Storchenkamera
 
Storchentagebuch 2003
...was bisher geschah

Teil 13

13. Jul. 03

 

Ein schlechtes Gewissen habe ich schon ein wenig, wenn ich Sie nun zum letzten Mal aufrufe, wenn Sie es bis heute nicht eh schon getan haben, Namensvorschläge für unsere vier Jungen im Nest einzureichen.


Wir möchten jetzt endlich unsere Namen!

Zu spät ist es noch nicht, aber bevor der erste ausfliegt, sollten wir es hinter uns gebracht haben. Für lebensnotwendig halte ich persönlich die Namen nicht, doch wäre es eine feine Sache, wenn wir es bis zum 20 Juli schaffen. Dieser Montag der nächsten Woche ist der Haupttag des großen Dinkelsbühler Heimatfestes, der Kinderzeche. An diesem Montag werden wir die Siegernamen bekannt geben und damit dieses Kapitel abschließen. Zwei Mädchen- und zwei Bubennamen sollten gewählt werden. Ich tendiere mehr zu Vorschlägen, die in die fränkische oder gar Dinkelsbühler Szene passen. Da fallen mir spontan Namen wie Lore, Hilde, Otto, Ernst, Fritz, Emma, Martha, Ulrich, Helmut, Luise, aber auch Wolfgang, Thomas, Ingrid, Edith und noch viele andere ein. Kurzum: Am Montag erscheinen hier die Namen. Ich werde sie den einzelnen Ringnummern zuordnen, so dass man sie später auch verfolgen kann. Der Storch mit der Nummer A 1995, er schlüpfte wahrscheinlich als erster (er war zumindest beim Beringen der schwerste Jungstorch) sollte einen Bubennamen erhalten, ebenso der kleinste mit der Nummer A 1994 (geboren am 27. Mai). Die beiden mittleren Störche werden demzufolge die Mädchennamen tragen. (A 1992 und A 1993, geboren am 25. Mai bzw. am 26. Mai)

14. Jul. 03

Traumhaftes Wetter auch zum Wochenbeginn! Die sehr trockene Luft sowie der kräftige Ostwind lassen die Temperaturen über 25 Grad so richtig angenehm erscheinen. Keine Spur von Schwüle! An meinen gestrigen Aufruf zur Namensfindung unseres Quartetts möchte ich noch einmal erinnern. Am Montag erscheinen die Namen im Tagebuch und mir ist dann wieder ein Stückchen wohler in meiner Haut. Unsere beiden Zwillinge, geschlüpft am 25. Mai, werden heute 50 Tage alt. Was sich in diesen Tagen ereignet hat – vom 80 Gramm schweren Küken zum 3300 Gramm schweren, fast flugfähigen Jungstorch, der seinen Eltern kaum noch in irgendeiner Beziehung nachsteht – lässt einen schon immer wieder staunen.

