Storchenkamera
Storchentagebuch 2005
...was bisher geschah
Unterstützt durch
Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
1905-2005 Rotary internat. 100 Jahre
Teil 6
|
16. Mai 05 |
Die Übertragung aus dem Storchennest
Dinkelsbühl feiert heute ihren
4. Geburtstag.
Darauf genehmige ich mir später noch ein Storchenbier!
Seit dem 16. Mai 2001 brachte es die Website der
Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz, nicht die Website
Ziegler, auf fast eine Million Zugriffe. Wir gehörten im
Jahre 2001 mit zu den ersten Einrichtungen dieser Art
und konnten Dank der hohen Qualität der Übertragung und der
besten Begleitinformationen aller Storchenwebcams die
Akzeptanz für unsere Seite Jahr für Jahr weiter ausbauen.
In der Zwischenzeit überschwemmt eine wahre Flut
ähnlicher Angebote das Internet und allein an Storchenkameras
stehen derzeit 31 zur Auswahl. Dass dabei natürlich große
Qualitätsunterschiede festzustellen sind, soll hier nicht Thema
sein, jedoch teilen sich den großen Kuchen der Sehergemeinde
gerade mal eine Handvoll. Dazu zählt auch das
heutige Geburtstagskind. Während bei uns ein mehr elitärer
Kreis seine Heimat findet, der die fachliche und
sachliche Begleitung der Bilder schätzt und auch
polarisierende, kritische Kommentare liebt, finden andere bei
anderen Anbietern eine mehr auf das Bildangebot beschränkte
Darstellung des Lebens aus dem Storchennest. Sicherlich haben
beide Sichtweisen ihre Berechtigung, doch angesichts
häufiger Irritationen über Geschehnisse in manchen Nestern
dürfen dann Hilfen in Form von Kommentaren einfach nicht fehlen. Der
große Rest der gut gemeinten Angebote könnte getrost
aus dem Netz genommen werden und niemandem würde es
weh tun. Sollte ich jetzt schon wieder Unmut erregt
haben, dann verstehen Sie doch bitte, dass ich meine Meinung
auf dieser Website, die die Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund
Naturschutz betreibt, äußern darf. Was sonst als meine
Meinung sollte ich denn niederschreiben? Ihre Meinung, unsere
Meinung, die Meinung Ihrer Großeltern oder die Ihrer Enkel? Ich
möchte mit meiner Arbeit auch aufklären und ich bin sicher, dass Sie
noch nie so viel über das Leben der Störche erfahren
haben, wie in vier Jahren Tagebuch. Und wenn Sie das Lesen in
all den Jahren noch nicht konsequent getan haben, dann fangen Sie
heute noch an! Sie werden begeistert sein und nicht mehr
von der Lektüre wegkommen. Und wenn ich über strittige Punkte
referiert habe, dann tat ich es immer so, dass ich verschiedene
Meinungen nebeneinander gestellt habe und anschließend begründet
habe, warum ich es so mache und warum ich die andere Arbeitsweise
für falsch halte. Da steht es jedem frei, meiner
Meinung zu folgen oder nicht. Wo ist da ein Problem? Haben Sie schon
einmal ein Tagebuch gelesen, vielleicht auch so etwas wie eine
Biografie? Haben da die Schreiber vielleicht nicht über sich und
ihre Ansichten berichtet? In jedem Kommentar in Rundfunk,
Fernsehen, in der Politik, bei Rezensionen über Buch und Film, bei
Kritiken über Konzerte oder Theateraufführungen hören oder lesen wir
jeweils die Meinung eines Menschen, sie muss ja nicht mit
meiner Meinung übereinstimmen. Da kann dann gemeckert
werden und eine andere Ansicht vorgebracht werden, aber deswegen
lässt sich niemand seine Meinung verbieten. So
halte ich es und nicht anders! Wem es nicht gefällt,
sollte etwas Ähnliches auf die Beine stellen und sich auf
diesem Terrain bewähren, bevor er noch einmal hier oder
anderswo Peinlichkeiten verbreitet. Vier Jahre Storchenkamera
bedeuten zu 95% „zufriedene Kunden“, die erkannt haben, worauf es
bei der Beschäftigung mit der Natur ankommt. Wir vermitteln die
Gesamtheit einer Lebensgemeinschaft, die nur überlebt, wenn wir
sie als solche betrachten und schützen. Das einzelne Individuum
stellt dabei ein wesentliches, jedoch nur ein
verschwindend kleines Bindeglied dar, das unseren Schutz
verdient, jedoch nicht um jeden Preis! Wenn es mir
gelungen ist, dies zu vermitteln, war die Arbeit der vergangenen
vier Jahre nicht umsonst. Es allen Recht zu machen, kann niemandem
gelingen, doch sollten die wenigen „Andersdenkenden“ ihre bewusst
auf pure Zerstörung angelegte Agitation beenden
und wieder mehr menschliche Züge annehmen. Ich danke, dass Sie mir
aus Anlass unseres Geburtstages diese kleine Replik nicht übel
nehmen.
Natürlich sauge ich mir mein Wissen über die
Störche nicht ganzheitlich aus den Fingern. Vieles, was Sie bei
mir zu lesen bekommen, ist neueste Forschung und noch
in keinem Buch in dieser Weise nachzulesen. Gerade auf
dem Gebiet der Veröffentlichungen über den Weißstorch gibt es
eine kaum zu überblickende Flut von Gedrucktem. Ich werde
Ihnen einen Teil davon immer wieder mal vorstellen,
empfehlen oder ganz einfach vom Kauf abraten. Meine
Bibliothek enthält einige Tausend Artikel und Beiträge
aus 100 Jahren ornithologischem Schrifttum. An diese
Veröffentlichungen ist heute nur mehr schwer heranzukommen,
gelegentlich kann man in Antiquariaten etwas finden oder übers
Internet bestellen. Von meinen etwa 200 Storchenbüchern (das
sind Veröffentlichungen mit einer ISBN) sind ebenfalls die
allermeisten längst vergriffen, da derartige Literatur nur in
sehr geringen Auflagen gedruckt wird und im deutschsprachigen
Raum eben nur wenige Interessenten findet. Auflagen von 500
oder gar 1000 Exemplaren gehören da schon zu den Rennern.
Ausnahmen bilden auf dem Gebiet der Störche natürlich die große
Palette von Kinderbüchern und populärwissenschaftliche
Veröffentlichungen. Wer sich allgemein für unseren Weißstorch
interessiert und an wissenschaftlich exakter Information Gefallen
findet, sollte sich ein Standardwerk zulegen, das noch
erhältlich ist und auf diesem Gebiet im Augenblick das beste
Buch darstellt. Ich spreche von Band 375 der Reihe
„Die Neue Brehm-Bücherei“, ursprünglich in erster Auflage 1985,
in zweiter erweiterter Auflage 1988 erschienen im A. Ziemsen Verlag,
Wittenberg Lutherstadt und trägt den Titel „Der Weiss-Storch“.
Der Verfasser ist der bereits verstorbene Dr. Gerhard
Creutz aus Neschwitz. In der Nachfolge des A. Ziemsen Verlages
vertreibt heute der Verlag Westarp Wissenschaften in
Hohenwarsleben die gerade für Ornithologen sehr ergiebige und viel
gelobte Reihe. In zweiter Auflage enthält der broschierte Band
236 Seiten Information. Ein nicht geringer Nachteil ist,
dass die Ausgabe bereits vor 20 Jahren erschienen ist
und die meisten Informationen deshalb schon meist 25 Jahre und älter
sind. Wer auf dem neuesten Stand sein will, erfährt mit dem
Brehm-Büchlein nicht alles. Aber kurzum: Man kommt aber als
Interessent am Weißstorch nicht an diesem Band vorbei.
Enttäuschend und eigentlich zu vergessen sind die 94
Abbildungen, die diesen Namen nicht verdienen und
allesamt in schwarz/weiß gehalten und von schlechter
Druckqualität sind. Aber der Text und das ist die Stärke des
Bandes spiegelt unser Wissen über den Storch bis zum Anfang der 80er
Jahre wieder. Für 24,95 € ist der Band über jede Buchhandlung zu
beziehen. Für 12 € und weniger können sie ihn aber antiquarisch über
jedes gute Antiquariat im Internet beziehen. Also probieren Sie Ihr
Glück und kaufen Sie sich „Der Weiss-Storch“ von Dr. Gerhard
Creutz. Da ich schon angedeutet habe, dass meine Bibliothek gut
200 Storchenbücher enthält, werde ich die Reihe der
Buchvorstellungen noch ein Weilchen fortsetzen können.
Also gucken Sie immer wieder vorbei!
Während ich den Eintrag verfasste
und nebenbei das Bild aus dem Storchennest laufen hatte, traute
ich meinen Augen zunächst nicht. Pauline
erhob sich gerade wieder einmal vom Nest, in das das Paar
vor einiger Zeit zur Übernachtung zurückgekehrt war. Da leuchtete
ein weißer Golfball in der Nestmulde auf! Es war
keine Täuschung, sondern die Wirklichkeit. Da lag das
erste Ei! Die Uhr zeigte 20:50 Uhr, die Geburtsstunde
eines zweiten Geleges, das uns wohl die meisten
nicht mehr zugetraut und einige auch nicht mehr
gegönnt hatten.
Das erste Ei! Noch keine Minute alt!
Meine vor 11 Tagen gestellte Prognose
mit dem 15. Mai war nur unwesentlich überschritten
worden und was noch viel schöner und wertvoller zu beurteilen ist:
Pauline hat uns ihr erstes Ei zum vierten
Geburtstag geschenkt. Da soll noch einmal einer etwas von
schlechtem Timing sagen. Es ist eigentlich zu schön, um wahr zu
sein. Wir haben es auch uneingeschränkt mit unserer
Arbeit verdient nach den vielen Tief- und Rückschlägen auf
dieser Seite in den letzten Wochen. Die Tüchtigen verdienen
es eben doch gelegentlich, auch mit positiven Ereignissen
belohnt zu werden. Jetzt tritt – vielleicht – doch die Situation
ein, von der ich vor genau einem Monat, dem Tag des
Verschwindens der Vorgängerin Paulines, geträumt hatte. Wenn an
allen anderen Kameranestern die Jungen schon
groß und fast flugfähig sind, schälen sich aus
unseren Eiern gerade die ersten Küken und die
glückliche Internetgemeinde bekommt bei uns noch einen
weiteren Monat kostenlose Jungenaufzucht, so dass wir
bis in den September hinein mit Bildern aus dem
Storchennest glänzen können. Streichen Sie in allen Kalendern
diese Aussichten schon einmal dick an und freuen Sie sich
mit mir!
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte,
beobachtete ich die beiden noch ein Weilchen. Es
schien so, als ob sie sich an die neue Situation
erst noch gewöhnen mussten. Sie umtanzten regelrecht
das lang ersehnte Objekt, ehe sich Georg als erster
seines Auftrages entsann und seine ganze Aufmerksamkeit
dem Fortpflanzungsprodukt widmete.
