Storchenkamera

Storchentagebuch 2009
...was bisher geschah

Unterstützt durch

Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!

Teil 4

2. Mai 09

Wieder ein herrlicher Tag, der am Spätnachmittag von einem kurzen Gewitter mit kräftigem Regen unterbrochen wurde.

Schon lange habe ich Ihnen nichts mehr über mein „ältestes“ Storchennest und dem dazugehörigen Storchenpaar berichtet. Ich spreche vom Feuchtwanger Ortsteil Mosbach. Dieser befindet sich knapp 5 Kilometer Luftlinie von meiner Wohnung in Feuchtwangen entfernt am Oberlauf der Wörnitz. In diesem Flussabschnitt vermutet man nicht unbedingt ein Storchennest. Die Autobahn A7 schwingt sich in Nord-Süd-Richtung unmittelbar an Mosbach vorbei. Das Rauschen der dort verkehrenden Fahrzeuge überdeckt gerade bei Westwind den Ort mit einer fast ununterbrochenen Geräuschkulisse. Ein die nahe gelegene Autobahnausfahrt Feuchtwangen-West tangierendes Industriegebiet mit Rasthof, Hotel, Tankstellen und Schnellrestaurants passt so gar nicht in die ruhige fränkische Landschaft. Kernpunkt der Anlage ist jedoch das Spielkasino Feuchtwangen, direkt an der Autobahnausfahrt gelegen. Hier werden jährlich Millionen im kleinen und großen Spiel umgesetzt und verloren. Mit rund 250000 Besucher pro Jahr und entsprechendem Umsatz zählt Feuchtwangen zu den größten Spielbanken in Bayern.

Hier also lebt mein Lieblingsstorch. Ich begleite die Vorgänge um das Nest seit nunmehr 40 Jahren und habe schon manches erlebt. Im vergangenen Jahr flogen vom Nest auf der ehemaligen Molkerei und heutigem Feuerwehrgerätehauses in unmittelbarer Nähe des massigen Mosbacher Kirchturms 5 Junge aus. Dies war in 40 Jahren die erste erfolgreiche Fünferbrut überhaupt und sicher auch die erste in der knapp 50-jährigen Geschichte der Existenz des Mosbacher Nestes. Auch heuer erschien erneut ein Storchenpaar am 1. März in harmonischer Eintracht. Sicher handelte es sich dabei um dasselbe Paar wie 2008 und möglicherweise auch die Jahre vorher. Vom Männchen kann man dies nicht mit Sicherheit sagen, aber das Weibchen trägt einen Aluring der Vogelwarte Radolfzell und kann somit stets sicher identifiziert werden. Die Wiege des Weibchens stand 1999 in Waldbeuren in Südwürttemberg. Bereits 2000 konnte ich sie als Übersommerer in Weißenkirchberg, Kreis Ansbach, unweit des Altmühltales beobachten und seit 2001 brütet „Sie“ jeweils mit einem unberingten Partner in Mosbach, heuer also bereits zum neunten Male in ununterbrochener Reihe. Dass „Sie“ schon mit 2 Jahren eine erfolgreiche Brut hinlegte und damals sage und schreibe vier Junge zum Ausfliegen brachte, fand ich damals als große Sensation, heute gehören Bruten von zweijährigen Störchen keinesfalls mehr zu den großen Überraschungen. Die Kontrolle heute erbrachte ein durchwegs erfreuliches Ergebnis. Drei, etwa 14-tägige Jungstörche räkeln sich im Nest und erfreuen sich augenscheinlich bester Gesundheit. Auch an diesem Nest lag der Brutbeginn um die Mitte des Monats März.

Von solchen Ergebnissen sind wir an unserem Nest in Dinkelsbühl noch meilenweit entfernt. Zur Verbesserung der Ausgangslage geschah auch heute nichts. Nur das „Handelsübliche“ geschah, was bedeutet, dass „Er“ in den Morgenstunden am Nest Präsenz zeigte, seine üblichen Dachspaziergänge einlegte und von 10 Uhr ab gerechnet nur noch insgesamt zwei Stunden am Nest anwesend war. Zur obligatorischen Übernachtung stellte sich der Noch-Solist um 20:45 Uhr ein. Das war es also und uns bleibt, weiter abzuwarten und auf bessere Tage zu hoffen.


Brüten geht genauso!

Warum nicht öfters so?
   

Und wieder zurück ins Nest

Dohlen auf Diebestour


Maienregen

 
3. Mai 09

Dachspaziergänge und kein Ende! Diese Marotte scheint sich zum Erkennungszeichen unseres Solisten zu entwickeln. Zwar bietet das riesige Dach des alten Rathauses für jeden Storch einen großen Anreiz, auch einmal auf dem First zu landen. Dass man diese Liebe allerdings so hoch stilisieren muss, wie es unser Einzelkämpfer über Wochen schon praktiziert, kann nun nicht als selbstverständlich betrachtet werden. Als er in der Morgendämmerung nach einer ruhigen Nacht im Nest abflog und kurz nach sieben wieder zur Stelle war, folgten in den zwei noch verbleibenden Stunden ungezählte Dachausflüge, die alle schon nach kaum einer Minute ein Ende fanden und die Rückkehr ins Nest zur Folge hatten. Wenige Minuten nach 9 Uhr verabschiedete sich der Storchenmann ein weiteres Mal und es sollte sich herausstellen, dass er bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht mehr erschien, das Nest während der Nacht nach mehreren Tagen wieder einmal verwaist blieb.

Dass ein heftiger Graupelschauer am Nachmittag nach einer Erwärmung der Luft auf knapp über 20 Grad eine deftige Abkühlung brachte, bekam unser Adebar irgendwo außerhalb von Dinkelsbühl mit.

Zu fragen bliebe allerdings, warum im Augenblick bei so langen Abwesenheiten des Nestbesitzers kein anderer Storch versucht, es sich im Nest gemütlich zu machen und dieses auch im weiteren Verlauf zu verteidigen? Ich denke da vor allem an unseren Schorsch, der sich ganz sicher irgendwo in der näheren Umgebung der Stadt herumtreibt und die ihm gebotenen Chancen einfach zu wenig nutzt.