Wann gibt es wieder Futter? Rückansichten

Die Krönung des Ganzen versteckt sich für uns in der kleinen Zugabe, dass man alles noch gratis und live von zu Hause verfolgen kann. Als die Storchenkamera in Vetschau als erste ihres Zeichens mit einer Live-Übertragung aus dem Storchennest begann und die Dinkelsbühler ihrerseits im Jahre 2001 folgten, gab es vielleicht eine Hand voll ähnlicher Einrichtungen auf der Welt, die einen Blick in ein Storchennest zeigten. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass man mit Bildern aus der Kinderstube des Nationalvogels der Deutschen und zudem noch Kinderbringer auch vorzüglich Werbung für allerlei Produkte betreiben kann. Seitdem schießen Storchenkameras wie Pilze aus dem Boden und auf meinem PC und auf vielen anderen meiner Leserschaft sind die Adressen von weit über 20 Storchenkameras gespeichert. Technisch wäre es sicher keine Schwierigkeit, jedes Storchennest mit einer Kamera auszustatten und in irgendein Gebäude oder Zimmer, sei es auch nur die Küche des Nestbesitzers, Live-Bilder zu übertragen. Mit wenigen 100 Euros sind Sie dabei. Kostenintensiver ist da schon die Übermittlung der Daten via Internet auf jeden PC mit einem derartigen Anschluss. Da kommen dann je nach Bildfrequenz und abgerufener Datenmenge einige 100 Euro im Monat an reinen Übertragungskosten zusammen. Was bringt es aber dem Storch oder seinem Lebensraum, wenn 100 Kameras von früh bis spät auf ihn gerichtet sind und eine mehr oder weniger kleine Schar von Interessenten mal schnell durchzappt? Es bringt nichts! Es sei denn, die Seite wird regelmäßig betreut, über das Geschehen wird ausführlich berichtet, es wird Platz für Diskussionen geboten und klare Ziele werden definiert. Legt man diese Kriterien an, bleibt im derzeitigen Angebot an Storchencams maximal eine Hand voll übrig, die diese Kriterien mehr oder weniger gut erfüllt. Sollte man nicht die Einwahl auf alle Storchencam-Seiten mit der Zahlung einer Gebühr verbinden, die dann in den Storchenschutz und in die Verbesserung des Lebensraumes unserer Lieblinge fließt? Für diverse Sex-Angebote sind doch Millionen von Mitbürgern auch bereit, größere Beträge im Monat auszugeben. Wie wäre es mit 6 € im Monat für alle, die ins Dinkelsbühler Nest blicken wollen? Dafür wird dann allerdings auch das Beste vom Besten geboten. Störungsfreier Liveton, interaktive Kameraführung für jeden, Zoomen und Schwenken der Kamera in alle Richtungen vom heimischen PC aus, Naheinstellung bis ins Storchenauge und, und.... Lassen Sie sich meine Gedanken einfach ein wenig durch den Kopf gehen! Vor zweieinhalb Jahren, als ich meine Mitarbeit beim Projekt „Storchenkamera“ begann, stand ich durchaus skeptisch diesem Unterfangen gegenüber. Meine Skepsis hat sich auch bis heute nicht gelegt und ist durch die jüngsten Ereignisse ja irgendwie bestätigt worden. Man macht sich als Mit-Verantwortlicher eines solchen Internet-Angebotes natürlich angreifbar, wenn man meist fachlich Unkundigen und nur den Schönheiten der Natur Aufgeschlossenen erklären muss, warum man diesen oder jenen Storch verhungern lässt oder in diesem oder jenen Fall am Nest nicht eingreift. In diesen Momenten ist es selbst für Naturschutzverbände schwer oder gar unmöglich, Stellung zu beziehen, da diese Verbände ihre Mitglieder zum Großteil aus Tierliebhabern rekrutieren. Massenweise Austritte wären die Folge und damit erübrigt sich eine weitere Diskussion. Somit bin ich kein Freund einer weiteren Webcam am Mosbacher Storchennest, auch wenn Linda sich im Gästebuch eine solche durchaus vorstellen könnte. Wenn sich jemand findet, der alles bezahlt, betreut usw., dann kann wahrscheinlich kein Mensch eine solche verhindern. In der freien Marktwirtschaft zählt der Grundsatz: Konkurrenz belebt das Geschäft! Und ich rechne in den nächsten Jahren nicht mit einer kleineren Zahl von Storchencams, sondern im Gegenteil: Die Zahlen werden sich weiter erhöhen. Vielleicht werden es in der nächsten Brutzeit bereits 30, 40 oder gar 50 sein. Doch wird sich am Schluss die Qualität durchsetzen! (Wer jetzt schon wieder Böses denkt, ist selber schuld und sollte besonnen reagieren!) Es bleiben ganz wenige übrig, auf die sich die Seher konzentrieren. Der Rest wird „mitgenommen“, bleibt unattraktiv und erscheint lediglich als simpler Werbeträger für Gaststätten, Hotels, Brauereien, Gartenbaubetriebe, Elektro-Fachgeschäfte, Autohäuser usw. Bei einigen erfährt man wenigstens, dass es sich bei den Bildern um Bilder aus einem Storchennest handelt. Das ist ja schon wenigstens etwas und mehr wollen die meisten Seher auch gar nicht wissen. Werbung (Sie sehen, wie vorsichtig ich bin!) mit Tieren und hier mit dem emotional positiv besetzten Storch ist durchaus legitim und wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich mich ihrer möglicherweise auch bedienen. Über Diskussionsbeiträge zur Thematik „Für und Wider Storchencams“ freut sich Ihr Tagebuchschreiber. Auf alle Fälle sollten meine Gedanken ein wenig dazu beitragen, die Sichtweise dessen, was technisch machbar und letztlich sinnvoll ist, zu schärfen und bei aller Euphorie Prioritäten zu gewichten.