Freudentanz um das Ei!
Er drehte es hin und her und umhegte
es sehr sorgsam. Pauline, sichtlich erschöpft
wendete sich vollends von der Nestmulde ab, drehte Ei
und Partner
den Rücken zu und verharrte auch zwei Stunden nach ihrer
Heldentat immer noch am gleichen Platz am äußersten
Nestrand. Georg ließ sich vorsichtig auf dem Ei nieder
und nahm es bedächtig unter seine Fittiche.
Das Ei in der Obhut Georgs!
Einmal bis 22:30 Uhr erhob er sich für einige
Minuten, um dann erneut das Einzelstück mit seinem Körper zu
bedecken. Auf weitere Taten! Am Mittwochabend dürfen
wir ein zweites Mal gespannt Pauline beobachten und Sie sind
wieder dabei!
Gegen diesen Hammer zur Abendstunde
verblassen natürlich alle anderen Ereignisse dieses
Tages. Ich möchte sie Ihnen aber dennoch nicht ganz
vorenthalten, sind Sie mir gerade jetzt als Leser besonders lieb
und teuer. Der Morgen begann mit Sonnenschein und
einem frisch begrünten Nest.
Frisch begrünt im Sonnenschein
Doch diese und alle anderen Anzeichen des
Tages deuteten nicht auf einen so fulminanten Tagesausklang
hin. Pauline und Georg waren zwischendurch mal immer für eine
Überraschung gut. So spielte die Dame des Hauses Verstecken
auf dem Dachfirst hinter dem Nest.
Pauline auf Abwegen! |
Kuckuck! Wo bin ich? |
Sie glaubte zwar, dass ich sie nicht
entdecken würde, aber was ein richtiger Tagebuchschreiber ist,
lässt sich so leicht nicht aufs Kreuz legen. Als sie schließlich
endlich wieder im Nest stand, hatte Pauline den
nächsten Kracher auf Lager. Sie entledigte sich
blitzartig einer Handschwinge. Für kurze Zeit hielt sie diese
sogar im Schnabel, so als ob sie andeuten wollte, es wäre an der
Zeit, wieder etwas ins Gästebuch zu schreiben.
Ich schreibe gleich ins Gästebuch!
Beim Abflug Paulines hinterließ sie statt eines
Eies sogar zwei gemauserte Handschwingen.
Verlustmeldung!
Der Schorsch blieb in der Zwischenzeit nicht
untätig und erledigte seine Pflichtaufgaben im Hinblick auf die
bevorstehende Eiablage mit Bravour.
Der Schorsch bei der Pflichterfüllung! |
|
17. Mai 05 |
Noch immer wirken die Ereignisse des
gestrigen Abends positiv in mir nach! Es hat geklappt, was nur
große Optimisten (mich eingerechnet) gehofft hatten.
Pauline und Georg beginnen eine Brut!
Nun werden die weiteren angeborenen Verhaltensabläufe greifen
und Pauline wird die Eiablage fortsetzen. Bei derartig
spätem Brutbeginn (der mit Abstand späteste in der
Geschichte aller Storchenwebcams!) sind große
Bruterfolge die Ausnahme, meist bleibt es bei zwei Jungen. Doch
was die Eiablage angeht, sollte Pauline schon ihr
physisches Maximum ausreizen. Man weiß ja nie im
Voraus, was die nächsten Wochen bringen werden und
bei Störchen ist dies auch nicht anders. Das bedeutet
für unser zu erwartendes Gelege, dass wir schon auf vier Eier
kommen sollten! Das nächste wäre am Mittwoch in den
Abendstunden zu erwarten und anschließend ginge es dann im
Zweitagesrhythmus weiter, so dass am Sonntagabend im
besten Falle vier Eier die Nestmulde zieren werden. Sind doch
schöne Aussichten und der Regen und die Kälte tun unseren
beiden Hauptdarstellern in dieser Beziehung gar nichts. Manchmal ist
es besser mit der Brut ein wenig länger zu warten und nicht bei den
ersten zu sein, manchmal aber auch schlechter. So regelt sich in der
Natur, wenn man ihr den Freiraum gewährt, alles auf natürliche
Weise. Wer sich im Storchenschutz engagiert und jedes Ei
und jedes Junge, das in Gefahr zu sein scheint, retten
will, soll sich einmal die in unserem Lande übliche Praxis
mit ungeborenem Leben vergegenwärtigen. Der Landesbischof
der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Dr. Johannes
Friedrich, hat dies gestern beim Kirchentag auf dem
Hesselberg (an der wunderschönen Wörnitz gelegen und rund 15
Kilometer von unserem Nest entfernt) vor 13000 Besuchern in
folgender Weise in seiner Predigt angeprangert. Ich zitiere aus der
heutigen Ausgabe der Fränkischen Landeszeitung: „Der Landesbischof
nannte es einen Skandal, dass in Deutschland in den zwölf
Jahren über eine Million Kinder aus sozialen Gründen
abgetrieben worden seien. Christen müssten dagegen
laut protestieren und um jedes kleine menschliche Leben kämpfen.
Nicht nachvollziehbar nannte er den Umstand, dass Abtreibungen
von den Krankenkassen bezahlt würden.“ Ende des Zitats
aus der FLZ. Bitte vergessen Sie bei aller Tierliebe diese Zahlen
nicht und machen Sie bitte kein Theater wegen dreier
Storcheneier oder einiger Jungstörche, die ohne Zutun
des Menschen einfach im Nest verbleiben und sterben. Regen
Sie sich – wenn schon – wenigstens über eine Million tote
Menschenkinder auf, die durch menschliche Eingriffe
gezielt und bewusst ermordet wurden und verstehen Sie
wenigstens die Relationen. Da ist die Geschichte unserer toten
Störchin aus der Kläranlage die reinste
Unterhaltungsliteratur, wenn man Sie mit einer solchen vom
Küchentisch eines Abtreibers vergleichen würde.
Unser Paar zeigt sich seit dem
Auftauchen des ersten Eies wie verwandelt und es ist ein
Hochgenuss zuzuschauen, wie angeborenes tierisches Verhalten
auf die neue Situation anspricht. Man weiß jetzt
einfach, dass man das Ei bedecken muss, dass man sich
abzulösen hat und wenn der eine wegfliegt, darf der
andere nicht mitfliegen. Am allerbesten kennt sich ein
Storch aber mit seinem Nest aus und wie er damit umzugehen
hat.
Das Nest kurz nach der Eiablage
gestern Abend... |
...und 22 Stunden
später! |
Hatte der Schorsch bisher wenig Bock,
sich Polstermaterial zu beschaffen und damit die Nestmulde
zu gestalten, ist er seit Beginn der Eiablage ein
anderer Mensch geworden. Unablässig pendelt er seit den
Morgenstunden zwischen seiner Grassammelstelle und dem
Nest hin und her. Diese „Sammelstelle“ liegt mit
Sicherheit nur wenige Hundert Meter vom Nest
entfernt, vielleicht gleich zwischen der Westumgehung und dem
Wörnitz-Strandbad, denn Georgs Abwesenheiten sind nur unwesentlich
länger als ein bis zwei Minuten.
Der unermüdliche Schorsch!
Wenn man den Nestinnenraum von
gestern Abend und heute Mittag miteinander vergleicht,
kann man kaum glauben, dass es dasselbe Nest ist. Man
sieht also eindeutig, dass Störche ihr Nest 100%ig selber besser
bauen können als ein Storchenschützer! Dazu muss niemand mit Harke,
Schürhaken, Stemmeisen, diversem Kleingerät und Plastiksack
ausrücken und anfahren! Die Brut hat seit der Eiablage definitiv
begonnen! Früher, und das gestern von mir besprochene
Bändchen aus der Neuen Brehm-Bücherei nennt es nicht anders,
erzählte ich und schrieb Dr. Creutz, dass die Bebrütung schon ab
dem 2. oder 3. Ei fest einsetzt. Diese über Jahrzehnte
immer wieder abgeschriebene Angabe ist schlichtweg falsch.
Pauline und Georg beweisen es auf sehr anschauliche
Weise. Sie bebrüten das Ei von dem Augenblick,
als es ins Nest kullerte. Sie tun dies bei Temperaturen von nur
12 Grad natürlich noch intensiver und ausdauernder als bei
hochsommerlichen Temperaturen. Da ist sogar gelegentlich eine kleine
Pause einzulegen, damit die Eier nicht einen Hitzeschock erleiden
und „hart gekocht“ werden. Selbst bei so alltäglichen
brutbiologischen Fakten gibt es also immer noch, selbst in der
Fachliteratur, unterschiedliche Angaben. Vielleicht
spielen aber auch evolutionsbiologisch begründete Veränderungen
hierbei eine Rolle und vor 50 Jahren war das mit dem späteren
Brutbeginn tatsächlich anders. So haben sich im Zugverhalten
in den letzten 30 Jahren bereits unglaubliche,
genetisch fixierte Veränderungen abgespielt, die niemand in
dieser kurzen Zeit für möglich gehalten hätte. Auch die Nistweise in
großen, nicht überdachten Nestern, also ohne kleines
Schattendächchen, in exponierter Stellung, Wind, Regen und Hitze
komplett ausgesetzt, hat sich seit Jahrmillionen herausgebildet und
in dieser Zeit auch behauptet. Der Storch ist, wenn ihm dies
nicht bekommen würde, noch nicht zum Höhlenbrüter mutiert.
Sollte dies einmal nötig sein, weil allzu eifrige Storchenschützer
ihn nicht in Ruhe lassen, wird er (der Storch) sich vielleicht doch
noch in unzugängliche Baumhöhlen zurückziehen. Ich spinne den
Faden noch ein wenig weiter: Bauen Störche in den nächsten
Jahrhunderten ihre Nester nur noch aus Plastikabfällen
und sollte sich diese Methode weitgehend durchsetzen, dann werden
die Vertreter der Gattung Ciconia vielleicht ums Überleben kämpfen
und Aussterben oder sie kehren im Zuge der Selektion wieder
zu anderen Nistmaterialien zurück. Aber so weit wird es
nicht kommen, da sich eine Tierart noch nicht selbst
ausgerottet hat. Beim Menschen bin ich mir da nicht immer so
sicher!