An dieser Stelle möchte ich mich mal wieder bei KaiserPingi für seine großartigen Bildberichte unter http://picasaweb.google.com/KaiserPingi09 bedanken. Diese erleichtern mir die Tagebucharbeit sehr. Gleichzeitig möchte ich allerdings alle „SchnappserInnen“ dennoch auffordern, brandaktuelle Beobachtungen nach wie vor im Gästebuch zu veröffentlichen. Notgedrungen veröffentlicht KaiserPingi seine Bilddokumentationen frühestens nach Einbruch der Dunkelheit, so dass man auf Besonderheiten im Leben Adebars erst mit einem gewissen zeitlichen Verzug reagieren kann. Ich denke zum Beispiel an die Feststellung eines Ringstorches am Nest oder auf dem Dach des Nestgebäudes. Bei sofortiger Veröffentlichung eines Schnappschusses kann Ihr Tagebuchschreiber oder andere fleißige Lieschen sich noch am selben Tag um eine Ablesung bemühen. Ich weiß, dass Sie mich verstehen und mir meinen Wunsch vielleicht von Zeit zu Zeit erfüllen.


Traurige Gestalt

Zurück mit Gras
   

Ausflug

Hochsprung

 


Weltuntergang

 
4. Mai 09

Es hat deutlich abgekühlt! Statt 20 Grad sind es nur noch 13, aber da kein nennenswerter Regen fiel, bedeutet die kühle Witterungsperiode keine Gefahr für die Gesundheit des schon geschlüpften Storchennachwuchses.

Wie nicht anders zu erwarten, sahen wir seit langem zu Beginn des Tages wieder einmal ein leeres Nest. Da kein Übernachtungsgast am Vorabend erschienen war, gab es für alle Frühaufsteher keinen Storch im Nest. Da blieb als einzige Variante, zu warten, bis „Er“ oder doch ein anderer Storch auftaucht. Um 7:23 Uhr war es schon so weit! Ein Storch war erschienen, von dem ich auf den ersten Blick annahm, es sei ein neuer Besucher. Je länger ich mir aber die Bilder betrachtete umso mehr kamen mir dabei Zweifel, so dass ich meine Meinung revidieren musste. Dies soll Ihnen aber auch ein wenig verdeutlichen, dass die Identifizierung eines unberingten Storchs nicht immer einfach ist und sicher auch schon zu Fehldeutungen und falschen Aussagen durch mich geführt hat.

Bereits kurz nach 9 Uhr verschwand unser Solist wieder, ohne dass wir erfahren werden, wo er die letzten 23 Stunden verbracht hatte? Der nächste Besucher am Nest allerdings – und hierfür gibt es keinerlei Zweifel – war ein neuer Gast und nicht der eigentliche Hausherr. Körperproportionen, Habitus und vor allem eine gänzlich andere Verhaltensweise lassen diese Behauptung hieb- und stichfest erscheinen. Was man da zu sehen bekam, war aller Ehren wert! Wie von einer Tarantel gestochen düste man durchs Nest, warf Nistmaterial in die Höhe, stocherte wie wild im Nest herum und versuchte mit Kraft und großer Hingabe, das mitten im Nest platzierte Plastikteil aus dem Nestboden herauszureißen und somit zu entfernen. In kleinen Schritten gelang es wohl, doch fehlte es an der nötigen Kraft. Dieses kurze Intermezzo wurde außerdem noch begleitet von ebenso hektischen Ab- und wieder Anflügen. Um 11:37 Uhr stellte unser Solist die herrschenden Verhältnisse erneut klar und machte bei seinem erneuten Erscheinen kurzen Prozess mit dem „Hausbesetzer“. Ohne Kampfhandlung gab der klein bei und verschwand anstandslos. Die längere Zeit anhaltenden Drohgebärden des Solisten bewiesen nachträglich meine Einschätzung, dass es gerade gelungen war, einen vermeintlichen Konkurrenten des Feldes zu verweisen. Man blieb in der Folge weiter angespannt und hielt länger am Nest die Stellung als es vielleicht beabsichtigt war. Erst um 16:24 Uhr – 5 Stunden nach der Landung – nahm man sich Zeit, in die Nahrungsgründe zu entschwinden. Den Tagesabschluss setzte der Solist mit dem Einflug zur Übernachtung.


Kaum da, schon Ärger!

 
Einer dreht (fast) durch
 


Der Hausherr

 
5. Mai 09

Keine fünf Stunden währte am heutigen Tag die Anwesenheit unseres Einzelstorches am Nest. Heute verstrich auch der Tag, an dem sich an unserem Nest in den vergangenen 17 Jahren spätestens ein Paar formierte und erfolgreich zur Brut schritt. Mit anderen Worten: Die Chancen für eine erfolgreiche Brut in diesem Jahr neigen sich so langsam gegen Null! Dies wäre schade, aber entspräche durchaus dem Durchschnitt aller 17 Brutjahre vor Ort, in denen bislang auch nur jedes zweite Jahr Junge zum Ausfliegen kamen.

In der Morgendämmerung ließ unser Einzelkämpfer erkennen, dass erneut etwas in der Luft zu liegen schien, jedoch verpuffte dieser kleine Hoffnungsschimmer schnell wieder. Danach fand man das Nest meist leer vor, zur Übernachtung stellte sich unser Dauergast aber erneut ein und zwar um 20:27 Uhr.


Unruhe im Morgengrauen

Vom ersten Ausflug zurück


Trostlos?!

 
6. Mai 09

Es geht weiter steil bergab! Gerade mal bis in die Mittagsstunden gab es heute einen Einzelstorch und das auch nur vorübergehend. Die Hormone, die bei Adebar für die Bereitschaft zur Paarbildung sowie für die Vorbereitungen für eine Brut verantwortlich sind, fließen längst nicht mehr so kontinuierlich wie vor vier bis sechs Wochen. Kein Wunder also, dass unser Solist im Moment keinen Bock mehr verspürt, sein Nest auf Teufel komm raus zu verteidigen. Er macht sich deshalb rar und verbringt die meiste Zeit abseits seiner Behausung und lediglich sein Trieb, die Nacht in sicherer Höhe zu verbringen, lässt ihn jeden Tag zumindest zu diesem Zweck in sein Nest zurückkehren.

Ich persönlich will es aber noch nicht wahr haben, dass wir in diesem Jahr ohne festes Storchenpaar auskommen müssen. Also die Hoffnung nicht aufgeben und noch ein paar Tage die Augen offen halten und ein wenig die Daumen drücken! Dann wird es vielleicht doch noch ein Happyend geben können.

Unser Solist brachte es an diesem Tag wenigstens noch auf vier Stunden Nestpräsenz, doch von 13 Uhr bis zum Übernachtungsanflug um 20:45 Uhr gab es nichts zu sehen. Wer allerdings vergeblich nach Adebar Ausschau gehalten hat, sei mit ein paar Schnappschüssen des Tages getröstet.


