaares hatte eine ähnliche Fehlbildung, allerdings im
Bereich einiger Handschwingen. An dieser Stelle wirkt sich dies
natürlich viel entscheidender aus. Deshalb landete dieser Storch
auch bei seinem ersten Flug im Hof eines benachbarten Anwesens. So
weit muss man bei unserem Mitglied der Viererbande nicht gleich
gehen. Doch vom Tisch ist die Sache damit noch nicht. Es bleibt aber
keine andere Wahl als zu warten, bis er oder sie schließlich auf dem
Altrathausplatz landen, um ihn dann in Gewahrsam zu nehmen. En
Eingreifen zum jetzigen Zeitpunkt würde die gesamte Brut gefährden,
da ein Abspringen der Jungen dabei nicht auszuschließen wäre. Aber
denken wir an eine solche Möglichkeit erst ganz zum Schluss. Im
Augenblick besteht kein Anlass zur Sorge und wahrscheinlich ist
unser Freund auch so flugfähig. Wenn alle so mühelos versorgt von
Pauline und Georg versorgt werden können die Vierlinge ja weiterhin
nur Loblieder auf ihre Eltern singen.
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Mama, was
hast du
heute mitgebracht? |
Papa, hast
du einen
langen Hals! |
Vier
Chorknaben |
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08. Jul. 03 |
Dieser Tag brachte der Technik – sie war
erst vorgestern im Tagebuch so überschwänglich gelobt worden – die
erste größere Störungsmeldung überhaupt. Gegen 18:35 Uhr
am frühen Abend verabschiedete sich das Bild, bzw. die
Aktualisierungen erfolgten nicht mehr. An der Kamera lag es nicht,
denn die läuft seit Ihrer Inbetriebnahme im April 2001
ohne eine Pause und ohne einen einzigen Ausfall. Da sind
schon eher einmal Router und Server betroffen, die nicht selten bei
hohen Temperaturen unter dem Dach (40 bis 45 Grad) schon einiges zu
erdulden haben. Kurzfristige Stromausfälle können das System auch
einmal für längere Zeit zum Ausfall bringen. Eine dicke
Entschuldigung deshalb für die entgangenen Freuden mit
unseren Störchen. Während ich dies schreibe, läuft das Bild
allerdings schon wieder, so dass die Ausfallzeit – eine ganze Nacht
mit eingerechnet – bei etwas über 17 Stunden lag. Sie werden und Sie
müssen es verschmerzen, gerade weil es doch so selten
vorkommt. Mit unseren Jungen läuft es weiter wie am
Schnürchen. Ihre gestiegene Aktivität im Nest wird in
nächster Zeit nicht ganz ohne Spuren in diesem Bereich
bleiben.

Aufstehen! Die Sonne scheint!
Der die eigentliche „Nestmulde“ umgebende
Kranz aus Ästen wird mehr und mehr nach außen getreten
werden, dabei flacher werden und in Teilen sogar
abbrechen.

Erinnerungen an die Bremer Stadtmusikanten!
Am linken Nestrand sowie vor dem Turm der Paulskirche
deutet sich diese „Neuerung“ bereits an.

Vorsicht! Ich starte!
Heute gelang es mir erneut, an den
Bewegungen der Jungen vor dem Auftauchen des Altvogels zur
Fütterung, diese vorherzusagen.
 |
 |
Schaut mal
da oben! Papa ist im Anflug! |
Bin schon
da, Kinder! |
Schon eine knappe Minute vorher blickten die
Jungen mit seitlich verdrehtem Kopf (Augen senkrecht in den Himmel
gerichtet) umher. Dies machten alle und unmittelbar darauf „fiel“
Georg ins Nest und fütterte. |
09. Jul. 03 |
Gegen 11:50 Uhr lernen die Bilder
unserer Kamera wieder laufen und die Störung, welcher
Art sie auch immer gewesen sein mag, ist behoben. Zur
Belohnung für einige Stunden „Gucken in die Röhre“ erleben wir
gleich Pauline bei einer ihrer strammen Fütterungen,
bei der einiges an Nahrung den Besitzer wechselt. Tief
gebeugt in die brodelnde Masse ihrer Jungen gibt sie ihr Bestes und
muss den einen oder anderen Schnabelhieb einstecken.
 |
 |
Pauline muss
nun
wieder ran! |
Pauline ist
abgetaucht!
