Storchenkamera
Dinkelsbühl
Storchentagebuch 2011
...was bisher geschah
Unterstützt durch
Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
Teil 4
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09. Mai 11 |
Von der Wetterfront gibt es nach wie vor nichts
Neues zu berichten! Regen gab es immer noch nicht und die
Tageshöchsttemperaturen pendeln nun schon seit Tagen zwischen 22 und
24 Grad hin und her. Heute war bei 23 Grad Schluss. Solche
Wetterverhältnisse sind ja im Prinzip nicht schlecht, sie verlieren
aber ein Stück Bonität dadurch, dass es für die Nahrungssuche bei
den Storcheneltern sicher den einen oder anderen Engpass geben
könnte. Doch im Augenblick deutet nach wie vor nichts darauf hin.
Heute begann die Beringungsarbeit in Bayern und vielleicht sogar
deutschlandweit. Norbert Sahliger, ein lieber Kollege aus
Donauwörth, beringte in seiner Heimatstadt die ersten Jungstörche,
die bereits ein Alter von 29 Tagen aufzuweisen hatten. Glückwunsch
an die Donau! Von 5 abgelegten Eiern und dem Schlupf von 4 Jungen
erreichten immerhin 2 das Beringungsalter.
Wie wird es an unserem Dinkelsbühler Nest
weitergehen? Wie viele Junge werden insgesamt schlüpfen und wie
viele werden überleben?
Die Nacht brachte noch keine Neuigkeiten. Ich
will damit sagen, dass unsere Zwillinge noch keine Verstärkung
erhalten hatten. Wie Sie sicher bemerkt haben, beenden die Eltern
die Bebrütung des Geleges nicht, wenn sich die ersten Küken zeigen,
sondern der Bruttrieb bleibt natürlich bestehen, so lange noch von
den verbliebenen Eiern Signale ausgehen, die das Weiterbrüten in
Gang halten. Natürlich muss der wachhabende, also Innendienst
schiebende Altstorch im momentanen Verlauf der Brut auch andere
Tätigkeiten ausführen, wie Nesthygiene, Füttern der zuerst
Geschlüpften usw. Dadurch sind natürlich im Großen und Ganzen auch
mal längere Brutpausen erforderlich als beim „Nur-Brüten“, aber
seien Sie unbesorgt: So kurz vor Ende der Brut lässt kein intaktes
Elternpaar noch nicht geschlüpfte Eier im Stich und versorgt diese
nicht in gleicher Weise wie vorher. Man konnte heute während des
ganzen Tages sehen, dass sich die Altvögel immer nur ganz kurz vom
Nest erhoben, ihr Ding taten und sofort weiterbrüteten. Das immer
noch angenehm warme und trockenen Wetter kam ihnen dabei bislang
natürlich sehr gelegen.
Gegen Mittag – ein Altstorch hatte sich gerade
zum Eierwenden erhoben und mit dem Schnabel die erforderlichen
Schritte unternommen – zeigte sich beim dritten Ei ein riesiges
Loch, so dass man mit der nächsten Storchengeburt an diesem 9.
März durchaus noch rechnen konnte. Dass es aber danach so
schnell ging, hatte ich letztlich nicht erwartet. Um 13:33 Uhr waren
aus dem Zwillingspärchen Drillinge entstanden. Auf einigen
Schnappschüssen konnte man dabei wunderschön erkennen, wie sauber
und fast kreisrund das Küken die Kappe des Eies abgesprengt hatte.
Nach 32 ½ Tagen Brutzeit – immerhin erneut einen halben Tag kürzer
als bei Küken Nr. 2 - war auch Küken Nr. 3 geboren! Besser bekommen
Sie es beim Köpfen Ihres Frühstückseies auch nicht hin! Nun ist man
also schon zu dritt und die Aufgaben für die Eltern werden dadurch
um ein weiteres Drittel schwieriger. Wie stark wärmebedürftig die
Kleinen selbst bei strahlendem Sonnenschein und fast sommerlichen
Temperaturen sind, zeigte die Bildung der Wärmepyramide durch die
Küken. Dabei kuschelten sich die Drei mehrmals eng mit den Körpern
aneinander, Hals und Kopf aufgerichtet zu einem, einen möglichst
kleinen Raum beanspruchenden Knäuel zusammengelegt, um so eine
möglichst kleine Oberfläche zu bilden und den Wärmeverlust niedrig
zu halten. Dass zumindest die beiden älteren Nestgeschwister
gefüttert wurden, steht außer Frage. Man konnte mehrmals beobachten
wie die „Alten“ Futter ins Nest würgten und dabei gab es auch diesen
schon angesprochenen unstrukturierten Haufen zu erkennen, der wohl
weitgehend aus mitgebrachten Regenwürmern, Egeln oder anderem
„Gewürm“ bestand.
Allen SchnappserInnen heute mal wieder mein
ganz herzliches „Dankeschön“! Ohne Ihr großes Engagement wäre die
Tagebucharbeit weniger schön und effektiv. Ich bin auf Sie
angewiesen! Also weitermachen! Ich mache ebenfalls weiter, auch wenn
es nicht immer leicht fällt, sich aufzuraffen und einigermaßen
Vernünftiges zu Papier zu bringen. Wenn dann immer noch ein Zweiter
– unser Webmaster Wolfgang Horlacher nämlich – damit befasst wird,
das Geschriebene und Bebilderte für Sie lesbar zu machen und auf die
Website zu stellen, sollten wir dabei auch einmal lobend in
Erwähnung bringen!
Guten Morgen,
ihr Zwei mit den drei Eiern |
12:48 Uhr - Zwei Junge und
ein Riesenloch im dritten Ei |
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13:33 Uhr – Es ist da!
Küken Nummer 3 |
Drei Junge – die leere Eischale
ist rechts außen schön zu sehen |
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Wichtig ist, dass die Eltern
weiterbrüten |
Achten Sie noch einmal auf die
Eischale! |
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Die Wärmepyramide: |
Es gibt Futter! Einer würgt! |
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10. Mai 11 |
Trocken und sommerlich bei knapp 25 Grad
Höchsttemperatur! So viel heute zum Wetter!