Ein weiterer Buchvorschlag soll das
Geschehen im Nest etwas auflockern. Standen beim gestrigen
Vorschlag wissenschaftliche Texte im Vordergrund, sind es
heute die Bilder. Vor einem Jahr wurde auf der Website
des Vetschauer Storchennestes sehr für dieses Buch geworben
und sein Erscheinen mit einer genügend großen Zahl von
Vorbestellungen in Zusammenhang gebracht. Darauf hin
subskribierten – ich glaube es waren 500 – vor allem Seher
der Vetschauer Storchenszene das noch nicht erschienene Buch, da es
hieß, es sei das Buch zur Vetschauer Webcam, zum
Vetschauer Nest! Nach dem Erscheinen kam dann die große
Ernüchterung – zumindest für mich! Lediglich im
Vorwort zum Buch findet sich ein äußerst missratener
Schnappschuss der Webcam aus Vetschau. Ansonsten sind auf
zwei Drittelseiten in einer kleinen Schrifttype einige
Anmerkungen zum Brutjahr 2001 sowie zur Geschichte der Vetschauer
Webcam und eine Statistik der Zugriffszahlen vermerkt. Das war es zu
Vetschau und damit hatte man gutgläubige Internetbesucher
geködert, um seine Auflage verkaufen zu können. Das soll
kein Vorwurf sein, das Buch hat seine Berechtigung in
erster Linie als Bilderbuch. Dass dann der Titel nicht „Der
Weißstorch in Vetschau und Umgebung“ heißt, sondern sehr weitgefasst
„Spreewald“ macht meine Einlassungen noch einmal deutlich.
Doch wer hätte im Buchhandel schon ein Buch mit dem Titel
„Spreewald“ gekauft? Man muss es halt nur richtig anstellen, wenn
man etwas unter die Leute bringen will. Dass es im Untertitel weiter
heißt „Land der Störche, Land der Fließe“ muss zur
Ehrenrettung der beiden Autoren Günter Blutke/Arnulf
Weingardt auch noch gesagt werden. Das in Hardcover gebundene
24x28 cm große und 135 Seiten starke Buch vermittelt auf den
ersten Blick einen guten Eindruck, schwelgt es doch in
riesigen, manchmal eine ganze Seite füllenden Bildern.
Bei dieser Bilderfülle kann es nicht ausbleiben, dass der Text
auf wesentliche Informationen beschränkt bleibt. Hier lassen
die Autoren auch die neuesten Erkenntnisse der Satellitentelemetrie
mit einfließen. Beim Bestand und der Bestandsentwicklung wird
hauptsächlich auf das Gebiet des Spreewaldes eingegangen, wie es der
Titel ja auch angibt. Es bleiben gut gerechnet zum Schluss 25
Seiten Text und 110 Seiten Bildmaterial, wobei den
Bildunterschriften auch noch die eine oder andere Information
allgemeiner Art zu entnehmen ist. Wer in den Spreewald reisen will,
kann mit dem Buch die Naturschönheiten, zoologisch und auch
botanisch im Voraus genießen oder im Nachhinein noch einmal
Revue passieren lassen. Ein Storchenbuch in Reinform ist es
nicht und will es auch nicht sein. Das hätte man in seinen
Vorankündigungen auf alle Fälle deutlicher herausheben
sollen. Was macht es? Im Buchhandel ist es nicht mehr
erhältlich, also sollte man sich auf dem antiquarischen
Buchmarkt umsehen. Doch auch dort habe ich es bisher bei
meinen Recherchen noch nicht gefunden. Bleiben noch
einige städtische Bibliotheken im Gebiet des Spreewaldes oder
einer der Gästebuchschreiber fragt einmal in seinem
Bekanntenkreis. Man muss dieses Buch auf keinen Fall besitzen,
es überzeugt durch einige Bilder, auch wenn es – soweit es den
Storch betrifft – halt immer wieder die gleichen Fotos vom Nest
und aus der Brut- und Jungenaufzucht sind. Es bleiben ganze 12
Fotos, auf denen ein Storch nicht an seinem Nest zu sehen
ist. Sicher eine kümmerliche Ausbeute, aber das Fotografieren
von Störchen in ihrem Lebensraum, beim Einsammeln von Nistmaterial,
beim Erbeuten verschiedenster Nahrungstiere oder in anderen
Lebenslagen als am Nest ist ungleich schwieriger. Doch bessere
Verkaufszahlen erzielt man – und da geht kein Weg dran vorbei –
durch die ach so beliebte Nestfotografiererei. Ist keine
Kritik, sondern genau das Gleiche, was durch das bloße Gucken mit
Storchenwebcams erreicht wird. Das Buch war im letzten Jahr für
24,80 € erhältlich. Ein durchaus angemessener Preis, der
nur durch zahlreiche Sponsoren so niedrig gehalten werden
konnte. Tipp: Wer schöne Bilder liebt, soll versuchen, den
Band zu erstehen! Wer wissenschaftlich über den
Weißstorch nachlesen will und (fast) alles über die Biologie
dieses Vogels erfahren will, kauft sich den Band aus
der Neuen Brehm-Bücherei und wartet, bis ich weitere Bücher
vorgestellt habe. Da gibt es nämlich noch bessere.
Der Tag begann auch in Dinkelsbühl
wieder mit reichlich Nässe. Einem Ei schadet dies in der
Regel nicht und für die Drainage sorgt Georg in
vorzüglicher Weise. Da lässt er sich nicht lumpen!
Nasse Angelegenheit!
Sobald der Regen etwas nachließ,
begannen intensive Trockenübungen. Wer vorher gut
„geschmiert“, d.h. sich gut eingefettet hat, ist nach ein
paar Schüttelbewegungen wieder strohtrocken. So
machten es beide in den Vormittagsstunden.
Georgs
Trockenübungen |
Ich kann dich auch Beschirmen,
liebe Pauline! |
Neben Bauarbeiten an der
Innenausstattung des Hauses standen weitere eheliche
Pflichten an, die in Vorbereitung auf ein zweites Ei von
enormer Wichtigkeit waren.
So kann es weiter gehen, Pauline!
Von Stunde zu Stunde verschwand das
Ei mehr und mehr aus unserem Blickfeld, aber natürlich
nicht aus dem Nest. Es ist auf alle Fälle noch vorhanden, doch
werden es uns Georg und Pauline nicht mehr ganz so leicht machen mit
der Eiersuche wie beim ersten Ei.
Ei weg?! Nur scheinbar!
Also morgen Abend bitte ich um
kollektive Eischau. Wer irgend etwas aufleuchten sieht,
vielleicht zwei Golfbälle, soll es unbedingt mailen und damit
auch melden. Wer gar noch in der Lage ist, einen Schnappschuss
beizusteuern, ist dazu genauso herzlich eingeladen.
Wenn kein großes Wunder mehr passiert
und davon ist nicht auszugehen, werden unsere Rathausbewohner
wohl endgültig Pauline und Georg heißen dürfen. Im Augenblick
liegt dieses Duo in der Umfrage mit rund 50% der
abgegebenen Stimmen ganz eindeutig in Front. Der Rest folgt mit
riesigem Abstand. Schon einmal im Voraus herzlichen Dank für die
gute Unterstützung bei der Namensfindung! |
|
18. Mai 05 |
Es ist gelegentlich wie in der Schule!
Ohne Wiederholung läuft bei manchen Zeitgenossen nichts!
Die, die es nicht betrifft, dürfen jetzt einige Zeilen überspringen,
der klägliche Rest sollte sich das Folgende dick hinter die Ohren
schreiben! Ihr Tagebuchschreiber kämpft um jeden Storch,
der verletzt aufgefunden, aus dem Nest gefallen, gegen ein Auto
geflogen, einen Stromunfall hatte, in eine Falle getreten, im Moor
versunken, schlicht und einfach um jeden Storch, der noch ein
Lebenszeichen abgibt und außerhalb des Nestes in meine Hand
gerät. An dieser Haltung hat sich nichts geändert,
seit ich mich um Störche kümmere. Lesen Sie einfach in einer
Musestunde die Teile
16 und
17 des Tagebuchjahrganges von
2002. Ein solcher Bericht über den Einsatz für zwei Störche ist
in keiner Buchhandlung erhältlich und dürfte auch sonst ziemlich
einmalig sein. Was im Nest passiert, während der
Brutzeit, während der Aufzucht der Jungen geht nur die
Storcheneltern etwas an und obliegt ihrer eigenen Obhut. Da
fummle ich in der Tat nicht herum, grabe nicht die Nester
um und nehme natürlich auch kein Junges mit nach Hause und mache
auch sonst keine Experimente mit ihnen. Kapiert? Außerhalb
des Nestes uneingeschränkt Hilfe bei Notfällen –
innerhalb nein! Kann man sich doch leicht merken? Machen alle
so! Warum denn immer die ganze Aufregung? Oder will man gar nicht?
Solche Schüler gibt es allerdings auch! Nun darf wieder jeder weiter
lesen. Die Wiederholung wird bei Gelegenheit wiederholt!
Wo ist denn das Ei?, mag sich mancher
seit gestern Nachmittag schon öfters gefragt haben. Es ist
im Nest! Ganz sicher! Da ist kein Trick dabei und auch
keine Angabe meinerseits. Erstens haben wir es am Montag in
voller Größe gesehen und auch am Dienstag war es
wenigstens zeitweise auszumachen. Doch seitdem das Ei gelegt
wurde, hat Georg einige Fuhren Gras und diverses
andere Nistmaterial herangeschleppt und dieses großzügig im
Innenraum verteilt. Dies passierte heute am
Vormittag weiterhin.
Schorsch im unermüdlichen Arbeitseinsatz!
Was ist nur mit Schorsch los? Es laufen
abermals angeborene Verhaltensweisen ab, die ihm in
Anbetracht des Auslösemechanismus „Ei“, der
unterdurchschnittlichen Temperaturen (so um die 12 Grad
Höchsttemperatur) sowie der feuchten Witterungsperiode
signalisieren: Tu was zur Isolierung und Wärmedämmung deiner
Bude! Und folgsam wie der Schorsch ist, tut er’s auch. Gemahlin
Pauline darf sich einmal etwas länger ausruhen und kann
sich ohne Stress auf den Legeprozess Ei Nummer zwei
konzentrieren. So klappt das mit der vorläufigen Arbeitsteilung
ganz ausgezeichnet. Wenn Sie aufmerksam beobachtet haben, dürfte
Ihnen selbst bei Nichtsichtbarkeit des Eies aufgefallen sein, dass
sich schon jetzt beim Brüten abgewechselt wird, dass
Georg und Pauline – wenn sie stehen – ununterbrochen ins Nest
schauen, darin herumstochern, also das Ei wenden
und auch sonst ganz anders agieren als ohne Ei. Niemals
fliegen beide noch gemeinsam weg und immer bleibt
einer im Nest zurück. So wird es die nächsten sieben Wochen
bleiben, bis die Jungen die dritte Lebenswoche überschritten haben.
Erst dann lassen beide Altvögel erstmals Nest und Junge wieder
allein. Und noch ein Beweis für das Vorhandensein
eines Eies gibt es: Die eigenen Eiproduzenten würden
auch nie ihr eigenes Ei aus dem Nest werfen.
Genügt die Darstellung dieses Phänomens?