Man tut, was man kan

Sportlich
   

Ausgebreitet

Übernachtungsgast
 
7. Mai 09

Herrlichstes Frühlingswetter! Im Gegensatz dazu steht es mit den Besetzungsverhältnissen am Nest äußerst schlecht. Nicht nur, dass „Er“ nach wie vor alleine ist, sondern auch noch die meiste Zeit des Tages außer Haus verbrachte. Und weiterhin gab es keinerlei Anzeichen, dass sich jemand für das Nest interessierte. Das sind durchwegs schlechte Aussichten! Nach im Nest verbrachter Nacht flog man im Morgengrauen ab, kam gegen 7:30 Uhr mit Nistmaterial zurück, blieb eine Stunde im Nest und verschwand! Sehr spät – erst um 21:14 Uhr tauchte „Er“ als Übernachtungsgast im Nest wieder auf. So schnell liest sich die Tageszusammenfassung! Mehr war nicht los!


Bitte gelegentlich Füße waschen!

Nestbau wird nicht ganz vergessen

S09050702 ..s09050704

 
8. Mai 09

Vom Wetter gab es (fast) nicht Neues! Lediglich mehrere, zwischen 17 und 21 Uhr durchziehende Gewitterfronten verfinsterten den Himmel über der Stadt zeitweilig und früher als normal. Unser Solist entging den Wetterunbilden, indem er kurz vor Beginn des Gewitters abflog und zumindest bis 20:11 Uhr nicht mehr auftauchte. Ausschließen sollte man aber nicht die Möglichkeit, dass es noch zu einem Anflug kam, auch wenn keine brauchbaren Bilder mehr zustande kamen. Die ersten Schnappschüsse des morgigen Tages sollten darüber Auskunft geben können.

Immerhin! Vor dem Gewitter hielt es unseren Einzelstorch wieder mal über fünf Stunden ununterbrochen am Nest. Ob er es aus Gründen der Verteidigungsbereitschaft gegenüber seines Wohnbesitzes tat, ist wahrscheinlich? Dazu würde auch eine telefonische Nachricht passen, die mich am Nachmittag erreichte. Der Anrufer vermeldete einen Storch, der sich nach seiner Meinung etwas komisch verhielt. Der Ort des Geschehens war der Dinkelsbühler Ortsteil Kobeltsmühle, unweit des Campingplatzes der Stadt. Ein Storch bewege sich dort innerhalb einer großen Pferdekoppel, wirke sehr zutraulich und sei schon den ganzen Tag zu beobachten gewesen. Bereits die Nacht hätte dieser Storch auf dem Wohnhaus der Mühle zugebracht. Sollte es sich erneut um eine Beobachtung Schorschs handeln? Obwohl ich der Sache heute nicht mehr nachgehen konnte, halte ich es für zweifelsfrei, dass es sich bei diesem Storch nur um unseren alten Bekannten handeln konnte. Zufällig erhielt ich noch einen weiteren Hinweis auf Schorsch. Der Berichterstatter erzählte von einem Besuch in Radwang (am südlichen Stadtrand von Dinkelsbühl) vor einigen Tagen. Dort hätte ein Storch bei einigen Passanten für Aufsehen gesorgt. Er  wirkte sehr vertraut und zeigte gegenüber Personen nur eine geringe Fluchtdistanz. All diese Indizien sprechen eigentlich nur für einen, für Schorsch! 

Unser Hausherr war am Vormittag übrigens auch noch einmal zwei Stunden durchgängig am Nest anwesend, ehe er wieder in die Nahrungsgründe entschwebte.

Übrigens! Ist Ihnen auch aufgefallen, dass unser Solist seit einigen Tagen auf jegliche Dachspaziergänge verzichtet? Sollte dies ein Hinweis sein, dass seit einigen Tagen die Identität des Einzelgängers gewechselt hat und wir einen „Neuen“ im Nest vor uns haben? Oder hat er sich diese Marotte einfach von heute auf morgen abgewöhnt? Zu welcher Ansicht neigen Sie? Ist Ihnen diese Tatsache ebenfalls schon aufgefallen oder stehe ich mit meiner Einschätzung alleine da? Und schließlich noch eine kühne Vorhersage: Wir werden noch ein Paar bekommen, also doch noch traute Zweisamkeit! Ob mit oder ohne Brut, das bliebe allerdings die letzte Frage für heute?


Wann kommt sie?
 
Da mach ich mich vorher noch schön!
 
9. Mai 09

Man soll den Abend nicht vor dem Morgen loben oder umgekehrt! Da habe ich doch gestern an der Identität unseres Einzelkämpfers im Nest gezweifelt und diese Behauptung mit der Feststellung verbunden, dass Dachspaziergänge in den letzten Tagen ausgeblieben seien, da straft mich der Hausherr heute Lügen. Der erlaubt sich doch (hat er meinen gestrigen Tagebucheintrag vielleicht gelesen?) - beginnend mit dem Morgengrauen - fast drei Stunden lang ein wahres Feuerwerk an Außenarbeiten hinzulegen. Zwölfmal verließ er dazu in dieser Zeit seine Behausung, um allen zu zeigen, dass er es immer noch kann: Bauarbeiten am Nest vom Dach aus durchzuführen!!

 
Vernebelter Spaziergänger

Noch eines brachte der Morgen: Unser Einzelgänger hat im Nest übernachtet! Dies konnten die gestrigen Bilder von KaiserPingi (http://picasaweb.google.com/KaiserPingi09) nicht mehr bestätigen, da „Er“ wohl erst dann am Nest erschien, als die Bildqualität keine brauchbaren Ergebnisse mehr lieferte. Als der Schorsch-Ersatz gegen 8 Uhr erstmals für eine halbe Stunde das Nest verlassen hatte, hielt er es danach noch einmal zwei Stunden darin aus, ehe erst um 12:28 Uhr die nächste Storchenbegegnung anstand.


Vorsicht! Aus der Bahn! Ich komme!

In diesem Falle dauerte der Spuk gerade mal zwei Minuten, lange genug aber, um in diesem Kurzbesuch einen weiteren Gast am Nest zu identifizieren, der sich in puncto Schnabelgröße, Beinfärbung und Statur doch von unserem Dauerbrenner unterschied.