Im Nest auf dem Dach des alten Rathauses von
Dinkelsbühl war heute das große Fressen angesagt! Ich habe selten so
tolle Schnappschüsse zum Thema Futter und Fütterung gesehen wie
heute. Natürlich waren viele Beutestücke eindeutig zu groß, aber was
von den Jungen gefressen wurde, genügte deren Ansprüchen auf jeden
Fall! Wahrscheinlich hat zumindest einer der Altstörche eine
ergiebige Nahrungsquelle im Umfeld der Stadt aufgetan, die er immer
wieder besucht und die alles bietet und die ohne großen Aufwand
anzufliegen ist. Es könnte sich dabei um einen nicht oder noch nicht
bespannten (eingelassenen) oder nur teilweise mit Wasser gefüllten
Teich handeln, in dem in einigen Pfützen oder im seichten Wasser
noch allerlei Fische unterschiedlicher Größe gefangen sind, so dass
sie Gevatter Storch relativ leicht erbeuten kann. Darüber hinaus
bestehen im weichen Substrat der Teichfläche gute Chancen für
weitere Beutejagd. Wie schon gesagt, könnten im Übergangsbereich
„feucht – weniger feucht“ auch zahlreiche Schlammbewohner, die in
der Größe gut zum noch kleinen Nachwuchs passen, erbeutet werden.
Neuen Nachwuchs gab es an diesem Tag nicht zu
bewundern. Werden aus den verbliebenen Eiern noch 2 Jungstörche
entwachsen? Nach den Erfahrungen der letzten Schlüpftermine und
Brutdauern können wir bei Ei Nummer 4 vielleicht ebenfalls von 32
Tagen ausgehen. Dann sollte morgen einem neuen Leben im Nest nichts
mehr entgegenstehen. Am Rande sei noch vermerkt, dass auch wieder
neuer Müll ins Nest geriet. Ob es wirklich die – wie Carola mutmaßt
– Hundekotbeutel sind, die die Stadt Dinkelsbühl allen Hundehaltern
im Umfeld der Gemeinde in kleinen Automaten anbietet, ist durchaus
denkbar, aber so lange wir noch kein Beweisstück in Händen halten,
bleibt diese Interpretation reine Spekulation.
Morgenstimmung mit
3 Jungen und 3 Beinen |
Der komplette
Nestinhalt |
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Da gibt es passendes Futter |
Ein kleiner Fisch |
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Wieder Müll im Nest – Hundekotbeutel |
Zu großer Brocken! |
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Auf dem
Fischmarkt! |
Das gehört den Eltern,
weil zu groß für den Nachwuchs! |
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Was kommt nun? |
Schon wieder ist Fisch angesagt! |
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Passendes Futter |
Ein Junges hat den Schnabel voll |
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11. Mai 11 |
Mit einer
Durchschnittstemperatur von 17,2 Grad war dieser Tag der bislang
wärmste des Jahres. Verantwortlich dafür war die gemäßigte
Tiefsttemperatur von 8 Grad bei einer Höchsttemperatur von knapp 25
Grad. Dass es erneut ein Tag ohne Niederschlag war, braucht nicht
besonders erwähnt zu werden.
Dass es heute erneut zu einer Geburt, in diesem
Falle zur Geburt des 4. Kükens, kommen würde, deutete sich bereits
in den Morgenstunden an. Wie unschwer zu erkennen war, zeigte sich
in Ei Nummer 4 ein sehr deutliches Loch. In dessen unmittelbarer
Nähe war wohl die Hauptarbeitsstelle des kurz vor dem Schlüpfen
stehenden künftigen Nestinsassen. Dass die Nestgeschwister andere
Interessen entwickelten, als sich um die Ereignisse in ihrer
nächsten Umgebung zu kümmern, lag auf der Hand. Da Fressen mal zu
den Haupttätigkeiten heranwachsender Störche gehört, stand diese
lebenswichtige Aufgabe im Vordergrund. Dabei waren natürlich die
Eltern in erster Linie gefordert, denn für die galt es, die Beute
ins Nest zu schaffen. Fressen können die Jungen dagegen schon
alleine und zwar seit ihrer Geburt. Während vielen anderen Vögeln
das Futter von den Eltern in mundgerechten Bissen regelrecht
verabreicht wird, sind junge Störche gezwungen, sich das ausgewürgte
Futter selbst einzuverleiben. Da bleibt es nicht aus, dass weniger
große Junge (weil zuletzt geschlüpft) häufig beim Kampf um die
Futterbrocken zu kurz kommen. Da greift kein Papa und keine Mama
ein, um so vielleicht Leben zu retten oder die Nahrung gerechter zu
verteilen. Bei Störchen gilt allein das Prinzip: Der Stärkere setzt
sich durch! Und so sollten und so werden wir es auch stets halten.
Der Tag stand also zunächst ganz im Zeichen der
Nahrungsbeschaffung und der Nahrungsaufnahme durch die Küken. Dabei
blieben wieder zu große Beutestücke im Nest liegen und wurden erst
nach einer Weile von den Eltern wieder verschluckt und bildeten so
einen Teil der eigenen Ernährung. Vielleicht ist Ihnen schon
aufgefallen, dass bei den Ablösungen am Nest die Zeiten der
gemeinsamen Anwesenheit der Altvögel nur von kurzer Dauer sind.
Sofort nach der Landung des Ablösers erhebt sich der Partner, tritt
auf die Seite und räumt das Feld für den anderen. Fast gleichzeitig
macht sich ersterer auf die Socken und geht auf Nahrungssuche. So
läuft das bei Storchens! Die Jungen wachsen und gedeihen, also gibt
es bislang auch genug und ausreichend Futter. Einige Schnappschüsse
konnten diese Vermutung auch unter Beweis stellen. Um die Mittagszeit
entging aufmerksamen Beobachtern nicht, dass sich an Ei Nummer 4
Entscheidendes zu ereignen begann. Das Loch hatte sich so weit
vergrößert, dass die Ei-Kappe abgesprengt war und Küken Nummer 4 die
Außenluft schnuppern konnte. Um 13:37 Uhr spätestens war Nummer 4
geboren und komplett aus dem Ei gepellt.Wie anstrengend der gesamte
Schlüpfvorgang war, zeigte sich eine knappe Stunde später an den
Schwierigkeiten des Kleinsten, den Kopf mühelos hoch zu halten.
Immer wieder sank er vor den Nestgeschwistern wieder zu Boden. Aber
das wird schon noch! In einigen Stunden ist man voll auf der Höhe
und kann danach umso erfolgreicher in den Kampf ums Futter
eingreifen. Von der Ablage des vierten Eies am 9. April bis zum
Zeitpunkt des Schlüpfens waren erneut 32 ½ Tage vergangen. Ich
rechne deshalb für morgen Nachmittag spätestens mit dem Schlüpfen
von Küken Nummer 5. Warum sollte dies nicht auch nach 32 ½ Tagen
geschehen. Mit unverminderter Anstrengung unserer SchnappserInnen
werden wir den entscheidenden Moment sicher wieder im Bilde
festhalten! Genießen Sie
mit mir dabei vor allem die wunderbaren Belege der
Nahrungszusammensetzung unserer Störche. Ich stelle mir vor, nach
Abschluss der Jungenaufzucht ein „Best Of“ mit einer breiten Palette
identifizierbarer, aber auch unidentifizierbarer Beutestücke
zusammenzustellen. Deshalb nur weiter so fleißig Belege sammeln!
