Das Storchenjahr 2002

Teil 1 Mosbach Teil 2 Wörnitz Teil 3 Altmühl

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Teil 1 Mosbach

Ein ereignisreiches, turbulentes und dramatisches Storchenjahr geht in diesen Tagen in dem kleinen Feuchtwanger Ortsteil Mosbach zu Ende. Es gehört schon beinahe zur Tradition, dass dieser Standort zu den ersten zählt, die im Frühjahr von einem Paar besetzt werden. So verwunderte es niemanden, als bereits am 11. März ein Storch im Nest stand. Noch nie seit Menschengedenken hatte sich aber ein Adebar so früh eingestellt. Als eine Stunde nach der Ankunft Thomas Ziegler, langjähriger Storchenexperte aus Feuchtwangen, vom Kirchturm aus den Neuankömmling unter die Lupe nahm, stellte er fest, dass dieser einen Ring einer Vogelwarte trug. Binnen weniger Minuten – die Ringinschrift war mittlerweile entziffert - stand fest: Der Storch ist das Weibchen des Brutpaares aus dem letzten Jahr. Damals hatte die Storchendame für eine kleine Sensation gesorgt, als sie nämlich im Alter von erst zwei Jahren vier Junge zum Ausfliegen gebracht hatte. Nicht zuletzt deshalb musste sie gute Erinnerungen an ihre erste Brutsaison in Mosbach gepflegt haben, denn nun war sie bereit, erneut an alter Stelle eine Brut zu versuchen. In den nächsten Tagen stand die „Alte“ häufig über Stunden im Nest und hoffte auf das Erscheinen eines geeigneten Partners. Ihr Berichterstatter staunte deshalb nicht schlecht, als er am 15. März das Nest in Dinkelsbühl auf dem Dach des alten Rathauses beobachtete. Stand doch erstmals ein Paar in der dortigen Storchenwohnung. Seit Mitte Februar hatte in Dinkelsbühl ein Einzelstorch vergeblich auf Partnerschaft gehofft. Nun schien er oder sie erhört worden zu sein. Eine genaue Kontrolle der Jungvermählten erbrachte eine weitere Überraschung. Der neue Storch war das beringte Weibchen aus Mosbach. Das durfte doch nicht wahr sein! Eine Störchin aus einem Feuchtwanger Ortsteil liiert mit einem Dinkelsbühler Storchenmann! Da keimten alte Erinnerungen auf, die bis in das Jahr 1388 zurückreichten, als Dinkelsbühler Bürger ihre Nachbarstadt in Schutt und Asche legten. Und aus jüngster Zeit sei nur an den Verlust der gynäkologischen Abteilung am Feuchtwanger Krankenhauses erinnert, dessen Nutznießer vor allem die Klinik in Dinkelsbühl werden durfte. Jetzt war also eine Feuchtwanger Störchin drauf und dran in Dinkelsbühl Geburtshilfe zu leisten. Die beiden mussten irgendwo zwischen den genannten Orten an den Ufern der Wörnitz zueinander gefunden haben. Nun stand unsere Mosbacher Störchin in Dinkelsbühl und blickte in das Kameraauge der dort seit wenigen Tagen laufenden Webcam. Man paarte sich sogar und verbrachte die erste gemeinsame Nacht. Doch im Verlauf des folgenden Tages – es war der 16. März – muss sich das Ex-Mosbacher Weibchen nach der Ruhe und Beschaulichkeit des kleinen Feuchtwanger Ortsteils gesehnt haben, denn nun wagte sie ihrerseits einen Entführungsversuch in umgekehrte Richtung und flog mit ihrem Alt-Dinkelsbühler Mann zurück nach Mosbach. Am Abend übernachteten beide zum zweiten Mal gemeinsam, doch jetzt an anderer Stelle. Die Storchendame setzte sich letztlich doch durch. Man blieb nun endgültig in Mosbach, auch wenn beide in den folgenden Wochen immer wieder nach Dinkelsbühl schielten und zur Nahrungssuche bis an den Ortsrand der Stadt der Kinderzeche flogen. In der alten Reichsstadt selbst warteten alle sehnsüchtig auf ein neues Storchenpaar. Leider vergeblich. Als am 28. Mai sich doch noch ein Paar einstellte, war es für eine Brut jedoch schon zu spät. Auf eine solche bereitete sich das Mosbacher Paar dagegen mit aller Macht vor und ab dem 30. März ließen beide Partner das Nest keinen Augenblick mehr unbewacht, ein sicheres Zeichen, dass mit der Brut begonnen wurde. Nach etwa 32 Tagen – so lange dauert es bei den Störchen, bis aus einem Ei Junge schlüpfen - beäugte Ihr Storchenexperte umso aufmerksamer die flache Nestmulde vom Kirchturm aus. Am 2. Mai sah man das erste Köpfchen hochschnellen, als sich Papa Storch für einige Sekunden vom Rest-Gelege erhob. Im gleichen Abstand, wie die Eier gelegt wurden, schlüpften nun weitere