Wer kann sie entdecken! |
Dies alles geschieht aber stets immer in dem
Bestreben, niemanden zu verletzen. So tritt immer rechtzeitig eine
Hemmung ein, die beiderseits die Aggression minimiert. Es wäre ja
wirklich nicht im Sinne des „Erfinders“, würden sich Junge und
Altvögel in dieser Phase der Entwicklung „beschädigen“. Pauline
und ihren Gemahl sieht man schon seit Tagen wirklich nur für
den jeweiligen Fütterungsvorgang im Nest.

Bei Georg ist es nicht anders!
Er erscheint bereits drei Minuten nach Pauline!
Sobald dies erledigt ist, schweben sie davon
und selbst die Ruhezeiten auf dem Dachfirst hinter dem Nest
dauern nur wenige Augenblicke. Sie hätten neben dem
nicht in reichem Maße vorhandenen Platz auch keine Ruhe. Die
Vierlinge würden unablässig nach Futter gieren. Da ist es schon
besser, sich an ein stilles Örtchen zu verziehen, es kann ja
durchaus in der Nähe sein. Nur ist es für unsere Helden im
Augenblick mangels Flugtauglichkeit (noch) nicht erreichbar.
Regen blieb auch heute wieder Mangelware. Es gab einfach keinen!
Nach einigen trüben und auch kühleren Tagen, legt der Sommer nun
erneut zu und soll bis zur nächsten Woche abermals zur Höchstform
auflaufen. Nichts dagegen! Wir können uns in den Schatten
zurückziehen und die „Fab Four“ sind solche Verhältnisse eh gewöhnt.
Wenn sie zudem im Laufe des August ihre große Reise antreten, dann
erleben sie im Winterquartier in Westafrika oder im Großraum „Sudan“
mit Sicherheit regelmäßig noch höhere Temperaturwerte als sie in
Dinkelsbühl jemals gemessen werden. Sie müssen somit unsere
Nicht-Mehr-Kleinen keineswegs bedauern, sondern dürfen
ihnen schon einige Hitzresistenz zutrauen. Man steht immer
häufiger, man bewegt die Flügel immer ausgeprägter, man geht
schlicht und einfach in die letzte Phase vor dem großen Absprung.
Dass es nun fast nur noch um die Weiterentwicklung des
Großgefieders geht, wird schnell verständlich, wenn man sich
überlegt, dass unser Quartett drei Wochen nach seinem
Abzug aus Dinkelsbühl (so zwischen Mitte und Ende August – wenn
alles normal läuft) bereits 4500 Kilometer von der schönen
Stadt an der Wörnitz entfernt ist. Auf nachfolgendem
Schnappschuss sieht man wunderschön die Armschwingen am
linken Flügel des größten Jungen. Die inneren sechs
Armschwingen – soweit sichtbar - tragen silbrige Außenfahnen,
während die äußeren (mehr zum Körper hin) der insgesamt 22
Armschwingen rein schwarz sind. Von den 11 Handschwingen
tragen an unserem Musterbeispiel die vier inneren, kürzesten
Handschwingen ebenfalls diese im englischen „frosted grey“
bezeichnete Farbschattierung, während die 7 verbleibenden langen und
sehr langen Handschwingen nicht voll entfaltet sind und ohne diese
hellgraue Markierung im frischen Zustand bleiben.

Dieser so genannte Storchenexperte kann sich
jetzt nicht mehr über unser Gefieder auslassen, sondern wir zeigen
ihm einfach unsere kalte Schulter.