Ob man heute Abend allerdings das
zweite Ei schon zu Gesicht bekommt, bezweifle ich
schon ein wenig. Danach kommt es ein wenig auf die weitere
Wetterentwicklung an. Steigen die Temperaturen auf etwa 40
Grad in der Sonne an und diese Temperatur herrscht dann auch im
Nest, werden sich die Brüter auch einmal für Minuten ins
Nest stellen und versuchen, die Eier durch Schatten Spenden vor
Überhitzung zu schützen. Ebenso werden dann auch weitere
Nestmanagementmaßnahmen greifen, die Wärme aus dem Bereich des
Geleges abführen helfen. Die Folge wird sein, dass die Eier
dann wieder besser sichtbar werden, zumal das viele
Gras dann einfach auf die Seite gearbeitet wird. Also nicht
unglücklich sein, die Eier werden schon noch sichtbar!
Lass jucken, Kumpel |
Grün, grün, grün... |
Während Pauline den ganzen Vormittag
Innendienst schiebt – sie hat ja heute noch Großes vor! –
hechtet Georg ununterbrochen hin und her. Die Zahl
seiner An- und Abfüge passt schon längst nicht mehr auf eine
Kuhhaut. Weiter so! Bei meiner Bücherreise
fiel mir übrigens auf, dass im Augenblick gerade noch eine
Handvoll „Storchenbücher“ auf dem Buchmarkt erhältlich
sind. Leider im Augenblick nicht erhältlich ist auch mein
Lieblingskinderbuch über Störche. Da es seit seinem
Erscheinen 1984 bereits mindestens vier Auflagen erlebt
hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Verlag demnächst eine
Neuauflage vorsieht. Ich spreche vom Buch „Die Reise mit
den Störchen“ mit Texten, erzählt von Christine Adrian
und mit Bildern, gemalt von Pieter Kunstreich. Es sind vor
allem die Bilder, die den Charme des Buches ausmachen
und hier hat sich der Maler vor seiner Arbeit auch mal
junge Störche im Nest oder auf einem Foto angeschaut,
denn seine Nestjungen haben wirklich schwarze Schnäbel.
In den meisten anderen Bilderbüchern für Kinder gibt es da eine
große Farbskala von rot bis gelb. Und dennoch ist es kein
Bilderbuch, sondern richtet sich auch im gut gemachten Text vor
allem an Kinder im Lesealter ab etwa 8 Jahren. Sicher
verstehen auch gelegentlich schon jüngere Kinder, je nach
Entwicklungsstand, die lieb geschriebenen Erläuterungen. Auch die
Größe der Buchstaben und der Umfang der mit den Bildern
aufgelockerten Textseiten ist sehr ansprechend. Erzählt wird
ausgehend von einem Dorf in Norddeutschland und einem
Storchennest auf dem Bauernhof von Bauer Feddersen
hauptsächlich die Reise der Störche auf der Ostroute. Da gibt es
keine entscheidenden Fehler, da wurde gut recherchiert
und ein vorzüglicher Überblick über einen Teilaspekt
des Storchenlebens gegeben. Schade, dass der im Ravensburger
Verlag von Otto Maier erschienene 21x29 cm große und 32 Seiten
umfassende Band nicht mehr lieferbar ist. Es wäre eine feine Sache,
wenn er in nächster Zeit wieder neu aufgelegt würde. Bei Amazon gibt
es ihn gelegentlich gebraucht zu kaufen, zuletzt wurde er für
immerhin 10 bis 25 € angeboten. Dennoch empfehle ich
dieses Buch zum Kaufen oder Verschenken an Kinder
zwischen 8 und 12 Jahren und auch für Erwachsene lohnt es sich darin
zu blättern und die Bilder zu betrachten. Ein kleiner Nachtrag sei
mir zur gestrigen Buchempfehlung noch gestattet. Wie mir der
Verfasser mitteilte, ist sein Buch „Der Spreewald – Land der
Störche, Land der Fließe“ über die Homepage des Verfassers
www.Blutke-Naturfotos.de verbilligt zu beziehen oder im
Buchhandel käuflich zu erwerben.
Der Abend kam, der Abend ging und das zweite
Ei, das mit großer Sicherheit in den letzten Stunden des Tages
gelegt wurde, blieb verborgen. Nicht traurig sein,
wenn das kleine Geheimnis noch nicht gleich gelüftet werden konnte,
aber wir werden es schon noch lüften können. Es steht aber
bombenfest, dass Pauline und Georg fleißig brüten und von
dieser Warte aus im Moment keine Gefahr oder gar Unheil
droht. Warten wir einfach die angekündigten
wärmeren Tage
ab, da müssen die beiden sich ja eine neue Technik im Umgang
mit ihrem Gelege überlegen.
Die
Storchenwiese |
Georg beim
Brüten ertappt |
Paulines Verdauung
funktioniert normal |
|
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19. Mai 05 |
Trotz Geheimniskrämerei liegen inzwischen erste
Beweisfotos für das zweite Ei vor.
Dies ist kein vierbeiniger Storch!
Das Geheimnis konnte in den Vormittagsstunden des
heutigen Tages schnell gelüftet werden. Pauline hat
ihr zweites Ei gelegt und es ist mit großer Sicherheit
anzunehmen, dass sie dies bereits in den gestrigen Abendstunden
vollbracht hat. Feine Sache! Da freuen wir uns doch schon auf
eine Fortsetzung morgen Abend. Endlich zeigt sich auch das
Wetter gnädig mit unserem Paar. Nach kalter Nacht
strahlt inzwischen die Sonne von einem stahlblauen Himmel
und fast kein Wölkchen kann die Freude trüben.
Lebender Sonnenschirm!
Da möchte ich bei so viel Stolz und Freude
um die Helden an unserem Storchennest wieder einmal an Ihre
Spendenbereitschaft
appellieren. Das Projekt „Wörnitzaue“,
das die Kreisgruppe Ansbach im
Bund
Naturschutz schon seit Jahren vorantreibt und das nun der
letzten Phase der Vollendung entgegen geht, kann zur
Abrundung des fast 100.000 Quadratmeter umfassenden Gesamtgebietes
noch einmal 12.000 Quadratmeter dazu gewinnen. Für
diese letzte Fläche sind noch einmal 3000 Euro
aufzubringen. Ich habe Sie in meinem ersten Spendenaufruf
am 26. April im Tagebuch darum gebeten. Die
Resonanz war damals bereits erfreulich positiv und
mit den eingegangenen Spenden konnten die ersten 1200
Quadratmeter gekauft werden. Nun stehen noch knappe 10000
auf der „Einkaufsliste“ unseres Verbandes.
Nutzen Sie deshalb die günstige
Gelegenheit und werden Sie noch „Grundstücksbesitzer“
an der Wörnitz! Für einen Euro gibt es überragende
4 Quadratmeter zu kaufen. In manch guter Wohngegend müssen
Sie für die gleiche Fläche schon 1000 Euro hinblättern. Geben Sie
deshalb Ihrem Herzen einen erneuten Stoß und
erstehen Sie ein Stückchen Flussaue. Ich verspreche
Ihnen, dass ich Ihre Fläche nach Eingang der Spende im
Tagebuch fotografisch vorstelle. Für die schon geleisteten
Grundstückskäufe bedanke ich mich auch im Namen der
gesamten Kreisgruppe im Bund Naturschutz auf das Herzlichste!
Wir können und wir werden es schaffen! Es hängt an 2500
Euro!
Besorgte Seher und Freunde Georgs
und Paulines haben schon die ersten Rechenbeispiele
angestellt und ein Stückchen vorausgedacht. Reicht denn die
Zeit für das Großziehen der potentiellen Jungen oder besteht
die Gefahr, dass sie von ihren Eltern verlassen
werden? Spielen wir die nächsten Monate einfach mal im
Zeitraffer durch: Das erste Ei wurde am 16. Mai
gelegt, gleichzeitig begann an diesem Abend die
Brut. Das vierte Ei – ich setze einfach voraus, dass es
vier werden – wird am 22. Mai ins Nest kullern. Nun rechne
ich als guten Durchschnittswert 32 Tage für das Erbrüten.
Dann müsste das erste Küken am 17. oder 18. Juni
schlüpfen. Nun wissen wir als alte Storchenexperten,
dass die weiteren Eier meist nicht ganz so lange bis
zum Schlüpfen brauchen, d.h. durch Geräusche aus dem Ei
werden die später gelegten Eier, besser gesagt die schon fast
„fertigen“ Storchenküken, zu einer vermehrten
Wachstumsgeschwindigkeit angeregt, so dass nun zwischen dem
Schlüpfen des ersten und des letzten Jungen keine ganze Woche liegt.
Also zurück zum Schlüpftermin. Das zweite Ei schlüpft,
wenn ich nicht irre schon einen Tag nach dem ersten, also am 19.
Juni und wenn noch weitere Küken das Licht der Welt erblicken
sollten, wäre nach meiner Meinung der Schlüpfvorgang bis zum
20./21. Juni beendet. Das wäre zum Sommeranfang!
Was nun folgt, lässt sich nicht so exakt auf
wenige Tage im Voraus berechnen. Da spielen doch sehr
viele Faktoren mit. Wie viele Junge werden es schließlich sein?
Bei vier dauert es etwas länger, als wenn nur
ein Junges zu versorgen ist. Auch das Vorhandensein
der Nahrung und die Erreichbarkeit derselben
verkürzt oder verlängert die Jungenaufzucht.
Ebenso wirken sich für diesen Aspekt die Witterungsverhältnisse
positiv oder negativ aus. Aber ich versuche es
trotzdem, einen Termin für das Ausfliegen der Jungen
anzudenken. In der Literatur ist die Dauer der
Nestlingszeit zwischen 54 und 68 Tagen beziffert.
Von kürzeren Zeiten bis zum ersten Abflug vom Nest habe ich
noch nichts gehört, ich selbst habe allerdings
auch schon über 70 Tage gewartet. Halten wir es einfach mit
einem ungefähren Mittelweg, so kommen wir für den
entscheidenden Tag des Ausfliegens auf 2 Monate, das wäre
in unserem Fall so um den 24./25 August plus/minus ein paar
Tage. Pauline und Georg werden bis dahin ihre Jungen auf
keinen Fall im Stich lassen. Ein Vogelpaar wird selbst in
größter Not und sei es die einsetzende Zugunruhe, seine
Jungen nicht vor der Flugfähigkeit verlassen und
abziehen. Danach ist dieser Fall schon denkbar. Auch wenn nach
dem Ausfliegen die Jungen zwar schon selbst Nahrung
suchen und sich quasi selbst versorgen können, werden sie
auch dann noch gelegentlich von den Eltern gefüttert.
Die Jungen kehren nach ihren ersten Ausflügen immer wieder
zum Nest zurück und werden dort auch noch einige Tage
übernachten. Wenn alle gut verläuft, könnte und sollte ihr
Abzug dann in der ersten Septemberwoche liegen. Wenn ich
mir das letzte Jahr vor Augen halte waren am 31.