Junge, nämlich etwa alle 2 Tage. Am 5. Mai konnte man schon drei neue Erdenbürger ausmachen, ein Blick auf die restlichen Eier war leider nicht möglich. In diese Idylle platzte jedoch eine Schreckensnachricht: Live über Telefon erlebte Ihr Berichterstatter am Nachmittag des 6. Mai heftige Kämpfe des Mosbacher Storchenpaares mit einem Fremdstorch mit. Dieser flog einen Angriff nach dem anderen, wurde aber vom tapferen Mosbacher Männchen – dieses trug die Hauptlast der Kämpfe – immer wieder abgedrängt. Am Ende blieb ein aus zahlreichen Wunden an Beinen, Hals, Bauch und Brust blutender Sieger zurück, während sich das Weibchen den unverletzt gebliebenen Jungen widmen konnte. Bis zum 9. Mai war die Kinderschar auf die stolze Zahl von 5 gestiegen und als am 12. Mai sogar sechs kleine Storchenküken im Nest ausgemacht werden konnten, war die Sensation perfekt. Schon in diesem Moment war klar, dass ein so reichlicher Kindersegen mit vielen Problemen kombiniert sein musste und nie alle überleben konnten. Bereits am folgenden Tag blieb das kleinste Junge verschollen und konnte nicht mehr im Nest festgestellt werden. Einige Tage später, am 19. Mai, fehlte ein weiteres Junge. Beide hatten also die erste Lebenswoche nicht überstanden und waren entweder von den Eltern aus dem Nest geworfen oder gefressen worden. Auch in der Folgezeit blieb eines der Jungen in der Entwicklung deutlich zurück, konnte aber bei den Fütterungen immer noch genug Nahrung abbekommen. Ein großer Tag stand der Storchenfamilie am 3. Juni bevor. Nach 15 Jahren Pause nahm Ihr Chronist als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzell die Beringung, d. h. die Kennzeichnung der Störche wieder auf. Diese wissenschaftliche Methode lässt populationsdynamische Vorgänge transparent werden und leistet wesentliche Beiträge zum Naturschutz. Die ersten Jungen, die wieder beringt wurden, waren nun die vier Mosbacher. Zusätzlich wurden sie auch gewogen, um über die Fitness und den Ernährungszustand Aussagen treffen zu können. Möglich machte diese Aktion die Freiwillige Feuerwehr Feuchtwangen, die ihre Drehleiter zur Verfügung stellte. Nach dem zehnminütigen Einsatz war klar, dass ein Junges – das Nesthäkchen – mit 1700 Gramm Gewicht deutlich leichter war als seine drei Geschwister, die alle über 5 Pfund auf die Waage brachten. Kaum war die Leiter wieder vom Nest abgezogen, landete der Storchenmann ohne Zögern bei seinen Jungen im Nest. Während der Arbeiten hatte er die Szene vom Dach des Mosbacher Kirchenschiffes beäugt. Solche Eingriffe bedeuten keine Gefahr für das Leben der Brut, dürfen aber nur von besonders autorisierten Personen durchgeführt werden. Zuletzt konnte das Quartett am 9. Juni beobachtet werden. Beim nächsten Besuch auf dem Kirchturm am 15. Juni lebte das Kleinste nicht mehr. Es konnte tot am Nestrand ausgemacht werden. Die Eltern hatte es dorthin gezogen und mit Nistmaterial schon fast zugebaut. Damit lebten von sechs geschlüpften Küken nur noch drei und es bestand große Hoffnung, dass sie auch ausfliegen würden. In den ersten Julitagen erwarteten alle bereits die ersten Ausflüge vom Nest, doch es dauerte diese Mal ungewöhnlich lange. Normalerweise verlassen junge Störche im Alter von zwei Monaten aus dem Nest. Diese Zeitspanne war nun längst überschritten, als mit einer Verzögerung von mehr als 14 Tagen am 18. Juli zwei der Jungen erstmals vom Nest abflogen. Diese ersten Ausflüge führten lediglich in die direkte Nestumgebung, also in den Bereich der Wörnitzwiesen um Mosbach. Zwischendurch fand man sich regelmäßig am Nest ein, zur Übernachtung traf man die gesamte Familie immer in ihrem luftigen Domizil. Einer der Jungen wollte seine Geschwister noch nicht so recht auf ihren Ausflügen begleiten. Er zögerte regelrecht, den Absprung zu wagen. Der Grund war bei genauer Betrachtung deutlich sichtbar. An einem Flügel zeigte der Unglückliche ein stark verzögertes Wachstum der für das Fliegen so wichtigen Handschwingen. Dass auch seine Geschwister fast 80 Tage benötigten, um fliegen zu können, lässt vermuten, dass auch bei ihnen infolge fehlender Nährstoffe und einseitiger, häufig mangelhafter Ernährung die