15. Jul. 03

Natürlich wird es die Dinkelsbühler Storchenkamera im nächsten Jahr noch gratis geben. Doch absolut sicher kann man in solchen Dingen allerdings nicht sein, zu viel kann bis dahin noch passieren. Ob sich Ihr Tagebuchschreiber dem Stress noch eine weitere Saison unterziehen will und kann, ist dabei ebenso fraglich. Davon sind jedoch die Seher in keiner Weise berührt, denn viele ähnliche Kamerabeispiele zeigen zur Genüge, dass es ohne ein Tagebuch auch nicht schlechter läuft.  Deshalb bleibt eine Zukunft – zum Glück für alle – unvorhersehbar und so sollten wir auch weiter denken. Warten wir gemeinsam die nächsten Monate ab und freuen wir uns, wenn es bei der bisherigen Lösung und dem kleinen Team um die Website bleibt.

Dass ich das mit einer monatlichen oder sonst wie gearteten Gebühr erwähnte, war nur ein Gedanke in eine mögliche Zukunft. Ein normaler Zugriff auf die Kamera wird sicher frei von jeder Zahlung bleiben, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass man den Zugriff auf ein Live-Bild in Fernsehbildqualität oder auf andere Sonderkonditionen mit einer kleinen Spende verbinden könnte. Alles Zukunftsmusik, aber man darf sich ja so seine Gedanken machen. Auch unser kleinster Jungstorch hat nun die siebte Lebenswoche vollendet und strebt zusammen mit seinen Geschwistern dem Ausflugtermin entgegen. Eine ernsthafte Gefahr droht dem Quartett bis dahin nicht, es sei denn die angekündigten schweren Gewitter des morgigen Abends treffen auch unser Nest. Vor allem ein Junges ist seinen Geschwistern in Fragen der Bewegungsfreudigkeit und Aktivität deutlich voraus. Es ist auch von der Statur her am größten. Es hat die längsten Beine und überragt alleine dadurch die drei verbleibenden Jungen um ein gutes Stück. Auch scheinen sich zwei Pärchen heraus zu kristallisieren. Und ich möchte annehmen – ohne irgendwelche Beweise dafür zu haben – dass wir es tatsächlich mit zwei weiblichen (die beiden kleineren Jungen) und mit zwei männlichen Störchen (die beiden größeren) zu tun haben. Die Beinlänge ist es, die diesen eklatanten Größenunterschied ergibt und die auch im Erwachsenenalter zur Geschlechterunterscheidung dienen kann.

Ich bin hier der Chef! Sitzen bleiben!
Georg in Bedrängnis
Aufsteigende Linie Breit aus die Flügel beide!
Jetzt müssen wir uns schon ducken,
wenn einer übt!
Spieglein, Spieglein
an der Wand

 

16. Jul. 03

Die Hitze erreichte heute wieder einmal ihren vorläufigen Höhepunkt und mit einigem Herzklopfen sah ich der Wetterentwicklung des Nachmittages entgegen. Als sich gegen 18 Uhr der Himmel verdunkelte und Regen und Wind einsetzten, beobachtete ich das Nest besonders intensiv. Doch nach einer guten Stunde war alles vorüber und Nest und seine Besatzung wohlauf. Schon clever, wie sich die Jungen zu Beginn des Unwetters ins Nest kuschelten und in dieser Position über eine Stunde mehr oder weniger regungslos verharrten.