Ein Fremder ist gelandet

Ehe am Abend und in der Nacht wieder eine Gewitterfront über Dinkelsbühl zog, durften wir uns auf den nächsten Gast im Nest freuen, der uns bislang noch nicht die Ehre gegeben hatte. Unerwartet nach einer über siebenstündigen Vakanz am Nest stand ein neuer Storch im Nest, der gut erkennbar über dem rechten Fersengelenk einen schmucken Elsa-Ring trug. Ohne lange zu zögern bestieg ihr Tagebuchschreiber seinen fahrbaren Untersatz und machte sich auf den Weg in die Wörnitzstadt. Adebar stand nach wie vor im Nest, als ich eine knappe halbe Stunde nach der Landung im Nest mein Equipment am Kirchhöflein in Stellung brachte. Nach wenigen Augenblicken war die Identität klar und ein weiterer Ringstorch aus meiner Sammlung identifiziert. Bereits im vergangenen Jahr konnte ich diesen Storch einige Male ablesen. So am 17. Mai 2008 in Hellenbach, etwa 2,5 Kilometer vom Rathaus in Dinkelsbühl entfernt. Unter dem beigefügten Link können Sie entsprechend nachlesen:   http://www.bn-ansbach.de/storchcam/Chronik_08/chronik2008_05.htm

Er besuchte damals einige Tage lang das Dach des alten Wirtshauses, übernachtete dort auch regelmäßig, verabschiedete sich aber leider wieder. Im Verlaufe des Sommers konnte ich ihn noch einmal bei der Froschmühle (nicht weit von Hellenbach entfernt) und über zwei Tage in meiner Heimatstadt Feuchtwangen als Gast begrüßen. Geboren wurde der heutige abendliche Besucher am Nest von Dinkelsbühl in Aurach (zwischen Feuchtwangen und Ansbach gelegen und etwa 21 Kilometer NNE unseres Nestes). In diesem Jahr war die Ablesung dieses Storches die erste. Übrigens: Der Bruder des heutigen Ringstorchs brütet unweit seines Geburtsnestes und zwar in Rauenzell, einem Ortsteil von Herrieden.

Unser Ringstorch-Gast benahm sich nach seiner Landung wie ein Berserker. Er raste im Nest hin und her, griff sich mal diesen und mal jenen Ast, schleuderte weiterhin Gras durch die Gegend, dass es nur so rauschte. Dabei vollführte er Luftsprünge, die eher an einen Jungstorch erinnerten, der gerade seinen ersten Ausflug vorbereitet.

Was sich dann im Dämmerlicht des Abends genau abspielte, kann aus den späten Bildern nur ungefähr wiedergegeben werden. Es war genau 20:59 Uhr, als - mit großer Sicherheit - unser Einzelgänger am Nest auftauchte, den Ringstorch ohne Kampf vertrieb und seinerseits im Nest Stellung bezog. Die nächsten Bilder zeigten wieder Ruhe am Nest und nur einen Übernachtungsgast.

 
Der späte Ringstorch

 
10. Mai 09

Heute brannten die Störche ein wahres Feuerwerk am Nest ab. Ohne zu übertreiben, darf ich behaupten, dass es in diesem Jahr der mit Abstand turbulenteste, aufregendste und ereignisreichste Tag in dieser Saison war. Ob es am Muttertag lag, der heute gefeiert wurde, wäre eine plausible Erklärung, die Hauptdarsteller waren aber sicher durchweg Storchenmänner? Dabei begann alles reichlich geruhsam mit dem ersten Abflug unseres Solisten um 5:43 Uhr. Nach seinem erneuten Erscheinen eine knappe Stunde später gab es die obligatorischen Dachspaziergänge in kurzer Abfolge nacheinander. Zu einer kleinen Verschnaufpause am Nest kam es dann gegen 9 Uhr. Der Einzelkämpfer verschwand in die Jagdgründe. Diesen Fehlstand schien ein ungemein wuchtiger und langbeiniger Storch nutzen zu wollen, der zudem noch mit einem furchterregenden Schnabel ausgerüstet war. Als dieser noch nicht im Nest beobachtete Storch um 10:21 Uhr in der Storchenwohnung auftauchte, ging es zum ersten Mal so richtig rund. An den langen Beinen fiel sofort wieder auf, dass sie ein stückweit weiß, also zu Zwecken der Thermoregulation mit einem „Spezialkot“ versehen waren. Ein zumindest zeitweise gutes Erkennungszeichen! Beim nächsten Gewitterguss und beim anschließenden Gang durch eine ungemähte Wiese verwischt sich dieses Merkmal allerdings schnell wieder. Und solche Gewitterregen waren in den Tagen des Monats Mai fast schon an der Tagesordnung. Mal sehen wie sich dies weiter entwickeln wird.


Ein Riese ist gelandet

Wer hat den längsten Hals?
   

Nichts als Schnabel!

Kuckuck! Da ist noch einer!

Ein Riesenstorch stand also im Nest und benahm sich nicht unbedingt wie ein Galan. Seine höchst intensiven Drohgebärden verbunden mit einem selten so stark ausgeprägten Flügelpumpen machten deutlich, dass sicher weitere Störche um das Nest herum agieren mussten. Nach 10 Minuten gab sich der erste zu erkennen. Ein Kopf tauchte vor dem Nest auf dem Dachfirst auf und die Situation erweckte nicht den Eindruck, dass dieser „Dachstorch“ der Grund der ganzen Aufregung sein konnte. Nahe hatte sich der unbekannte Dritte an das Nest gewagt und wurde dort vom „Riesen“ scheinbar toleriert. Mehrmals flog in kurzer Folge unser Riese vom Nest, um nach wenigen Sekunden erneut zu landen. Er brachte es dabei mindestens auf 10 solcher Aktionen, die immer wieder von Drohgebärden begleitet waren. In einer der Phasen, in der das Nest für ganz kurze Zeit geräumt war, landete zur allgemeinen Überraschung ein rechts über dem Fersengelenk beringter Elsa-Storch. Ob derjenige mit dem von gestern oder auch mit dem vom Dach abgeflogenen Adebar identisch war, kann nur vermutet werden.

N
och ein fremder Storch Rechts oben Ring!

Die Sache beruhigte sich fürs Erste mit dem Abflug unseres Riesen um 11:06 Uhr. Doch diese Ruhe währte nur ganz kurz, ehe um 11:39 Uhr unser Einzelkämpfer ganz unvermittelt auf den Plan trat.


Das Nest gehört mir! Haut ab!

Noch einmal ließ er das Nest kurz unbewacht und erschien erneut um 12:13 Uhr. Eine nicht enden wollende Phase schärfster Drohgebärden und Abwehrattacken sollte folgen, ehe um 13:07 Uhr wieder ein Kopf mit Hals auf dem Dachfirst vor dem Nest sichtbar wurde. Wieder wurde der Dachstorch vom Nestinhaber geduldet und die Aufregung galt sicher ein weiteres Male einem dritten Nestinteressenten oder sogar weiteren Besuchern außerhalb unseres Gesichtsfeldes. Dass beide Genannten gemeinsam klapperten und drohten unterstreicht die Erkenntnis, dass man weitere Eindringlinge im Auge hatte und sie aus dem Felde räumen wollte.