Federentwicklung nur schleppend voranging. Am 22. Juli wagte auch der dritte Nestinsasse den Absprung. Jedoch wie befürchtet, kam er nur bis in den Hof des Nachbaranwesens von Familie Rühl. Im Schweinestall endete sein vorerst letzter Ausflug. Da er in diesem Zustand nicht in die „Wildnis“ entlassen werden konnte, kam er bis zum Erlangen der Flugfähigkeit in die Auffang- und Pflegestation für verletzte Vögel des Landesbundes für Vogelschutz nach Ansbach. Dort sollte das weitere Wachstum der Federn beobachtet werden. Fortan sah man nur noch eine vierköpfige Familie in den Wörnitzwiesen zwischen Reichenbach und Tribur – ihrem Lieblingsgebiet - auf Nahrungssuche. Die Erlebnisse der letzten Wochen zeigten, wie schwer es einem Storchenpaar fällt, Junge noch erfolgreich groß zu ziehen. In einer immer lebensfeindlicheren Natur ist die Beschaffung ausreichender Nahrung das Hauptproblem. Als am 26. August die Familie immer noch keine Anstalten machte, den Wegzug ins Winterquartier anzutreten, wagte ihr Schreiber den Versuch einer Familienzusammenführung. Der Pflegling – er war fünf Wochen in menschlicher Obhut – wurde mit dem Auto wieder ins schöne Wörnitztal gefahren und in unmittelbarer Nähe zu seiner Familie, die im Bereich der Kläranlage Siesta hielt, aus der Transportkiste entlassen. Nach seiner langen Gefangenschaft suchte der ehemalige Bruchpilot Schutz an der Umzäunung der Kläranlage, während seine in der Nähe stehenden Eltern und Geschwister kaum Notiz vom „Neuen“ nahmen. Als die Familie aufflog, blieb ihr verlorener Sohn zurück. Mehrere Startversuche endeten kläglich und führten nur wenige Meter weit. Am Tag seiner Freilassung wäre unser Bruchpilot beinahe in der Wörnitz ertrunken und vom Auto überfahren worden. Ein Absturz über einem Maisfeld endete danach ebenso glimpflich. Während die Storchenfamilie auch jetzt nach wie vor im Nest übernachtete, bestand diese Möglichkeit für den Ex-Pflegling nicht. Er verbrachte seine Nächte von nun an auf einem Acker im Bannkreis der Feuchtwanger Spielbank. Mit jedem weiteren Tag wuchs die Flugfähigkeit unseres Sorgenkindes, so dass keine Gefahr mehr bestand, einem Räuber zum Opfer zu fallen. Mehr zufällig kam es im Nahrungsgebiet einige Male zu einer Begegnung mit dem Rest der Familie, jedoch blieben diese Treffen ohne erkennbare Reaktionen. Als bei herrlichem Sonnenschein am 31. August zwei Fremdstörche über Mosbach auftauchten und für einige Aufregung sorgten, war der Zeitpunkt gekommen, Abschied von den beiden Jungen dieses Sommers zu nehmen. Zur abendlichen Übernachtung erschienen sie an diesem Tag nicht mehr. Nur die Eltern flogen am Abend in ihr Nest und entließen damit – wie es bei Störchen ganz normal ist – ihren Nachwuchs allein auf die weite Reise ins Winterquartier. Doch 48 Stunden später waren die beiden Jungen wieder nach Haus zurückgekehrt. Plötzlich standen alle erneut gemeinsam auf ihrer Lieblingswiese und unser Patient schien dabei immer mehr Anschluss zu finden. Von da an sah man ihn tagsüber stets im Kreise seiner Lieben, zur Übernachtung blieb er aber nach wie vor in der Wiese auf dem Boden zurück. Eine neue Variante ergab sich am 6. September. Die Mosbacher Storchenschar hatte sich nicht verkleinert, sondern war um ein Mitglied gewachsen. Ein weiterer Jungstorch hatte sich unter die Einheimischen gemogelt. Auch der Neue war beringt und in diesem Sommer irgendwo in Frankreich geboren worden. Was ihn zu einem Abstecher nach Mosbach bewogen hat, wird sein Geheimnis bleiben. Am Abend musste der Franzose auf dem Dachfirst der alten Molkerei übernachten, während der ehemalige Bruchpilot in der Nähe der Kläranlage auf einer Wiese die Nacht verbrachte. Am 7. September um die Mittagszeit reisten zwei Mosbacher Junge zusammen mit dem französischen Jungen und der Storchenmutter endgültig aus Mosbach ab. Zurück blieben vorerst noch der ehemalige Pflegling mit seinem Vater. In wenigen Tagen wird Ruhe einkehren und die Störche werden aus ihrer Brutheimat verschwinden. Es bleibt zu hoffen, dass sie alle die gefährliche Reise gut überstehen und es im nächsten Jahr ein Wiedersehen in der kleinen Wörnitzgemeinde geben wird.