Vorbereitungen auf das Gewitter... ...langsam Köpfe runter!..
...und nun flach in die
Nestmulde legen!
Nun hat das Unwetter den Höhepunkt erreicht!

Kurz nach 19 Uhr erhob sich der erste Junge wieder, ein sicheres Zeichen, dass das Schlimmste vorüber war.


Hej, Kumpels!
Das Schlimmste ist vorbei!

Mit dem Aus-dem-Bild-Wachsen der Jungen veränderte ich heute die Kamerabrennweite und fuhr den Zoom erneut ein Stückchen zurück, so dass nun wieder etwas mehr Paulskirche und etwas mehr Giebel zu sehen sind. Ich hoffe, mit dieser Zwischenlösung eine Verbesserung erzielt zu haben, die aber wieder nur einige Tage Bestand haben wird und dann weiter zurückgenommen werden wird. Ihr Tagebuchschreiber verließ gegen 13 Uhr das Haus und machte sich auf eine Tour in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Bei 32 Grad Hitze galt es in Dinkelsbühl die neue Kameraeinstellung vorzunehmen, ehe um 14 Uhr beim Seniorenkreis der evangelischen Kirchengemeinde in Weiltingen ein Vortrag mit dem Thema „Der Storch in Franken“ anstand. Über 50 Seniorinnen und einige Senioren waren in der kleinen Storchengemeinde an der Wörnitz zusammen gekommen. Die drei Jungen des Paares waren bei meiner Ankunft schon nicht mehr im Nest. Statt ihrer hatten es sich die beiden Eltern im Nest gemütlich gemacht und ihre drei Jungen vor den Toren des Marktes zurückgelassen. Fünf Minuten vorher – bei der Durchfahrt durch Wilburgstetten – konnte ich die beiden noch nicht flugfähigen Jungen des Paares in Wilburgstetten auf dem Kirchturm in guter Verfassung, aber noch nicht flugfähig, in Augenschein nehmen. Die Senioren im Gemeindehaus von Weiltingen folgten meinen Ausführungen begeistert, doch aus dem anschließenden Kaffee-Trinken wurde für mich nichts. Ein weiterer Termin, diesmal ein Pressegespräch, wartete um 15 Uhr 30 auf mich. Schnell die wenigen Kilometer hinüber nach Gerolfingen – auch dort stand ein Storch im Nest, seine Jungen waren bei schweren Horstkämpfen ums Leben gekommen. Mittlerweile kletterte die Quecksilbersäule auf satte 34 Grad und mit einem Vertreter der Fränkischen Landeszeitung, einer Reporterin des Lokalsenders Radio8, Helmut Altreuther, Geschäftsführer der Kreisgruppe Ansbach im Bund Naturschutz und Thomas Joas, Ortsvorsitzender des BN Dinkelsbühl und zweiter Vorsitzender der Kreisgruppe Ansbach ging es ins kleine Paradies, für das im Anschluss an den Tagebucheintrag auch so schön geworben wird. Dies tun in den nächsten Tagen in dankenswerter Weise auch die Lokalzeitung und der lokale Radiosender. Unser Projekt schlägt also weitere Wogen und für die nächste Woche haben sich zwei Kamerateams des Bayerischen Fernsehens angesagt, um die Störche im Wörnitztal zu besuchen und über sie zu berichten. Als regelmäßige Leser des Tagebuches werden sie natürlich auf dem Laufenden gehalten und exklusiv über alles Weitere aus erster Hand informiert. Bei einem Rundgang über „unsere“ Fläche staunte ich abermals über den Reichtum an zoologischen und botanischen Kostbarkeiten, den das „kleine Paradies“ auch angesichts der extremen Trockenheit immer noch bot. Dieses Gebiet in seiner Reichhaltigkeit zu erwerben, bedeutet natürlich einen großen Vorteil gegenüber einer Fläche, die man erst mühsam und mit großem finanziellen Aufwand nach seinen „Bedürfnissen“ umgestalten muss. Mit dem Kauf wird mindestens der „Ist-Zustand“ beibehalten, dem sonst möglicherweise eine Entwertung durch eine drohende Nutzung oder Teilnutzung blühen könnte. Bei der Heimfahrt kurz nach 17 Uhr waren im Westen schon die ersten Gewitterwolken aufgezogen und als ich zu Hause einen Blick ins Dinkelsbühler Storchennest warf, hatte sich der Himmel ziemlich verdunkelt und unser Quartett mit Benjamin und Lore bereiteten sich auf alle Eventualitäten vor. Als einige Windböen das Nest mehrmals Male kräftig durchschüttelten, hatten sich unsere „Fab Four“ bereits flach gelegt. Eine Stunde änderte sich daran nichts. Erst mit Abzug des Gewitters kam – wie beschrieben – wieder Leben in die Bude. Und bald darauf deutete nichts mehr auf das kürzlich tobende Gewitter hin. Die Sonne allerdings blieb bis zum Einbruch der Nacht verborgen, die Temperatur war auf angenehme 18 Grad gefallen.