Gemeinsam sind wir stark!

Genau um 13:30 Uhr war es dann endlich so weit und der „Dachstorch“ sprang von seinem Standplatz erstmals ins Nest. Nach langen Wochen des Wartens war es das erste Mal, dass man zwei Störche gleichzeitig im Nest bestaunen durfte. Der „Neue“ war augenscheinlich eine „Sie“: Von kleinerer Körpergröße (wie es sein soll!) und zusätzlich noch von grauerer Gefiederfarbe (nicht das strahlende Weiß des Storchenmannes)


Seit langem wieder zwei Störche im Nest

Scheinbare Eintracht

Als beide nach einigen Minuten trauter Zweisamkeit kurz aneinander gerieten, verließ die Neue überstürzt das Nest und ließ den Noch-nicht-Ehemann allein zurück. Es dauerte eine Viertelstunde, ehe „Sie“ einen neuen Annäherungsversuch startete. Sie hielt aber lieber einen Sicherheitsabstand von zwei bis drei Metern, was bedeutet, dass „Sie“ auf dem Dachfirst hinter dem Nest landete (in Blickrichtung der Kamera zur Paulskirche). Dabei gab es von beiden in der Folgezeit heftiges Drohen und Schimpfen – zwar durch einige Meter getrennt, dafür aber schön synchron und im Gleichklang - sicher waren immer noch weitere Störche im Luftraum über der Stadt.


Die Trennung kam schnell!

An diesem Status änderte sich über fünf Stunden lang nichts! Einer stand im Nest und „Eine“ auf dem Dachfirst! Als sich die „Neue“ aus dem Nest verabschiedete, ging ein Kopulationsversuch des Männchens voraus. Offenbar will Madame in dieser Art den Annäherungsversuchen des Partners aus dem Wege gehen. Er muss ihr offensichtlich erst noch etwas Zeit lassen! Doch die Zeit, die sie zusammen vielleicht noch brauchen, um ein Paar zu bilden, könnte schon verstrichen sein. Es muss eben angesichts der fortgeschrittenen Jahreszeit nun sehr, sehr zügig gehen, will man noch ein Gelege zeitigen. Und danach sieht es im Augenblick noch nicht aus.

Bis kurz nach 18 Uhr änderte sich am Status Quo nichts. Erst danach kam wieder Bewegung in die Geschichte. Die „Neue“ flog ab, unser Einzelkämpfer marschierte über den Dachfirst, ging zurück zum Nest und wartete einige Minuten, bis „Sie“ erneut auf dem Dachfirst landete. Bis zu einer kurzen Bildunterbrechung änderte sich an der Situation nichts, doch anschließend waren Dach und Nest verlassen. Um 20:35 Uhr landeten beide fast gleichzeitig im Nest. Als er einen neuen Begattungsversuch unternehmen wollte, strich sie ab und verbrachte dann die Nacht, getrennt von Tisch und Bett, auf dem First des alten Rathauses.


Nochmals für wenige
Minuten ein Paar

Doch die erneute
Trennung folgte schnell

Erfreulich, dass sich nach langen Wochen des Wartens Paar Nummer vier (wenigstens für einige Minuten) am Nest etabliert hat. Weniger erfreulich ist, dass sich die zwei, die sich gefunden haben, noch größere Probleme haben, miteinander zur Paarbildung zu schreiten. Er wollte zwar, aber er konnte bei „Ihr“ noch nicht landen. Im März hätte dies keinen groß gestört, doch mittlerweile ist es fast schon Mitte Mai und so spät im Jahr sollte – um noch erfolgreich zu brüten – ein ganz anderes Tempo vorgelegt werden. Dafür geht bei uns das Wechselspiel der Gefühle munter weiter, an dem heute mindestens vier verschiedene Störche beteiligt waren. Allein das macht schon Hunger auf Mehr!!

 
11. Mai 09

Bereits im Morgengrauen begann ein buntes Wechsel- und Versteckspiel unserer Jungvermählten. Man bemühte sich zwar aus Leibeskräften, die Erwartungen der Sehergemeinde einigermaßen zu befriedigen, aber die Realität ließ doch noch jede Menge Wünsche offen. Unser Storchenmann erwies sich in den ersten Stunden des Zusammenseins und das begann am gestrigen Nachmittag eindeutig als der Aktivere und Erfahrenere in Sachen Liebe und Sex. Hier ergaben sich gerade beim weiblichen Partner erhebliche Defizite, die sicher nicht von heute auf morgen ganz behoben werden können. Dass im Regelfall der männliche Vogel die Storchendame besteigt, ist nun noch nicht automatisch der Garant für eine erfolgreiche Paarung. Dieser nicht ganz einfachen Vorgang erfordert eine ganze Reihe von Verhaltensabläufen, die von beiden eingeleitet werden und auch in Harmonie und großer Präzision ablaufen müssen. Dazu sind nun unsere Verliebten (noch) nicht in der Lage.

Vor allem die Neue reagierte bisher auf alle Annäherungsversuche ohne entsprechende Verhaltensmuster, d.h. „Er“ schritt mehrmals zu einer versuchten Vergewaltigung, kam aber nicht im Entferntesten zum Ziel. Schon der Beginn der Besteigungsphase bedeutete auch gleichzeitig das Ende der Aktion. Hatte „Er“ einmal den Rücken des Weibchens erklommen, geriet das Gesamtsystem sofort aus dem Gleichgewicht, was den Absturz des Mannes zur Folge hatte. Gleichzeitig kam auch „Sie“ stets so stark ins Wanken und war häufig so überrumpelt, dass sie postwendend vom Nest flog und erst nach mehr oder weniger langer Auszeit wieder dort auftauchte. Kaum gelandet, versuchte unser „geiler Bock“ die nächste Vergewaltigung, allerdings mit dem gleichen negativen Ergebnis und dem erneuten Abflug der noch nicht liebesbereiten Storchendame.

Aller Anfang ist schwer
 

 

 


Es wird!

Diese fehlende Harmonie hatte zur Folge, dass das Paar nur jeweils ganz kurze Zeit im Nest vereint betrachtet werden konnte. Bei Weitem die längere Zeit verbrachte man getrennt von Tisch und Nest. „Er“ meist im Nest und „Sie“ meist in der Nähe auf dem Dachfirst.