August zwar schon alle Jungen abgezogen, weil es keine so
späte Brut gab, aber von den Altstörchen, die Junge
aufgezogen hatten, waren an Wörnitz und Altmühl das
Gros noch am Nest anzutreffen. Das würde bedeuten, dass
Georg und Pauline durchaus in der Lage sind, auch so zu „handeln“
und eben mehr oder weniger gleichzeitig mit den Jungen das Feld zu
räumen. Im Normalfall verlassen die Eltern erst nach den Jungen ihr
Brutgebiet. Fazit: Trotz des späten Brutbeginns sehe ich
keine Gefahr für die Jungen, dass sie nicht den Weg
in ihr Winterquartier finden. Sie müssen dies so und so
ohne Begleitung ihrer Eltern tun. Da die Westzieher in
den letzten Jahren eine Tendenz zu einem späteren Abzug
ins Winterquartier erkennen lassen, könnten sich unsere möglichen
Jungen auch an diesen orientieren, wenn – was möglich, aber
unwahrscheinlich ist – Georg und Pauline ihre Kinder vor deren Abzug
verlassen.
Verlassen wir die Zukunft und blicken wir
nochkurz zu den weiteren Tagesaktualitäten. Die beiden
Eier blieben nach ihrer guten Sichtbarkeit in den
Vormittagsstunden für den Rest des Tages wieder gut
bedeckt.
Kein Zweifel! Es sind 2 Eier!
Nur gelegentlich konnte man eines der
Prachtstücke auch später einmal kurz zu Gesicht
bekommen.
Für den Rest des Tages blieb es dann bei Teilansichten!
Ansonsten sorgte Georg dafür, dass nicht jeder
von seinen Schmuckstücken zu viel sehen konnte. Im Wörnitztal
hat ebenfalls die Mahd begonnen und da gab es frisches
Gras praktisch wieder vor der Haustür. Einige Male schien
es leichten Luftalarm zu geben. Ich beobachtete, wie Georg
urplötzlich zur Stelle war, Pauline vom Nest hoch schreckte und
anschließend beide einige kurze Klapperstrophen zum Besten gaben.
Bedrohlich sah das nicht gerade aus, aber irgend etwas schien in
diesem Moment für Unruhe zu sorgen.
Was sorgt denn da für Aufregung?
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20. Mai 05 |
Man hat sich längst arrangiert!
Pauline und Georg harmonieren immer besser zusammen und
es besteht überhaupt kein Zweifel, dass sie ihre Aufgaben
nicht bewältigen können.
Idyll!
Man versteht
sich!
Wir wissen zwar nichts über ihre
Vergangenheit, über ihr Alter und ob sie schon früher
einmal an anderer Stelle in gleicher oder anderer
Zusammensetzung gebrütet haben. Soll uns aber nicht weiter
grämen, Hauptsache, dass beide das wunderschöne Nest
auf dem alten Rathaus bezogen haben.
Brutablösung!
Heute war es in der Sonne kurzfristig
einmal so warm, dass Georg und Pauline ins
Schwitzen kamen. Nicht, dass Sie jetzt denken, den beiden stand
kurzfristig der Schweiß auf der Stirn. Nein!
Beide hielten ihre Schnäbel immer ein wenig geöffnet.
Pauline hechelt und stellt zur zusätzlichen Kühlung
eine Schulterfeder in den Wind!
Da Vögel und demnach auch
unsere beiden Superstars keine Schweißdrüsen besitzen müssen
sie eine andere Technik anwenden, um überschüssige Wärme
aus dem Körper abzuleiten. Störche bespritzen bei
großer Hitze (wird im Sommer manchmal zu sehen sein) ihre
Beine mit einem speziellen dünnen Kot und geben dabei
durch Verdunstungskühlung Wärme ab (thermoregulatorisches
Beinkoten!). Durch Schattenspenden oder Befeuchten
werden Jungvögel , aber auch Gelege durch ihre Eltern
von zu starker Aufheizung geschützt. Wärmeabgabe
erfolgt weiter durch Diffusion großer Mengen Wasser über
nackte Hautstellen, wobei Verdunstungsenergie
freigesetzt wird, die Kühlung bringt. Die Diffusion
kann gesteigert werden durch das Hecheln (siehe
Hund!). Dabei wird der Schnabel geöffnet und
schnelle Atembewegungen ausgeführt. Das bedeutet, dass der
gesamte Atmungstrakt in die Wärmeabgabe mit einbezogen
wird. An dieser Stelle (ich musste natürlich darüber auch wieder
Einiges nachlesen) möchte ich Ihnen ein Buch empfehlen,
das nun allgemein über die Wissenschaft über die
Vögel, kurz Ornithologie genannt, informiert. Das Buch
richtet sich an alle Berufsornithologen oder sehr
versierte vogelkundliche Laien. Es ist nun nicht
leicht zu lesen, sondern ist als Lehrbuch für den
universitären Bereich zu verstehen. Wer sich schon allgemeine
biologische Grundlagen angeeignet hat und die Fachterminologie ein
wenig versteht, wird an dem Buch dennoch viel gefallen haben. In
27 Kapiteln und auf 552 Seiten behandeln die beiden
Autoren Einhard Bezzel und Roland Prinzinger alle Aspekte der
ornithologischen Forschung. Da gibt es z. B. Kapitel über die
„Fortbewegung“, „Haut und Hautdrüsen“, „Feder und Gefieder“,
„Kreislaufsystem und Blut“, „Hormonsystem“, „Nervensystem“,
„Verhalten“, „Lautäußerungen“, aber auch „Populationsbiologie,
„Wanderungen“, „Verbreitung“ und „Vogelschutz, um nur einige
Kapitelüberschriften zu nennen. Das im Verlag Eugen Ulmer
Stuttgart erstmals 1977 und 1990 in zweiter Auflage
herausgebrachte Buch „Ornithologie“ ist für 49,90 € im
Buchhandel zu erwerben. Im Vorwort schreiben die Verfasser; „
Das vorliegende Lehrbuch haben wir sowohl für den Freizeit-, als
auch für den Berufsornithologen geschrieben. Aber auch Studenten der
Biologie, Biologielehrer und Zoologen der verschiedenen
Fachrichtungen und nicht zuletzt Vogelhalter und Vogelschützer
finden neben speziell ornithologischen Themen grundsätzliche,
allgemein interessierende Betrachtungen und Daten, die für
vergleichende Aspekte der Biologie wesentlich sind.“
Wenn Sie sich einer der angesprochenen
Personengruppen zurechnen können, besteht uneingeschränkte
Kaufempfehlung.
An unser Storchenpaar richte ich die
Kaufempfehlung sicher nicht, auch wenn sie vielleicht manches besser
wüssten als viele Studierte. Wer besonderes Glück hatte, konnte
gelegentlich die beiden Eier für kurze Momente sehen.
Es sind immer noch 2 Eier!
Heute Abend steht ja Ei
Nummer 3 auf dem Programm. Mal abwarten, ob uns Pauline die
Freude macht und ob wir es schon bald zu sehen bekommen. Also
kein Auge vom Nest richten und sofort melden, wenn jemand
die Beweise liefern kann. |
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21. Mai 05 |
Der Beweis ist geliefert. Inzwischen liegen
drei Eier im Nest.
Aller guten Dinge sind drei ...
Pauline geht aber ganz schön ran!
Sie produziert Eier wie am Fließband. Heute früh
entdeckten die ersten das neue Dreiergelege und warum
sollte es nicht in diesem Rhythmus weiter gehen? Wir hätten
auch gegen fünf Eier nichts einzuwenden. Eine
unserer fleißigsten Seherinnen teilte mir mit, dass sie bereits
gestern Abend drei Eier zu entdecken glaubte. Daran besteht absolut
kein Zweifel, zumal ja auch das erste Ei in den Abendstunden des 16.
Mai gelegt wurde.
Wie Sie unschwer bemerkten, gab es heute den
ersten Bildausfall, seitdem wir wieder über die DSL-Leitung
senden. Dabei war das Ganze durchaus beabsichtigt, doch widrige
Umstände ließen den Zeitraum der übertragungsfreien Zeit
unfreiwillig in die Höhe schnellen. Auch Webmaster und Techniker
sind gelegentlich außer Haus und dann, wenn sie gebraucht würden,
auch einmal ein paar Stunden nicht greifbar. Trotzdem möchten wir
uns für den kleinen Ausfall bei Ihnen in aller Form
entschuldigen. Dass es überhaupt zu den Überlegungen kam, die
für den Ausfall verantwortlich waren, liegt auch ein wenig an Ihnen,
liebe Storchenfreunde. Die gesteigerte Resonanz für unsere
Storchenkamera, hat das Übertragungskontingent, das sich an
den Zugriffszahlen der Vorjahre einschließlich einer Progression
orientiert hatte, aus den Fugen geraten lassen. Keine Angst!
Wir werden die gewohnte Qualität und Bildfrequenz
beibehalten, kommen aber an einer Bitte um weitere Spenden – diesmal
aber bitte gezielt unter dem Stichwort „Storchenkamera“ -
nicht ganz vorbei.
Ich besuchte nach über einer Woche Pause
wieder einmal mein nächst gelegenes Storchennest in
Mosbach. Von meiner Haustür bis zur dortigen
„Storchenherberge“ sind es knappe 7 Kilometer. Selbst ein
Fußmarsch steht bei Familie Ziegler einige Male im Jahr nach
Mosbach an. Neben dem Storchennest auf dem Kamin der
ehemaligen Molkerei lockt eine sehr bekannte Gaststätte in
den kleinen Ort an der Wörnitz. Man kann bei schönem Wetter im
Freien sitzen und hat die Störche praktisch immer im Auge
und selbst in der Gaststube gibt es Plätze, von denen
man während des Essens die An- und Abflüge oder auch die
Jungen sehen kann. Unter
landgasthaus-foerster.de informiert die Homepage der Familie
Förster über ihr Haus. Verbinden Sie doch einfach einmal
beide Hauptattraktionen von Mosbach miteinander. Sie werden
es nicht bereuen. Von dort sind es gerade noch 15 Minuten
Fahrt entlang der noch jungen Wörnitz bis nach Dinkelsbühl.
Von Mosbach sind sie innerhalb von drei Minuten auf der A 7 und
innerhalb von 5 Minuten am Autobahnkreuz Feuchtwangen auch auf der A
6. Was mich heute auf dem Kirchturm von Mosbach erwartete,
war selbst für mich ein nicht geringe Überraschung. Wusste ich doch
von meinem letzten Besuch, dass es mindestens vier
Jungstörche sein müssten, durfte ich mich heute doch über eine
fünfköpfige Jungenschar freuen. Das Nesthäkchen hatte
sich beim letzten Mal sicher einfach der Beobachtung auf
Grund seiner Zwergwüchsigkeit entzogen.
Wo ist die Nummer 5?
Hier ist sie auch nicht!
Aber jetzt hat das Versteckspielen ein Ende!
Es blieb auch an diesem Tag deutlich hinter
seinen Geschwistern an Körpergröße zurück,
konnte aber dennoch ab und zu erspäht werden. Die inzwischen
6jährige Storchenmama wartete mit mir geduldig auf die Ablösung
durch Papa Storch und es dauerte auch nur wenige Minuten, bis
der heiß Ersehnte auch schon erschien. Er brachte eine große
Fuhre frisches Gras im Schnabel mit.
