Storchenkamera

Storchentagebuch 2001
...was bisher geschah

Teil 1

23.März 01

Erster Storch landet im Nest. Es handelt sich um das Weibchen der vergangenen vier Jahre. Es trägt einen Ring der Vogelwarte Radolfzell und ist 8 Jahre alt

25.März 01

Erster Besucher ist ins benachbarte Weiltingen umgesiedelt und wird dort auch brüten. Nest in Dinkelsbühl auf dem Altrathausdach ist wieder verwaist

27.März 01 Kamera wird installiert

Zwischen dem 27.März und 4.April immer wieder einzelne Horstbesuche durch überfliegende Störche.

05.April 01

1 Storch übernachtet erstmals im Nest. Er ist unberingt. Das Nest ist bis auf einen "harten Kern" im Verlauf des Winterhalbjahres durch Witterungseinflüsse und durch Diebstähle der Dinkelsbühler Dohlen abgetragen.

Bis zum 19.April ändert sich an dieser Situation wenig. Tagsüber befindet sich der Storch meist in den Wörnitzwiesen nördlich von Dinkelsbühl. Die Nacht verbringt er jedoch stets im Nest, ein sicheres Zeichen, dass er dieses auch für sich und einen möglichen Partner beansprucht. Auffällig ist nach wie vor das gering ausgeprägte Nestbauverhalten.

20.April 01

Bis zu vier Störche halten sich zeitweise im Nahrungsgebiet auf. Der Dinkelsbühler "Hausherr" verteidigt seine Position.

21.April 01

Schüchterne Annäherungsversuche eines möglichen Partners. Immer wieder sind auf Gebäuden im Umfeld des Altrathauses Störche anwesend, ohne - wie sonst üblich - heftigst attackiert zu werden.

22.April 01

Paar hat sich gefunden. Erste Kopulationen finden statt. Nestbau erfährt eine deutliche Steigerung. Weiterhin befinden sich jedoch zwei Fremdstörche nördlich der Stadt, die immer wieder stören und noch keine Harmonie aufkommen lassen.

Bis 28.April muss sich unser Storchenpaar mit fremden Störchen auseinander setzen. Danach - die Fremden sind endlich verschwunden- verläuft die Beziehung des Brutpaare - beide tragen keinen Ring - normal. Das Nest wird von beiden Partnern weiter ausgebaut, so dass es bald wieder einen artgerechten Eindruck vermittelt. Sehr häufig sieht man beide Störche im Nest stehen und nur noch für kurze Augenblicke verlassen beide gemeinsam das Nest, um Futter zu suchen.

03.Mai 01

Das 1. Ei liegt im Nest. Nun bleibt immer einer der beiden Störche im Nest.

04.Mai 01 2 Eier im Nest. Brutbeginn.

Störche legen ihre Eier im Abstand von 2 Tagen. Brutbeginn ist meist vom zweiten Ei an. Da ein Gelege in der Regel aus 5 Eiern besteht, dauert die Eiablage 8 Tage 

10.Mai 01 Vom Turm der Georgskirche mindestens 4 Eier ausgemacht.
16.Mai 01 Die ersten Bilder unserer Webcam laufen im Internet.
31.Mai 01

Die Brutzeit verläuft bisher ohne jegliche Vorkommnisse. Bald werden die Jungen schlüpfen.

Während der Brutzeit lösen sich beide Partner regelmäßig beim Brüten ab. Während einer die Eier wärmt, sucht der andere in den umliegenden Wiesen nach Nahrung für sich. 

Alle halbe Stunde (so ungefähr), erhebt sich der brütende Storch, um mit gesenktem Schnabel jedes Ei zu wenden und ihm eine etwas andere Position im Nest zu geben. Dies gewährleistet, dass die heranwachsenden Embryonen gleichmäßig mit Wärme versorgt werden. Anschließend lässt sich dann der Storch sehr vorsichtig mit etwas abgewinkelten Flügeln auf den Eiern nieder.

Erscheint der Partner zur Ablösung am Nest, bringt er häufig Nistmaterial mit, das unter Begrüßungsklappern eingebaut wird. Meist erfolgt der Wechsel am Nest in einem Intervall von ein bis zwei Stunden. Längere Abstände sind jedoch auch keine Seltenheit.


Klicken Sie auf das Bild, um das Storchenklappern zu hören
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Bis sich der brütende Partner von seinem Gelege erhebt, bleibt der Neuankömmling am Rand des Nestes stehen, pflegt und fettet sein Gefieder. Kommt es dann zum Wechsel, fliegt der Storch, der bisher "Innendienst" hatte, meist innerhalb weniger Minuten vom Nest ab, um nun seinerseits Nahrung zu suchen. Die Momente, in denen man das Paar in diesen Tagen gemeinsam am Nest erleben kann, sind deshalb nicht häufig.

Nach einer Brutzeit von 32 bis 33 Tagen schlüpfen - wenn alles gut geht - die Jungen.

03.Juni 01

Etwas früher als erwartet wird heute Vormittag das erste Storchenküken im Nest entdeckt. Beim Wenden der mindestens drei verbliebenen Eier, reckt es für wenige Augenblicke seinen Kopf hoch, legt ihn nach hinten zurück und zeigt damit das typische Bettelverhalten. In ein bis zwei Tagen Abstand werden die Geschwister folgen, so dass mit Ablauf dieser Woche das Schlüpfen abgeschlossen sein wird.

