Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2005
...was bisher geschah

Unterstützt durch

Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
1905-2005 Rotary internat. 100 Jahre

Teil 6

16. Mai 05

Die Übertragung aus dem Storchennest Dinkelsbühl feiert heute ihren
4.
Geburtstag. Darauf genehmige ich mir später noch ein Storchenbier! Seit dem 16. Mai 2001 brachte es die Website der Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz, nicht die Website Ziegler, auf fast eine Million Zugriffe. Wir gehörten im Jahre 2001 mit zu den ersten Einrichtungen dieser Art und konnten  Dank der hohen Qualität der Übertragung und der besten Begleitinformationen aller Storchenwebcams die Akzeptanz für unsere Seite Jahr für Jahr weiter ausbauen. In der Zwischenzeit überschwemmt eine wahre Flut ähnlicher Angebote das Internet und allein an Storchenkameras stehen derzeit 31 zur Auswahl. Dass dabei natürlich große Qualitätsunterschiede festzustellen sind, soll hier nicht Thema sein, jedoch teilen sich den großen Kuchen der Sehergemeinde gerade mal eine Handvoll. Dazu zählt auch das heutige Geburtstagskind. Während bei uns ein mehr elitärer Kreis seine Heimat findet, der die fachliche und sachliche Begleitung der Bilder schätzt und auch polarisierende, kritische Kommentare liebt, finden andere bei anderen Anbietern eine mehr auf das Bildangebot beschränkte Darstellung des Lebens aus dem Storchennest. Sicherlich haben beide Sichtweisen ihre Berechtigung, doch angesichts häufiger Irritationen über Geschehnisse in manchen Nestern dürfen dann Hilfen in Form von Kommentaren einfach nicht fehlen. Der große Rest der gut gemeinten Angebote könnte getrost aus dem Netz genommen werden und niemandem würde es weh tun. Sollte ich jetzt schon wieder Unmut erregt haben, dann verstehen Sie doch bitte, dass ich meine Meinung auf dieser Website, die die Ortsgruppe Dinkelsbühl im Bund Naturschutz betreibt, äußern darf. Was sonst als meine Meinung sollte ich denn niederschreiben? Ihre Meinung, unsere Meinung, die Meinung Ihrer Großeltern oder die Ihrer Enkel? Ich möchte mit meiner Arbeit auch aufklären und ich bin sicher, dass Sie noch nie so viel über das Leben der Störche erfahren haben, wie in vier Jahren Tagebuch. Und wenn Sie das Lesen in all den Jahren noch nicht konsequent getan haben, dann fangen Sie heute noch an! Sie werden begeistert sein und nicht mehr von der Lektüre wegkommen. Und wenn ich über strittige Punkte referiert habe, dann tat ich es immer so, dass ich verschiedene Meinungen nebeneinander gestellt habe und anschließend begründet habe, warum ich es so mache und warum ich die andere Arbeitsweise für falsch halte. Da steht es jedem frei, meiner Meinung zu folgen oder nicht. Wo ist da ein Problem? Haben Sie schon einmal ein Tagebuch gelesen, vielleicht auch so etwas wie eine Biografie? Haben da die Schreiber vielleicht nicht über sich und ihre Ansichten berichtet? In jedem Kommentar in Rundfunk, Fernsehen, in der Politik, bei Rezensionen über Buch und Film, bei Kritiken über Konzerte oder Theateraufführungen hören oder lesen wir jeweils die Meinung eines Menschen, sie muss ja nicht mit meiner Meinung übereinstimmen. Da kann dann gemeckert werden und eine andere Ansicht vorgebracht werden, aber deswegen lässt sich niemand seine Meinung verbieten. So halte ich es und nicht anders! Wem es nicht gefällt, sollte etwas Ähnliches auf die Beine stellen und sich auf diesem Terrain bewähren, bevor er noch einmal hier oder anderswo Peinlichkeiten verbreitet. Vier Jahre Storchenkamera bedeuten zu 95% „zufriedene Kunden“, die erkannt haben, worauf es bei der Beschäftigung mit der Natur ankommt. Wir vermitteln die Gesamtheit einer Lebensgemeinschaft, die nur überlebt, wenn wir sie als solche betrachten und schützen. Das einzelne Individuum stellt dabei ein wesentliches, jedoch nur ein verschwindend kleines Bindeglied dar, das unseren Schutz verdient, jedoch nicht um jeden Preis! Wenn es mir gelungen ist, dies zu vermitteln, war die Arbeit der vergangenen vier Jahre nicht umsonst. Es allen Recht zu machen, kann niemandem gelingen, doch sollten die wenigen „Andersdenkenden“ ihre bewusst auf pure Zerstörung angelegte Agitation beenden und wieder mehr menschliche Züge annehmen. Ich danke, dass Sie mir aus Anlass unseres Geburtstages diese kleine Replik nicht übel nehmen.

Natürlich sauge ich mir mein Wissen über die Störche nicht ganzheitlich aus den Fingern. Vieles, was Sie bei mir zu lesen bekommen, ist neueste Forschung und noch in keinem Buch in dieser Weise nachzulesen. Gerade auf dem Gebiet der Veröffentlichungen über den Weißstorch gibt es eine kaum zu überblickende Flut von Gedrucktem. Ich werde Ihnen einen Teil davon immer wieder mal vorstellen, empfehlen oder ganz einfach vom Kauf abraten. Meine Bibliothek enthält einige Tausend Artikel und Beiträge aus 100 Jahren ornithologischem Schrifttum. An diese Veröffentlichungen ist heute nur mehr schwer heranzukommen, gelegentlich kann man in Antiquariaten etwas finden oder übers Internet bestellen. Von meinen etwa 200 Storchenbüchern (das sind Veröffentlichungen mit einer ISBN) sind ebenfalls die allermeisten längst vergriffen, da derartige Literatur nur in sehr geringen Auflagen gedruckt wird und im deutschsprachigen Raum eben nur wenige Interessenten findet. Auflagen von 500 oder gar 1000 Exemplaren gehören da schon zu den Rennern. Ausnahmen bilden auf dem Gebiet der Störche natürlich die große Palette von Kinderbüchern und populärwissenschaftliche Veröffentlichungen. Wer sich allgemein für unseren Weißstorch interessiert und an wissenschaftlich exakter Information Gefallen findet, sollte sich ein Standardwerk zulegen, das noch erhältlich ist und auf diesem Gebiet im Augenblick das beste Buch darstellt. Ich spreche von Band 375 der Reihe „Die Neue Brehm-Bücherei“, ursprünglich in erster Auflage 1985, in zweiter erweiterter Auflage 1988 erschienen im A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt und trägt den Titel „Der Weiss-Storch“. Der Verfasser ist der bereits verstorbene Dr. Gerhard Creutz aus Neschwitz. In der Nachfolge des A. Ziemsen Verlages vertreibt heute der Verlag Westarp Wissenschaften in Hohenwarsleben die gerade für Ornithologen sehr ergiebige und viel gelobte Reihe. In zweiter Auflage enthält der broschierte Band 236 Seiten Information. Ein nicht geringer Nachteil ist, dass die Ausgabe bereits vor 20 Jahren erschienen ist und die meisten Informationen deshalb schon meist 25 Jahre und älter sind. Wer auf dem neuesten Stand sein will, erfährt mit dem Brehm-Büchlein nicht alles. Aber kurzum: Man kommt aber als Interessent am Weißstorch nicht an diesem Band vorbei. Enttäuschend und eigentlich zu vergessen sind die 94 Abbildungen, die diesen Namen nicht verdienen und allesamt in schwarz/weiß gehalten und von schlechter Druckqualität sind. Aber der Text und das ist die Stärke des Bandes spiegelt unser Wissen über den Storch bis zum Anfang der 80er Jahre wieder. Für 24,95 € ist der Band über jede Buchhandlung zu beziehen. Für 12 € und weniger können sie ihn aber antiquarisch über jedes gute Antiquariat im Internet beziehen. Also probieren Sie Ihr Glück und kaufen Sie sich „Der Weiss-Storch“ von Dr. Gerhard Creutz. Da ich schon angedeutet habe, dass meine Bibliothek gut 200 Storchenbücher enthält, werde ich die Reihe der Buchvorstellungen noch ein Weilchen fortsetzen können. Also gucken Sie immer wieder vorbei!  

Während ich den Eintrag verfasste und nebenbei das Bild aus dem Storchennest laufen hatte, traute ich meinen Augen zunächst nicht. Pauline erhob sich gerade wieder einmal vom Nest, in das das Paar vor einiger Zeit zur Übernachtung zurückgekehrt war. Da leuchtete ein weißer Golfball in der Nestmulde auf! Es war keine Täuschung, sondern die Wirklichkeit. Da lag das erste Ei! Die Uhr zeigte 20:50 Uhr, die Geburtsstunde eines zweiten Geleges, das uns wohl die meisten nicht mehr zugetraut und einige auch nicht mehr gegönnt hatten.


Das erste Ei! Noch keine Minute alt!

Meine vor 11 Tagen gestellte Prognose mit dem 15. Mai war nur unwesentlich überschritten worden und was noch viel schöner und wertvoller zu beurteilen ist: Pauline hat uns ihr erstes Ei zum vierten Geburtstag geschenkt. Da soll noch einmal einer etwas von schlechtem Timing sagen. Es ist eigentlich zu schön, um wahr zu sein. Wir haben es auch uneingeschränkt mit unserer Arbeit verdient nach den vielen Tief- und Rückschlägen auf dieser Seite in den letzten Wochen. Die Tüchtigen verdienen es eben doch gelegentlich, auch mit positiven Ereignissen belohnt zu werden. Jetzt tritt – vielleicht – doch die Situation ein, von der ich vor genau einem Monat, dem Tag des Verschwindens der Vorgängerin Paulines, geträumt hatte. Wenn an allen anderen Kameranestern die Jungen schon groß und fast flugfähig sind, schälen sich aus unseren Eiern gerade die ersten Küken und die glückliche Internetgemeinde bekommt bei uns noch einen weiteren Monat kostenlose Jungenaufzucht, so dass wir bis in den September hinein mit Bildern aus dem Storchennest glänzen können. Streichen Sie in allen Kalendern diese Aussichten schon einmal dick an und freuen Sie sich mit mir!

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, beobachtete ich die beiden noch ein Weilchen. Es schien so, als ob sie sich an die neue Situation erst noch gewöhnen mussten. Sie umtanzten regelrecht das lang ersehnte Objekt, ehe sich Georg als erster seines Auftrages entsann und seine ganze Aufmerksamkeit dem Fortpflanzungsprodukt widmete.