Das Tagesgeschehen kurz im Bilde:
7:12 Uhr – Ein großes
Loch in Ei Nummer 4 |
Wieder
Frischfisch! |
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Da kommt weiterer Nachschub |
Fetter
Brocken für das größte Küken! |
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Viel zu groß für die Junen |
Auch Gras wird benötigt! |
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Da quält sich jemand aus der
Eischale |
13:37 Uhr
– Küken Nummer 4 ist da! |
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14:28 Noch etwas schwach von der
Anstrengung |
Die Viererbande |
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Der Jüngste muss schon hinten
anstehen |
Alles
drängt zum Fisch |
Vier Rückseiten |
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12. Mai 11 |
Regen! Zwar nur 2 Liter/m², aber immerhin und das bei
Höchstwerten von weniger als 20 Grad! Für die Jungen bedeutet dies,
dass die Eltern in den Morgen- und Vormittagsstunden die ersten
richtig umfangreichen Regenwurmmahlzeiten mit nach Hause brachten.
Erstaunlich wie schnell die Eltern auf die neue Situation reagierten
und somit auch unserem Junior zu seinen ersten Mahlzeiten verhalfen.
Der Rest blieb wieder Fisch in allen Variationen und das nicht zu
knapp. Als opportunistischer Jäger und Sammler erbeuten „Vater und
Mutter Storch“ draußen im Gelände eben alles, was ihnen vor den
Schnabel kommt. Da wird nicht überlegt: Ist das für meine Jungen zu
groß zum Hinunterwürgen oder nicht? Es wird alles eingesammelt und
anschließend am Nest wieder von sich gegeben. Da lagen heute
mehrmals gut 20 cm lange Fische fein säuberlich ausgelegt wie im
Fischladen, fanden aber bei den Kleinen keine Beachtung und wurden
anschließend von den Eltern wieder aufgenommen und ein zweites Mal
(und diesmal endgültig) verzehrt. Dass sich die Altstörche am Nest
sehr schnell ablösen und keine Zeit für die Futtersuche verlieren
wollen, bestätigte sich heute zwischendurch mal nicht.
Wahrscheinlich der Storchenpapa nahm sich eine Auszeit und
verbrachte einige Minuten auf dem Dach hinter dem Nest und
begutachtete vom First aus den Zustand des Nestes. Solches hatte er
schon regelmäßig während der Brutzeit versucht. Vielleicht sah er in
diesen Minuten bei der Nahrungssuche keine Schwierigkeiten, so dass
er sich die Verschnaufpause gönnen konnte.
Ansonsten blieb es im Nest bei der Viererbande.
So langsam können wir uns von 5 Jungen wohl verabschieden. Dann wäre
auch die Frage vielleicht gelöst, weshalb das Schlüpfen des 1.
Kükens sich so lange verzögerte. Ganz klar. Dieses erste Ei war
möglicherweise unbefruchtet oder der Embryo starb während der
Entwicklung im Ei ab. So war das vermeintlich erste Küken nicht dem
1. Ei entschlüpft, sondern dem 2. Ei. Küken Nr. 2 käme aus dem
dritten, Küken Nr. 3 aus dem 4. und Küken Nr. 4 aus dem 5. Ei. Somit
wäre dann die korrekte Rangfolge wieder hergestellt. Mag sein, dass
sich die Ereignisse so abgespielt haben, aber letztlich ist es die
Hauptsache, wenn die vier Jungen sich gut entwickeln. Und das tun
sie im Moment. Regenwürmer fanden sich auf jeden Fall in
ausreichender Menge unter den Beutetieren. Es gab nach dem Auswürgen
der mitgebrachten Beutetiere einige Male einen „Haufen“ am Rande der
Nestmulde, auf den die Jungen auch stets ihre ganze Aufmerksamkeit
richteten und der Stück für Stück kleiner und kleiner wurde, bis er
bald komplett abgebaut war. So kann es weitergehen!
Fischfrühstück
im Morgengrauen |
Rechts am Nestrand
ein Regenwurmhaufen |
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Die zweite
Regenwurmmahlzeit |
Kommt unter die Haube!
(Der Partner steht auf dem Dach) |
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Zeit für Außenarbeiten |
Frisches Gras |
Passt der Fisch?
Die Feuchtwanger Jungstörche in meinem
Heimatort sind auch bis heute in einer guten Verfassung. Alle vier
sind ebenfalls noch am Leben Ich konnte vom Turm der Stiftskirche
eine Fütterung erleben und dabei auch das Verspeisen eines
Wasserfrosches durch einen Jungstorch im Bild festhalten.
Feuchtwanger Viererbande
Ablösung am Nest
Bereit zur Fütterung
...
Froschmahlzeit
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13. Mai 11 |
20 Grad und trocken sind für heute die
wichtigsten Wetterdaten! Der mögliche Schlupf eines 5. Kükens blieb
auch heute aus. So neige ich doch jetzt mehr und mehr zu der
Überzeugung, dass es bei vier Jungen im Dinkelsbühler Nest bleiben
wird. Nicht schlecht, Herr Storch! Da kann man wirklich nicht
meckern und wir müssen uns schon einmal weniger aufregen und
vielleicht einmal weniger traurig sein, wenn es einem der
Viererbande nicht gut gehen sollte. Bemerkenswert blieb an diesem
Tag die reichlich eingetragene Fischkost, die sich von Zeit zu Zeit
im Nest wieder fein säuberlich aufgereiht zeigte.
Alles Fisch
An einem weiteren Nest meiner unmittelbaren Umgebung stellte ich heute
einige Beobachtungen an. Das Nest im Feuchtwanger Ortsteil Mosbach
enthielt bei meinem letzten Besuch 5 Junge. Nun musste ich – weniger
überraschend allerdings – feststellen, dass sich nur noch vier knapp
14 Tage – 3 Wochen alte Junge im Nest aufhielten.
Die Mosbacher Viererbande
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14. Mai 11 |
Der groß angekündigte Regen
entpuppte sich in Mittelfranken und um Feuchtwangen und Dinkelsbühl
als regelrechte Seifenblase. Es fielen ein paar Tropfen, die sich
schließlich zu einem knappen Liter aufsummierten. Bei 20 Grad
Höchsttemperatur war es insgesamt ein recht angenehmer Frühlingstag.