4.Juni 01

Zweites Küken ist geschlüpft. Daneben liegen noch mindestens zwei Eier in der Nestmulde, die natürlich weiter bebrütet werden. Aus diesem Grund genießen die beiden Jungen jetzt eine permanente Wärmezufuhr durch die Eltern. Dieser Umstand ist angesichts der niederen Temperaturen und der regenreichen Wetterlage von Bedeutung.

Ab sofort können mit etwas Glück auch die ersten Fütterungen beobachtet werden.Dazu stellt sich der mit Futter am Nest erschienene Altstorch etwas breitbeinig über seine Jungen und erbricht seinen Mageninhalt - also alles, was er in den vergangenen ein bis zwei Stunden bei der Nahrungssuche unzerkaut verschluckt hat - in die Nestmulde. Die Jungen werden folglich nicht aktiv - d.h. von Schnabel zu Schnabel- von den Eltern gefüttert, sondern jeder Jungstorch bedient sich selbständig aus dem vorgewürgten Angebot. Was der oder die Junge(n) nicht fressen, wird von den Altstörchen anschließend wieder verschluckt und zum eigenen "Gebrauch" verdaut. 

Im Nest selbst bleiben nach Abschluss der Fütterung keine Beutereste zurück. Kleine Storchenküken sind natürlich nicht in der Lage, sehr große Beutetiere zu fressen. Bevorzugte Nahrungstiere der ersten Lebenstage sind Regenwürmer. Ihr Vorhandensein und ihre Erreichbarkeit sind von entscheidender Bedeutung für das Überleben der ersten Zeit.

     

Da kleine Störche - sie wiegen beim Schlüpfen etwa 75 Gramm - in ihrem ersten grauweißen Dunenkleid sehr wärmebedürftig sind - werden sie ausgiebig gehudert, d.h. von den Eltern gewärmt. Außerdem heißt es für beide Altstörche bis zum Schlüpfen des letzten Jungen den Eiern gleichmäßig Wärme zuzuführen.

Altstörche entleeren ihren Darminhalt stets über den Nestrand hinaus. So färbt sich im Lauf der Zeit das Dach unterhalb des Nestes weiß. Auch den frisch geschlüpften Jungen ist dieses Verhalten bereits angeboren. Dabei richten sie ihre Kloake zielgenau in Richtung Nestrand, rutschen einige Zentimeter nach außen und geben unter Druck die Verdauungsprodukte über Bord. Gerät dabei doch das eine oder andere ins Nest, wird es bald mit mitgebrachtem Nistmaterial - Gras, Mist u.Ä. - überdeckt.

5.Juni 01

Um die Mittagszeit werden Schalenreste eines Eies - so wie es sich nach dem Ausschlüpfen eines Jungen gelegentlich beobachten lässt - am vorderen Nestrand entdeckt. Altstörche schleudern Eischalen entweder  über "Bord" oder fressen diese als kleine "Vitaminspritze" auf. In unserem Falle bleibt Schale kurz am Nestrand hängen und ist wenig später nicht mehr zu sehen.

Als Erklärungsversuch kommen zwei Theorien in Frage:

1. Die Schalenhälfte stammt vom gestrigen Schlüpfvorgang des zweiten Jungen.
2. Ein drittes Junge ist am Vormittag geschlüpft, jedoch kurz darauf von einem Altstorch gefressen oder aus dem Nest geworfen worden.

Störche legen wie viele Vögel eine möglichst große Zahl an Eiern ab. Diese Zahl richtet sich dabei einmal nach der individuellen Konstitution der beiden Partner des Paares. Weiter beinhaltet die Zahl eine biologische Reserve, die dann zum Tragen kommt, wenn Wetter, Nahrungsangebot und Fitness der Altstörche optimal sind. Ist dies nicht der Fall - und das ist bei 99 Prozent der Bruten so - ist die Zahl der gelegten Eier nicht automatisch mit der Zahl der ausfliegenden Jungen gleich zu setzen. Bei vier oder fünf gelegten Eiern (was beim Storch als normal zu bezeichnen ist) kommt es im Laufe der Brutzeit und Jungenaufzucht so gut wie immer zu Verlusten, so dass für Bayern in den letzten 20 Jahren die Zahl der pro Brutpaar durchschnittlich ausfliegenden Jungen nur selten den Wert von 2 
erreichte.

06.Juni 01

Drittes Junge ist geschlüpft. Altstorch steht jetzt doch schon häufig und über viele Minuten lang, so dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass kein weiteres Ei mehr im Nest liegt. (Mysteriöse Eischale von gestern könnte für Schlupf und Tod eines vierten Jungen sprechen.)

Wer einen Blick ins Nest werfen kann, wird bemerken, dass die drei Jungen sehr häufig zu einer sog. Wärmepyramide zusammen geschlossen sind. Dabei berühren sie sich gegenseitig im Bereich der Brust und des Halses und verringern auf diese Weise ihre der Auskühlung ausgesetzte Körperoberfläche. In dieser Stellung betteln sie auch bevorzugt um Futter.

Thomas Ziegler

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