 
 Freudentanz um das Ei!

Er drehte es hin und her und umhegte es sehr sorgsam. Pauline, sichtlich erschöpft wendete sich vollends von der Nestmulde ab, drehte Ei und Partner den Rücken zu und verharrte auch zwei Stunden nach ihrer Heldentat immer noch am gleichen Platz am äußersten Nestrand. Georg ließ sich vorsichtig auf dem Ei nieder und nahm es bedächtig unter seine Fittiche.


Das Ei in der Obhut Georgs!

Einmal bis 22:30 Uhr erhob er sich für einige Minuten, um dann erneut das Einzelstück mit seinem Körper zu bedecken. Auf weitere Taten! Am Mittwochabend dürfen wir ein zweites Mal gespannt Pauline beobachten und Sie sind wieder dabei!

Gegen diesen Hammer zur Abendstunde verblassen natürlich alle anderen Ereignisse dieses Tages. Ich möchte sie Ihnen aber dennoch nicht ganz vorenthalten, sind Sie mir gerade jetzt als Leser besonders lieb und teuer. Der Morgen begann mit Sonnenschein und einem frisch begrünten Nest.


Frisch begrünt im Sonnenschein

Doch diese und alle anderen Anzeichen des Tages deuteten nicht auf einen so fulminanten Tagesausklang hin. Pauline und Georg waren zwischendurch mal immer für eine Überraschung gut. So spielte die Dame des Hauses Verstecken auf dem Dachfirst hinter dem Nest.


Pauline auf Abwegen!

Kuckuck! Wo bin ich?

Sie glaubte zwar, dass ich sie nicht entdecken würde, aber was ein richtiger Tagebuchschreiber ist, lässt sich so leicht nicht aufs Kreuz legen. Als sie schließlich endlich wieder im Nest stand, hatte Pauline den nächsten Kracher auf Lager. Sie entledigte sich blitzartig einer Handschwinge. Für kurze Zeit hielt sie diese sogar im Schnabel, so als ob sie andeuten wollte, es wäre an der Zeit, wieder etwas ins Gästebuch zu schreiben.


Ich schreibe gleich ins Gästebuch!

Beim Abflug Paulines hinterließ sie statt eines Eies sogar zwei gemauserte Handschwingen.


Verlustmeldung!

Der Schorsch blieb in der Zwischenzeit nicht untätig und erledigte seine Pflichtaufgaben im Hinblick auf die bevorstehende Eiablage mit Bravour.


Der Schorsch bei der Pflichterfüllung!

 
17. Mai 05

Noch immer wirken die Ereignisse des gestrigen Abends positiv in mir nach! Es hat geklappt, was nur große Optimisten (mich eingerechnet) gehofft hatten. Pauline und Georg beginnen eine Brut! Nun werden die weiteren angeborenen Verhaltensabläufe greifen und Pauline wird die Eiablage fortsetzen. Bei derartig spätem Brutbeginn (der mit Abstand späteste in der Geschichte aller Storchenwebcams!) sind große Bruterfolge die Ausnahme, meist bleibt es bei zwei Jungen. Doch was die Eiablage angeht, sollte Pauline schon ihr physisches Maximum ausreizen. Man weiß ja nie im Voraus, was die nächsten Wochen bringen werden und bei Störchen ist dies auch nicht anders. Das bedeutet für unser zu erwartendes Gelege, dass wir schon auf vier Eier kommen sollten! Das nächste wäre am Mittwoch in den Abendstunden zu erwarten und anschließend ginge es dann im Zweitagesrhythmus weiter, so dass am Sonntagabend im besten Falle vier Eier die Nestmulde zieren werden. Sind doch schöne Aussichten und der Regen und die Kälte tun unseren beiden Hauptdarstellern in dieser Beziehung gar nichts. Manchmal ist es besser mit der Brut ein wenig länger zu warten und nicht bei den ersten zu sein, manchmal aber auch schlechter. So regelt sich in der Natur, wenn man ihr den Freiraum gewährt, alles auf natürliche Weise. Wer sich im Storchenschutz engagiert und jedes Ei und jedes Junge, das in Gefahr zu sein scheint, retten will, soll sich einmal die in unserem Lande übliche Praxis mit ungeborenem Leben vergegenwärtigen. Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Dr. Johannes Friedrich, hat dies gestern beim Kirchentag auf dem Hesselberg  (an der wunderschönen Wörnitz gelegen und rund 15 Kilometer von unserem Nest entfernt) vor 13000 Besuchern in folgender Weise in seiner Predigt angeprangert. Ich zitiere aus der heutigen Ausgabe der Fränkischen Landeszeitung: „Der Landesbischof nannte es einen Skandal, dass  in Deutschland in den zwölf Jahren über eine Million Kinder aus sozialen Gründen abgetrieben worden seien. Christen müssten dagegen laut protestieren und um jedes kleine menschliche Leben kämpfen. Nicht nachvollziehbar nannte er den Umstand, dass Abtreibungen von den Krankenkassen bezahlt würden.“ Ende des Zitats aus der FLZ. Bitte vergessen Sie bei aller Tierliebe diese Zahlen nicht und machen Sie bitte kein Theater wegen dreier Storcheneier oder einiger Jungstörche, die ohne Zutun des Menschen einfach im Nest verbleiben und sterben. Regen Sie sich – wenn schon – wenigstens über eine Million tote Menschenkinder auf, die durch menschliche Eingriffe gezielt und bewusst ermordet wurden und verstehen Sie wenigstens die Relationen. Da ist die Geschichte unserer toten Störchin aus der Kläranlage die reinste Unterhaltungsliteratur, wenn man Sie mit einer solchen vom Küchentisch eines Abtreibers vergleichen würde.

Unser Paar zeigt sich seit dem Auftauchen des ersten Eies wie verwandelt und es ist ein Hochgenuss zuzuschauen, wie angeborenes tierisches Verhalten auf die neue Situation anspricht. Man weiß jetzt einfach, dass man das Ei bedecken muss, dass man sich abzulösen hat und wenn der eine wegfliegt, darf der andere nicht mitfliegen. Am allerbesten kennt sich ein Storch aber mit seinem Nest aus und wie er damit umzugehen hat.


Das Nest kurz nach der Eiablage
gestern Abend...

...und 22 Stunden
später!

Hatte der Schorsch bisher wenig Bock, sich Polstermaterial zu beschaffen und damit die Nestmulde zu gestalten, ist er seit Beginn der Eiablage ein anderer Mensch geworden. Unablässig pendelt er seit den Morgenstunden zwischen seiner Grassammelstelle und dem Nest hin und her. Diese „Sammelstelle“ liegt mit Sicherheit nur wenige Hundert Meter vom Nest entfernt, vielleicht gleich zwischen der Westumgehung und dem Wörnitz-Strandbad, denn Georgs Abwesenheiten sind nur unwesentlich länger als ein bis zwei Minuten.

 
Der unermüdliche Schorsch!
 

Wenn man den Nestinnenraum von gestern Abend und heute Mittag miteinander vergleicht, kann man kaum glauben, dass es dasselbe Nest ist. Man sieht also eindeutig, dass Störche ihr Nest 100%ig selber besser bauen können als ein Storchenschützer! Dazu muss niemand mit Harke, Schürhaken, Stemmeisen, diversem Kleingerät und Plastiksack ausrücken und anfahren! Die Brut hat seit der Eiablage definitiv begonnen! Früher, und das gestern von mir besprochene Bändchen aus der Neuen Brehm-Bücherei nennt es nicht anders, erzählte ich und schrieb Dr. Creutz, dass die Bebrütung schon ab dem 2. oder 3. Ei fest einsetzt. Diese über Jahrzehnte immer wieder abgeschriebene Angabe ist schlichtweg falsch. Pauline und Georg beweisen es auf sehr anschauliche Weise. Sie bebrüten das Ei von dem Augenblick, als es ins Nest kullerte. Sie tun dies bei Temperaturen von nur 12 Grad natürlich noch intensiver und ausdauernder als bei hochsommerlichen Temperaturen. Da ist sogar gelegentlich eine kleine Pause einzulegen, damit die Eier nicht einen Hitzeschock erleiden und „hart gekocht“ werden. Selbst bei so alltäglichen brutbiologischen Fakten gibt es also immer noch, selbst in der Fachliteratur, unterschiedliche Angaben. Vielleicht spielen aber auch evolutionsbiologisch begründete Veränderungen hierbei eine Rolle und vor 50 Jahren war das mit dem späteren Brutbeginn tatsächlich anders. So haben sich im Zugverhalten in den letzten 30 Jahren bereits unglaubliche, genetisch fixierte Veränderungen abgespielt, die niemand in dieser kurzen Zeit für möglich gehalten hätte. Auch die Nistweise in großen, nicht überdachten Nestern, also ohne kleines Schattendächchen, in exponierter Stellung, Wind, Regen und Hitze komplett ausgesetzt, hat sich seit Jahrmillionen herausgebildet und in dieser Zeit auch behauptet. Der Storch ist, wenn ihm dies nicht bekommen würde, noch nicht zum Höhlenbrüter mutiert. Sollte dies einmal nötig sein, weil allzu eifrige Storchenschützer ihn nicht in Ruhe lassen, wird er (der Storch) sich vielleicht doch noch in unzugängliche Baumhöhlen zurückziehen. Ich spinne den Faden noch ein wenig weiter: Bauen Störche in den nächsten Jahrhunderten ihre Nester nur noch aus Plastikabfällen und sollte sich diese Methode weitgehend durchsetzen, dann werden die Vertreter der Gattung Ciconia vielleicht ums Überleben kämpfen und Aussterben oder sie kehren im Zuge der Selektion wieder zu anderen Nistmaterialien zurück. Aber so weit wird es nicht kommen, da sich eine Tierart noch nicht selbst ausgerottet hat. Beim Menschen bin ich mir da nicht immer so sicher! 