Barbara erwähnte in den frühen Vormittagsstunden im Gästebuch eine Beobachtung vom ersten Abheben eines Jungen aus unserem Quartett, sie nennt ihn den „Großen“. Er ist es auch, den ich schon seit Tagen als den Aktivsten und Fleißigsten beim Üben beobachten konnte. Wenig später konnte ich für mich ebenfalls den ersten Luftsprung im Bild festhalten. Bei der Höhe und der Körperhaltung gibt es für mich keine andere Erklärung als die: Beide Beine müssen den Boden verlassen haben, auch wenn man die Zehen leider nicht sehen kann und diese von einem Geschwisterchen verdeckt sind.

Mit einem Bein bin ich schon mal
vom Boden weg!
Nun bin ich wieder gelandet!
Probiert´s doch auch einmal!
Hallo, ich schwebe richtig!

Also in den nächsten Tagen das Hauptaugenmerk auf diese Luftsprünge richten, die schließlich so hoch führen werden, dass man von Benjamin, Lore und den anderen nur noch die Zehen oder vielleicht gar nichts mehr sehen wird! Doch ganz ruhig bleiben! Der erste richtige Ab- und Ausflug wird schon noch mindestens eine Woche dauern. Werben Sie in Ihrem Bekannten- und Freundeskreis gerade wegen der zu erwartenden spektakulären Beobachtungen noch einmal kräftig für unsere Internetseite. Es sollten so viele Menschen wie möglich an diesen beeindruckenden Szenen teilhaben können.

Da hinten muss
Papa bald kommen!
Na endlich! Wir haben schon
einen riesigen Hunger!

 

17. Jul. 03

Auf der Landkreisseite unserer Lokalzeitung, der „Fränkischen Landeszeitung“ erschien bereits heute ein Bericht über unsere gestrigen Stippvisite zum neuen Storchenbiotop bei Gerolfingen. Ich lege Ihnen den Zeitungsausschnitt im Tagebucheintrag zum Studium mit bei. Damit verbinde ich einen neuen Aufruf, für das unten ausführlich dargestellte Projekt des Bund Naturschutz zu spenden, um den Ankauf bald unter Dach und Fach bringen zu können.