Die Ablösung ist da!
Stumm begrüßten sich die Storcheneltern und
Mama Storch entschwebte unmittelbar nach der Landung ihrer
besseren Hälfte Richtung Tribur, ehe die Jungen ihre
Nahrung vorgewürgt bekamen. Ohne viel Aufhebens zu machen,
erbrach der Storchenmann seine Beute ins Nest,
wo sie von den Jungen begierig aufgenommen wurde.
Mittendrin!
Ruckzuck war die Fütterung beendet. Bis auf
wenige Regenwürmer blieb nichts im Nest zurück. Die verspeiste zum
Schluss der männliche Adebar. Da ich mich ausnahmsweise während der
Fütterung aufs Fotografieren konzentrierte, bekam ich
nicht alles mit, jedoch versuchte sich einer der Jungstörche
an einem noch nicht eindeutig identifizierten größeren
Beutestück, das schließlich trotz falscher „Schnabellage“ im
Schlund verschwand und eine kräftige „Halsausbeulung“
hervorrief.
Wer kennt diese Tierart?
Die Schnabellänge der Jungen in diesem
Alter, der Größte ist drei Wochen alt, beträgt nach Literaturangaben
etwa 8 cm. Wie Sie auf dem Foto erkennen können übertrifft
die Körperlänge des Nahrungstieres die Länge des Schnabels
um das Doppelte, so dass ich schon auf runde 15 bis 18 Zentimeter
komme. Der Schwanz ist relativ kurz und kräftig. Ich
tippe mal vorsichtig auf eine Schermaus. Wer es besser
weiß, soll mich korrigieren und mich über seine Diagnose
informieren. Nach gut einer Stunde, ich war inzwischen längst wieder
vom Turm herabgestiegen, traf ich den Storchenmann, es hatte
in der Zwischenzeit also schon wieder ein Wechsel stattgefunden, auf
einer frisch gemähten Wiese am Ortsrand von
Kühnhardt am Schlegel. Sehr breite und tiefe
Fahrspuren zeigten mir, dass trotz zweier trockener Tage das
Befahren der Wiesen mit schwerem Gerät ein Wagnis darstellt.
Was schlecht für die Landwirte ist, ist optimal
für unsere Störche. Selbst für die fünf Mosbacher
Jungen bestehen im Augenblick keine Engpässe. Da nur dort
gemäht wird, wo man mit dem Traktor und einem Hänger einigermaßen
problemlos an- und abfahren kann, entsteht im Wiesengrund
eine wunderschöne, streifige Mähstruktur. Gemähte Parzellen
wechseln in bunter Folge mit nicht mähbaren, weil noch zu nassen
Wiesen ab. Gerade diese Mähweise ist für unsere Störche
schon beinahe ideal zu nennen und ich hoffe, dass dies
wegen der angekündigten, nassen Wetterlage bei gleichzeitig nicht zu
kühlen Temperaturen noch ein Weilchen so bleibt. Liebe
Landwirte, seid mir deshalb nicht zu böse! Ich
weiß, dass dies für euch nicht die beste Lösung darstellt, aber ich
denke einmal ganz bewusst als Storch. Und der
wird mir in meiner Einschätzung Recht geben. In den letzten Jahren
erfolgte nach einer längeren Schönwetterperiode der erste
Grasschnitt in der Flussaue in einem Zug, das heißt
innerhalb zweier Tage war alles bis auf den Boden
abgemäht. In diesen wenigen Tagen bot sich den Störchen
kurzzeitig ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Die
durch die Mäharbeiten offen liegenden Flächen erlaubten es
den Altstörchen, Mäuse und Regenwürmer zu erbeuten, weil nun wieder
ein ungehinderter Einblick auf den Erdboden möglich war. Der
Kahlschlag in den Wiesen bedeutete nach dieser ersten Ernte,
dass im weiteren Verlauf eine deutliche Reduzierung
des Nahrungsangebotes eintrat. Kleintiere verloren ihre
Rückzugsgebiete, Raupen- und Larvenstadien litten in gleicher Weise
und gingen daraufhin zu Grunde. Die Natur benötigte nach
diesem ersten Schnitt wieder einige Wochen bis der
Ausgangszustand vor der Mahd erreicht war. Nun sieht die
Lage ganz anders aus. Wie in früheren Zeiten, als der
Bauer jeden Tag immer nur das mähte, was seine Kühe
zum Fressen brauchten, mäht er in diesen Tagen nur die Bereiche,
die man, ohne im Morast stecken zu bleiben, mit schwerem Gerät
befahren kann. Es entsteht eine Mosaikstruktur, die einen
richtig glücklich macht. Kleintiere haben so die Möglichkeit
in ungemähte Wiesenbereiche zu flüchten und später von dort wieder
in die neu aufwachsenden Flächen auszuwandern. Gerade in den
Randbereichen von gemähter zu ungemähter Wiese können
sich solche Vorgänge in beispielhafter Weise
abspielen. Die Ränder sind es, die unser Storch in
seinem Lebensraum braucht und je mehr Ränder ihm zur
Verfügung stehen, umso besser und einfacher ist für ihn die
Futterbeschaffung. Unsere intensive
landwirtschaftliche Nutzung hat in den letzten
Jahrzehnten immer mehr dazu geführt, dass es weniger Ränder
und damit immer weniger Rückzugsgebiete für Nahrungstiere
des Storches und vieler anderer Tierarten gibt. Durch
Zusammenlegungen vieler kleiner Flächen zu wenigen
großen entsteht eine ungemeine Reduzierung von Rändern.
10 quadratische Wiesen von jeweils 1 ha Fläche (1ha= 100x100m=400
Meter Rand), die aneinander grenzen und jeweils von einem einen
Meter breiten „Grenzstreifen“ voneinander getrennt sind, haben
insgesamt 10x400 m Rand, das ergibt zusammen 4000 Meter Rand,
der in der Regel nicht bearbeitet wird und als Rückzugsfläche für
eine Unmenge von Tieren und Pflanzen dienen kann. Nun kommt die
Flurbereinigung. Zur besseren Wirtschaftlichkeit
und zur schnelleren Bearbeitung mit Maschinen werden kleinere
Wieseneinheiten zu großen zusammengefasst, Bei Ackerflächen
funktioniert das genau so mit den gleichen Auswirkungen für die Tier
und Pflanzenwelt. Bei meinen im obigen Beispiel vorkommenden Wiesen
von jeweils einem Hektar Fläche, die in einer Reihe liegen und jede
für sich eine Seitenlänge von 100 Metern aufweist, ergeben sich
insgesamt 4000 Meter Rand. Fasse ich nun die 10 Wiesen zu einer
einzigen großen zusammen, erhalte ich eine neue Wiese mit einer
Länge von einem Kilometer und einer Breite von 100 Metern. Die Länge
der Ränder beträgt nun nur noch 2200 Meter. Bei gleicher
Fläche hat sich also der „Rand“ um fast die Hälfte
reduziert. Wenn wir jetzt von noch kleineren Flächeneinheiten
ausgehen würden und das ist häufig sogar die Regel, würden sich die
Randeffekte noch weiter zu Ungunsten der kleineren
Gebiete verschieben. Sie sehen also, warum ich die momentane
Mähsituation so günstig für unsere Störche ansehe. Viele
kleine Flächen in der verhältnismäßig großen Talaue ergeben momentan
beim Mähen viele Ränder und damit eine optimale Voraussetzung auch
in nächster Zeit aus dem Vollen zu schöpfen. Heute war Adebar auf
einer frisch gemähten Wiese, morgen wird an anderer Stelle neu
gemäht. Nun tun sich dort neue Nahrungsgründe auf und so geht es
weiter. Im Optimalfall sollte sich nach drei bis vier Wochen der
Kreis schließen und die zweite Runde an der zuerst gemähten Stelle
eingeläutet werden. Storchenschutz in bester Manier ohne
Zusatzfutter! Wer einmal vor dem Problem steht, dass es mit der
Erreichbarkeit der Nahrung für sein Storchenpaar schlecht steht,
sollte mit einigen Bauern ein solches Vorgehen bei der Mahd einmal
ausprobieren. Die Störche erscheinen sofort auf der Fläche, auf der
gerade gearbeitet wird. Wenn man das über einige Tage und Wochen
konsequent beibehält, eröffnet man seinen Störchen in dieser Zeit
die Möglichkeit, selbständig artgerechte Kost in vielleicht
ausreichender Menge selbst zu erbeuten. Ich ziehe dies immer noch
jeder anderen Hilfsmaßnahme vor.
Infolge der ab 12:30 Uhr nicht mehr
existenten Übertragung aus dem Storchennest bleibt mir nur ein
kleines Kurzprogramm zum heutigen Tag.
Der Schorsch steht aufs Verstecken!
Das Wichtigste bekamen ja einige dennoch
mit, spielte es sich doch schon in den Vormittagsstunden ab. Pauline
und Georg hatten ihr Gelege auf drei Eier aufgestockt und für
den morgigen Sonntag erwarte ich schon noch einen kleinen
Zuschlag. Wer Zeit hat, sollte sich dann in den Abendstunden
schon wieder auf die Lauer legen. Sie wissen schon!
Schnappschüsse machen! Pauline erwies sich bei den
Ablösungen wieder mal als die Stürmischere des Paares.
Während Georg mehr fränkische Ruhe an den Tag legt,
gebärdet sich Pauline schon mal eher als rheinische
Frohnatur.
Immer mit der Ruhe, Pauline!
Das mag ja nicht unbedingt für alle Rheinländer
zutreffen und bei Pauline kennen wir ihre Geburtsheimat so und so
nicht. Aber wenn wir schon von Klischees sprechen: Ich
verbinde mit einem Rheinländer eine gewisse Weinseligkeit,
beim Franken überwiegt dagegen die schon fast sprichwörtliche
Bierruhe. Aber liebe Volksgruppen, prügelt mich nicht schon
wieder wegen meiner nicht jedem gefallenden Zuordnungen! Pauline
ist aber auch eine! Da wartete ich gestern (habe da so meine
Quelle!) beim Einbruch der Nacht auf die Rückkehr von
Pauline! Es wurde dunkler und dunkler und sie war
immer noch nicht da. Bei mir zu Hause blickte
ich öfters aus dem Fenster, um einen direkten
Helligkeits- oder besser Dunkelheitsvergleich zu haben. Ein
Gewitter zog auf und trotz baldigen Vollmondes konnte man eher
von beginnender Dunkelheit sprechen. Passierte das
Verschwinden der Vorgängerin Paulines nicht auch nach
der Ablage ihres dritten Eies? Da taten sich schon wieder
Parallelen auf, die mich – ehrlich gesagt – schon an die Kläranlage
denken ließen. Doch ehe ich erneut in Panik geraten konnte, stand
sie im Nest. Es war 21:26 Uhr!
Späte Heimkehr!