Als Highlight des Tages erwies sich ganz
eindeutig der Überrest eines alten und ziemlich porösen
Düngersackes, den unsere fleißigen Storcheneltern zur Zierde des
Nestes in selbiges eintrugen. Vom Umfang und Ausmaß dieses
Mitbringsels konnte man unzweifelhaft erstaunt sein, war es doch
groß genug, zeitweise die gesamte Jungenschar darunter zu
verstecken. In manchen Situationen entsprach die Folie eher einem
Modell des Zeltdaches des Olympiastadions in München. Als „es“ gegen
7 Uhr am Morgen auftauchte, konnte man noch nicht ahnen, dass uns
dieses „Ding“ den gesamten Tag begleiten würde.
Dagegen erfüllten sich die nur noch vagen
Hoffnungen auf das Schlüpfen des fünften Jungen erneut nicht. Wenn
sich in dieser Beziehung dennoch etwas ereignen sollte, könnte man
getrost von einem Wunder sprechen. Doch solche Wunder ereignen sich
nun mal nicht allzu oft. Das mit dem Füttern ging in ähnlicher Weise
seinen Gang wie schon seit einer Woche. Denn so alt – nämlich genau
sieben Tage – wurde heute Küken Nummer 1. Wenn man es vergleicht mit
unserem Benjamin, der am 11. Mai schlüpfte und somit gerade erst 3
Tage alt ist, sieht man den großen Entwicklungsrückstand bei
lediglich 3 Tagen Altersunterschied. Man kommt halt beim Drängeln
weiter vor, wenn man mehr Power und mehr Gewicht einsetzen kann. Da
sind dann auch andere Strategien gefragt, um zu seinem Recht, sprich
zu seinem Futter, zu kommen. Ich denke, dass Junior sich in dieser
Beziehung bisher ganz gut schlägt. Wenn man in der Größe nicht so
mitkommt, kann man auch mal einen Durchschlupf leichter bewältigen
und somit ganz überraschend an die vollen Fleischtöpfe geraten. Die
Fleischtöpfe allerdings glichen auch heute wieder eher Fischtöpfen.
Denn dieser Nahrungsanteil hatte erneut ganz eindeutig die Oberhand,
wobei nur ein kleiner Teil für die Jungen nutzbar war und somit den
Eltern zugute kam. Regelmäßig – es ist ja auch noch ein Ei im Nest –
liegen beide Elternteile bei ihren Nestschichten auf den Jungen und
dem verbliebenen Ei! Keine Angst! Irgendwann - die Jungen wachsen ja
rasant weiter und müssen dann auch nicht mehr in dem Maße gehudert
werden – verlieren die Eltern das Interesse, das Ei weiter zu
bebrüten. Es wird im Nest verbleiben und einfach ein Bestandteil der
Familie werden. Dennoch wird es Ihr Tagebuchschreiber – sollte es zu
dem Zeitpunkt noch unbeschädigt sein – anlässlich der Beringung
bergen und einem Museum (das schon länger angefragt hat) zur
Verfügung stellen. So viel zu Nesteingriffen durch Ihren Schreiber!
Ich hoffe, Sie können sich mit diesem Eingriff abfinden!
Die Bilder des Tages:
Müll, Müll über alles |
Weiter nur 4 Junge |
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Der Kampf mit dem Düngesack |
Fisch, Fisch über alles |
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Wo sind die Jungen? |
Könnte ein kleiner Karpfen sein |
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Zum Fisch drängt alles |
Da schaut ja einer raus! |
Modell Zeltdach Olympiastadion München
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15. Mai 11 |
Weiterer leichter Regen von 2 Liter/m² und eine deutliche
Abkühlung auf nur noch 15 Grad Höchsttemperatur kennzeichnen diesen
Sonntag! Im Nest tat sich erfreulich wenig, schon gar nichts
Dramatisches! Das fünfte Ei – in Wirklichkeit ziemlich sicher Ei
Nummer 1 – bleibt wohl weiter und für immer ein Ei! Dass Altvögel
das Ei durch Abwerfen entsorgen, habe ich bei einem selbst gelegten
Ei noch nicht erlebt. Es bleibt halt einfach im Nest liegen und
niemand stört sich daran. Und da ein Ei auch nicht bettelt und nicht
wie ein Jungvogel aussieht, der sich nicht normal verhält, wird es
auch nicht einfach aus dem Nest geworfen. Es wird uns also weiter
begleiten und wenn es nicht unter hohem Druck einmal platzen sollte,
wird es Ihr Tagebuchschreiber in einigen Wochen aus dem Nest
entfernen und einem Museum zuführen (wie bereits berichtet!). Aber
da es wirklich niemanden stört, ist es weiter Bestandteil unseres
Nestes und keiner braucht auf die Idee zu kommen (ist bislang auch
keiner!), es schon jetzt mit Hilfe eines Rettungseinsatzes aus dem
Nest zu befördern (ich kenne da schon einige, die es in den
Fingerspitzen juckt!). Dass es zwischen den zuerst geschlüpften
Jungen und Küken Nummer 4 und ansatzweise auch bei Küken Nummer 3
schon deutliche Größenunterschiede zu beobachten gibt, liegt auf der
Hand. Die nächsten Tage werden entscheiden, wohin der Weg läuft!?
Dass alle vier Neubürger am Leben bleiben, habe ich von vorneherein
schon sehr bezweifelt. Deshalb muss einem aber nicht bange sein,
wenn es tatsächlich so kommt! Denken Sie an die vielen Tausenden von
Amseljungen, die nie das Nest verlassen, weil entweder die Eltern
oder sie selbst Opfer eines die Gärten durchstreifenden Räubers
geworden sind. Denken Sie nur an die ungezählten Tieropfer, wenn ein
Hochwasser im Frühjahr Äcker und Wiesen weitläufig überschwemmt!
Einziger Unterschied zum Dinkelsbühler Storchennest besteht darin,
dass man außerhalb des Blickwinkels der Kamera nichts davon
mitbekommt. Also sehen Sie den kommenden Tagen entspannt und
realistisch entgegen! Begleiten wir unser Quartett also weiter mit
Staunen und Respekt! Nummer 1 hat heute den achten Lebenstag
bewältigt, Benjamin dagegen bringt es heute gerade auf seinen
dritten Lebenstag. Da heißt es natürlich, erst mal hinten anstehen!