Im Storchennest auf dem alten Rathaus geht es weiter rund. Auch im Gebäude selbst herrscht seit Tagen rege Betriebsamkeit. In einigen Räumen im Inneren des alten Rathaus befindet sich nämlich die Kleiderkammer für das am Wochenende steigende große Heimatfest. Alles in und um die Stadt steht dann ganz im Zeichen der Vorbereitungen für die morgen beginnende Kinderzeche. Den Hintergrund für das Fest bildet das Jahr 1632 während des Dreißigjährigen Krieges. Schwedische Truppen belagerten damals die Stadt. Der Rat ließ schließlich die Stadttore öffnen und übergab Dinkelsbühl den fremden Truppen. Mitten in die Verhandlungen vor dem Rathaus – dort brüten unsere Störche – erschien singend Lore, die Tochter des Türmers, mit den ihr anvertrauten Kindern und bat den Anführer der schwedischen Truppen um Gnade und um Verschonung der Stadt vor Plünderung und Brandschatzung. Als Oberst Sperreuth in einem der mit Lore auf den Altrathausplatz gekommenen Kindern sein eigenes zu erkennen glaubte, gab er den Befehl an seine Truppen, die Stadt zu verschonen und unverzüglich abzurücken. Somit avancierte Lore mit den Kindern zur Retterin der Stadt. Als Dank richtet nun alljährlich Dinkelsbühl ein Fest aus, in dem vor allem die Kinder der Stadt im Mittelpunkt stehen. Dass dabei am Montag und Dienstag sogar schulfrei ist, darf als willkommener Nebeneffekt betrachtet werden. Teilnahme an den Festzügen durch die Stadt an den Vormittagen ist für die Schüler allerdings Pflicht. Die geschilderten Geschehnisse sind in dieser Form historisch nicht belegt. Dass unser Raum häufig als Aufmarschgebiet für verschiedenste Truppen in dieser Zeit dienen musste, steht dabei außer Frage und Dinkelsbühl wechselte in den Jahren des Krieges einige Male den Besitzer. Doch die Episode mit Lore und den Kindern ist eine „Erfindung“ des Jahres 1897. Sei´s drum! Es lohnt sich auf alle Fälle, gerade in den Tagen der Kinderzeche Dinkelsbühl einen Besuch abzustatten.

Dass Pauline, Georg und ihre vier „Riesen“ die ganzen Geschehnisse von ihrem Ausguck „Storchennest“ live und hautnah miterleben können, ist eine besondere Auszeichnung für ihre Bereitschaft, sich ausgerechnet diese Stadt als Brut- und Geburtsort ausgesucht zu haben. Ich möchte angesichts der Ereignisse in und um Dinkelsbühl schon ein wenig die Geheimnisse um die Namen für unser Quartett lüften. Unser Nesthäkchen und hier gab es für mich die geringsten Zweifel, soll den Namen Benjamin erhalten. Viele Vorschläge sprachen sich dafür aus und es gibt auch wenig Gründe, die gegen einen solchen Namen sprechen. Ich gebe deshalb Benjamin, der beim Beringen das geringste Gewicht auf die Waage brachte und deshalb mit großer Sicherheit auch zuletzt geschlüpft war, die Ringnummer A 1994 und wünsche ihm damit ein langes Leben und irgendwann einmal eine hoffentlich positive Rückmeldung über sein weiteres Schicksal. Den zweiten Jungstorch – oder sollte ich jetzt besser Jungstörchin sagen – wollen wir im Hinblick auf die große Bedeutung dieses Namens für die Kinderzeche in unserer Stadt deshalb Lore nennen. Lore, die heimliche Retterin vor Plünderung und Brandschatzung! Bei der Beringung war unsere Lore die Zweitgrößte und erhielt den Ring A 1992. So viel als kleines Kinderzechgeschenk schon im Voraus. Die beiden verbleibenden Namensträger werden bis zum Montag bekannt gegeben. Im Nest blieb es heute zunächst bei Regen und kühleren Temperaturen etwas ruhiger als in den vergangenen Tagen.


Am Tag, als der Regen kam

Zum Abheben hatte keiner der Jungen so richtig Lust und es dauerte bis in die Nachmittagsstunden, ehe der Regen aufhörte und die Bewegungsfreudigkeit bei Lore, Benjamin & Co. wieder auflebte.

Wir müssen wieder trocknen, Freunde! Mit Sonnenschein geht es doch viel besser!

Dann konnte man bei mindestens einem der Jungen Luftsprünge ohne Bodenkontakt beobachten.

Beginn der Übungsstunde! Schöne Tragflächen!
Abgehoben! Beim nächsten Mal schaffe ich es auch!