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Teil 2 Wörnitz

An den zwei größten Flüssen des Landkreises Ansbach, der Wörnitz und der Altmühl, besteht noch immer eine kleine Population des Weißstorchs. Ihren Werdegang verfolgt seit über 30 Jahren der Feuchtwanger Storchenexperte Thomas Ziegler. Seit einigen Jahren berichtet er nach Abschluss des Storchenjahres an dieser Stelle über die Ergebnisse der abgelaufenen Brutsaison. In zwei Teilen werden auch heuer die Ereignisse an den einzelnen Nestern vorgestellt.

Beginnen wir unsere Reise am Oberlauf der Wörnitz im Feuchtwanger Ortsteil Mosbach. Über die Vorgänge dort auf dem Kamin der ehemaligen Molkerei wurden die Leser in einem gesonderten Bericht schon ausführlich informiert. Von sechs geschlüpften Jungen überlebten die Nestlingszeit lediglich drei. Einer der Überlebenden machte bei seinem ersten Ausflug eine Bruchlandung, kam in Pflege, wurde wieder ausgewildert und befindet sich am 8. September zusammen mit seinem Vater immer noch in Mosbach. Seine Geschwister machten sich am 7. September auf die Reise ins Winterquartier.

In Dinkelsbühl wohnt eines der bekanntesten Storchenpaare der Republik. Seit der vergangenen Brutzeit verfolgt eine Kamera neben dem Nest die Vorgänge im Leben von Familie Adebar. Die Bilder werden ins Internet übertragen und können von jedem, der einen Computer mit Internetanschluss besitzt, auf der ganzen Welt empfangen werden. Bisher haben dies unter der Adresse www.storch24.de 230.000 Besucher getan. Eine Bilanz, die sich wahrlich sehen lassen kann. Gab es im vergangenen Jahr noch zweifachen Nachwuchs zu bestaunen, wurde die Geduld vieler heuer auf eine harte Probe gestellt. Von den gegenseitigen Entführungsversuchen zwischen Mosbacher und Dinkelsbühler Störchen wurde an anderer Stelle schon berichtet und der hoffnungsvolle Beginn mit dem Erscheinen eines Männchens am 15. Februar schlug ab 16. März in ein langes Warten auf ein neues Storchenpaar um. Die Kamera offenbarte zahllose Besucher am Nest – es waren über 20 – jedoch erst am 28. Mai stellte sich ein neues Paar ein. Für eine Brut war es da natürlich schon zu spät. Jedoch brachten „die Neuen“ das von den Dohlen im Frühjahr komplett abgetragene Nest innerhalb einer Woche auf Vordermann, so dass es wieder bruttaugliche Züge annahm. Eine Schrecksekunde hatte das Resi und Rudi getaufte Paar noch zu überstehen. Während des schlimmen Hagelunwetters am Abend des 23. Juni ging Resi, die Storchendame, verloren. Ob sie ums Leben kam oder nur wegen eines erlittenen Schocks dem Nest fern blieb, konnte nicht ermittelt werden. Nach langen Tagen des Wartens tauchte am 6. Juli wieder eine Partnerin auf und von da an ging alles seinen gewohnten Gang. Die Unwetternacht hatte auch der Webcam arg zugesetzt. Wasser war ins Gehäuse gedrungen und ließ nur noch „trübe“ Bilder aus dem Storchennest zu. Ein zweifacher Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Dinkelsbühl half, den Schaden zu beheben. Offensichtlich hat das Paar so sehr an Dinkelsbühl Gefallen gefunden, dass es bis Anfang September dem Nest die Treue hielt. Erst ab dem 8. September konnte kein Storch mehr gesichtet werden. Wenn alles gut verläuft, dürfen die Dinkelsbühler im nächsten Jahr ihr Storchenpaar wieder begrüßen. Landschaftspflegeverband, Stadt und Naturschutz haben verschiedene Projekte ins Auge gefasst, die die Nahrungssituation für die Störche im Umkreis des Nestes sichern und verbessern helfen.

Einige Kilometer flussabwärts erreichen wir auf unserer Storchenfahrt Wilburgstetten. 1980 brütete auf dem dortigen Kirchturm zum letzten Mal ein Paar erfolgreich. Danach wurde es still, nur ab und zu hielten sich in den folgenden Jahren Störche für kurze Zeit am Nest auf. Doch heuer wurde alles anders. Der Kirchturm war um einige Meter erhöht worden, ein neues Wagenrad sollte an Stelle der alten Unterlage auf dem Dachfirst befestigt werden. Ihr Berichterstatter bereitete unter Assistenz des Ortspfarrers das neue Storchendomizil artgerecht vor und am 12. April hievte ein Baukran die attraktive Storchenbehausung auf den nun fast 30 Meter hohen Kirchturm. Wegen der immer noch laufenden Bauarbeiten rechnete niemand so recht mit dem Bezug des Nestes. Doch bereits eine gute Woche später wurden die ersten Besucher gesichtet und vom 9. Mai an hielt nach 22 Jahren wieder ein Paar Einzug im Nest. Die verspätete Ankunft sowie die Störungen durch den Baubetrieb ließen ein Brüten jedoch in diesem Jahr nicht zu, machen aber Hoffnung auf Mehr in der kommenden Brutzeit. Bei dem Weibchen des Paares handelte es sich um eine alte Bekannte. Die Ringinschrift machte deutlich, dass die im sächsischen Schkeuditz 1993 geborene Storchendame in den Vorjahren in Weiltingen und Ornbau erfolgreich gebrütet hatte.

Vier Kilometer weiter grüßen Weiltingens Störche vom Kamin des ehemaligen Sägewerks von Heinrich Ströhlein. Sehr früh stellten sich heuer dort die Störche ein. Die bekannte 9-jährige Störchin, sie brütete schon in den vergangenen zwei Jahren in Weiltingen, wurde erstmals am 10. März gesichtet, ein unberingtes Männchen komplettierte eine Woche später das Paar. Anfang April begann die Bebrütung des Geleges, das bei heftigen Kämpfen am 22. April zu Bruch ging. Vier Eier wurden bei den Angriffen eines Fremdstorches über Bord geworfen. Keiner glaubte mehr an eine erfolgreiche Brut in diesem Jahr. Doch das Weibchen zeitigte ein Nachgelege, aus dem in der ersten Juniwoche doch tatsächlich zwei Junge schlüpften und erfolgreich im August das Nest verließen.