Auf Abstand

Auf ein Neues

Nach dem letzten Anflug vom Abendessen passierte zunächst genau das gleiche wie x-Male im Verlauf des Tages. Kaum waren beide kurz nacheinander um 20:32 Uhr im Nest gelandet, versuchte „Er“ eine weitere Kopula. Diese misslang wie viele vorher, das Weibchen verließ das Nest und war erst einige Minuten später wieder im Blickfeld der Kamera, als es nämlich auf dem Dachfirst hinter dem Nest landete. Dort harrte es einige Minuten aus, bis es allmählich Schritt für Schritt dem Partner näher kam und um 20:50 Uhr ins Bett, nein ins Nest, hüpfte. Eine gemeinsame Nacht stand bevor, vielleicht diente sie ja auch dem besseren Kennenlernen und einer daraus folgenden besseren Harmonie.

Zurück zum Morgen des Tages! Man ging sich zunächst eindeutig aus dem Weg, ohne sich zu hassen oder den jeweils anderen zu bekämpfen. Meist war „Er“ im Nest und „Sie“ im Umfeld desselben, sprich irgendwo auf dem Dach. Mal sah man sie vor, mal hinter dem Nest. Zur Krönung gab es auch Dachspaziergänge beider gleichzeitig, was allerdings in der Folge schnell zum Abflug des jeweils anderen führte. Erstmals hatte „Sie“ um 8:30 Uhr die Distanz zum Partner überwunden und kam für sage und schreibe 5 Sekunden ins gemachte Nest. Alle anderen, kurzen gemeinsamen Aufenthalte spielten sich danach stets nach oben bereits beschriebenem Strickmuster ab: Landung, sofortiger Vergewaltigungsversuch, irritiertes Weibchen verlässt Nest, bleibt aber in der Nähe, springt erneut ins Nest und das Spiel beginnt von vorne. Bis in den Nachmittag hinein zählte ich nach Auswertung der Zusammenstellung unseres sehr verdienten KaiserPingi (http://picasaweb.google.com/KaiserPingi09) zehn solche Abläufe und man sah, dass mit gesteigerter Übung auch die Qualität der Versuche leicht zunahm. Sollte es mit einer Brut doch noch klappen? Die Chancen stehen –zugegeben – sehr gering. Wenn man den Beginn der dritten Maidekade als meinen bislang spätesten Brutbeginn vermerkt (und ich betreibe das Storchengeschäft doch schon 40 Jahre!), müssen sich unsere Nestbewohner in den nächsten Tagen noch gewaltig anstrengen! Aber warum sollte es vielleicht nicht doch noch klappen? Eine Woche haben die beiden gut Zeit, das Unmögliche zu versuchen und dem ganzen noch die Krone aufzusetzen.


Außenlandung

„Sie“ (links) in Grau, „Er“ in Weiß
   

Nestbau nicht vergessen

Harmonie
 
12. Mai 09

Ein vom Wetter her gesehen scheußlicher Tag, „storchenmäßig“ kamen wir aber in erfreulicher Weise ein gutes Stück voran. Lassen Sie mich zuerst über diese positiven Erkenntnisse berichten: Unser Paar hat es im Verlauf des Tages geschafft, zur gewünschten Harmonie und Synchronität zu finden, die unablässig für eine Brutbereitschaft und letztlich auch für das Zeitigen eines Geleges sind. Waren die diesbezüglichen Aktionen gestern und am Tag des Erscheinens unseres Weibchens vorgestern alles andere als verheißungsvoll, hat sich das Blatt nun erfreulich gedreht. Unsere beiden kommen immer mehr in Brutstimmung. Vom Storchenmann hatten wir nichts anderes erwartet. Seine Hormone fließen also trotz mehrwöchiger Enthaltsamkeit immer noch oder gerade deswegen erfreulich produktiv. Seine Storchendame musste sich erst an die neue Situation gewöhnen, sie zeigte sich spröde und zickig und wich seinen Annäherungsversuchen stets erfolgreich aus. Doch das Blatt hat sich gewendet. Vielleicht war in der Beziehung der beiden eine 36-stündige Gewöhnungsphase nötig, um entsprechende Verhaltensmuster abzurufen. Dazu zählt vor allem das Ausbalancieren des Paarungsduos, für das in hohem Maße das Weibchen verantwortlich zeichnet. Dazu muss die Beinstellung etwas breiter angelegt sein als im Normalfall, beide Flügel müssen in einem ganz bestimmten Winkel angestellt werden, damit der Storchenmann mit den Zehen dort Halt finden kann und nicht abrutscht. Schließlich müssen in Ermangelung eines Begattungsorgans beim Männchen die Kloaken der beiden Partner für kurze Zeit zur Deckung gebracht werden, um den Übertritt der Fortpflanzungsprodukte vom männlichen in den weiblichen Körper zu gewährleisten. Und diese wichtige Voraussetzung konnte heute im Verlauf des Tages ausreichend oft beobachtet werden. Machen Sie sich selbst ein Bild dieser erfreulichen Entwicklung:

 
Weiter so!
 

Bei so viel Erfolg war es für die Dame des Hauses auch nicht mehr erforderlich, nach jedem Geschlechtsakt das Weite zu suchen, wie sie es an den beiden Vortagen immer wieder tat und danach auch länger dem Nest fern blieb.

Zwischen 12:43 Uhr und 18:55 Uhr erlebten wir allerdings nur ein leeres Nest. War dies ein schlechtes Zeichen? War die Bindung zur zukünftigen Kinderstube vielleicht schon wieder erloschen? Keineswegs! Auch dies gehört zu Beginn der neuen Zweisamkeit durchaus zu den Normalitäten. Es war gut möglich, dass Mann Frau die Umgebung einmal ausgiebig vor Augen führen und damit die Qualität der neuen Nestumgebung für spätere Aufgaben demonstrieren wollte. Sie kamen ja wieder und wer schon gedacht hatte, es sei alles vorbei, bevor es so richtig begonnen hatte, wurden schnell eines Besseren belehrt. Gerade die letzte Stunde vor Einbruch der Dunkelheit war geprägt von ausgezeichnet gelungenen Kopulationen, die ein deutliches Zeichen setzten, dass „Sie“ ebenfalls in Stimmung kommt und ihre Aufgabe, Nachwuchs in die Welt zu setzen, anzugehen scheint. Ich komme schon ein wenig ins Schwelgen, wenn doch tatsächlich in spätestens einer Woche das erste Ei im Nest liegt. Es darf also abermals gebangt und gehofft werden! Und vergessen Sie dabei bitte nicht, dass unser Storchenmann in den vergangenen 8 Wochen bereits drei Ehen mit einer Dauer zwischen einem und fünf Tagen hinter sich gebracht hat. Sie wissen, was ich meine?!