Als ob sich unsere Rasselbande intern absprechen würde – sie tut es vielleicht in dieser delikaten Angelegenheit wirklich – sieht man immer nur ein Mitglied des Quartetts beim Springen, während die anderen in dieser Zeit still halten und den Übenden gewähren lassen. 

18. Jul. 03

Die Suche nach Namen für unsere beiden, noch Ungetauften geht weiter. Mit Lore und Benjamin hätten wir die Hälfte aber schon geschafft. Von der Wetterfront gibt es nichts Neues zu vermelden. Heiß und trocken! Und in diesem Stil wird es wohl auch über das Wochenende weiter gehen. Für alle aktiven Teilnehmer und die Tausenden von Zuschauern bei der Kinderzeche bahnt sich deshalb eine wahre Hitzeschlacht an, die die körperlichen Reserven aller herausfordert. Drücken wir deshalb allen Beteiligten ein wenig die Daumen, dass der Kräfteverschleiß nicht zu groß ausfällt.

Das Springen im Nest geht munter weiter, die Fütterungen beider Elternteile halten unvermittelt an und heute kam es – Jörg konnte als Belege wieder zahlreiche Schnappschüsse beisteuern – fast zu einer Begegnung von Pauline und Georg am Nest. Sie verpassten sich lediglich um wenige Sekunden.

Kaum hat Georg seine
Fütterung abgeschlossen...
...erscheint
Mama Pauline

Sicher zog es Georg vor, vor der Landung Paulines das Weite zu suchen und so ging die „Ablösung“ Hand in Hand. Georg sah die anfliegende Partnerin, flog ab und schon stand Pauline im Nest. Dass die zweite Fütterung an Intensität und Ergiebigkeit der ersten in Nichts nachstand und die Jungen auch diese Portion begierig verschlangen, beweist die ungebremste Fresslust von Lore, Benjamin und Co. Durch einen neuerlichen, unerklärlichen Stillstand in der Übermittlung der Bilder fehlen heute in der lückenlosen Dokumentation rund drei Stunden. Dennoch gilt das Lob für Andreas Kamm uneingeschränkt weiter und wenn Störungen auftreten, liegt es nicht immer in der Hand der Technik. Vier Monate Übertragung aus dem Storchennest! Was bedeuten da wenige Stunden Bildausfall insgesamt? Da haben andere Webcam-Betreiber in den vergangenen Monaten wesentlich schlechter abgeschnitten! Zeigen Sie deshalb in solchen Fällen Verständnis und probieren Sie es einfach später erneut! Wir bemerken die Probleme meist nach wenigen Minuten und gehen den möglichen Ursachen sofort nach und bisher hat es ja auch mit der Behebung des „Schadens“ immer schnell geklappt.

Morgengymnastik
Abendtoilette mit Gefiederpfleg

 

19. Jul. 03

Sonnig und heiß! So beginnt mein heutiger Eintrag. Absolut nichts Neues in diesem Frühsommer. Unser Quartett legte immer wieder große Aktivitätspausen ein, in denen schon mal alle vier im Nest ruhten und alles, was es wegzustrecken gab, auch wegstreckten.


Warten auf das zweite Frühstück!

Gegen 10:40 Uhr erschien plötzlich Georg unvermittelt und klappernd im Nest. Er hegte ganz andere Absichten als die zu füttern. Schnell war klar, dass Georg zur Feindabwehr erschienen war. Offensichtlich drehten zu dieser Stunde ein oder auch mehrere Artgenossen einige Runden über der Kinderzech-Stadt.

Attacke! Luftalarm!

Doch schon bald darauf gab es wieder Entwarnung und der normale Nestbetrieb ging weiter. Das Sprungvermögen der nun die achte Lebenswoche vollendenden Jungen macht weitere Fortschritte. Es liegen Beobachtungen ohne Schnappschussbeleg vor, nach denen ein Junges das Bild dabei schon nach oben einmal kurz verlassen hat. „Mein“ höchster Sprung des Tages liegt nachfolgend bei.

Und hoch
die Beine!
Kuckuck!
Hier oben bin ich!
An der Landung
muss ich noch üben!