Eine weitere frohe Botschaft kann heuer auch aus dem Nest auf dem Kamin der ehemaligen Molkerei in Wittelshofen vermeldet werden.
Dort fand 1994 die bislang letzte Brut statt, ein Jahr später scheiterte eine solche durch den Stromtod eines Altstorches während der Brutzeit. Jetzt zogen um den 20. April Störche ein, bauten das wenig einladende Nest binnen sechs Tagen zu einer wahren Storchenburg aus und begannen zur Freude vieler nach einer achtjährigen Pause mit der Brut. Die Brutzeit verlief ohne jede Aufregung, so dass am 30 Mai die ersten Fütterungen beobachtet werden konnten. Obwohl kein Einblick in das Nest möglich ist, genügte die Tatsache einer Fütterung als Nachweis für das Vorhandensein von Jungen. Nur in einem solchen Fall würgen die Eltern Futter aus Schlund und Magen in das Nestinnere. Es dauerte einige Wochen, bis man sicher sein konnte, dass zwei Junge im Nest heranwuchsen. Auch sie wurden – wie alle anderen im Landkreis Ansbach – am 6. Juli im Alter von etwa fünf Wochen beringt. In den ersten Augusttagen sah man dann häufig vier Störche am Südabhang des Hesselberges in der Thermik in die Höhe gleiten. Wittelshofen war wie das nicht weit entfernte Wilburgstetten nach längerer Unterbrechung wieder in den Rang eines Storchenortes aufgestiegen. Welch großes Potential als geeigneter Lebensraum der Flussabschnitt der Wörnitz in diesem Bereich aufweist, zeigt auch das nur knapp zwei Kilometer von Wittelshofen entfernte Gerolfingen.

Hier war auf Initiative von Günter Losert auf dem Kamin eines ehemaligen Brauereigebäudes im Jahre 1993 eine künstliche Nisthhilfe angebracht worden. Immer wieder besuchten darauf Störche das Nest, die erste erfolgreiche Brut glückte aber erst im Jahr 2000. Einem ausgeflogenen Jungen folgten im Vorjahr deren zwei. Auch heuer schien alles auf einen positiven Bruterfolg hinzudeuten. Bereits Ende März war das Paar komplett und begann in den ersten Apriltagen mit Eiablage und Brut. Ende Mai befanden sich mindestens zwei Junge im Nest. Was danach geschah, liegt im Dunkeln. Weder interessierte Anwohner noch der Besitzer des Nestgebäudes können sagen, wie und wann die Jungen aus dem Nest verschwanden. Es war eines Tages leer und weder unterhalb des Nestes noch im Nest konnten Spuren des Dramas entdeckt werden. Mit Sicherheit haben die Geschehnisse mit dem Auftauchen fremder Störche und deren Nestattacken zu tun. Häufig kommen durch Angriffe von Artgenossen nicht nur Eier, sondern auch schon größere Junge zu Schaden. Diesmal traf ein solches Ereignis das Gerolfinger Storchenpaar. Den ganzen Sommer hindurch sah man in und bei der kleinen Hesselberggemeinde mehrere Störche, die dort Nahrung suchten und abends auf Gebäuden oder Bäumen übernachteten.
Die Tour durch den Landkreis endet in Wassertrüdingen, kurz bevor die Wörnitz in den Regierungsbezirk Schwaben überwechselt und damit mittelfränkisches Gebiet verlässt. Es ist auch erst sechs Jahre her, dass auf dem Giebel eines hohen Lagerhauses am Rande der Altsstadt eine Nisthilfe für Störche angebracht wurde. Bereits zwei Jahre später fand 1998 die erste Brut statt und so erfolgreich ging es in den nächsten Jahren weiter. Bis einschließlich 2001 flogen 9 Jungstörche in Wassertrüdingen aus. Doch heuer schien die Brut zunächst unter keinem glücklichen Stern zu stehen. Das Weibchen des Paares, das bereits in der ersten Aprilwoche das Nest besetzte, trug im Gegensatz zu den letztjährigen Storchendamen in Wassertrüdingen den Ring einer Vogelwarte, war also neu in der Wörnitzstadt. Als am 23. April bei heftigen Kämpfen Eier aus dem Nest geworfen wurden, musste schon mit dem Schlimmsten gerechnet werden. Offenbar hatte sich bei den Auseinandersetzungen um das Nest ein neues Weibchen, vielleicht sogar ein neues Paar durchgesetzt, denn anschließend trugen beide Partner keinen Ring mehr. In der neuen Zusammensetzung zeitigte man ein weiteres Gelege, aus dem zwei Junge schlüpften und im August auch ausflogen.