An welcher Bar mag sie zu so später
Storchenstunde gestanden sein? Ich schätze mal an der
Wörnitz-Strandbar, denn die hat heute eröffnet und wer
sich gleich mit einer so attraktiven Dame wie Pauline schmücken
kann, hat schon die halbe Miete wieder drin! Morgen auf ein
Neues! Und diesmal mit Bildern ohne Ende aus dem Nest! |
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22. Mai 05 |
Bevor wir uns wieder Georg und Pauline
zuwenden, widme ich mich einem großartigen Storchenbuch,
das für alle ein unbedingtes Muss darstellt, die sich
exemplarisch für die Entwicklung einer relativ kleinen
Teilpopulation des Weißstorches in den letzten 100 Jahren
interessieren. Vieles, was der Autor Dr. Dr. Alfons R. Bense
in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen hat, ist
schlichtweg überwältigend. Da wird nicht mit großformatigen
Fotos oder Abbildungen geklotzt, sondern mit Hunderten kleinerer
Abbildungen, die zudem noch in ein zum Lesen und Betrachten
anregendes Layout eingebunden werden, gearbeitet. Allein das
Blättern macht so viel Spaß, dass man immer wieder auf
kleine volkskundliche, aber auch historische Kostbarkeiten
stößt, die einem zum Weiterlesen drängen, ja fast zwingen. So
entsteht ein Abriss der Weißstorchgeschichte im Kreis
Minden-Lübbecke, einem Teil Nordrhein-Westfalens, der alle in
diesem Zeitraum – und wenn es Nachrichten aus früheren Jahrhunderten
gab, (wie ein Stich von Minden aus dem Jahre 1664) dann wird auch
Jahrhunderte zurückgeblättert – bekannten Storchenorte
auflistet und ihre gesamte Besetzungsgeschichte aufarbeitet. Da
werden die Daten mit ungezählten Reproduktionen alter Postkarten
untermauert, aus denen allein sich schon unermessliche volk- und
naturgeschichtliche Entwicklungen ableiten lassen. Bense nennt sein
Buch wenig spektakulär „Altes Storchenland an Weser, Bastau und
Dümmer“ und lässt auf 216 Seiten keine Sekunde Langeweile
aufkommen. Erschienen ist das Ganze in erster Auflage im November
2000 beim Verlag Edition Stadt + Buch in 32609 Hüllhorst.
Als Herausgeber fungiert das renommierte Aktionskomitee
„Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke e.V.“ in
Minden. (stoerche-minden-luebbecke.de)
Allein was der Autor im Kapitel I „Mensch und Storch,
Storch und Mensch“ zu diesem Thema zu sagen hat und dies mit
ungezählten Illustrationen u.a. von Kitsch und
Nippes über die Störche zeigt, habe ich bisher in keinem anderen
Buch so komprimiert und liebenswert gefunden. Es folgt dann das
größte Kapitel „Die Störche in unseren Dörfern“. Hier läuft
Bense zur Bestform auf. Jedes Nest, das in
seinem Bearbeitungsgebiet je bestanden hat, wird in
irgendeiner Form auch bildlich dargestellt, von Augenzeugen
beschrieben und in seiner Gesamtgeschichte bis zum Jahr 2000
beleuchtet. Ich habe die einzelnen Nester nicht gezählt, aber
es sind weit über 100. Eine solche Auflistung könnte es über
andere Gebiete auch geben, doch hat sich wahrscheinlich noch kein
Autor dieser mühsamen Arbeit unterziehen wollen (Ihr
Tagebuchschreiber sei da mal eingeschlossen). Das dritte Kapitel
widmet sich dann ganz dem Leben unserer Störche heute. Das
genannte Aktionskomitee hat in seiner Arbeit Großartiges
geleistet und den Storchenbestand von fast Null auf 19 Paare
(2004) gesteigert. Dies geschah ohne Aus- oder Ein- oder
Umwilderungen von Zucht-, Projekt oder anderen Störchen allein durch
gezielte Lebensraumverbesserung. Gert Ziegler (leider
mit mir weder verwandt noch verschwägert) widmet in einem
gesonderten Beitrag dem Thema „Gehege- und Projektstörche als
neues Phänomen“ eine erstklassige Sichtweise der
Problematik, aus dem ich, wenn Sie mir erlauben, einige wichtige
Passagen zitieren darf.
„ ...Aber auch dort, wo vielleicht in
historischer Zeit der Weißstorch niemals dauerhaft gesiedelt hat,
finden sich offensichtlich unter diesem Eindruck in zunehmendem
Umfang Menschen, die sich aus recht unterschiedlichen Beweggründen
um die Ansiedlung von Weißstörchen bemühen.
Wo es an den nötigen Nahrungsflächen
mangelt, wo die Landschaft die natürlichen
Voraussetzungen für die Besiedlung nicht bietet,
behilft man sich etwa im Zusammenhang mit kommerziell betriebenen
Erholungskonzepten mit der Gehegehaltung von
Weißstörchen , die nicht selten dann im Freiflug (aber
nicht minder in Abhängigkeit von der oft einzigen Nahrungsquelle im
Gehege) selbst auf den Hausdächern der Umgebung brüten und damit
Besuchern den Wunsch nach ländlicher Idylle erfüllen.
Neben der Zerstörung ihrer Lebensräume
und der Verdrahtung der Landschaften drohen nun offenbar den
„Wildstörchen“ von solchen „Gehegestörchen“ Gefahren,
deren Größe und Auswirkungen erst allmählich deutlich zu werden
beginnen. Wie bei anderen Wildtieren setzt offenbar auch beim
Weißstorch in Gehegehaltung die Domestikation
(Haustierwerdung) schon in der ersten Generation ein. Sogar
direkt aus der Freiheit entnommene (etwa
verletzte Wildstörche) wie auch durch ständige Fütterung an
den Menschen als Futterquelle gewöhnte Störche
verlieren häufig sehr bald ihren Zugtrieb. Sie
ziehen im Herbst also nicht in ihr angestammtes Winterquartier,
sondern harren die kalte Jahreszeit über an den
Futterplätzen aus. ....um Antwort ....auf viele Fragen zu
finden, werden in der Weseraue alljährlich alle beringten
Brutstörche als Wild- oder Gehegestörche identifiziert sowie
sämtliche hier aufwachsende Jungstörche mit Ringen der Vogelwarte
Helgoland gekennzeichnet. Wie notwendig und wichtig
diese Arbeit für den Erhalt unserer letzten Wildstörche
nicht nur in unserem Bundesland ist, zeigt eine Auskunft der in
Nordrhein-Westfalen zuständigen Landesanstalt für Ökologie,
Bodenordnung und Forsten. Ihr zufolge gab es z.B. im Jahre
1993 in Nordrhein-Westfalen 34 Weißstorchhaltungen mit
insgesamt 259 Gehegestörchen, davon 35 Jungtiere. Im selben Jahr
zogen die letzten vier Wildpaare in der Weseraue 10 Junge
auf......Es ist deshalb nicht schwer, sich ein Bild von der sich
abzeichnenden möglichen Bedrohung für unsere Wildstörche in
Westeuropa zu machen. .. vielleicht führen zukünftige Ergebnisse bei
manchen zu der Erkenntnis, dass Natur nur sehr eingeschränkt
manipulierbar ist und dass jeder Eingriff seine Rechnung
findet, die nicht selten erst nachfolgenden
Generationen präsentiert wird.“ Ende des Zitats.
Ich denke, dieser kleine Ausschnitt aus
dem Beitrag von Gert Ziegler, einem der besten Kenner der
Störche in Nordrhein-Westfalen, sollte noch einmal zur
Eingriffsproblematik Stellung beziehen und zeigen, wie
dringlich es ist, mit der Verhausschweinung unserer Störche
aufzuhören. Es darf keine Bruten mehr in irgendeinem
Zoo oder Gehege geben. Es gibt keinen einzigen Grund
(außer kommerzielle!!), junge Störche dort auf die Welt
kommen zu lassen. Bestehende Bestände in Zoos oder ähnlichen
Einrichtungen sind in ihrer Gesamtheit zu eliminieren.
Das vorliegende Buch beschränkt sich vor
allem auf einen Teilaspekt im Leben unserer Freunde. Es ist
großartig und jedem zu empfehlen. Wer über die
Biologie, also die Brutdauer, Jungenaufzucht etc. informiert werden
möchte, greift natürlich zuerst zu Gerhard Creutz „Der Weiß-Storch“.
Antiquarisch gibt es den Band von Alfons R. Bense „Altes
Storchenland an Weser, Bastau und Dümmer“ für 18 € bei
verschiedenen Buchantiquariaten im Internet. Viel Spaß beim Lesen!
Pauline und Georg! Was werden wir mit
den beiden noch alles erleben? Mir würde es schon
genügen, wenn man sich in den nächsten Wochen weiter so rührend
um das Gelege und um den jeweiligen Partner kümmert.
Vom Wetter blieb es heute so, wie gestern erhofft.
Regen am Morgen, Regen mit Gewittern am
Abend, gerade so viel, dass die Wiesen weiter feucht
bleiben und die Bauern nicht alles auf einen Schlag mähen können.
Nasser Tagesbeginn! |
Nasses Tagesende! |
Mosaikstruktur in der Flussaue! An
meinem Heimatflüsschen, der Sulzach (bislang brütet
dort kein Storch, wenn man den Ort, an dem die Sulzach in die
Wörnitz mündet, nämlich Wittelshofen, nicht dazu rechnet) sah ich an
verschiedenen Stellen die Spuren manch vergeblicher
Liebesmüh. Da gibt es Spuren zu bestaunen, die von
versunkenen Traktoren zeugen, die nur mit massiver maschineller
Hilfe wieder flott gemacht werden konnten. Und wo man wieder aus der
Wiese herausfand, künden nicht ganz so tiefe Fahrspuren von der
Instabilität des Untergrundes. Ich schildere das Ganze nur durch die
Storchenbrille, als betroffener Bauer wäre ich da nicht so
froh! Also genau unterscheiden, ob man aus Storchensicht oder aus
Landwirtssicht die Lage der Dinge beurteilen muss.
Beim Wenden der Eier ertappte ich im
Verlauf des Tages Pauline und Schorsch dabei, wie sie für
kurze Augenblicke ihren Schatz ganz den neugierigen Blicken
offenbarten.
Der Schorsch mit 3 Eiern |
Pauline kann es ebenso |
Doch schon das nächste Kamerabild ließ alles
unter einem grünen Schleier verschwinden. Geduld war also angesagt.
Doch diese Eigenschaft darf ich wohl bei den meisten der Beobachter
so und so voraussetzen. Ich komme immer wieder auf Paulines Beine
zu sprechen.
Was für Beine, Pauline!