Die größeren Geschwister haben bei der immer noch herrschenden
Trockenheit einfach die besseren Karten. Wenn eh schon die richtige
Nahrungsgröße weniger häufig geboten wird und man dann noch warten
muss, bis nichts mehr in der kleinen Größe vorrätig ist, schaut man
halt oft durch die Röhre. Wir sehen zwar stets viele große Fische im
Nest, aber fressen dürfen diese Beute stets die Eltern. Sie sehen
also das Dilemma, das sicher auch an anderen Nestern in ähnlicher
Weise herrschen wird. Fische von der Größe einer Schnabellänge der
Erwachsenen und sogar noch etwas darüber stellen nach wie vor die
Hauptbeute der jagenden Eltern dar. Dass Regenwürmer, Egel und
anderes „Kleinzeug“ automatisch mit eingetragen wird, ist ebenso
klar, könnte aber in der Relation zur großen Beute etwas zu wenig
sein. Auch konnte man immer mal einen großen, schwarzen, kompakten
„Klumpen“ erkennen, ein Hinweis auf
einen erbeuteten Nager. Auch diese Beutestücke konnten unsere
Jungen (noch) nicht verschlingen. Noch etwas fällt auf: Das weiße
Dunenkleid, das die Störche in den ersten beiden Lebenswochen
tragen, hat beim dritten und vierten Küken schon eine Verfärbung
erkennen lassen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht eintreten
sollte. Vielleicht gibt diese Tatsache schon einen kleinen Hinweis
auf ein beginnendes Gesundheitsproblem.
Man beachte den Größenunterschied
der Jungen! |
Es gibt Fisch!
Wieder ein zu großer Brocken |
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Warten in der
2. Reihe! |
Fisch..., Fisch...
drittes Küken wird auch schon grau! |
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Da werden nicht immer alle satt |
Da hat einer aber den Schnabel voll |
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Zwerglein unter Riesen! |
Die Drängler fahren am
besten |
Ein großer Nager
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16. Mai 11 |
Kühle 15 Grad, trocken, bei 5 Grad Tiefsttemperatur! Noch
immer blicken wir in ein Nest mit vier munteren Jungen und 1 Ei. Die
Großen werden größer, die beiden Jüngsten werden immer kleiner!
Wenigstens scheint dies so im Verhältnis zu den beiden
Nestgeschwistern. Die „Gnade der frühen Geburt“ kann nicht
eindeutiger gezeigt werden als an manchen Vorgängen in Nestern von
Vögeln, speziell von Störchen. Kein noch so intelligenter Versuch
kann an diesen Vorgängen irgend etwas ändern, es sei denn... .
Aber dieses Thema muss ich ja wirklich nicht noch einmal vertiefen!
Denken Sie nur an die „Haustierwerdung“ des Weißstorchs. Das
Quartett im Nest entwickelte sich auch heute verstärkt in die
Richtung zweier ungleicher Zwillingspaare. Wie lange dies noch gut
gehen wird, kann nur schwer vorhergesagt werden. So ganz gesund
schauen die beiden Kleinsten nicht mehr aus! Der Kampf ums Futter
ging in die nächste Runde. Viele eingetragene Beutestücke blieben
von den Jungen zwangsläufig unbeachtet, weil zu groß. Darunter
konnte man eine ganze Palette aalähnlicher Tiere ausmachen.
Vielleicht handelte es sich auch um Aale. Ich bin mal gespannt, was
so nach Abschluss der Aufzucht an identifizierbaren Nahrungstieren
zu sehen und zu bestimmen sein wird. Wenn unter meinen Lesern
Fischkenner sind, dürfen sie sich gerne an den Bestimmungen schon
jetzt beteiligen. Auch Säugetierspezialisten seinen aufgerufen, bei
Bedarf ihre Meinung im Gästebuch kundzutun. Ich zähle auf Sie und
freue mich über jeden Helfer oder über Personen, die Experten kennen
und die Schnappschüsse zur Bestimmung weiterleiten.
Die Bilder des Tages:
Das zweigeteilte
Quartett
Die ungleichen
Geschwister
Der Kampf ums Futter |
Portion zu groß |
|
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Wohin wird die Reise gehen? |
Benjamin wird immer dunkler |
Gibt es heute
Aal?
Gruppenbild |
|
17. Mai 11 |
Erneut ein trockener und mit
19 Grad Höchsttemperatur wieder deutlich wärmerer Tag. Dass die
Nacht mit 9 Grad relativ mild blieb, verstärkte diesen Eindruck.
Ein trauriger Tag für alle, die unsere
Viererbande schon ein wenig in ihr Herz geschlossen hatten. Küken
Nummer 4 hat den Tag nicht überlebt! Er starb in den frühen
Nachmittagsstunden im Alter von genau 6 Tagen. Dass der Tod trotz
aller Vorzeichen dann doch plötzlich und fast unbemerkt eintrat,
muss niemand bedauern. Trotz bester Kameraeinstellung und gezoomter
Bilder schied Benjamin aus dem Leben, leise, unbemerkt und ohne noch
irgendeine Spur im Nest zu hinterlassen. So richtig am Nestgeschehen
konnte oder durfte er schon seit dem Morgengrauen nicht mehr
teilnehmen. Er wurde – soweit man sehen konnte – weder von den
Eltern noch von den Geschwistern tätlich angegriffen, gepickt oder
geschüttelt und dennoch sprachen alle Indizien gegen ihn. Gab es
eine Fütterung, wandte er sich schon gar nicht mehr in Richtung der
Futterquelle, sondern hielt seinen Kopf und seinen Körper in
Gegenrichtung. Wurden die Geschwister gehudert, blieb Nummer 4 außen
vor und musste ohne einen zusätzlichen Wärmeschutz auskommen. Dass
ihm manchmal auch die Kraft fehlte, sich mehr mit seinen
Geschwistern abzugeben, musste ebenfalls konstatiert werden. Dennoch
blieben die Art seines Todes sowie das Verschwinden aus dem Nest
unaufgeklärt. Natürlich kommt als mögliche Todesursache zuerst der
Altersunterschied zu den älteren Nestgeschwistern als
Erklärungsversuch in Frage. Mit dieser Ausgangslage waren seine
Überlebenschancen unter den herrschenden Nahrungsbedingungen und der
herrschenden Nahrungszusammensetzung denkbar ungünstig. Er geriet
mit jedem Tag mehr und mehr ins Hintertreffen. Dies ist sicher nicht
die alleinige Todesursache unter dem Motto „Tod durch Verhungern“,
jedoch spielt dieser Faktor die ausschlaggebende Ursache für das
Verschwinden von Nummer 4. Bei Mangelerscheinungen treten natürlich
noch andere Erkrankungen parallel dazu auf. So weiß man, dass
Erkrankungen der Atemwege (Lungenwürmer) und des Verdauungstraktes
schnell zu einer zusätzlichen und dann oft tödlichen Schwächung des
Nachwuchses führen. Dass ein lebloser und halbtoter Körper in einem
Nest mit drei weiteren Geschwistern nicht zu jeder Zeit sofort
sichtbar ist und ständig sichtbar bleibt, konnten wir im Verlauf des
Nachmittages zur Genüge beobachten. Die letzte Sichtbeobachtung von
Benjamin stammt nach Bildern von „EinStörchlein“ von 13:49 Uhr. Zu
diesem Zeitpunkt lebte der Kleinste noch und zeigte sich mit
erhobenem Kopf im Kreise seiner Geschwister. Was danach geschah,
blieb im Dunkel des Nestes zurück. Ob der tote Körper schließlich
durch das Gewicht der auf ihm lastenden Geschwister in den
Nestuntergrund gedrückt wurde und dort sein Grab fand oder ob ein
Altstorch den leblosen Körper gefressen oder über den Nestrand
entsorgt hat, werden wir nicht erfahren und auch nicht erfahren
brauchen. Von vielen ähnlich verlaufenden Todesfällen wissen wir,
dass die Art der Entsorgung nach diesen Musterfällen ablaufen kann.