Ein weiterer Buchvorschlag soll das Geschehen im Nest etwas auflockern. Standen beim gestrigen Vorschlag wissenschaftliche Texte im Vordergrund, sind es heute die Bilder. Vor einem Jahr wurde auf der Website des Vetschauer Storchennestes sehr für dieses Buch geworben und sein Erscheinen mit einer genügend großen Zahl von Vorbestellungen in Zusammenhang gebracht. Darauf hin subskribierten – ich glaube es waren 500 – vor allem Seher der Vetschauer Storchenszene das noch nicht erschienene Buch, da es hieß, es sei das Buch zur Vetschauer Webcam, zum Vetschauer Nest! Nach dem Erscheinen kam dann die große Ernüchterung – zumindest für mich! Lediglich im Vorwort zum Buch findet sich ein äußerst missratener Schnappschuss der Webcam aus Vetschau. Ansonsten sind auf zwei Drittelseiten in einer kleinen Schrifttype einige Anmerkungen zum Brutjahr 2001 sowie zur Geschichte der Vetschauer Webcam und eine Statistik der Zugriffszahlen vermerkt. Das war es zu Vetschau und damit hatte man gutgläubige Internetbesucher geködert, um seine Auflage verkaufen zu können. Das soll kein Vorwurf sein, das Buch hat seine Berechtigung in erster Linie als Bilderbuch. Dass dann der Titel nicht „Der Weißstorch in Vetschau und Umgebung“ heißt, sondern sehr weitgefasst „Spreewald“ macht meine Einlassungen noch einmal deutlich. Doch wer hätte im Buchhandel schon ein Buch mit dem Titel „Spreewald“ gekauft? Man muss es halt nur richtig anstellen, wenn man etwas unter die Leute bringen will. Dass es im Untertitel weiter heißt „Land der Störche, Land der Fließe“ muss zur Ehrenrettung der beiden Autoren Günter Blutke/Arnulf Weingardt auch noch gesagt werden. Das in Hardcover gebundene 24x28 cm große und 135 Seiten starke Buch vermittelt auf den ersten Blick einen guten Eindruck, schwelgt es doch in riesigen, manchmal eine ganze Seite füllenden Bildern. Bei dieser Bilderfülle kann es nicht ausbleiben, dass der Text auf wesentliche Informationen beschränkt bleibt. Hier lassen die Autoren auch die neuesten Erkenntnisse der Satellitentelemetrie mit einfließen. Beim Bestand und der Bestandsentwicklung wird hauptsächlich auf das Gebiet des Spreewaldes eingegangen, wie es der Titel ja auch angibt. Es bleiben gut gerechnet zum Schluss 25 Seiten Text und 110 Seiten Bildmaterial, wobei den Bildunterschriften auch noch die eine oder andere Information allgemeiner Art zu entnehmen ist. Wer in den Spreewald reisen will, kann mit dem Buch die Naturschönheiten, zoologisch und auch botanisch im Voraus genießen oder im Nachhinein noch einmal Revue passieren lassen. Ein Storchenbuch in Reinform ist es nicht und will es auch nicht sein. Das hätte man in seinen Vorankündigungen auf alle Fälle deutlicher herausheben sollen. Was macht es? Im Buchhandel ist es nicht mehr erhältlich, also sollte man sich auf dem antiquarischen Buchmarkt umsehen. Doch auch dort habe ich es bisher bei meinen Recherchen noch nicht gefunden. Bleiben noch einige städtische Bibliotheken im Gebiet des Spreewaldes oder einer der Gästebuchschreiber fragt einmal in seinem Bekanntenkreis. Man muss dieses Buch auf keinen Fall besitzen, es überzeugt durch einige Bilder, auch wenn es – soweit es den Storch betrifft – halt immer wieder die gleichen Fotos vom Nest und aus der Brut- und Jungenaufzucht sind.  Es bleiben ganze 12 Fotos, auf denen ein Storch nicht an seinem Nest zu sehen ist. Sicher eine kümmerliche Ausbeute, aber das Fotografieren von Störchen in ihrem Lebensraum, beim Einsammeln von Nistmaterial, beim Erbeuten verschiedenster Nahrungstiere oder in anderen Lebenslagen als am Nest ist ungleich schwieriger. Doch bessere Verkaufszahlen erzielt man – und da geht kein Weg dran vorbei – durch die ach so beliebte Nestfotografiererei. Ist keine Kritik, sondern genau das Gleiche, was durch das bloße Gucken mit Storchenwebcams erreicht wird. Das Buch war im letzten Jahr für 24,80 € erhältlich. Ein durchaus angemessener Preis, der nur durch zahlreiche Sponsoren so niedrig gehalten werden konnte. Tipp: Wer schöne Bilder liebt, soll versuchen, den Band zu erstehen! Wer wissenschaftlich über den Weißstorch nachlesen will und (fast) alles über die Biologie dieses Vogels erfahren will, kauft sich den Band aus der Neuen Brehm-Bücherei und wartet, bis ich weitere Bücher vorgestellt habe. Da gibt es nämlich noch bessere.   

Der Tag begann auch in Dinkelsbühl wieder mit reichlich Nässe. Einem Ei schadet dies in der Regel nicht und für die Drainage sorgt Georg in vorzüglicher Weise. Da lässt er sich nicht lumpen!


Nasse Angelegenheit!

Sobald der Regen etwas nachließ, begannen intensive Trockenübungen. Wer vorher gut „geschmiert“, d.h. sich gut eingefettet hat, ist nach ein paar Schüttelbewegungen wieder strohtrocken. So machten es beide in den Vormittagsstunden.


Georgs
Trockenübungen

Ich kann dich auch Beschirmen,
liebe Pauline!

Neben Bauarbeiten an der Innenausstattung des Hauses standen weitere eheliche Pflichten an, die in Vorbereitung auf ein zweites Ei von enormer Wichtigkeit waren.


So kann es weiter gehen, Pauline!

Von Stunde zu Stunde verschwand das Ei mehr und mehr aus unserem Blickfeld, aber natürlich nicht aus dem Nest. Es ist auf alle Fälle noch vorhanden, doch werden es uns Georg und Pauline nicht mehr ganz so leicht machen mit der Eiersuche wie beim ersten Ei.


Ei weg?! Nur scheinbar!

Also morgen Abend bitte ich um kollektive Eischau. Wer irgend etwas aufleuchten sieht, vielleicht zwei Golfbälle, soll es unbedingt mailen und damit auch melden. Wer gar noch in der Lage ist, einen Schnappschuss beizusteuern, ist dazu genauso herzlich eingeladen.

Wenn kein großes Wunder mehr passiert und davon ist nicht auszugehen, werden unsere Rathausbewohner wohl endgültig Pauline und Georg heißen dürfen. Im Augenblick liegt dieses Duo in der Umfrage mit rund 50% der abgegebenen Stimmen ganz eindeutig in Front. Der Rest folgt mit riesigem Abstand. Schon einmal im Voraus herzlichen Dank für die gute Unterstützung bei der Namensfindung!

 
18. Mai 05

Es ist gelegentlich wie in der Schule! Ohne Wiederholung läuft bei manchen Zeitgenossen nichts! Die, die es nicht betrifft, dürfen jetzt einige Zeilen überspringen, der klägliche Rest sollte sich das Folgende dick hinter die Ohren schreiben! Ihr Tagebuchschreiber kämpft um jeden Storch, der verletzt aufgefunden, aus dem Nest gefallen, gegen ein Auto geflogen, einen Stromunfall hatte,  in eine Falle getreten, im Moor versunken, schlicht und einfach um jeden Storch, der noch ein Lebenszeichen abgibt und außerhalb des Nestes in meine Hand gerät. An dieser Haltung hat sich nichts geändert, seit ich mich um Störche kümmere. Lesen Sie einfach in einer Musestunde die Teile 16 und 17 des Tagebuchjahrganges von 2002. Ein solcher Bericht über den Einsatz für zwei Störche ist in keiner Buchhandlung erhältlich und dürfte auch sonst ziemlich einmalig sein. Was im Nest passiert, während der Brutzeit, während der Aufzucht der Jungen geht nur die Storcheneltern etwas an und obliegt ihrer eigenen Obhut. Da fummle ich in der Tat nicht herum, grabe nicht die Nester um und nehme natürlich auch kein Junges mit nach Hause und mache auch sonst keine Experimente mit ihnen. Kapiert? Außerhalb des Nestes uneingeschränkt Hilfe bei Notfällen – innerhalb nein! Kann man sich doch leicht merken? Machen alle so! Warum denn immer die ganze Aufregung? Oder will man gar nicht? Solche Schüler gibt es allerdings auch! Nun darf wieder jeder weiter lesen. Die Wiederholung wird bei Gelegenheit wiederholt!

Wo ist denn das Ei?, mag sich mancher seit gestern Nachmittag schon öfters gefragt haben. Es ist im Nest! Ganz sicher! Da ist kein Trick dabei und auch keine Angabe meinerseits. Erstens haben wir es am Montag in voller Größe gesehen und auch am Dienstag war es wenigstens zeitweise  auszumachen. Doch seitdem das Ei gelegt wurde, hat Georg einige Fuhren Gras und diverses andere Nistmaterial herangeschleppt und dieses großzügig im Innenraum verteilt. Dies passierte heute am Vormittag weiterhin.


Schorsch im unermüdlichen Arbeitseinsatz!

 

Was ist nur mit Schorsch los? Es laufen abermals angeborene Verhaltensweisen ab, die ihm in Anbetracht des Auslösemechanismus „Ei“, der unterdurchschnittlichen Temperaturen (so um die 12 Grad Höchsttemperatur) sowie der feuchten Witterungsperiode signalisieren: Tu was zur Isolierung und Wärmedämmung deiner Bude! Und folgsam wie der Schorsch ist, tut er’s auch. Gemahlin Pauline darf sich einmal etwas länger ausruhen und kann sich ohne Stress auf den Legeprozess Ei Nummer zwei konzentrieren. So klappt das mit der vorläufigen Arbeitsteilung ganz ausgezeichnet. Wenn Sie aufmerksam beobachtet haben, dürfte Ihnen selbst bei Nichtsichtbarkeit des Eies aufgefallen sein, dass sich schon jetzt beim Brüten abgewechselt wird, dass Georg und Pauline – wenn sie stehen – ununterbrochen ins Nest schauen, darin herumstochern, also das Ei wenden und auch sonst ganz anders agieren als ohne Ei. Niemals fliegen beide noch gemeinsam weg und immer bleibt einer im Nest zurück. So wird es die nächsten sieben Wochen bleiben, bis die Jungen die dritte Lebenswoche überschritten haben. Erst dann lassen beide Altvögel erstmals Nest und Junge wieder allein. Und noch ein Beweis für das Vorhandensein eines Eies gibt es: Die eigenen Eiproduzenten würden auch nie ihr eigenes Ei aus dem Nest werfen. Genügt die Darstellung dieses Phänomens?