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Allein macht
es auch
mal wieder Spaß! |
Und rudern
können wir jetzt
abwechselnd auch wieder! |
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10. Jul. 03 |
Da Lehrer – wie gemeinhin bekannt – zweimal im Jahr
auch etwas arbeiten müssen, besteht für mich gerade diese
Notwendigkeit. Für weniger mit der Lehrermaterie befasste
Zeitgenossen sei nicht verschwiegen, dass Ihr Tagebuchschreiber und
im Hauptberuf Volksschullehrer sich momentan mit dem
Verfassen der Jahreszeugnisse seiner Zweitklässler abquält. Ich
sollte lieber sagen: „Abmüht“. Es ist nicht ganz einfach während
zweier Schuljahre und über vier Zeugnisse verteilt, möglichst immer
andere Formulierungen über das Verhalten und den Leistungsstand der
Schüler auf einer ganzen DIN A4 – Seite auszubreiten. Bis Dienstag
muss und wird auch diese Arbeit getan sein und damit der letzte
große Brocken auf dem Weg in die Ferien aus dem Weg geräumt sein.
Ich erzähle dies, um bei Ihnen Verständnis zu finden für
einen einmal etwas kürzer geratenen Eintrag im Tagebuch.
Einige Schnappschüsse des Tages sollen Ihnen als kleine
Entschädigung und zur Dokumentation des Wohlergehens unserer
vier Jungen dienen.
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Morgenlicht
leuchtet! |
Pauline
begibt sich
erneut ins Getümmel |
Kein
Durchblick! |
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Nun ist
Georg in der Höhle der Löwen! |
Georg auf
der Flucht! |
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Glück
gehabt! Alle haben sich von ihren Plätzen erhoben! |
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11. Jul. 03 |
Ein schöner Tag folgt dem anderen. Da
kann man schon ein wenig wehmütig werden, wenn man an die Monate
denkt, in denen das Storchennest leer sein wird. Die längste Zeit
durften wir das Geschehen live verfolgen. Nun bleiben vielleicht
noch maximal acht Wochen, ehe die Jungen und
schließlich auch Georg und Pauline verschwinden
werden. Oder sollte es doch anders kommen? Werden alle Jungen den
Absprung gesund und wohlbehalten überstehen. Wird einer – ähnlich
wie in Mosbach im vergangenen Jahr – uns fast bis Weihnachten auf
Trab halten und damit die Storchenzeit verlängern? Ich will es nicht
hoffen, sondern bin ganz und gar zufrieden, wenn alles in der
Schlussphase ganz normal verläuft.

Sie wachsen und wachsen
Ich möchte nicht vergessen, sie ein weiteres
Mal auf unsere
Spendenaktion hinzuweisen. Das
kleine
Paradies an der Wörnitz zwischen Gerolfingen
und Reichenbach wird den beiden benachbarten Storchenpaaren in
Gerolfingen und Wassertrüdingen sicher eine Hilfe in Nöten
sein. Was sich sonst an Kostbarkeiten botanischer und
zoologischer Art in dieser Fläche verbirgt, soll der kleine
Bericht am Schluss dieses Tagebuchteiles ein wenig beleuchten.
Es ist nur ein winziger Ausschnitt, der zeigt, dass sich ein
finanzieller Beitrag – egal wie groß er ausfällt – lohnt. Rund
10% der Kaufsumme, die der Bund Naturschutz bereit stellen muss,
sind bereits von Ihnen
gespendet
worden. Das ist mehr als wir uns nach so kurzer Zeit hätten träumen
lassen. Dafür danke ich im Namen der Kreisgruppe
Ansbach des Bund Naturschutz schon einmal ganz herzlich.