Noch etwas hat an Dynamik und Effizienz zugelegt: Ich meine den Nestbau! Herr Storch brachte einige Fuhren Gras mit und bewies damit, dass er auf diesem Gebiet vom Erscheinen einer Partnerin zu verstärkter Aktivität verleitet werden kann. Sicher auch eine ganz wichtige Feststellung, wenn man noch an eine Brut und somit an die Ablage von Eiern glauben will.

 
Schnabel voll!

Die Vormittagsstunden waren geprägt von viel Regen und wenig erfreulichen Temperaturen. Bei knapp 13 Grad konnte man eher wieder an den Herbst als an den Sommer denken. Den Störchen auf dem Rathausdach mag es egal gewesen sein. Sie hatten, wie Sie gelesen haben, ja genug zu tun und vergaßen darüber sicher die misslichen Wetterverhältnisse.


Madame durchnässt

Sie stehen im Regen!

Dass der Dachfirst immer noch genutzt wurde, quasi als Ausweichquartier für beide Partner, zeigte zumindest in den Morgenstunden, dass man sich da noch nicht ganz riechen konnte. „Er“ brachte in den Morgenstunden das schon angesprochenen Nistmaterial, „Sie“ stand da schon manchmal auf dem First und ließ ihn gewähren. Mit jeder neuen Paarung aber rückte man näher zusammen und verlor so allmählich gänzlich die Scheu voreinander. Bis Mittag hatte man sich dann richtig arrangiert und startete zu dem großen Ausflug bis in die frühen Abendstunden. Ob es wohl schon die gemeinsame Hochzeitsreise gewesen sein könnte?

Dass sich eine weitere gemeinsame Nacht anschloss, sollte nach den Ereignissen des Tages niemanden mehr verwundern!

 
13. Mai 09

Von Wärme beim Wetter kann ich nicht berichten. Mäßige 13 Grad Höchsttemperatur sind zu vermelden. Dafür entwickelte sich unser Paar zu hitzigen Liebhabern, die der Kälte auf ihre Art und Weise trotzten. Die Harmonie zwischen beiden Störchen hielt auch den heutigen Tag über an und machte sehr deutlich, dass man den Beginn eines Brutgeschäftes durchaus noch im Auge behält.

 
Synchronarbeit
!

Respekt, was unser Storchenmann mit seiner nun durchaus willigen Dame so alles anstellte. Anstandslos ließ sie bei rund 20 Paarungen ihr angeborenes Verhaltensrepertoire ablaufen und machte dabei alles richtig. Keine Verweigerungen, keineswegs nur halbe Sachen oder gar nur Andeutungen einer Paarung. Der richtige Winkel ihrer Beine (X-Beine) erlaubte es ihr, das wacklige Duo perfekt im Gleichgewicht zu halten und „Ihn“ locker auch über mehr als 10 Sekunden in Paarungs-Position zu ertragen. Alles richtig gemacht!

 
Impressionen erfolgreicher Paarungen.


Nach getaner Arbeit!

Nebenbei kamen abermals mehrere Ladungen Gras sowie einiges an Zweigwerk ins Nest.

 
Beim Nestbau

Wie gestern schon angemerkt, macht unser neues Paar schon richtig Dampf und lässt somit weiter auf ein Spätgelege hoffen. Da sollten wir mit noch mehr Aufmerksamkeit und Beobachtungswillen in den nächsten Tagen ans Werk gehen. Während in den meisten Kameranestern quer durch Europa bereits Junge heranwachsen, stehen wir mit unseren Hauptakteuren gut sechs Wochen im Verzug! Somit bieten wir vielleicht dann, wenn die Jungen anderer Nester längst ausgeflogen sind, weiter Einblicke in die Jungenaufzucht bei Familie Storch. Aber so weit sind wir (leider) noch nicht! Ich habe nur ein wenig geträumt. Aber manche Träume werden ja bekanntlich doch wahr! Warum also nicht auch einmal bei uns?

Einen genaueren Tagesablauf beizulegen, kann ich mir heute ersparen. Insgesamt verbrachten beide bei rund 16 Stunden Helligkeit immerhin 10 Stunden im Nest und damit 6 Stunden vor den Toren der Stadt. In diesen 10 Stunden Nestpräsenz harrte wenigstens einer der Partner in der Storchenwohnung aus, während der andere (stets das Männchen) zum Zwecke des Nestbaus immer wieder kurze Flüge zum Eintragen der angesprochenen Ausstattungsstücke

einschaltete. Die meiste Zeit stand oder lag man jedoch einträchtig in der kommenden Kinderstube und begab sich gemeinsam auf Nahrungsflüge. Diese nahmen dann allerdings einen Zeitraum von 30 Minuten bis 3 Stunden ein. Im Gegensatz dazu dauerten die  Nestbauflüge stets nur wenige Minuten und führten auch nur in die nähere Nestumgebung. Selten sieht man einen Storch über mehrere Kilometer mit Nistmaterial fliegen. Dies bedeutet einen viel zu hohen Energieaufwand, liegt doch das Gute stets in der Nähe. War Adebar bei der Nahrungssuche z. B. sehr weit vom Nest entfernt, legt er zur Aufnahme von Nistmaterial in Nestnähe noch einen kurzen Zwischenstopp ein, ehe er endgültig seine Behausung anfliegt.
 
14. Mai 09

Die Zeichen stehen weiter gut. Mit jedem Tag wächst meine Hoffnung, dass es doch noch mit einer Brut klappen könnte. Beide Partner taten genau das, was man in einer solchen Situation einfach tun muss. Dass die Zahl der beobachteten Paarungen mit weit über zehn erneut erfreulich hoch lag, war einer der Pluspunkte. Dabei stand unser Weibchen stets auf festen Beinen und sorgte dafür, dass die Sexualakte stets gekonnt und erfolgreich abliefen. Zum Thema Nestbau gab es erneut Berichtenswertes. Unser Mann trug – und das kann zu den großen Ausnahmen gezählt werden – begrüntes Astwerk, also solches mit Laub in die kommende Kinderstube ein. Aus der Distanz betrachtet könnte es sich um Zweige einer Trauerweide gehandelt haben, an denen Adebar offensichtlich Gefallen gefunden hatte. Diese Lagerstelle suchte er im Laufe des Tages mehrmals auf, ebenso bediente er sich an Altgras und in geringerem Maße auch an frisch gemähtem Grünzeug. Das macht Mut zu Mehr und sollte in den nächsten Tagen weiter zu beobachten sein! Damit wären die Eckpfeifer für eine mögliche Brut bereits abgedeckt. Runde sechs Stunden blieb das Nest während des Tages unbesetzt, d.h. in dieser Zeit konnte man nur ein leeres Nest erblicken. Zehn Stunden gab es einen oder zwei Störche zu bestaunen. Sollte es zur Eiablage kommen, bliebe das Nest ununterbrochen bewacht und unter Aufsicht eines Elternteils.