Ob man heute Abend allerdings das zweite Ei schon zu Gesicht bekommt, bezweifle ich schon ein wenig. Danach kommt es ein wenig auf die weitere Wetterentwicklung an. Steigen die Temperaturen auf etwa 40 Grad in der Sonne an und diese Temperatur herrscht dann auch im Nest, werden sich die Brüter auch einmal für Minuten ins Nest stellen und versuchen, die Eier durch Schatten Spenden vor Überhitzung zu schützen. Ebenso werden dann auch weitere Nestmanagementmaßnahmen greifen, die Wärme aus dem Bereich des Geleges abführen helfen. Die Folge wird sein, dass die Eier dann wieder besser sichtbar werden, zumal das viele Gras dann einfach auf die Seite gearbeitet wird. Also nicht unglücklich sein, die Eier werden schon noch sichtbar!


Lass jucken, Kumpel

Grün, grün, grün...

Während Pauline den ganzen Vormittag Innendienst schiebt – sie hat ja heute noch Großes vor! – hechtet Georg ununterbrochen hin und her. Die Zahl seiner An- und Abfüge passt schon längst nicht mehr auf eine Kuhhaut. Weiter so!

Bei meiner Bücherreise fiel mir übrigens auf, dass im Augenblick gerade noch eine Handvoll „Storchenbücher“ auf dem Buchmarkt erhältlich sind. Leider im Augenblick nicht erhältlich ist auch mein Lieblingskinderbuch über Störche. Da es seit seinem Erscheinen 1984 bereits mindestens vier Auflagen erlebt hat, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Verlag demnächst eine Neuauflage vorsieht. Ich spreche vom Buch „Die Reise mit den Störchen“ mit Texten, erzählt von Christine Adrian und mit Bildern, gemalt von Pieter Kunstreich. Es sind vor allem die Bilder, die den Charme des Buches ausmachen und hier hat sich der Maler vor seiner Arbeit auch mal junge Störche im Nest oder auf einem Foto angeschaut, denn seine Nestjungen haben wirklich schwarze Schnäbel. In den meisten anderen Bilderbüchern für Kinder gibt es da eine große Farbskala von rot bis gelb. Und dennoch ist es kein Bilderbuch, sondern richtet sich auch im gut gemachten Text vor allem an Kinder im Lesealter ab etwa 8 Jahren. Sicher verstehen auch gelegentlich schon jüngere Kinder, je nach Entwicklungsstand, die lieb geschriebenen Erläuterungen. Auch die Größe der Buchstaben und der Umfang der mit den Bildern aufgelockerten Textseiten ist sehr ansprechend. Erzählt wird ausgehend von einem Dorf in Norddeutschland und einem Storchennest auf dem Bauernhof von Bauer Feddersen hauptsächlich die Reise der Störche auf der Ostroute. Da gibt es keine entscheidenden Fehler, da wurde gut recherchiert und ein vorzüglicher Überblick über einen Teilaspekt des Storchenlebens gegeben. Schade, dass der im Ravensburger Verlag von Otto Maier erschienene 21x29 cm große und 32 Seiten umfassende Band nicht mehr lieferbar ist. Es wäre eine feine Sache, wenn er in nächster Zeit wieder neu aufgelegt würde. Bei Amazon gibt es ihn gelegentlich gebraucht zu kaufen, zuletzt wurde er für immerhin 10 bis 25 € angeboten. Dennoch empfehle ich dieses Buch zum Kaufen oder Verschenken an Kinder zwischen 8 und 12 Jahren und auch für Erwachsene lohnt es sich darin zu blättern und die Bilder zu betrachten. Ein kleiner Nachtrag sei mir zur gestrigen Buchempfehlung noch gestattet. Wie mir der Verfasser mitteilte, ist sein Buch „Der Spreewald – Land der Störche, Land der Fließe“ über die Homepage des Verfassers www.Blutke-Naturfotos.de verbilligt zu beziehen oder im Buchhandel käuflich zu erwerben. 

Der Abend kam, der Abend ging und das zweite Ei, das mit großer Sicherheit in den letzten Stunden des Tages gelegt wurde, blieb verborgen. Nicht traurig sein, wenn das kleine Geheimnis noch nicht gleich gelüftet werden konnte, aber wir werden es schon noch lüften können. Es steht aber bombenfest, dass Pauline und Georg fleißig brüten und von dieser Warte aus im Moment keine Gefahr oder gar Unheil droht. Warten wir einfach die angekündigten wärmeren Tage ab, da müssen die beiden sich ja eine neue Technik im Umgang mit ihrem Gelege überlegen.


Die
Storchenwiese

Georg beim
Brüten ertappt

Paulines Verdauung
funktioniert normal
 
19. Mai 05 Trotz Geheimniskrämerei liegen inzwischen erste Beweisfotos für das zweite Ei vor.


Dies ist kein vierbeiniger Storch!

Das Geheimnis konnte in den Vormittagsstunden des heutigen Tages schnell gelüftet werden. Pauline hat ihr zweites Ei gelegt und es ist mit großer Sicherheit anzunehmen, dass sie dies bereits in den gestrigen Abendstunden vollbracht hat. Feine Sache! Da freuen wir uns doch schon auf eine Fortsetzung morgen Abend. Endlich zeigt sich auch das Wetter gnädig mit unserem Paar. Nach kalter Nacht strahlt inzwischen die Sonne von einem stahlblauen Himmel und fast kein Wölkchen kann die Freude trüben.

 
Lebender Sonnenschirm!

Da möchte ich bei so viel Stolz und Freude um die Helden an unserem Storchennest wieder einmal an Ihre Spendenbereitschaft appellieren. Das Projekt „Wörnitzaue“, das die Kreisgruppe Ansbach im Bund Naturschutz schon seit Jahren vorantreibt und das nun der letzten Phase der Vollendung entgegen geht, kann zur Abrundung des fast 100.000 Quadratmeter umfassenden Gesamtgebietes noch einmal 12.000 Quadratmeter dazu gewinnen. Für diese letzte Fläche sind noch einmal 3000 Euro aufzubringen. Ich habe Sie in meinem ersten Spendenaufruf am 26. April im Tagebuch darum gebeten. Die Resonanz war damals bereits erfreulich positiv und mit den eingegangenen Spenden konnten die ersten 1200 Quadratmeter gekauft werden. Nun stehen noch knappe 10000 auf der „Einkaufsliste“ unseres Verbandes.

Nutzen Sie deshalb die günstige Gelegenheit und werden Sie noch „Grundstücksbesitzer“ an der Wörnitz! Für einen Euro gibt es überragende 4 Quadratmeter zu kaufen. In manch guter Wohngegend müssen Sie für die gleiche Fläche schon 1000 Euro hinblättern. Geben Sie deshalb Ihrem Herzen einen erneuten Stoß und erstehen Sie ein Stückchen Flussaue. Ich verspreche Ihnen, dass ich Ihre Fläche nach Eingang der Spende im Tagebuch fotografisch vorstelle. Für die schon geleisteten Grundstückskäufe bedanke ich mich auch im Namen der gesamten Kreisgruppe im Bund Naturschutz auf das Herzlichste! Wir können und wir werden es schaffen! Es hängt an 2500 Euro!

Besorgte Seher und Freunde Georgs und Paulines haben schon die ersten Rechenbeispiele angestellt und ein Stückchen vorausgedacht. Reicht denn die Zeit für das Großziehen der potentiellen Jungen oder besteht die Gefahr, dass sie von ihren Eltern verlassen werden? Spielen wir die nächsten Monate einfach mal im Zeitraffer durch: Das erste Ei wurde am 16. Mai gelegt, gleichzeitig begann an diesem Abend die Brut. Das vierte Ei – ich setze einfach voraus, dass es vier werden – wird am 22. Mai ins Nest kullern. Nun rechne ich als guten Durchschnittswert 32 Tage für das Erbrüten. Dann müsste das erste Küken am 17. oder 18. Juni schlüpfen. Nun wissen wir als alte Storchenexperten, dass die weiteren Eier meist nicht ganz so lange bis zum Schlüpfen brauchen, d.h. durch Geräusche aus dem Ei werden die später gelegten Eier, besser gesagt die schon fast „fertigen“ Storchenküken, zu einer vermehrten Wachstumsgeschwindigkeit angeregt, so dass nun zwischen dem Schlüpfen des ersten und des letzten Jungen keine ganze Woche liegt. Also zurück zum Schlüpftermin. Das zweite Ei schlüpft, wenn ich nicht irre schon einen Tag nach dem ersten, also am 19. Juni und wenn noch weitere Küken das Licht der Welt erblicken sollten, wäre nach meiner Meinung der Schlüpfvorgang bis zum 20./21. Juni beendet. Das wäre zum Sommeranfang! Was nun folgt, lässt sich nicht so exakt auf wenige Tage im Voraus berechnen. Da spielen doch sehr viele Faktoren mit. Wie viele Junge werden es schließlich sein? Bei vier dauert es etwas länger, als wenn nur ein Junges zu versorgen ist. Auch das Vorhandensein der Nahrung und die Erreichbarkeit derselben verkürzt oder verlängert die Jungenaufzucht. Ebenso wirken sich für diesen Aspekt die Witterungsverhältnisse positiv oder negativ aus. Aber ich versuche es trotzdem, einen Termin für das Ausfliegen der Jungen anzudenken. In der Literatur ist die Dauer der Nestlingszeit zwischen 54 und 68 Tagen beziffert. Von kürzeren Zeiten bis zum ersten Abflug vom Nest habe ich noch nichts gehört, ich selbst habe allerdings auch schon über 70 Tage gewartet. Halten wir es einfach mit einem ungefähren Mittelweg, so kommen wir für den entscheidenden Tag des Ausfliegens auf 2 Monate, das wäre in unserem Fall so um den 24./25 August plus/minus ein paar Tage. Pauline und Georg werden bis dahin ihre Jungen auf keinen Fall im Stich lassen. Ein Vogelpaar wird selbst in größter Not und sei es die einsetzende Zugunruhe, seine Jungen nicht vor der Flugfähigkeit verlassen und abziehen. Danach ist dieser Fall schon denkbar. Auch wenn nach dem Ausfliegen die Jungen zwar schon selbst Nahrung suchen und sich quasi selbst versorgen können, werden sie auch dann noch gelegentlich von den Eltern gefüttert. Die Jungen kehren nach ihren ersten Ausflügen immer wieder zum Nest zurück und werden dort auch noch einige Tage übernachten. Wenn alle gut verläuft, könnte und sollte ihr Abzug dann in der ersten Septemberwoche liegen. Wenn ich mir das letzte Jahr vor Augen halte waren am 31. August zwar schon alle Jungen abgezogen, weil es keine so späte Brut gab, aber von den Altstörchen, die Junge aufgezogen hatten, waren an Wörnitz und Altmühl das Gros noch am Nest anzutreffen. Das würde bedeuten, dass Georg und Pauline durchaus in der Lage sind, auch so zu „handeln“ und eben mehr oder weniger gleichzeitig mit den Jungen das Feld zu räumen. Im Normalfall verlassen die Eltern erst nach den Jungen ihr Brutgebiet. Fazit: Trotz des späten Brutbeginns sehe ich keine Gefahr für die Jungen, dass sie nicht den Weg in ihr Winterquartier finden. Sie müssen dies so und so ohne Begleitung ihrer Eltern tun. Da die Westzieher in den letzten Jahren eine Tendenz zu einem späteren Abzug ins Winterquartier erkennen lassen, könnten sich unsere möglichen Jungen auch an diesen orientieren, wenn – was möglich, aber unwahrscheinlich ist – Georg und Pauline ihre Kinder vor deren Abzug verlassen. 