So kleine, erst wenige Tage alte Junge werden nicht im Nest
belassen, sondern nach Möglichkeit in der beschriebenen Weise
„entsorgt“. Da aber auch große Junge, die schon 2-3kg Gewicht auf
die Waage bringen im Nest sterben können, lohnt sich auch noch ein
kurzer Blick auf deren weiteres Schicksal. Große Junge, die zu
schwer zum Hinauswerfen und zu schwer und zu groß zum Fressen sind,
bleiben einfach im Nest, auch wenn weitere lebende Geschwister zu
versorgen sind. Die Eltern und auch die noch lebenden Jungen werden
sich weiterhin so verhalten wie ohne tote Körper im Nest. Die
Fütterung und das Heranwachsen gehen weiter, der tote Körper verwest
nebenbei im Nest und wird sich – bei hohen Außentemperaturen und den
Einflüssen der Witterung – innerhalb weniger Tage zersetzen und von
eingebrachtem Nistmaterial mehr und mehr überbaut werden, bis am
Schluss nur noch ein feuchter Fleck im Nest vom Leben und Sterben
eines großen Jungen zeugt. Dieses Schicksal mussten in alten
Nestern, die jedes Jahr ein Stück in die Höhe wachsen und teilweise
eine Höhe von bis zu 2 Metern erreichen, bereits zahllose Junge
erleben. Dennoch finden alljährlich gerade solche Nester, die die
Skelette von vielen Jungstörchen bergen, in der Storchenwelt
besondere Beachtung und werden gegenüber „ausgeputzten“ und von Menschenhand
bearbeiteten Nestern nicht selten bevorzugt.
Meine Anerkennung gilt unter anderem all denen,
die ihre unaufgeregte und distanzierte Meinung zu den Vorgängen im
Nest im Gästebuch geäußert haben. Sie sprechen ganz deutlich ihre
Sicht der Dinge aus und die zeugt von einem hohen Verständnis der
natürlichen Gegebenheiten bei der Aufzucht von Störchen. Wie
wohltuend sich diese Stimmen doch von einem hysterischen Gehabe
diverser Aktionisten aus dem Großraum Erlangen/Nürnberg
unterscheiden!
Ansonsten gab es im Nest auch wieder viel zu
große Futterbrocken für den Nachwuchs. Dennoch hat der Tod des
Kleinsten auch eine gute Seite. Die Geschwister haben einen – wenn
auch kleinen – Konkurrenten weniger, so dass die Überlebenschancen
in Zukunft steigen werden. Dennoch sah man an den Bildern des
späteren Nachmittags und Abends, dass auch Küken Nummer 3 noch nicht
über den Berg ist und ähnliche Symptome zeigt wie sein verstorbenes
Geschwisterchen.
Der traurige Tag:
Die Gesamtfamilie
am Morgen |
Die beiden Großen gehen zum
Fisch,
die Kleinen wenden sich ab! |
Die Familie
zweigeteilt!
Das gleiche Bild! |
Benjamins letzte Stunde |
Ein letzter
Hilfeschrei
Ich darf nicht mehr unter Mamas
Fittiche
Ich hau mal ab!
Das letzte
Bild mit Benjamin: 13:49 Uhr
Auch Nummer 3
kränkelt
Wieder viel zu große Beute! |
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18. Mai 11 |
Nach frischer Nacht mit Tiefstwerten von 4 Grad
erwartete uns ein weiterer Sommertag mit 25 Grad Höchsttemperatur
und kein Tropfen Regen!
Ich muss leider erneut mit einer sehr
traurigen, aber nicht unerwarteten Botschaft meinen Tagebucheintrag
fortsetzen. Wie befürchtet, aber zu diesem Zeitpunkt keineswegs
bereits erwartet mussten wir uns auch von Küken Nummer 3
verabschieden. Schon im Morgengrauen war klar, dass irgend etwas
passiert sein musste. Über Stunden waren stets nur zwei gesunde und
lebendige Jungstörche im Nest auszumachen. Bei genauerer Betrachtung
glaubte man allerdings einen weiteren Körper auszumachen, der sich
nicht mehr bewegte. Es konnte somit davon ausgegangen werden, dass
ein weiteres Küken, wir nannten es bisher Nummer 3, in der
vergangenen Nacht, also einen knappen Tag nach Küken Nummer 4,
ebenfalls verstorben sein musste. Ob es in den frühen Morgen- und
Vormittagsstunden noch irgendwelche Lebenszeichen von sich gab,
halte ich für wenig wahrscheinlich, jedoch war es nach wie vor im
Nest verblieben, wie auf einem späten Schnappschuss zu erkennen war.