So gehört es sich

 
Mit belaubten Zweigen


Kopula

Synchron
 
15. Mai 09

Lassen Sie mich heute ausnahmsweise einmal mit einem anderen Nest als dem in Dinkelsbühl beginnen. Eigentlich stimmt diese Aussage so nicht, denn es existiert noch kein Nest, aber der Ort, an dem am Nachmittag ein Storchenpaar erschien, existiert auch in der Realität. Es handelt sich dabei um meine Heimatstadt Feuchtwangen. Dort gab es bis zum Ende des zweiten Weltkrieges ein Nest auf dem Dach des heutigen, sehr renommierten Hotels „Greifen-Post“
(http://www.hotel-greifen.de/Aktuelles.5.0.html).
Danach war bis 1968 Storchen-Pause. In besagtem Jahr baute ein neues Paar ein Nest auf dem Kamin des Gasthauses „Zum Löwen“ in der Unteren Torstraße und brütete im darauf folgenden zum ersten und einzigen Male erfolgreich. Zwei Junge flogen aus. Mit diesem Paar begann vor genau 40 Jahren die große Liebe ihres Tagebuchschreibers zum Storch. Bei der Beringung im Jahre 1969 durfte er erstmals als Helfer assistieren und bis zum heutigen Tag hat sich an der Begeisterung für Adebar nichts geändert. Nach weiteren vergeblichen Brutversuchen endete das Storchenintermezzo in Feuchtwangen im Jahre 1974. Von fast alljährlichen Besuchen einzelner Störche auf unterschiedlichen Gebäuden der Stadt abgesehen, dauerte es bis 2003, ehe ein Paar wieder ernsthafte Absichten für eine Ansiedlung zeigte. Auf dem Kamin des alten Rathauses zu Feuchtwangen baute es ein komplettes Nest, brütete aber wegen einer sehr späten Ankunft nicht mehr. Leider blieb dieses Ereignis eine Eintagsfliege, zumal das Nest im Herbst 2003 durch die Stadt entfernt wurde.

Erst mit dem heutigen Tag kam wieder Leben in die Geschichte. Am späten Nachmittag zeigten sich erstmals zwei Störche über dem Marktplatz, landeten zunächst auf umliegenden Dächern, ehe sie dann sofort den Rathauskamin als besten Platz am Ort auserwählten.


Das Nestgebäude


Das neue Paar

Aller Anfang ist schwer! So wechselte man am Anfang immer wieder auf benachbarte Dächer, favorisierte aber dann immer den Rathauskamin. Die erste Paarung passierte bald nach der ersten gemeinsamen Landung auf dem zukünftigen Nistplatz. Als ein dritter Storch ohne Ring auftauchte und auf einem Nachbardach landete, blieb man gelassen und ließ ihn gewähren, ehe das Weibchen  die Initiative ergriff und ihn vertrieb.



Die neuen Feuchtwanger Störche

Übrigens! Die beiden Feuchtwanger Neubürger sind beringt. Das Weibchen sollte dem Geburtsjahrgang 2005 angehören und in Baden-Württemberg das Licht der Welt erblickt haben. Genaue Daten fehlen bislang noch. Das Männchen gibt da schon mehr Informationen her, zumal es eines meiner rund 2000 Storchenkinder ist. Seine Wiege stand in Aurach (rund 12 Kilometer von Feuchtwangen). Dort konnte ich es im Jahre 2006 als Junges beringen. Und einen interessanten Bezug zu Dinkelsbühl gibt es auch noch: Am 9. Mai stattete dieser Storch  dem Dinkelsbühler Nest einen kurzen Besuch ab, ehe er vom Nestinhaber vertrieben wurde. Lesen Sie einfach für weitere Informationen im Tagebuch unter dem Eintrag vom 9. Mai nach!

Während der Nachmittag- und frühen Abendstunden kam es noch zu einzelnen Paarungen und zum Eintrag erster Zweige auf die Kaminabdeckung. Vieles fiel herab, aber man wird es schaffen, auch ohne Nisthilfe ein passables Nest zu etablieren. Zur Übernachtung blieb „Sie“ im Nest, während „Er“ mit der benachbarten Sirene als Standquartier zufrieden sein musste.

Ich werde Sie weiter über diese Neuansiedlung unterrichten!

Zurück nach Dinkelsbühl: Es ging dort munter zur Sache. Man liebte sich, man baute das Nest weiter aus und man hatte wieder einmal ungebetenen Besuch. Als sich unser Stammpersonal mal für einige Minuten eine Auszeit genehmigt hatte, tauchte um 11:03 Uhr ein rechts oben mit einem Elsa-Ring gekennzeichneter Storch im Nest auf, blieb ganze vier Minuten im Nest, ehe er von der mit einem Bündel Gras von der Nahrungssuche zurückkehrenden Storchendame ohne größere Komplikationen vertrieben wurde.


„Er“ begrünt das Nest

Nestbau vom Dach aus

 
...und von innen


Der Fremde mit dem Ring

Hau ab
   

Gemeinsame Verteidigung

Eine Kopula von vielen
Da die Unterstützung durch den Herrn Gemahl ebenfalls nicht lange auf sich warten ließ, war unser Paar auf der sicheren Seite. Es gab aber ein über viele Minuten andauerndes Drohen und Klappern, das eindeutig dem Ringstorch galt, der sich wohl noch nicht so leicht geschlagen geben wollte. Auffällig und eindeutig zahlreicher als zuletzt waren die Dachausflüge, die ausnahmslos der Mann des Hauses in den frühen Vormittagsstunden unternahm. Dabei war mehrmals gut zu erkennen, dass er dabei stets an Zweigen hantierte, die für ihn noch nicht in die richtige Position gebracht waren. Das versuchte er durch seinen Außeneinsatz zu kompensieren. Die längste storchenlose Zeit am Nest währte über zwei Stunden und lag vor der abendlichen Rückkehr zur Übernachtung. Die Stellung dort bezog das Paar um kurz vor 21 Uhr.
 

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Hinweise

 

Im Naturschutztagebuch von Thomas Joas finden Sie neben Einträgen zum Storchennest auch zahlreiche weitere Beiträge zur Naturschutzarbeit.

 

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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere Spenden eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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