Dass unser Quartett nun schon auf die
Vollendung ihrer siebten Lebenswoche zugeht, lässt den
Ausflugtermin damit immer näher rücken. So beinhalten die beiden
nächsten Wochen doch eine Menge an Spannung und ich freue
mich schon auf den ersten Schnappschuss, der nicht mehr
vier Junge im Nest zeigt und damit belegt, dass man auf Ausflug
gegangen ist. Wie schnell die Jungen wachsen, beweist die
Tatsache, dass beim Stehen in aufrechter, gestreckter Haltung
die Köpfe bereits wieder aus dem oberen Bildrand wandern und
damit bald eine neue Kameraeinstellung fällig werden wird.
Dann sollte es möglich sein, auch die ersten Sprünge besser zu
verfolgen. Im momentanen Alter besteht nun zwischen Jung
und Alt kein großer Gewichtsunterschied mehr. Im
Gegenteil, die Gewichtskurve bewegt sich sogar ein wenig auseinander
und die Jungen sind schwerer als ihre Eltern. Deshalb beginnt bald
für die Jungen eine Diät-Phase, in der die Alten die
Futtergaben und somit auch das Gewicht der Jungen
reduzieren.
 |
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Georg gibt
sein Bestes... |
...und sucht
schnell das Weite |
Dadurch soll einmal ein günstigeres Fluggewicht
erreicht, zum anderen auch die Bereitschaft gestärkt werden, die
Jungen zum Ausfliegen zu veranlassen. Wer einen knurrenden Magen
verspürt, wagt vielleicht den Absprung eher, als wenn man ihn nach
wie vor über die Maßen im Nest mit Futter versorgt und quasi einen
Mast-Storch aus seinen Kleinen macht. Bisher fanden alle
Flügelbewegungen mehr oder weniger im Alleingang statt. Das heißt,
wenn einer seine Flügel bewegte, hatten die Geschwisterchen Pause
und schauten dem Treiben allenfalls zu.
 |
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Mann,
braucht der viel Platz! |
Das ist die
Platz sparende Variante! |
Am Abend sitze ich um 22 Uhr vor
dem Cafe am Kreuzgang in Feuchtwangen im Garten, das
Thermometer zeigt noch satte 23 Grad und es kommen echt
mediterrane Gefühle auf. Der Eingang zum Geviert des romanischen
Kreuzgangs entlässt gegen 22:45 Uhr etwa 600 Besucher der
Freilicht-Theateraufführung „Der Brandner Kasper und das ewig Leben“
und der Marktplatz füllt sich mit Gästen aus Nah und Fern. Da ist
doch richtig was los in meiner Heimatstadt! Dass das Storchenpaar
über meinem Kopf auf dem Kamin des alten Rathauses durchaus
interessiert dem Treiben zusieht, kann man fast aus ihrer
Körperhaltung ablesen. Als sich gegen 23 Uhr eine große
Besuchergruppe zur nächsten Sonderveranstaltung im Rahmen der
diesjährigen Kreuzgang-Spielzeit begibt, verabschiede ich mich von
meinen Chormitgliedern und dem Storchenpaar und gehe mit Frau und
Sohn nach Hause. |
12. Jul. 03 |
Die Sonne scheint auch an diesem Samstag
unermüdlich vom Himmel. Da ich nicht gerade zu den Sonnenanbetern
gehöre und ich eher die Hautfarbe „weiß“ favorisiere, macht es mir
nichts aus, im relativ kühlen Arbeitszimmer zu sitzen und weiter
Zeugnisse für meine Zweitklässler zu verfassen. Dass dabei nebenher
schon der eine oder andere Blick ins Dinkelsbühler Storchennest
möglich ist, gestaltet die ganze Angelegenheit wesentlich
angenehmer.