Blicken wir noch einmal schnell an den Oberlauf der Wörnitz zurück und wenden uns einem kleinen Nebenfluss, der Ampfrach, zu. Kurz vor ihrer Mündung in die Wörnitz kam es heuer in Unterampfrach zu einer Neuansiedlung. Anfang Mai ging es wie ein Lauffeuer durch die Ortschaft: Störche sind da! Ihr Hauptinteresse galt den Holzmasten der innerörtlichen Stromversorgung. Dort ruhten und übernachteten sie, bis eines Tages einer – offensichtlich ein Männchen – auf einem dieser Masten ein Nest zu errichten begann. Leider sah der Energieversorger keine Möglichkeit, das Nest in dieser Form auf dem Holzmasten zu belassen. Es wurde entfernt! In einer beispiellosen Gemeinschaftsaktion zahlloser Anwohner wurde auf einem Nachbargrundstück ein alter Maibaum mit einem Wagenrad aufgestellt, jedoch von Adebar nicht angenommen. Statt dessen baute er erneut auf seinem Lieblingsplatz weiter, bis das Stromunternehmen die Leitungen entfernte und den Mast in den Besitz der Gemeinde Schnelldorf überführte. Die Isolatoren beließ man am Mast, so dass eine kleine Auflage für Äste und Zweige vorhanden war. Nach einigen Tagen Pause – der verbliebene Einzelstorch hatte im benachbarten Zumhaus einen ähnlichen Versuch gestartet – kam er reumütig nach Unterampfrach zurück und baute auf dem Mast auf dem Grundstück der Familie Kraus abermals ein Nest. Schon heute warten die Unterampfracher gespannt auf das kommende Frühjahr in der Hoffnung, dass sich erstmals auch Nachwuchs einstellen möge.

Von diesem Wunsch sind auch die Einwohner Schopflochs beseelt. Die Nisthilfe auf dem dortigen Rathaus erlebte auch in diesem Jahr gelegentlich Storchenbesuch, eine längere Verweildauer, die sogar einmal eine Brut erwarten ließe, zeichnete sich leider wieder nicht ab.

Insgesamt erlebten die Storchenorte an der Wörnitz einen seltenen Boom. Mit sage und schreibe sieben Brutpaaren wurde ein Ergebnis erreicht, das seit Menschengedenken nicht mehr erzielt werden konnte. Allerdings soll bei aller Freude nicht verkannt werden, dass nur vier Paare erfolgreich brüteten und insgesamt nur 9 Junge ausflogen. Gerade die letzten Zahlen zeigen den geringen Bruterfolg unserer Störche. Unter diesem Aspekt muss mit allem Nachdruck am Erhalt bestehender Lebensräume festgehalten und um die Verbesserung potentieller Nahrungsgebiete gekämpft werden. Nur so kann es gelingen, bessere Brutergebnisse vorweisen zu können und den Bestand auf einem ähnlich hohen Niveau zu halten wie zuletzt.

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Teil 3 Altmühl

Im zweiten Teil berichtet unser Mitarbeiter und Storchenexperte Thomas Ziegler aus Feuchtwangen über die Geschehnisse um die Storchennester an der Altmühl. Vom Oberlauf folgen wir seinen Spuren bis ins Wiesmet, dem größten Wiesengebiet ganz Nordbayerns, bei Ornbau.

Bereits wenige Kilometer nach ihrem Ursprung durchfließt der größte Fluss des Landkreises, die Altmühl, ein weites Wiesental. Gespeist von zahlreichen kleineren Nebenflüssen erreicht sie an Colmberg vorbei fließend den kleinen Ort Meuchlein. Als sich hier spontan 1995 ein Storchenpaar erstmals angesiedelt hatte, kam es im darauf folgenden Jahr zur bisher einzigen Brut mit einem ausfliegenden Jungen auf der Dunstabzugshaube einer Scheune. Seither blieb das Nest verwaist und verfiel immer mehr. Eine künstlich geschaffene Nisthilfe auf dem Dach des Feuerwehrgerätehauses wurde nicht angenommen. Doch heuer kam es während einiger Tage im Juni zu regelmäßigen Besuchen eines Einzelgängers. Die Gegend um Meuchlein bietet jederzeit die Möglichkeit für ein Wiederaufleben der erst kurzen Storchentradition.

Einige Kilometer weiter thront schon Jahrzehnte lang auf dem Schlauchtrocknungsturm des Feuerwehrgerätehauses in Leutershausen ein besetztes Storchennest. Seit dem vergangenen Winter bleibt das Weibchen des Paares seiner fränkischen Wahlheimat auch in der kalten Jahresszeit treu. Die mittlerweile 18 Jahre alte Storchendame erhielt ihren Ring 1984 als Küken in einem Nest in Hunawihr im Elsass. Bereits im vergangenen Jahr brütete die Störchin in Leutershausen und zog zwei Junge auf. Selbst die kalte und schneereiche Witterungsperiode um die Weihnachtszeit machte unserer Dame keine Probleme. Sie verbrachte in dieser Zeit viele Tage und Nächte auf dem Kamin eines Einkaufsmarktes vor den Toren der Stadt. Bereits im vergangenen Jahr brütete die Störchin in Leutershausen und zog zwei Junge auf. Am 23. März wurde ihr Warten auf einen Partner erneut belohnt. Ein Männchen fand sich ein. Auch dieser Storch trug einen Ring und es stellte sich heraus, dass unsere Französin einen neuen Partner gefunden hatte. Der Neue hatte seinen Ring 1996 in Forst in Nordbaden in der Nähe von Karlsruhe erhalten. Die beiden verstanden sich schnell und einer Brut stand nichts mehr im Wege. Um die Monatswende Mai/Juni jedoch kam es zum Verlust mehrerer kleiner Junge. Weshalb sie starben, blieb ungeklärt. Da für die Eltern von da an weniger Aufgaben zu bewältigen waren, sah man sie an manchen Tagen überhaupt nicht mehr am Nest. Man darf gespannt sein, ob das Weibchen auch den kommenden Winter in seiner fränkischen Wahlheimat zubringen wird.