Die Uhr zeigte 13:39 Uhr. Die Eltern machten aber noch immer keine
Anstalten, das tote Junge aus dem Nest zu befördern. Von der Größe
her, wäre eine solche Aktion kein Problem und selbst das Fressen
eines Kükens im Alter von etwas über einer Lebenswoche bedeutet für
die Altstörche ein machbares Unterfangen. Da lag der Körper einfach
so im Nest, ohne auch nur die geringste Beachtung zu finden, er
wurde akzeptiert und alle weiteren Nestaktionen liefen ab wie sonst
auch. Fütterungen in Form von kleinen Fischen fanden statt und
überhaupt fiel auf, dass heute keine zu großen Beutetiere als
Nahrungsgaben serviert wurden. Bereits am Vormittag musste
registriert werden, dass erneut Müll ins Nest gebracht wurde und
neue Folienteile sich fast wie eine kleine Tischdecke in Teilen der
Nestmulde ausbreiteten. Die Situation mit einem toten Jungen
veränderte sich auch bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht, so dass
man auf den morgigen Tag in dieser Frage der ausbleibenden
Entsorgung gespannt blicken kann. Noch eine bemerkenswerte
Beobachtung brachte der Tag und diesmal galt sie nicht einer
weiteren Hiobsbotschaft, sondern einem sehr erfreulichen
Entwicklungsschritt eines Jungen, wahrscheinlich von Küken Nummer 1.
Es machte seinen ersten, kurzen Stehversuch und das mit gerade mal
11 Lebenstagen. Eine durchaus frühreife Leistung! Bereits frisch
geschlüpfte Storchenjunge sind stets bestrebt, das Nest oder die
Teile des Nestes, in denen sie sich meist liegend aufhalten, sauber
zu halten. Das Abgeben von Exkrementen ist eine der wichtigsten
Ursachen für eine Verschmutzung der Liegefläche. Eine angeborene
Verhaltensweise veranlasst die Störche zum Absetzen der Exkremente,
sich mit der Kloake zum Nestrand zu wenden und danach mit dem
nötigen Druck den Kot in Richtung Nestumrandung oder sogar und noch
besser darüber hinaus abzugeben. Bei sehr kleinen Jungen ist diese
Verhaltensweise bereits zu erkennen, denn sie rutschen vor jeder
Kotabgabe auf ihren Fersengelenken hockend in Richtung Nestrand und
platzieren die Kloake stets so, dass sie nach außen gerichtet ist.
Unser Kleiner, der seinen ersten Stehversuch unternahm, war gerade
auf dem Weg zur Toilette. Um einen besseren „Spritzwinkel“ bei der
Kotabgabe zu erreichen und um eine weitere Strecke bei der Abgabe
von Kot zu erzielen, versuchen die Jungen, sobald sie – wenn auch
nur ganz kurz stehen können – diesen Prozess im Stehen
durchzuführen. Dadurch werden versehentliche Verunreinigungen des
Nestes noch besser vermieden und alle Spuren finden sich danach
meist auf dem unter dem Nest befindlichen Dach. Dieses verfärbt sich
im Verlauf der Jungenaufzucht mehr und mehr weiß und signalisiert
einem kundigen Beobachter an Hand der Farbintensität, ob und wie
viele Junge ungefähr im Nest sind. Schneeweißes Dach bedeutet dabei
viele Junge.
Ich hoffe und bin einigermaßen überzeugt davon,
dass nun die traurigen Meldungen aus dem Dinkelsbühler Nest der
Vergangenheit angehören und die beiden verbliebenen Jungen mit etwas
Glück auch das Ausfliegealter erreichen werden. Dieses Verhältnis „Fifty-Fifty“,
also die Hälfte der Jungen überlebt, die andere Hälfte stirbt,
gehört durchaus zu den Normalitäten im Leben der Störche. Das taube
Ei können wir getrost vernachlässigen, gehört es doch sicher in den
Bereich fehlgeschlagener, weil komplizierter Paarungen.
Die Tagesbilder zeigen heute auch weniger
Schönes und weniger Ermunterndes:
Das ist die Frage:
Nur noch 2 Junge? |
Ein neues Tischtuch
für die nächste Futterübergabe |
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Da könnte mal jemand sauber machen! |
Frischfisch mit 2 Jungen |
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Eindeutig: Ein toter Körper neben
den beiden Überlebenden und 1 Ei |
Eine neue
Tragödie |
Der erste Stehversuch
Bilder, die traurig stimmen!
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19. Mai 11 |
Schwül warm und gewittrig! 26 Grad! Gewitter
mit starkem Regen am frühen Nachmittag, der in Dinkelsbühl immerhin
17 Liter Regen brachte, während in Feuchtwangen gerade ein Liter/m²
gemessen wurde.
Die erste Überraschung zeigte sich bereits im
Morgengrauen! Der tote Körper von Küken Nummer 3 befand sich nach
wie vor im Nest. Er hatte zwar die Position gewechselt, was für eine
Umbettung durch die Eltern während der Nacht sprach, jedoch war er
noch nicht aus dem Nest befördert worden. Doch dies sollte sich bald
ändern. Schon vor der eigentlichen „Tat“ hatte der zwischen 8 und 9
Uhr Wache im Nest schiebende Altstorch immer mal Schnabelkontakte
mit dem toten Jungen hergestellt. Es schien, als wolle er sich
vergewissern, ob Nummer 3 noch Lebenszeichen von sich gäbe. Dabei
wissen wir aber genau, dass auch durchaus noch lebende Junge aus dem
Nest geworfen werden, die Eltern also nicht unbedingt auf den
klinischen Tod ihres Nachwuchses warten. Dennoch ließ sich der
Altstorch noch ein wenig Zeit, ehe er dann kurz vor 9 Uhr am Morgen
seine Aufgabe anging und innerhalb von 2 Minuten auch erledigte.
Unvermittelt nahm ein Elternvogel den leblosen Körper am Hals mit
dem Schnabel auf, legte ihn noch einmal ab, wiederholte den Vorgang
genauso, drehte im Nest – den toten Jungen weiter im Schnabel
haltend – einen Halbkreis, trat weiter an den äußersten Nestrand und
wandte sich kurz darauf wieder seinen beiden Jungen zu. Das
verstorbene Küken trug er da nicht mehr im Schnabel. Er hatte es
über den Nestrand gehalten und dort in die Tiefe fallen lassen. Das
war's dann!
Die Zwillinge dagegen entwickeln sich
unterdessen weiter sehr zufriedenstellend. Man kann in Seiten- und
Rückenansicht die ersten Anzeichen für das Wachsen der schwarzen
Hand- und Armschwingen sowie der schwarzen Schulterfedern erkennen.