 |
 |
 |
Wieder ein
Stückchen
größer! |
Das kommt
von der
guten Versorgung! |
Wo ist
Georg? |
Eine Frage, deren Beantwortung mich schon
länger beschäftigte, konnte heute endlich aus der Welt geräumt
werden. Wenn sie das abendliche Bild aus unserem Storchennest in
letzter Zeit bis 22 Uhr verfolgt haben, wissen Sie, dass Georg
und Pauline weder im Nest noch im Blickfeld der Kamera
übernachten. Über die Gründe habe ich mich bereits in einem der
vergangenen Tagebucheinträge geäußert. Ich fuhr nach Einbruch
der Nacht zur Klärung dieser Frage ins benachbarte
Dinkelsbühl. Schon in den vergangenen Tagen hatte ich in dieser
Beziehung so meine Vermutung. Man muss sich ja nur die
Nachbardächer einmal genau ansehen. An den Spuren auf
dem Dach erkennt man dann genau, wo und wie lange sich
Störche am jeweiligen Platz aufhalten. So trägt das Dach
unter dem Kamin neben der Kamera schon lange ein weißes „Deckchen“.
Ebenso das Ende des Dachfirstes des Nestgebäudes. Weitere weiße
Marken tragen seit geraumer Zeit das Dach unter der
Giebelspitze des Cafes Haagen, schräg gegenüber des
Neststandortes sowie das Dach unter der Giebelspitze der
Buchhandlung Bauer. Heute entdecke ich Pauline und Georg auf den
beiden zuletzt genannten Gebäuden. Wer nun wer ist und war, konnte
ich bei den herrschenden Lichtverhältnissen nicht mehr ausmachen.
Fest steht: Einer der beiden Elternteile wählte das Cafe Haagen, der
andere die Buchhandlung Bauer zu seinem Schlafplatz. Auch wenn ich
vielleicht jetzt für einen Macho gehalten werde, tippe ich beim
Gast auf dem Cafehausdach auf Pauline, beim Besucher
der Buchhandlung auf Georg. Es kann aber auch geradeso
umgekehrt sein. Beide Standorte erlauben es den Eltern, das Nest
genau im Auge zu behalten. Pauline sollte dabei etwas engeren
Kontakt zu ihren Kindern halten (es ist ja schließlich die Mutter),
während Papa Georg ein paar Meter weiter Stellung bezogen hat. Dass
beide Ehepartner nun nicht eng aneinander gekuschelt auf dem selben
Hausdach stehen, darf nicht überraschen, es ist in dieser Zeit der
Jungenaufzucht ganz normal. Man hat eben andere Probleme und Sorgen
und ist froh, seinerseits auch mal ganz zur Ruhe zu kommen. Ich
werde die Schlafplätze in nächster Zeit immer wieder einmal besuchen
und notieren, wie sie sich verändern und ob nicht weitere Gebäude in
dieser Statistik auftauchen werden.
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Immer schön
der Reihe nach! Mama hat gesagt,
dass ich jetzt an der Reihe bin! |
So klappt es
doch! Wir müssen
uns nur immer einigen! |
Auf der Hinfahrt führte mich der Weg
über Mosbach. Ich wurde Zeuge einer Fütterung durch das
vierjährige Weibchen. Die drei Jungen erhielten ihre
Zusatzration im Nest, obwohl alle drei ihre ersten Ausflüge längst
hinter sich haben. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Jungen die
Insektennahrung in mühsamer „Kleinarbeit“ aus dem Nest
gepickt hatten. Die Storchenmutter hatte in der Zwischenzeit
schon ihren Schlafplatz auf dem Dach der Nachbarscheune
bezogen. Auf der Rückfahrt von Dinkelsbühl machte ich
einen kurzen Zwischenstopp in Schopfloch. Dort fand
ich gegen 22:30 Uhr drei Junge allein im Nest vor,
während ein Altstorch auf einem Wohnhausdach an der
Hauptdurchgangsstraße stand. Vom zweiten „Alten“ fand ich keine
Spur, es war aber auch noch nicht vollkommen dunkel, so dass dieser
durchaus auf Futtersuche gewesen sein konnte. Außerdem leuchtete ein
Fast-Vollmond die Gegend noch ziemlich hell aus. |
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Spenden
eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
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