In Neunstetten auf dem Wohnhauskamin von Familie Paul Rupprecht befindet sich seit Menschengedenken ein bewohntes Storchennest. Im letzten Jahr kam es während der Brutzeit durch einen Stromunfall zum schmerzlichen Verlust eines Storchs, so dass die Brut verloren ging. Auch heuer musste man bis in die letzten Apriltage warten, ehe sich Störche am Nest zeigten. Die Paarbildung vollzog sich jedoch ungemein schleppend, alle Nestbauversuche unterblieben und nach drei Wochen zogen beide zu der Nisthilfe auf dem benachbarten Autohof sowie zu der auf einer Werbeanlage des benachbarten Rastmarktes unmittelbar an der Autobahnauffahrt. Was die beiden zu diesem Ortswechsel veranlasst hatte, bleibt deren Geheimnis. Das Männchen – so wies es der Ring aus, den es trug – war in den vergangenen fünf Jahren Brutvogel in Leutershausen. Bei seiner verspäteten Ankunft heuer fand er das Nest dort bereits von einem anderen Männchen besetzt vor und wich darauf auf das nächste noch freie Nest in Neunstetten aus. Während des gesamten Sommers machten beide keine Anstalten für eine Brut, sondern pendelten meist zwischen dem Autohof und dem Kaminnest in Neunstetten hin und her.

Seit Jahrhunderten ziert das Stadtor von Herrieden – auch Storchentor genannt - ein Storchennest. In dieser attraktiven Kombination zählt es wohl zu den meist fotografierten Motiven in der Altmühlstadt. Blieb es im vergangenen Jahr nur bei vorübergehenden Besuchen von Störchen, zeigten sich heuer bereits im März immer wieder einzelne Besucher. Aber keiner blieb länger oder hatte ernsthafte Absichten. Erst Ende April fanden sich schließlich zwei Störche, die es miteinander versuchen wollten. Das Männchen gehörte schon im letzten Jahr zu den Besuchern des Nestes. Sein Ring stammt von einem Züchter, dessen Herkunft nicht ermittelt werden konnte. Auf alle Fälle wurde der Herrieder Storchenmann in Gefangenschaft geboren. Seine Partnerin kommt aus Frankreich, der Geburtsort sowie das Geburtsjahr sind noch nicht bekannt. In den ersten Wochen sorgten die beiden für einige Aufregung in der Umgebung des Domizils des Reitvereins. Hier wurden reihenweise Fensterscheiben attackiert, in denen die Störche in ihrem Spiegelbild vermeintliche Rivalen zu erkennen glaubten. Aus dem gleichen Grund wurden Autos bestiegen und munter auf die Karossen eingehackt. Auch zeigten sie sich gegenüber Menschen so zutraulich, dass sich Eltern eher an Hitchcocks Filmklassiker „Die Vögel“ erinnert sahen und sich um das Wohl ihrer Kinder sorgten. Diese Verhaltensweisen belegen eindeutig, dass vermutlich beide Herrieder Brutstörche in engem Kontakt mit Menschen groß wurden. Mit fortschreitender Brutzeit legte sich diese Unart immer mehr und als das einzige Junge zu versorgen war, blieb für derartige Eskapaden keine Zeit mehr. Das Junge flog aus, nicht ohne zuerst eine Bruchlandung in den engen Gassen der Altstadt hinter sich gebracht zu haben. Beherzte Anwohner fingen es kurzerhand ein und trugen es vor die Stadt. In den weiten Wiesenflächen gelang der Neustart problemlos.

Bis zum nächsten besetzten Storchennest muss man eine weite Strecke Altmühl abwärts reisen. Vorbei an den Nestern in Rauenzell und Großenried, die heuer unbesetzt blieben, erreichen wir das von einer Stadtmauer umgebene Ornbau. Dort grüßt schon von weitem sichtbar auf dem Kamin eines aus der Barockzeit stammenden Wohnhauses in der Altstadt die in diesem Jahr abermals besetzte Storchenbehausung. Beide Störche des letztjährigen Paares kamen nicht mehr nach Ornbau. Das Männchen blieb verschollen, das Weibchen wanderte – wie bereits im Bericht über die Wörnitzstörche erwähnt – nach Wilburgstetten ab. Die beiden Neuen hatten zu Beginn der Brutzeit mit einem Baukran zu „kämpfen“, dessen Ausleger immer wieder dem Nest bedrohlich nahe kam. So verwundert es nicht, dass das Weibchen bei der Eiproduktion etwas sparsamer zu Werke ging. Als das einzige geschlüpfte Junge im Alter von gut drei Wochen am 17. Juni einen Ring der Vogelwarte erhielt, fand ihr Chronist außerdem noch ein unbefruchtetes Ei im Nest vor. In den ersten Augusttagen flog das Junge aus.