Verlassen wir die Zukunft und blicken wir nochkurz zu den weiteren Tagesaktualitäten. Die beiden Eier blieben nach ihrer guten Sichtbarkeit in den Vormittagsstunden für den Rest des Tages wieder gut bedeckt.


Kein Zweifel! Es sind 2 Eier!

Nur gelegentlich konnte man eines der Prachtstücke auch später einmal kurz zu Gesicht bekommen.


Für den Rest des Tages blieb es dann bei Teilansichten!

Ansonsten sorgte Georg dafür, dass nicht jeder von seinen Schmuckstücken zu viel sehen konnte. Im Wörnitztal hat ebenfalls die Mahd begonnen und da gab es frisches Gras praktisch wieder vor der Haustür. Einige Male schien es leichten Luftalarm zu geben. Ich beobachtete, wie Georg urplötzlich zur Stelle war, Pauline vom Nest hoch schreckte und anschließend beide einige kurze Klapperstrophen zum Besten gaben. Bedrohlich sah das nicht gerade aus, aber irgend etwas schien in diesem Moment für Unruhe zu sorgen.

 
Was sorgt denn da für Aufregung?

 
20. Mai 05

Man hat sich längst arrangiert! Pauline und Georg harmonieren immer besser zusammen und es besteht überhaupt kein Zweifel, dass sie ihre Aufgaben nicht bewältigen können.

 
Idyll!
Man versteht sich!

Wir wissen zwar nichts über ihre Vergangenheit, über ihr Alter und ob sie schon früher einmal an anderer Stelle in gleicher oder anderer Zusammensetzung gebrütet haben. Soll uns aber nicht weiter grämen, Hauptsache, dass beide das wunderschöne Nest auf dem alten Rathaus bezogen haben.


Brutablösung!

Heute war es in der Sonne kurzfristig einmal so warm, dass Georg und Pauline ins Schwitzen kamen. Nicht, dass Sie jetzt denken, den beiden stand kurzfristig der Schweiß auf der Stirn. Nein! Beide hielten ihre Schnäbel immer ein wenig geöffnet.


Pauline hechelt und stellt zur zusätzlichen Kühlung
eine Schulterfeder in den Wind!

Da Vögel und demnach auch unsere beiden Superstars keine Schweißdrüsen besitzen müssen sie eine andere Technik anwenden, um überschüssige Wärme aus dem Körper abzuleiten. Störche bespritzen bei großer Hitze (wird im Sommer manchmal zu sehen sein) ihre Beine mit einem speziellen dünnen Kot und geben dabei durch Verdunstungskühlung Wärme ab (thermoregulatorisches Beinkoten!). Durch Schattenspenden oder Befeuchten werden Jungvögel , aber auch Gelege durch ihre Eltern von zu starker Aufheizung geschützt. Wärmeabgabe erfolgt weiter durch Diffusion großer Mengen Wasser über nackte Hautstellen, wobei Verdunstungsenergie freigesetzt wird, die Kühlung bringt. Die Diffusion kann gesteigert werden durch das Hecheln (siehe Hund!). Dabei wird der Schnabel geöffnet und schnelle Atembewegungen ausgeführt. Das bedeutet, dass der gesamte Atmungstrakt in die Wärmeabgabe mit einbezogen wird. An dieser Stelle (ich musste natürlich darüber auch wieder Einiges nachlesen) möchte ich Ihnen ein Buch empfehlen, das nun allgemein über die Wissenschaft über die Vögel, kurz Ornithologie genannt, informiert. Das Buch richtet sich an alle Berufsornithologen oder sehr versierte vogelkundliche Laien. Es ist nun nicht leicht zu lesen, sondern ist als Lehrbuch für den universitären Bereich zu verstehen. Wer sich schon allgemeine biologische Grundlagen angeeignet hat und die Fachterminologie ein wenig versteht, wird an dem Buch dennoch viel gefallen haben. In 27 Kapiteln und auf 552 Seiten behandeln die beiden Autoren Einhard Bezzel und Roland Prinzinger alle Aspekte der ornithologischen Forschung. Da gibt es z. B. Kapitel über die „Fortbewegung“, „Haut und Hautdrüsen“, „Feder und Gefieder“, „Kreislaufsystem und Blut“, „Hormonsystem“, „Nervensystem“, „Verhalten“, „Lautäußerungen“, aber auch „Populationsbiologie, „Wanderungen“, „Verbreitung“ und „Vogelschutz, um nur einige Kapitelüberschriften zu nennen. Das im Verlag Eugen Ulmer Stuttgart erstmals 1977 und 1990 in zweiter Auflage herausgebrachte Buch „Ornithologie“ ist für 49,90 € im Buchhandel zu erwerben. Im Vorwort schreiben die Verfasser; „ Das vorliegende Lehrbuch haben wir sowohl für den Freizeit-, als auch für den Berufsornithologen geschrieben. Aber auch Studenten der Biologie, Biologielehrer und Zoologen der verschiedenen Fachrichtungen und nicht zuletzt Vogelhalter und Vogelschützer finden neben speziell ornithologischen Themen grundsätzliche, allgemein interessierende Betrachtungen und Daten, die für vergleichende Aspekte der Biologie wesentlich sind.“

Wenn Sie sich einer der angesprochenen Personengruppen zurechnen können, besteht uneingeschränkte Kaufempfehlung

An unser Storchenpaar richte ich die Kaufempfehlung sicher nicht, auch wenn sie vielleicht manches besser wüssten als viele Studierte. Wer besonderes Glück hatte, konnte gelegentlich die beiden Eier für kurze Momente sehen.


Es sind immer noch 2 Eier!

Heute Abend steht ja Ei Nummer 3 auf dem Programm. Mal abwarten, ob uns Pauline die Freude macht und ob wir es schon bald zu sehen bekommen. Also kein Auge vom Nest richten und sofort melden, wenn jemand die Beweise liefern kann.

 
21. Mai 05 Der Beweis ist geliefert. Inzwischen liegen drei Eier im Nest.

 
Aller guten Dinge sind drei ...

Pauline geht aber ganz schön ran! Sie produziert Eier wie am Fließband. Heute früh entdeckten die ersten das neue Dreiergelege und warum sollte es nicht in diesem Rhythmus weiter gehen? Wir hätten auch gegen fünf Eier nichts einzuwenden. Eine unserer fleißigsten Seherinnen teilte mir mit, dass sie bereits gestern Abend drei Eier zu entdecken glaubte. Daran besteht absolut kein Zweifel, zumal ja auch das erste Ei in den Abendstunden des 16. Mai gelegt wurde.

Wie Sie unschwer bemerkten, gab es heute den ersten Bildausfall, seitdem wir wieder über die DSL-Leitung senden. Dabei war das Ganze durchaus beabsichtigt, doch widrige Umstände ließen den Zeitraum der übertragungsfreien Zeit unfreiwillig in die Höhe schnellen. Auch Webmaster und Techniker sind gelegentlich außer Haus und dann, wenn sie gebraucht würden, auch einmal ein paar Stunden nicht greifbar. Trotzdem möchten wir uns für den kleinen Ausfall bei Ihnen in aller Form entschuldigen. Dass es überhaupt zu den Überlegungen kam, die für den Ausfall verantwortlich waren, liegt auch ein wenig an Ihnen, liebe Storchenfreunde. Die gesteigerte Resonanz für unsere Storchenkamera, hat das Übertragungskontingent, das sich an den Zugriffszahlen der Vorjahre einschließlich einer Progression orientiert hatte, aus den Fugen geraten lassen. Keine Angst! Wir werden die gewohnte Qualität und Bildfrequenz beibehalten, kommen aber an einer Bitte um weitere Spenden – diesmal aber bitte gezielt unter dem Stichwort „Storchenkamera“ - nicht ganz vorbei.

Ich besuchte nach über einer Woche Pause wieder einmal mein nächst gelegenes Storchennest in Mosbach. Von meiner Haustür bis zur dortigen „Storchenherberge“ sind es knappe 7 Kilometer. Selbst ein Fußmarsch steht bei Familie Ziegler einige Male im Jahr nach Mosbach an. Neben dem Storchennest auf dem Kamin der ehemaligen Molkerei lockt eine sehr bekannte Gaststätte in den kleinen Ort an der Wörnitz. Man kann bei schönem Wetter im Freien sitzen und hat die Störche praktisch immer im Auge und selbst in der Gaststube gibt es Plätze, von denen man während des Essens die An- und Abflüge oder auch die Jungen sehen kann.  Unter landgasthaus-foerster.de informiert die Homepage der Familie Förster über ihr Haus. Verbinden Sie doch einfach einmal beide Hauptattraktionen von Mosbach miteinander. Sie werden es nicht bereuen. Von dort sind es gerade noch 15 Minuten Fahrt entlang der noch jungen Wörnitz bis nach Dinkelsbühl. Von Mosbach sind sie innerhalb von drei Minuten auf der A 7 und innerhalb von 5 Minuten am Autobahnkreuz Feuchtwangen auch auf der A 6. Was mich heute auf dem Kirchturm von Mosbach erwartete, war selbst für mich ein nicht geringe Überraschung. Wusste ich doch von meinem letzten Besuch, dass es mindestens vier Jungstörche sein müssten, durfte ich mich heute doch über eine fünfköpfige Jungenschar freuen. Das  Nesthäkchen hatte sich beim letzten Mal sicher einfach der Beobachtung auf Grund seiner Zwergwüchsigkeit entzogen.


Wo ist die Nummer 5?


Hier ist sie auch nicht!


Aber jetzt hat das Versteckspielen ein Ende!

Es blieb auch an diesem Tag deutlich hinter seinen Geschwistern an Körpergröße zurück, konnte aber dennoch ab und zu erspäht werden. Die inzwischen 6jährige Storchenmama wartete mit mir geduldig auf die Ablösung durch Papa Storch und es dauerte auch nur wenige Minuten, bis der heiß Ersehnte auch schon erschien. Er brachte eine große Fuhre frisches Gras im Schnabel mit.