Diese faszinierten mich schon, seit die
Dame zum ersten Mal in unserem Nest landete. Ich bin nun
wirklich kein Fuß- oder besser Beinfetischist, aber man stelle sich
ein Storchenballett unter Mitwirkung unserer Pauline vor. Da
würde jedes Männerherz höher schlagen und alle würden
verstehen, dass der Schorsch bei Paulines Anblick sofort
schwach geworden war und nicht lange überlegte. Als
sich Georg am Nachmittag den Eiern und der Brut zuwenden durfte und
Pauline eine ganze Weile neben ihm stand, stellte sie plötzlich
einen Flügel gekonnt zur Seite und Schorsch
verschwand für einige Sekunden wie hinter einem Paravent.
Den neugierigen Blicken entzogen:
Der Schorsch!
Was mochte er da getrieben haben?
Wer es weiß, soll einen entsprechenden Eintrag im Gästebuch
hinterlassen oder Ihrem Tagebuchschreiber eine Mail zukommen lassen.
Auch gehörte es weiterhin zum guten Ton, wenn bei der Ablösung am
Nest auch mal Pauline ihrem Gemahl eine kleine Gabe in Form einer
Lage Gras mitbrachte.
Schorsch, ich habe dir etwas mitgebracht!
Meine Geduld wurde schließlich abermals
belohnt, als ich um 21:26 Uhr Pauline zur Übernachtung einfliegen
sah. Nun kann das Tagebuch für heute geschlossen werden.
Glücklich vereint – Georg und Pauline! |
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23. Mai 05 |
Es ist zum Mausern! So oder ähnlich
müssen sich heute die Unterhaltungen zwischen Pauline und
Georg angehört haben, nach dem der oder die eine oder vielleicht
sogar beide einige ihrer Schwungfedern ins heimische
Nest gelegt haben. Man konnte zeitgleich bis zu drei
der schmucken, schwarzen Tragflächenteile bevorzugt am
Nestrand erkennen.
Federreichtum im Nest!
Dass dies möglich war, spricht für eine
geringe Luftbewegung, die aber auch dafür sorgte, dass über
Stunden der Regen nur so vom Himmel fiel. Angenehm
für unser Paar, dass es im Augenblick nur auf seinen Eiern zu
sitzen bzw. zu liegen hat und keine Jungen vor Nässe und
Unterkühlung schützen muss.
Unter Mauser versteht man, ganz
allgemein gesprochen, das Auswechseln von Federn. Dabei
schiebt die wachsende neue Feder die alte aus der Haut,
die dann abfällt. Mauser ist notwendig, um die
wichtigsten Funktionen der Feder ein Vogelleben lang zu
garantieren. Als totes Gebilde kann die Feder nicht mehr vom
Federkiel her laufend erneuert werden. Andererseits wird sie durch
Witterung und mechanische Beanspruchung mehr oder
weniger rasch abgenutzt. Diese Abnutzung kann zum
Beispiel die Flugfähigkeit eines Vogels beeinträchtigen.
Bei der Mauser der Schwungfedern –um solche handelt es sich
bei den schwarzen Federn im Nest – lassen sich gewisse Regeln
erkennen. Hand- und Armschwingen werden dabei meist von ein oder
mehreren Zentren aus in eine oder in beide Richtungen gewechselt.
Bei mehreren Vogelordnungen werden dagegen alle
Handschwingen mehr oder weniger synchron abgeworfen. Die
damit verbundene Zeit der Flugunfähigkeit verbringen
die Vögel auf dem Wasser oder in dichter Ufer-
oder Wiesenvegetation. Eine solche synchrone Mauser
besitzen alle Seetaucher, fast alle Lappentaucher
(z.B. Hauben- und Zwergtaucher auf unseren Gewässern), die
Flamingos, alle Enten, Gänse und Schwäne, die meisten
Alken. Die Zeit der Flugunfähigkeit dauert bei den
genannten Arten zwischen 3 Wochen und etwa 8 Wochen (bei den
Schwänen). Die Erneuerung des Federkleides steht bei
allen Vögeln grundsätzlich in Konflikt mit zwei
energiezehrenden Aktivitäten im Jahreslauf, nämlich mit der
Fortpflanzung auf der einen Seite und der Wanderung
auf der anderen. Beim Storch erfolgt das Wachstum der
Einzelfedern anfangs mit linearer Geschwindigkeit. Die
Handschwingen (es sind die längsten Federn) wachsen täglich 8
bis 9 mm, die Armschwingen 6,5- 6,9 mm. Eine Armschwinge
ist nach 50 bis 55 Tagen, die längsten Handschwingen nach
65 bis 75 Tagen erneuert. Störche besitzen insgesamt 11
Handschwingen und 22 Armschwingen an jedem Flügel mit einer
Maximallänge einer einzelnen Handschwinge von 44 cm. Für
beide Flügel zusammen (also für 66 Federn) ergibt sich eine
Gesamtfederlänge von 20 Metern. Da bei solch großen Federn
und dem dafür langen Federwachstum ein Jahr für den
kompletten Wechsel zu kurz wäre, zieht sich der Austausch des
Großgefieders bei Störchen über einen Zeitraum von
eineinhalb Jahren hin. Im Durchschnitt werden jährlich
11 m Federn erneuert, das entspricht einem prozentualen
Anteil von 57%. Beiderseits werden in einem Jahr je 6
Handschwingen und 11 Armschwingen erneuert. Für die erste
Handschwinge ergibt sich daraus eine durchschnittliche
Tragedauer von 1,2 Jahren, für die längste elfte
Handschwinge eine solche von 2,5 Jahren. Im 1. Lebensjahr
eines Storches enthält also der Flügel nur Federn der 1.
Generation, von denen ein Teil auch noch im 2. Jahr in Gebrauch
bleibt. Erst im 3. Lebensjahr sind alle Federn durch eine
zweite Generation ersetzt, einige sogar bereits durch eine
dritte. Infolge der Staffelung wachsen neue Federn an
mehreren Stellen gleichzeitig heran. Diese Intensivierung
der Mauser ist ohne Beeinträchtigung der Flugfähigkeit
durch Entstehen großer Lücken möglich und erlaubt vor allem
gleit- und segelfliegenden Großvögeln den Ablauf der Mauser trotz
der langen Wachstumsdauer der Schwungfedern in angemessener Frist.
Im ersten bis dritten Mauserjahr beginnt der Federwechsel
beim Storch im März oder April, in späteren um die Mitte
Mai und ist durchschnittlich nach 180 bis 235 Tagen gegen
Anfang November beendet. Er erfolgt also größtenteils in den
Sommermonaten zwischen Bebrütungsbeginn und Wegzug.
Noch wachsende Schwingen werden auf der Herbstwanderung fertig
gestellt, anschließend dürfte der Federwechsel weitgehend ruhen. Das
Zusammenfallen von Mauser und Brutgeschäft beim
Storch ist vielleicht dadurch zu erklären, dass er in dieser Zeit
seine Flügel weniger beansprucht als während
der zwei bis drei Monate dauernden Fernwanderung und beim
Verfolgen der Wanderheuschreckenschwärme im Winterquartier.
Möglicherweise könnte die Mauser auch bei der hohen Mortalität des
Storchs im Winterquartier eine zu starke zusätzliche Belastung des
Organismus bedeuten.
Eigentlich wollten wir heute Ausschau
nach einem möglichen vierten Ei halten. Doch keiner
hat irgendwelche Nachrichten darüber verbreiten können und
auch Ihr Tagebuchschreiber muss den Beweis vorerst
schuldig bleiben. Es kann aber auch durchaus sein, dass es
Pauline bei einem Gelege von drei Eiern belässt. Das miese Wetter
mit Dauerregen über Stunden verhinderte aber auch, dass sich Georg
und Pauline häufiger und länger als nötig vom Nest erhoben. Die
Phasen, in denen Eier gewendet und das Nistmaterial
gerichtet wurden, hielten sich in engen Grenzen.
Sind es drei oder vier Eier?
Für Ablösungen am Nest gab es dafür
einige schulbuchmäßige Beispiele. Erschien Georg am
Nest zur Ablösung, hatte er meist ein kleines Gastgeschenk in
Form von Gras oder auch einiger großer Zweige dabei.
Die Partnerin, in diesem Fall Pauline,
begrüßte ihn mit einer kurzen, im Liegen vorgebrachten
Klapperstrophe, wobei sie den Kopf mit samt dem Schnabel zwecks
besserer Resonanz nach hinten auf den Rücken neigte. Sie behielt
dabei die liegende Position bei. Georg verbaute seine
Mitbringsel oder fand eine gute Ablage und hatte dann Muse,
seine Partnerin zu kraulen und selbst alle
erreichbaren Gefiederpartien mit dem Schnabel zu
bearbeiten. Das ist auch dringend nötig, unterliegen die
Federn doch einer starken Beanspruchung und auch
Abnutzung (wie unter Mauser beschrieben). Deshalb wird die
meiste Freizeit für die Pflege des Gefieders aufgewendet.
Schaut mal, wo mir eine Feder fehlt!
Jede einzeln Feder, vor allem die
Schwungfedern, wird durchgeschnäbelt und mit Fett aus der
Bürzeldrüse eingefettet. Das gibt der Feder auch eine gewisse
Resistenz gegen Nässe. Hat dann Pauline den Eindruck,
lange genug gebrütet zu haben, steht sie auf und Georg tritt an ihre
Stelle. Entweder es erfolgt dann kurz darauf Paulines Abflug oder
sie beginnt, während Georg die nächste Schicht übernimmt, ihrerseits
mit Gefiederpflege. Irgendwann - mal schneller, mal weniger schnell
- fliegt dann auch Pauline ins Nahrungsgebiet und Georg bleibt
allein zu Haus.
Nichts wie weg! Jetzt hab ich Hunger!
So oder ähnlich läuft der Tag bei einem
Storchenpaar ab, das Eier gelegt hat und dem Brutgeschäft
nachgeht. Mit Futter versorgt sich jeder der beiden Partner selbst.
Das Männchen füttert also sein Weibchen nicht mit der
entsprechenden Nahrung, diese Verhaltensweise ist bei Vögeln nicht
weit verbreitet. Das mit Paulines langen Beinen kennen Sie ja schon!
Wo führen diese Beine nur hin?
Und dass es am Abend ziemlich spät wird, bis
man zur Übernachtung am Nest vereint ist, bestätigte sich abermals.
21:27 Uhr! Kein Grund zur Aufregung!
Hast du dir schon Sorgen gemacht? |
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Bitte unterstützen Sie unsere
Spendenaktion zum
Erhalt und die Verbesserung des Lebensraumes der
Lebensgemeinschaft „Flussaue“
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Und noch zwei
kleine Hinweise in eigener Sache:
- Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und
Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und
Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote
des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach
finden Sie hier:
Kinderzeit
-
Der Bund-Naturschutz interessiert sich natürlich nicht
nur für Störche, sondern, wie sie sicher unseren übergeordneten
Seiten schon entnommen haben, unter anderem für den Biber. Ganz
aktuell zum Anhören und Download
Das Biberlied als
MP3
in fränkischer Mundart gesungen von der Gruppe
Herrenholz
Weitergehende
Informationen zum Biber finden Sie hier.
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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere
Spenden
eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
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