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Ornbauer Nest haben Störche vor sechs Jahren auf einem ausgedienten Kamin innerhalb der Landwirtschaftlichen Lehranstalten in Triesdorf ein Nest gebaut. Seither blieb der Bruterfolg eher bescheiden. Doch heuer landete das Paar einen Volltreffer. Während das Weibchen eine alte Bekannte war - sie hält dem Triesdorfer Nest seit 1997 die Treue und wurde, wie die Beringung ausweist, im Jahre 1993 geboren – handelte es sich beim Männchen um einen Storch, der vorher noch nicht in Triesdorf beobachtet worden war. Sein Leben begann 1998 in Riedhausen in Südwürttemberg. Als Vierjähriger brütete er mit seiner 9-jährigen Partnerin zum ersten Mal. Am 22. Mai konnten die ersten Fütterungen beobachtet werden. Vier Junge wuchsen heran, ehe am 16. Juni das Nesthäkchen aus dem Nest geworfen wurde. Während seine Geschwister am 17. Juni, dem Tag der Beringung, um die fünf Pfund auf die Waage brachten, war der Unglückliche weniger als drei Pfund schwer. Dieser große Gewichtsunterschied erklärt vielleicht das Schicksal des kleinsten Jungen. So wird wenigstens gewährleistet, dass sich Nahrungsengpässe nicht auf noch mehr Junge negativ auswirken. Die drei Jungen, die das Triesdorfer Paar heuer zum Ausfliegen brachte, stellen trotzdem einen neuen Rekord seit Bestehen des Nestes dar.

Ziehen wir für die Altmühlstörche im Landkreis Bilanz, fällt diese heuer sehr trübe aus. Bei fünf Paaren kam es nur in drei Fällen zu erfolgreichen Bruten. Mit nur fünf ausfliegenden Jungen wurde gleichzeitig eine dramatisch niedrige Nachwuchsrate erzielt. Vergleicht man die Entwicklung an den beiden Flüssen in den vergangenen Jahren, so fällt auf, dass an der Wörnitz ein deutlicher Aufwärtstrend und eine gleichzeitige Stabilisierung des Bestandes eingetreten sind. Dies hängt, wie zahlreiche Ablesungen von Ringstörchen belegen, mit einer deutlichen Bestandserholung der sogenannten Weststörche zusammen. Vor allem massive, nicht immer unumstrittene Stützungsmaßnahmen haben den Bestand in Baden-Württemberg innerhalb von zwei Jahrzehnten von etwa 20 Paaren auf weit über 200 ansteigen lassen. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch im benachbarten Frankreich ab, wo durch Wiedereinbürgerungsversuche vor allem im Elsass sich die Bestandszahlen vervielfacht haben. Letztlich profitieren andere Landesteile im Westen Frankreichs von einer massiven Erhöhung der Brutpaarzahlen in weiten Teilen Spaniens. Der dadurch gestiegene Populationsdruck lässt junge Störche zur Brut verstärkt in Gebiete östlich ihres Geburtsortes vordringen, die noch günstige Biotope bereit halten. Und letztlich haben sich in den vergangenen Jahrzehnten die Überlebensbedingungen in den Überwinterungsgebieten immer weiter verbessert. Die frühen Ankunftsdaten einiger Störche lassen weiter den Schluss zu, dass die Westzieher – und bei den Wörnitzstörchen handelt es sich überwiegend um solche – verstärkt bereits in Südspanien überwintern und sich den Flug bei Gibraltar über das Mittelmeer sparen. Offene Müllkippen im Bereich großer Städte haben sich zu nie versiegenden Nahrungsquellen entwickelt, an denen Tausende von Störchen das Winterhalbjahr verbringen.

In diesem Frühjahr kam es nach 1997 erneut auf dem Zugweg, den die Ostzieher befliegen, zu dramatischen Wetterbedingungen, die ein Vorwärtskommen kaum oder nur schwer ermöglichten. Viele Störche wurden in Anatolien und später auch auf dem Balkan so lange aufgehalten, dass die Ankunft im Brutgebiet zu spät erfolgte oder eine Zugumkehr eintrat. Unabhängig von diesen nicht hausgemachten Unbilden bietet die Altmühl durchaus noch Lebensraum für einige Brutpaare mehr. Gerade im Gebiet um Großenried lohnen sich Investitionen in eine Verbesserung der Lebensraumsituation. Auch das Wiesethtal zwischen Wiesethbruck und Taugenroth sowie alle Ortschaften, die an das Wiesengebiet Wiesmet südlich von Ornbau grenzen, bieten noch in reichem Maße Eigenschaften, die den Ansprüchen des Weißstorchs voll genügen. Auch dort sollten bestehende Strukturen wie Flutmulden, flache Grabenverläufe sowie eine extensive Bewirtschaftung von Wiesenflächen erhalten werden. Wo diese noch nicht bestehen, sollte über die Schaffung solcher Maßnahmen nachgedacht und diese verstärkt zur Anwendung gebracht werden. Solche Bemühungen kommen letztlich nicht nur dem Storch zugute, sondern führen zu einer artenreicheren Lebensgemeinschaft, die auch Pflanzen und allen Tierklassen ein besseres Auskommen sichert.

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Thomas Ziegler


 

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