Die Ablösung ist da!

Stumm begrüßten sich die Storcheneltern und Mama Storch entschwebte unmittelbar nach der Landung ihrer besseren Hälfte Richtung Tribur, ehe die Jungen ihre Nahrung vorgewürgt bekamen. Ohne viel Aufhebens zu machen, erbrach der Storchenmann seine Beute ins Nest, wo sie von den Jungen begierig aufgenommen wurde.


Mittendrin!

Ruckzuck war die Fütterung beendet. Bis auf wenige Regenwürmer blieb nichts im Nest zurück. Die verspeiste zum Schluss der männliche Adebar. Da ich mich ausnahmsweise während der Fütterung aufs Fotografieren konzentrierte, bekam ich nicht alles mit, jedoch versuchte sich einer der Jungstörche an einem noch nicht eindeutig identifizierten größeren Beutestück, das schließlich trotz falscher „Schnabellage“ im Schlund verschwand und eine kräftige „Halsausbeulung“ hervorrief.


Wer kennt diese Tierart?

Die Schnabellänge der Jungen in diesem Alter, der Größte ist drei Wochen alt, beträgt nach Literaturangaben etwa 8 cm. Wie Sie auf dem Foto erkennen können übertrifft die Körperlänge des Nahrungstieres die Länge des Schnabels um das Doppelte, so dass ich schon auf runde 15 bis 18 Zentimeter komme. Der Schwanz ist relativ kurz und kräftig. Ich tippe mal vorsichtig auf eine Schermaus. Wer es besser weiß, soll mich korrigieren und mich über seine Diagnose informieren. Nach gut einer Stunde, ich war inzwischen längst wieder vom Turm herabgestiegen, traf ich den Storchenmann, es hatte in der Zwischenzeit also schon wieder ein Wechsel stattgefunden, auf einer frisch gemähten Wiese am Ortsrand von Kühnhardt am Schlegel. Sehr breite und tiefe Fahrspuren zeigten mir, dass trotz zweier trockener Tage das Befahren der Wiesen mit schwerem Gerät ein Wagnis darstellt. Was schlecht für die Landwirte ist, ist optimal für unsere Störche. Selbst für die fünf Mosbacher Jungen bestehen im Augenblick keine Engpässe. Da nur dort gemäht wird, wo man mit dem Traktor und einem Hänger einigermaßen problemlos an- und abfahren kann, entsteht im Wiesengrund eine wunderschöne, streifige Mähstruktur. Gemähte Parzellen wechseln in bunter Folge mit nicht mähbaren, weil noch zu nassen Wiesen ab. Gerade diese Mähweise ist für unsere Störche schon beinahe ideal zu nennen und ich hoffe, dass dies wegen der angekündigten, nassen Wetterlage bei gleichzeitig nicht zu kühlen Temperaturen noch ein Weilchen so bleibt. Liebe Landwirte, seid mir deshalb nicht zu böse! Ich weiß, dass dies für euch nicht die beste Lösung darstellt, aber ich denke einmal ganz bewusst als Storch. Und der wird mir in meiner Einschätzung Recht geben. In den letzten Jahren erfolgte nach einer längeren Schönwetterperiode der erste Grasschnitt in der Flussaue in einem Zug, das heißt innerhalb zweier Tage war alles bis auf den Boden abgemäht. In diesen wenigen Tagen bot sich den Störchen kurzzeitig ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Die durch die Mäharbeiten offen liegenden Flächen erlaubten es den Altstörchen, Mäuse und Regenwürmer zu erbeuten, weil nun wieder ein ungehinderter Einblick auf den Erdboden möglich war. Der Kahlschlag in den Wiesen bedeutete nach dieser ersten Ernte, dass im weiteren Verlauf eine deutliche Reduzierung des Nahrungsangebotes eintrat. Kleintiere verloren ihre Rückzugsgebiete, Raupen- und Larvenstadien litten in gleicher Weise und gingen daraufhin zu Grunde. Die Natur benötigte nach diesem ersten Schnitt wieder einige Wochen bis der Ausgangszustand vor der Mahd erreicht war. Nun sieht die Lage ganz anders aus. Wie in früheren Zeiten, als der Bauer jeden Tag immer nur das mähte, was seine Kühe zum Fressen brauchten, mäht er in diesen Tagen nur die Bereiche, die man, ohne im Morast stecken zu bleiben, mit schwerem Gerät befahren kann. Es entsteht eine Mosaikstruktur, die einen richtig glücklich macht. Kleintiere haben so die Möglichkeit in ungemähte Wiesenbereiche zu flüchten und später von dort wieder in die neu aufwachsenden Flächen auszuwandern. Gerade in den Randbereichen von gemähter zu ungemähter Wiese können sich solche Vorgänge in beispielhafter Weise abspielen. Die Ränder sind es, die unser Storch in seinem Lebensraum braucht und je mehr Ränder ihm zur Verfügung stehen, umso besser und einfacher ist für ihn die Futterbeschaffung. Unsere intensive landwirtschaftliche Nutzung hat in den letzten Jahrzehnten immer mehr dazu geführt, dass es weniger Ränder und damit immer weniger Rückzugsgebiete für Nahrungstiere des Storches und vieler anderer Tierarten gibt. Durch Zusammenlegungen vieler kleiner Flächen zu wenigen großen entsteht eine ungemeine Reduzierung von Rändern. 10 quadratische Wiesen von jeweils 1 ha Fläche (1ha= 100x100m=400 Meter Rand), die aneinander grenzen und jeweils von einem einen  Meter breiten „Grenzstreifen“ voneinander getrennt sind, haben insgesamt 10x400 m Rand, das ergibt zusammen 4000 Meter Rand, der in der Regel nicht bearbeitet wird und als Rückzugsfläche für eine Unmenge von Tieren und Pflanzen dienen kann. Nun kommt die Flurbereinigung. Zur besseren Wirtschaftlichkeit und zur schnelleren Bearbeitung mit Maschinen werden kleinere Wieseneinheiten zu großen zusammengefasst, Bei Ackerflächen funktioniert das genau so mit den gleichen Auswirkungen für die Tier und Pflanzenwelt. Bei meinen im obigen Beispiel vorkommenden Wiesen von jeweils einem Hektar Fläche, die in einer Reihe liegen und jede für sich eine Seitenlänge von 100 Metern aufweist, ergeben sich insgesamt 4000 Meter Rand. Fasse ich nun die 10 Wiesen zu einer einzigen großen zusammen, erhalte ich eine neue Wiese mit einer Länge von einem Kilometer und einer Breite von 100 Metern. Die Länge der Ränder beträgt nun nur noch 2200 Meter. Bei gleicher Fläche hat sich also der „Rand“ um fast die Hälfte reduziert. Wenn wir jetzt von noch kleineren Flächeneinheiten ausgehen würden und das ist häufig sogar die Regel, würden sich die Randeffekte noch weiter zu Ungunsten der kleineren Gebiete verschieben. Sie sehen also, warum ich die momentane Mähsituation so günstig für unsere Störche ansehe. Viele kleine Flächen in der verhältnismäßig großen Talaue ergeben momentan beim Mähen viele Ränder und damit eine optimale Voraussetzung auch in nächster Zeit aus dem Vollen zu schöpfen. Heute war Adebar auf einer frisch gemähten Wiese, morgen wird an anderer Stelle neu gemäht. Nun tun sich dort neue Nahrungsgründe auf und so geht es weiter. Im Optimalfall sollte sich nach drei bis vier Wochen der Kreis schließen und die zweite Runde an der zuerst gemähten Stelle eingeläutet werden. Storchenschutz in bester Manier ohne Zusatzfutter! Wer einmal vor dem Problem steht, dass es mit der Erreichbarkeit der Nahrung für sein Storchenpaar schlecht steht, sollte mit einigen Bauern ein solches Vorgehen bei der Mahd einmal ausprobieren. Die Störche erscheinen sofort auf der Fläche, auf der gerade gearbeitet wird. Wenn man das über einige Tage und Wochen konsequent beibehält, eröffnet man seinen Störchen in dieser Zeit die Möglichkeit, selbständig artgerechte Kost in vielleicht ausreichender Menge selbst zu erbeuten. Ich ziehe dies immer noch jeder anderen Hilfsmaßnahme vor.

Infolge der ab 12:30 Uhr nicht mehr existenten Übertragung aus dem Storchennest bleibt mir nur ein kleines Kurzprogramm zum heutigen Tag.


Der Schorsch steht aufs Verstecken!

Das Wichtigste bekamen ja einige dennoch mit, spielte es sich doch schon in den Vormittagsstunden ab. Pauline und Georg hatten ihr Gelege auf drei Eier aufgestockt und für den morgigen Sonntag erwarte ich schon noch einen kleinen Zuschlag. Wer Zeit hat, sollte sich dann in den Abendstunden schon wieder auf die Lauer legen. Sie wissen schon! Schnappschüsse machen! Pauline erwies sich bei den Ablösungen wieder mal als die Stürmischere des Paares. Während Georg mehr fränkische Ruhe an den Tag legt, gebärdet sich Pauline schon mal eher als rheinische Frohnatur.


Immer mit der Ruhe, Pauline!

Das mag ja nicht unbedingt für alle Rheinländer zutreffen und bei Pauline kennen wir ihre Geburtsheimat so und so nicht. Aber wenn wir schon von Klischees sprechen: Ich verbinde mit einem Rheinländer eine gewisse Weinseligkeit, beim Franken überwiegt dagegen die schon fast sprichwörtliche Bierruhe. Aber liebe Volksgruppen, prügelt mich nicht schon wieder wegen meiner nicht jedem gefallenden Zuordnungen! Pauline ist aber auch eine! Da wartete ich gestern (habe da so meine Quelle!) beim Einbruch der Nacht auf die Rückkehr von Pauline! Es wurde dunkler und dunkler und sie war immer noch nicht da. Bei mir zu Hause blickte ich öfters aus dem Fenster, um einen direkten Helligkeits- oder besser Dunkelheitsvergleich zu haben. Ein Gewitter zog auf und trotz baldigen Vollmondes konnte man eher von beginnender Dunkelheit sprechen. Passierte das Verschwinden der Vorgängerin Paulines nicht auch nach der Ablage ihres dritten Eies? Da taten sich schon wieder Parallelen auf, die mich – ehrlich gesagt – schon an die Kläranlage denken ließen. Doch ehe ich erneut in Panik geraten konnte, stand sie im Nest. Es war 21:26 Uhr!


Späte Heimkehr!