Diese ersten Federn des Großgefieders zeichnen einen schmalen
schwarzen Saum an den Flügelchen sowie im Bereich der Schultern. An
diesen Stellen werden wir den täglichen Wachstumsfortschritt am
deutlichsten erkennen. Erst wenn die längste Handschwinge so knapp
50 cm Länge erreicht hat, wird der Flügel die erforderliche
Tragfläche bilden und den Jungvogel in die Lüfte tragen. Ein
weiteres besonderes Ereignis stellte das Gewitter mit Starkregen am
frühen Nachmittag dar. Dabei konnte man erleben, wie perfekt der
Altstorch seine noch wärmebedürftigen und nicht gerade bestens mit
wasserabstoßendem Gefieder ausgestatteten Jungen vor der Nässe zu
schützen versuchte und auch schützte. Da wurde hervorragend darauf
geachtet, dass das Gröbste vom Nachwuchs ferngehalten wurde. Ein
solches Verhaltensmuster muss einfach begeistern und alle
menschlichen Versuche, hier in menschlicher Weise einzugreifen, an
den Pranger stellen. Dass man nach dem Regen auch sofort wieder an
die Trockenlegung des Nestes denkt und frisches Nistmaterial
einträgt, versteht sich dann von selbst.
Das Tagesgeschehen zum Schluss noch im Bild, ohne die
traurigen Bilder auszuklammern und ungeschehen machen zu können.
Tod
und Leben |
Kontaktaufnahme
mit dem toten Jungen |
Ungeachtet des Todes geht das Füttern weiter
Die Zwillinge mit dem toten Küken und dem tauben Ei
Chronologie der „Entsorgung“ von Küken 3
Auf die schwarzen Federsäume achten |
Die Fütterungen gehen weiter |
Während des Gewitters
Beitrag zur Trockenlegung |
Das wünscht man sich für die Zukunft |
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20. Mai 11 |
Ein weiterer Gewittertag mit sehr
unterschiedlichen Regenmengen, die an meiner kleinen Wetterstation
in Feuchtwangen knapp 2 Liter Regen ergaben. Die Höchsttemperatur
erreichte 24, die tiefste Temperatur 8 Grad.
Heute begann auch Ihr Tagebuchschreiber mit der
alljährlichen Beringungssaison. Im Gegensatz zu den vergangenen
Jahren sollte sich der Arbeitsaufwand dabei knapp verdoppeln. Denn,
wie es aussieht, stehen in diesem Jahr unglaubliche 40 Nester zur
Bearbeitung an. In den vergangenen zehn Jahren pendelte ihre Zahl so
zwischen 20 und 25 Nestern. Eine knappe Verdoppelung der
erfolgreichen Storchennester in diesem Jahr käme also einer kleinen
oder auch größeren Sensation gleich. Nicht dass Sie denken, ich
hätte mein „Arbeitsgebiet“ vergrößert und käme deshalb auf dieses
Traumergebnis. Nein, das Gebiet blieb und bleibt auf die Flussläufe
Altmühl und Wörnitz beschränkt. Allein hier ist dieser tolle Anstieg
zu verzeichnen. Dass bisher in jedem Nest gebrütet und in fast jedem
bereits die Jungen geschlüpft sind, gehört ebenfalls nicht zu den
Selbstverständlichkeiten. Das erste Nest, dem ich heute einen Besuch
abstattete, liegt in der kleinen Hesselberggemeinde Wittelshofen.
Dort brütet seit 1980 ein Storchenpaar auf dem hohen Kamin der
ehemaligen Molkerei. Von 1996 bis 2001 gab es eine kleine Pause und
die Störche blieben dem Ort und dem Nest fern, sie brüteten also in
diesen Jahren nicht. Seit der „Wiederbesiedelung“ 2002 liegt die
Betreuung von Nest und Störchen in den bewährten Händen von
Hansjürgen Wölfinger. Auf der Website der Gemeinde führt er seitdem
ein sehr interessantes Tagebuch, in dem die vergangenen 10 Brutjahre
schriftlich und bildlich festgehalten wurden.
http://www.wittelshofen.de/storchentagebuch/cms/?Tagebuch:Tagebuch_2011:Tagebuch_2011_Seite_2&normal
Er durfte mich auch heute beim Feuerwehreinsatz
begleiten und mit mir zusammen die 2 überlebenden Jungen einer
Viererbrut im Alter von gut 4 Wochen beringen. Zwei weitere
Jungstörche waren in den vergangenen 2 Wochen tot aus dem Nest
geworfen worden und blieben danach im Schneefanggitter des Daches
hängen. Genauere Informationen und
viele Bilder – auch vom Beringungseinsatz – entnehmen Sie bitte dem
angegebenen Link! Bitte auch einmal auf weiteren Seiten im Wölfinger
Tagebuch von Wittelshofen blättern! Kann sicher eine schöne
Begleitmelodie zu den Vorgängen im Dinkelsbühler Nest sein.
Die Zwillinge von Wittelshofen während der Beringung
Dort in Dinkelsbühl konnten wir einen normalen
Tag erleben, der nicht von irgendwelchen Hiobsbotschaften
gekennzeichnet war. Ein Gewitterregen am Nachmittag zeigte erneut
die perfekte Regenschirmstellung der Altvögel, bei Bettelsignalen
gab es stets Futter, zumeist in nun entsprechender Größe, was beim
rasanten Wachstum der Jungen nun ja auch immer leichter zu
bewerkstelligen ist. Größere Junge verschlingen eben schon fast
alle, was Mama und Papa ins Nest bringen. Mit 12 bzw. 13 Lebenstagen
haben unsere Zwillinge nun schon mehr Fassungsvermögen vorzuweisen
und sind nicht mehr ganz so stark auf Kleinkost angewiesen. Für die
kommende Woche habe ich mir vorgenommen, den Zoom-Faktor unserer
Kamera wieder in Richtung totalere Einstellung zu verändern.
Vielleicht gelingt es mir, eine Zwischenstellung zu schaffen
zwischen der jetzigen und der Einstellung, die vor dem Schlüpfen der
Jungen Anwendung fand! Lassen Sie sich einfach überraschen und
lassen Sie sich mitnehmen mit dem neuen Angebot! Aus der Fülle
wunderschöner Schnappschüsse des Tages, darf ich Ihnen wieder eine
kleine Zusammenstellung präsentieren.
Aufstehen mit Abstützen |
Zum Entleeren bereit |
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Einer macht sich aus dem Staub! |
Was ist das |
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Der ist für Mama |
Der passt für Junior |
Optimaler Regenschutz
Mäuse zum Abendbrot..
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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere
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eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
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