An welcher Bar mag sie zu so später Storchenstunde gestanden sein? Ich schätze mal an der Wörnitz-Strandbar, denn die hat heute eröffnet und wer sich gleich mit einer so attraktiven Dame wie Pauline schmücken kann, hat schon die halbe Miete wieder drin! Morgen auf ein Neues! Und diesmal mit Bildern ohne Ende aus dem Nest!

 
22. Mai 05

Bevor wir uns wieder Georg und Pauline zuwenden, widme ich mich einem großartigen Storchenbuch, das für alle ein unbedingtes Muss darstellt, die sich exemplarisch für die Entwicklung einer relativ kleinen Teilpopulation des Weißstorches in den letzten 100 Jahren interessieren. Vieles, was der Autor Dr. Dr. Alfons R. Bense in mühevoller Kleinarbeit zusammengetragen hat, ist schlichtweg überwältigend. Da wird nicht mit großformatigen Fotos oder Abbildungen geklotzt, sondern mit Hunderten kleinerer Abbildungen, die zudem noch in ein zum Lesen und Betrachten anregendes Layout eingebunden werden, gearbeitet. Allein das Blättern macht so viel Spaß, dass man immer wieder auf kleine volkskundliche, aber auch historische Kostbarkeiten stößt, die einem zum Weiterlesen drängen, ja fast zwingen. So entsteht ein Abriss der Weißstorchgeschichte im Kreis Minden-Lübbecke, einem Teil Nordrhein-Westfalens, der alle in diesem Zeitraum – und wenn es Nachrichten aus früheren Jahrhunderten gab, (wie ein Stich von Minden aus dem Jahre 1664) dann wird auch Jahrhunderte zurückgeblättert – bekannten Storchenorte auflistet und ihre gesamte Besetzungsgeschichte aufarbeitet. Da werden die Daten mit ungezählten Reproduktionen alter Postkarten untermauert, aus denen allein sich schon unermessliche volk- und naturgeschichtliche Entwicklungen ableiten lassen. Bense nennt sein Buch wenig spektakulär „Altes Storchenland an Weser, Bastau und Dümmer“ und lässt auf 216 Seiten keine Sekunde Langeweile aufkommen. Erschienen ist das Ganze in erster Auflage im November 2000 beim Verlag Edition Stadt + Buch in 32609 Hüllhorst. Als Herausgeber fungiert das renommierte Aktionskomitee „Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke e.V.“ in Minden. (stoerche-minden-luebbecke.de) Allein was der Autor im Kapitel I „Mensch und Storch, Storch und Mensch“ zu diesem Thema zu sagen hat und dies mit ungezählten Illustrationen u.a. von Kitsch und Nippes über die Störche zeigt, habe ich bisher in keinem anderen Buch so komprimiert und liebenswert gefunden. Es folgt dann das größte Kapitel „Die Störche in unseren Dörfern“. Hier läuft Bense zur Bestform auf. Jedes Nest, das in seinem Bearbeitungsgebiet je bestanden hat, wird in irgendeiner Form auch bildlich dargestellt, von Augenzeugen beschrieben und in seiner Gesamtgeschichte bis zum Jahr 2000 beleuchtet. Ich habe die einzelnen Nester nicht gezählt, aber es sind weit über 100. Eine solche Auflistung könnte es über andere Gebiete auch geben, doch hat sich wahrscheinlich noch kein Autor dieser mühsamen Arbeit unterziehen wollen (Ihr Tagebuchschreiber sei da mal eingeschlossen). Das dritte Kapitel widmet sich dann ganz dem Leben unserer Störche heute. Das genannte Aktionskomitee hat in seiner Arbeit Großartiges geleistet und den Storchenbestand von fast Null auf 19 Paare (2004) gesteigert. Dies geschah ohne Aus- oder Ein- oder Umwilderungen von Zucht-, Projekt oder anderen Störchen allein durch gezielte Lebensraumverbesserung. Gert Ziegler (leider mit mir weder verwandt noch verschwägert) widmet in einem gesonderten Beitrag dem Thema „Gehege- und Projektstörche als neues Phänomen“ eine erstklassige Sichtweise der Problematik, aus dem ich, wenn Sie mir erlauben, einige wichtige Passagen zitieren darf. 

...Aber auch dort, wo vielleicht in historischer Zeit der Weißstorch niemals dauerhaft gesiedelt hat, finden sich offensichtlich unter diesem Eindruck in zunehmendem Umfang Menschen, die sich aus recht unterschiedlichen Beweggründen um die Ansiedlung von Weißstörchen bemühen.

Wo es an den nötigen Nahrungsflächen mangelt, wo die Landschaft die natürlichen Voraussetzungen für die Besiedlung nicht bietet, behilft man sich etwa im Zusammenhang mit kommerziell betriebenen Erholungskonzepten mit der Gehegehaltung von Weißstörchen , die nicht selten dann im Freiflug (aber nicht minder in Abhängigkeit von der oft einzigen Nahrungsquelle im Gehege) selbst auf den Hausdächern der Umgebung brüten und damit Besuchern den Wunsch nach ländlicher Idylle erfüllen.

Neben der Zerstörung ihrer Lebensräume und der Verdrahtung der Landschaften drohen nun offenbar den „Wildstörchen“ von solchen „Gehegestörchen“ Gefahren, deren Größe und Auswirkungen erst allmählich deutlich zu werden beginnen. Wie bei anderen Wildtieren setzt offenbar auch beim Weißstorch in Gehegehaltung die Domestikation (Haustierwerdung) schon in der ersten Generation ein. Sogar direkt aus der Freiheit entnommene (etwa verletzte Wildstörche) wie auch durch ständige Fütterung an den Menschen als Futterquelle gewöhnte Störche verlieren häufig sehr bald ihren Zugtrieb. Sie ziehen im Herbst also nicht in ihr angestammtes Winterquartier, sondern harren die kalte Jahreszeit über an den Futterplätzen aus. ....um Antwort ....auf viele Fragen zu finden, werden in der Weseraue alljährlich alle beringten Brutstörche als Wild- oder Gehegestörche identifiziert sowie sämtliche hier aufwachsende Jungstörche mit Ringen der Vogelwarte Helgoland gekennzeichnet. Wie notwendig und wichtig diese Arbeit für den Erhalt unserer letzten Wildstörche nicht nur in unserem Bundesland ist, zeigt eine Auskunft der in Nordrhein-Westfalen zuständigen Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten. Ihr zufolge gab es z.B. im Jahre 1993 in Nordrhein-Westfalen 34 Weißstorchhaltungen mit insgesamt 259 Gehegestörchen, davon 35 Jungtiere. Im selben Jahr zogen die letzten vier Wildpaare in der Weseraue 10 Junge auf......Es ist deshalb nicht schwer, sich ein Bild von der sich abzeichnenden möglichen Bedrohung für unsere Wildstörche in Westeuropa zu machen. .. vielleicht führen zukünftige Ergebnisse bei manchen zu der Erkenntnis, dass Natur nur sehr eingeschränkt manipulierbar ist und dass jeder Eingriff seine Rechnung findet, die nicht selten erst nachfolgenden Generationen präsentiert wird.“ Ende des Zitats.

Ich denke, dieser kleine Ausschnitt aus dem Beitrag von Gert Ziegler, einem der besten Kenner der Störche in Nordrhein-Westfalen, sollte noch einmal zur Eingriffsproblematik Stellung beziehen und zeigen, wie dringlich es ist, mit der Verhausschweinung unserer Störche aufzuhören. Es darf keine Bruten mehr in irgendeinem Zoo oder Gehege geben. Es gibt keinen einzigen Grund (außer kommerzielle!!), junge Störche dort auf die Welt kommen zu lassen. Bestehende Bestände in Zoos oder ähnlichen Einrichtungen sind in ihrer Gesamtheit zu eliminieren.

Das vorliegende Buch beschränkt sich vor allem auf einen Teilaspekt im Leben unserer Freunde. Es ist großartig und jedem zu empfehlen. Wer über die Biologie, also die Brutdauer, Jungenaufzucht etc. informiert werden möchte, greift natürlich zuerst zu Gerhard Creutz „Der Weiß-Storch“. Antiquarisch gibt es den Band von Alfons R. Bense „Altes Storchenland an Weser, Bastau und Dümmer“ für 18 € bei verschiedenen Buchantiquariaten im Internet. Viel Spaß beim Lesen! 

Pauline und Georg! Was werden wir mit den beiden noch alles erleben? Mir würde es schon genügen, wenn man sich in den nächsten Wochen weiter so rührend um das Gelege und um den jeweiligen Partner kümmert. Vom Wetter blieb es heute so, wie gestern erhofft. Regen am Morgen, Regen mit Gewittern am Abend, gerade so viel, dass die Wiesen weiter feucht bleiben und die Bauern nicht alles auf einen Schlag mähen können.


Nasser Tagesbeginn!

Nasses Tagesende!

Mosaikstruktur in der Flussaue! An meinem Heimatflüsschen, der Sulzach (bislang brütet dort kein Storch, wenn man den Ort, an dem die Sulzach in die Wörnitz mündet, nämlich Wittelshofen, nicht dazu rechnet) sah ich an verschiedenen Stellen die Spuren manch vergeblicher Liebesmüh. Da gibt es Spuren zu bestaunen, die von versunkenen Traktoren zeugen, die nur mit massiver maschineller Hilfe wieder flott gemacht werden konnten. Und wo man wieder aus der Wiese herausfand, künden nicht ganz so tiefe Fahrspuren von der Instabilität des Untergrundes. Ich schildere das Ganze nur durch die Storchenbrille, als betroffener Bauer wäre ich da nicht so froh! Also genau unterscheiden, ob man aus Storchensicht oder aus Landwirtssicht die Lage der Dinge beurteilen muss.

Beim Wenden der Eier ertappte ich im Verlauf des Tages Pauline und Schorsch dabei, wie sie für kurze Augenblicke ihren Schatz ganz den neugierigen Blicken offenbarten.


Der Schorsch mit 3 Eiern

Pauline kann es ebenso

Doch schon das nächste  Kamerabild ließ alles unter einem grünen Schleier verschwinden. Geduld war also angesagt. Doch diese Eigenschaft darf ich wohl bei den meisten der Beobachter so und so voraussetzen. Ich komme immer wieder auf Paulines Beine zu sprechen.


Was für Beine, Pauline!

Diese faszinierten mich schon, seit die Dame zum ersten Mal in unserem Nest landete. Ich bin nun wirklich kein Fuß- oder besser Beinfetischist, aber man stelle sich ein Storchenballett unter Mitwirkung unserer Pauline vor. Da würde jedes Männerherz höher schlagen und alle würden verstehen, dass der Schorsch bei Paulines Anblick sofort schwach geworden war und nicht lange überlegte. Als sich Georg am Nachmittag den Eiern und der Brut zuwenden durfte und Pauline eine ganze Weile neben ihm stand, stellte sie plötzlich einen Flügel gekonnt zur Seite und Schorsch verschwand für einige Sekunden wie hinter einem Paravent.


Den neugierigen Blicken entzogen:
Der Schorsch!

Was mochte er da getrieben haben? Wer es weiß, soll einen entsprechenden Eintrag im Gästebuch hinterlassen oder Ihrem Tagebuchschreiber eine Mail zukommen lassen. Auch gehörte es weiterhin zum guten Ton, wenn bei der Ablösung am Nest auch mal Pauline ihrem Gemahl eine kleine Gabe in Form einer Lage Gras mitbrachte.


Schorsch, ich habe dir etwas mitgebracht!

Meine Geduld wurde schließlich abermals belohnt, als ich um 21:26 Uhr Pauline zur Übernachtung einfliegen sah. Nun kann das Tagebuch für heute geschlossen werden.


Glücklich vereint – Georg und Pauline!

 
23. Mai 05

Es ist zum Mausern! So oder ähnlich müssen sich heute die Unterhaltungen zwischen Pauline und Georg angehört haben, nach dem der oder die eine oder vielleicht sogar beide einige ihrer Schwungfedern ins heimische Nest gelegt haben. Man konnte zeitgleich bis zu drei der schmucken, schwarzen Tragflächenteile bevorzugt am Nestrand erkennen.


Federreichtum im Nest!

Dass dies möglich war, spricht für eine geringe Luftbewegung, die aber auch dafür sorgte, dass über Stunden der Regen nur so vom Himmel fiel. Angenehm für unser Paar, dass es im Augenblick nur auf seinen Eiern zu sitzen bzw. zu liegen hat und keine Jungen vor Nässe und Unterkühlung schützen muss.

Unter Mauser versteht man, ganz allgemein gesprochen, das Auswechseln von Federn. Dabei schiebt die wachsende neue Feder die alte aus der Haut, die dann abfällt. Mauser ist notwendig, um die wichtigsten Funktionen der Feder ein Vogelleben lang zu garantieren. Als totes Gebilde kann die Feder nicht mehr vom Federkiel her laufend erneuert werden. Andererseits wird sie durch Witterung und mechanische Beanspruchung mehr oder weniger rasch abgenutzt. Diese Abnutzung kann zum Beispiel die Flugfähigkeit eines Vogels beeinträchtigen. Bei der Mauser der Schwungfedern –um solche handelt es sich bei den schwarzen Federn im Nest – lassen sich gewisse Regeln erkennen. Hand- und Armschwingen werden dabei meist von ein oder mehreren Zentren aus in eine oder in beide Richtungen gewechselt. Bei mehreren Vogelordnungen werden dagegen alle Handschwingen mehr oder weniger synchron abgeworfen. Die damit verbundene Zeit der Flugunfähigkeit verbringen die Vögel auf dem Wasser oder in dichter Ufer- oder Wiesenvegetation. Eine solche synchrone Mauser besitzen alle Seetaucher, fast alle Lappentaucher (z.B. Hauben- und Zwergtaucher auf unseren Gewässern), die Flamingos, alle Enten, Gänse und Schwäne, die meisten Alken. Die Zeit der Flugunfähigkeit dauert bei den genannten Arten zwischen 3 Wochen und etwa 8 Wochen (bei den Schwänen). Die Erneuerung des Federkleides steht bei allen Vögeln grundsätzlich in Konflikt mit zwei energiezehrenden Aktivitäten im Jahreslauf, nämlich mit der Fortpflanzung auf der einen Seite und der Wanderung auf der anderen. Beim Storch erfolgt das Wachstum der Einzelfedern anfangs mit linearer Geschwindigkeit. Die Handschwingen (es sind die längsten Federn) wachsen täglich 8 bis 9 mm, die Armschwingen 6,5- 6,9 mm. Eine Armschwinge ist nach 50 bis 55 Tagen, die längsten Handschwingen nach 65 bis 75 Tagen erneuert. Störche besitzen insgesamt 11 Handschwingen und 22 Armschwingen an jedem Flügel mit einer Maximallänge einer einzelnen Handschwinge von 44 cm. Für beide Flügel zusammen (also für 66 Federn) ergibt sich eine Gesamtfederlänge von 20 Metern. Da bei solch großen Federn und dem dafür langen Federwachstum ein Jahr für den kompletten Wechsel zu kurz wäre, zieht sich der Austausch des Großgefieders bei Störchen über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren hin. Im Durchschnitt werden jährlich 11 m Federn erneuert, das entspricht einem prozentualen Anteil von 57%. Beiderseits werden in einem Jahr je 6 Handschwingen und 11 Armschwingen erneuert. Für die erste Handschwinge ergibt sich daraus eine durchschnittliche Tragedauer von 1,2 Jahren, für die längste elfte Handschwinge eine solche von 2,5 Jahren. Im 1. Lebensjahr eines Storches enthält also der Flügel nur Federn der 1. Generation, von denen ein Teil auch noch im 2. Jahr in Gebrauch bleibt. Erst im 3. Lebensjahr sind alle Federn durch eine zweite Generation ersetzt, einige sogar bereits durch eine dritte. Infolge der Staffelung wachsen neue Federn an mehreren Stellen gleichzeitig heran. Diese Intensivierung der Mauser ist ohne Beeinträchtigung der Flugfähigkeit durch Entstehen großer Lücken möglich und erlaubt vor allem gleit- und segelfliegenden Großvögeln den Ablauf der Mauser trotz der langen Wachstumsdauer der Schwungfedern in angemessener Frist. Im ersten bis dritten Mauserjahr beginnt der Federwechsel beim Storch im März oder April, in späteren um die Mitte Mai und ist durchschnittlich nach 180 bis 235 Tagen gegen Anfang November beendet. Er erfolgt also größtenteils in den Sommermonaten zwischen Bebrütungsbeginn und Wegzug. Noch wachsende Schwingen werden auf der Herbstwanderung fertig gestellt, anschließend dürfte der Federwechsel weitgehend ruhen. Das Zusammenfallen von Mauser und Brutgeschäft beim Storch ist vielleicht dadurch zu erklären, dass er in dieser Zeit seine Flügel weniger beansprucht als während der zwei bis drei Monate dauernden Fernwanderung und beim Verfolgen der Wanderheuschreckenschwärme im Winterquartier. Möglicherweise könnte die Mauser auch bei der hohen Mortalität des Storchs im Winterquartier eine zu starke zusätzliche Belastung des Organismus bedeuten.

Eigentlich wollten wir heute Ausschau nach einem möglichen vierten Ei halten. Doch keiner hat irgendwelche Nachrichten darüber verbreiten können und auch Ihr Tagebuchschreiber muss den Beweis vorerst schuldig bleiben. Es kann aber auch durchaus sein, dass es Pauline bei einem Gelege von drei Eiern belässt. Das miese Wetter mit Dauerregen über Stunden verhinderte aber auch, dass sich Georg und Pauline häufiger und länger als nötig vom Nest erhoben. Die Phasen, in denen Eier gewendet und das Nistmaterial gerichtet wurden, hielten sich in engen Grenzen.


Sind es drei oder vier Eier?
 

Für Ablösungen am Nest gab es dafür einige schulbuchmäßige Beispiele. Erschien Georg am Nest zur Ablösung, hatte er meist ein kleines Gastgeschenk in Form von Gras oder auch einiger großer Zweige dabei.

 

Die Partnerin, in diesem Fall Pauline, begrüßte ihn mit einer kurzen, im Liegen vorgebrachten Klapperstrophe, wobei sie den Kopf mit samt dem Schnabel zwecks besserer Resonanz nach hinten auf den Rücken neigte. Sie behielt dabei die liegende Position bei. Georg verbaute seine Mitbringsel oder fand eine gute Ablage und hatte dann Muse, seine Partnerin zu kraulen und selbst alle erreichbaren Gefiederpartien mit dem Schnabel zu bearbeiten. Das ist auch dringend nötig, unterliegen die Federn doch einer starken Beanspruchung und auch Abnutzung (wie unter Mauser beschrieben). Deshalb wird die meiste Freizeit für die Pflege des Gefieders aufgewendet.


Schaut mal, wo mir eine Feder fehlt!

Jede einzeln Feder, vor allem die Schwungfedern, wird durchgeschnäbelt und mit Fett aus der Bürzeldrüse eingefettet. Das gibt der Feder auch eine gewisse Resistenz gegen Nässe. Hat dann Pauline den Eindruck, lange genug gebrütet zu haben, steht sie auf und Georg tritt an ihre Stelle. Entweder es erfolgt dann kurz darauf Paulines Abflug oder sie beginnt, während Georg die nächste Schicht übernimmt, ihrerseits mit Gefiederpflege. Irgendwann - mal schneller, mal weniger schnell - fliegt dann auch Pauline ins Nahrungsgebiet und Georg bleibt allein zu Haus.

 
Nichts wie weg! Jetzt hab ich Hunger!

So oder ähnlich läuft der Tag bei einem Storchenpaar ab, das Eier gelegt hat und dem Brutgeschäft nachgeht. Mit Futter versorgt sich jeder der beiden Partner selbst. Das Männchen füttert also sein Weibchen nicht mit der entsprechenden Nahrung, diese Verhaltensweise ist bei Vögeln nicht weit verbreitet. Das mit Paulines langen Beinen kennen Sie ja schon!


Wo führen diese Beine nur hin?

Und dass es am Abend ziemlich spät wird, bis man zur Übernachtung am Nest vereint ist, bestätigte sich abermals. 21:27 Uhr! Kein Grund zur Aufregung!


Hast du dir schon Sorgen gemacht?

 
  Bitte unterstützen Sie unsere Spendenaktion zum Erhalt und die Verbesserung des Lebensraumes der Lebensgemeinschaft „Flussaue“

 
 

Und noch zwei  kleine Hinweise in eigener Sache:

  • Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
    Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach finden Sie hier:

Kinderzeit


  • Der Bund-Naturschutz interessiert sich natürlich nicht nur für Störche, sondern, wie sie sicher unseren übergeordneten Seiten schon entnommen haben, unter anderem für den Biber. Ganz aktuell zum Anhören und Download

Das Biberlied als MP3

in fränkischer Mundart gesungen von der Gruppe
Herrenholz

Weitergehende Informationen zum Biber finden Sie hier.

 

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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere Spenden eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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