Einen solchen Sprung werden die Jungen dereinst benötigen und den richtigen Wind dazu, um den ersten kurzen Ausflug zu starten. Wann wird dies geschehen? Wer macht die erste diesbezügliche Beobachtung? Bis zum nächsten Sonntag der nächsten Woche sollte es passiert sein. Ob es dann schon bei allen klappt, wird sich zeigen.

20. Jul. 03

Die Jury hat entschieden! Nachdem die Namen Lore und Benjamin schon entschieden waren, konnte der Namen-Marathon am heutigen Abend erfolgreich zu Ende geführt werden. Ziel bei der Auswahl war es, Namen zu wählen, die in irgendeiner Beziehung zum Ort, zu den Ereignissen im Nest oder überhaupt ins fränkische Land passen. Bei Felix unterstützte ich den Vorschlag, der sich auf das Geschehen vom 23. Juni bezog, als ein Fremdstorch die Jungen einige Minuten attackierte und eben jener Felix das meiste bei dieser Attacke abbekam. Mit Glück überstand er die Angriffe und da er außerdem noch schützend über seinen Geschwistern lag, blieben die kleineren gänzlich unverletzt. Mit der Ringnummer A 1995 wird in Zukunft der Name Felix verbunden bleiben. Er war bei der Beringung der schwerste unseres Quartetts. Beim letzten zu vergebenden Namen fiel schließlich die Wahl auf Luise. Der zweitkleinste Jungstorch erhält die Ringnummer A 1993. Bis zum Schluss gab es ein enges Rennen. Nachdem sich noch kurz vor dem Ende des Auswahlverfahrens einige neue Namen ins Spiel gebracht hatten – ich nenne der Einfachheit nur die am häufigsten genannten mit Brit, Ursula, Angie, Karl, Michael, Herbert und Daggi – setzten sich schließlich doch die zuerst genannten Namen durch. Die jetzt „Durchgefallenen“ bleiben uns auf alle Fälle in guter Erinnerung und sollten im nächsten Jahr, wenn es wieder auf Namenssuche geht, erste Wahl bleiben. Sie konnten in der nun zu Ende gehenden Brutzeit stets gewichtige Akzente setzen und blieben unserer Website mit feinfühligen, nie die Grenzen des Anstandes überschreitenden Äußerungen stets verbunden. Dass es zu einer Berücksichtigung kommt, setzt aber auch im Jahre 2004 neuen Nachwuchs voraus. Also warten wir zusammen auf eine hoffentlich annähernd so gut verlaufende Brutzeit im kommenden Jahr!

Die nicht mehr Namenlosen ficht ihr neuer Status in keiner Weise an. Sie verhalten sich dennoch nicht anders als gestern oder in den vergangenen Tagen. Wie sollten sie auch? Der mit den höchsten Sprüngen und zugleich der, der wohl als erster das Nest einmal verlassen wird, wäre also unser Felix. Der, der noch am wenigsten in dieser Beziehung „auf dem Kasten“ hat, wäre Benjamin. Die beiden Damen, Lore und Luise, nehmen in dieser Konstellation die Mittelstellung ein. Dass sich die Übertragung auch am heutigen Tag eine kleine Auszeit nahm, darf ihr nicht verübelt werden, wollte sie die Gelegenheit doch nutzen, auf dem Altrathausplatz die Stadtübergabe an die schwedischen Truppen live mit zu verfolgen. Bei Benjamin, Luise, Lore und Felix macht sich im Bereich der Schnabelfärbung immer mehr eine Neuerung bemerkbar. Aus den schwarzen sind mittlerweile in der Sonne hellbraune Spuren zeigende Schnäbel geworden. Von der Schnabelbasis des Unterschnabels beginnend, dann auch auf den Oberschnabel übergreifend wird der schwarze Farbton durch ein helles Braun, das später immer mehr in ein verwaschenes Rot wechselt, ersetzt. Achten Sie in den Tagen der ersten Ausflüge immer wieder auf dieses Merkmal. Es hilft – zusammen mit der geringeren Schnabellänge – die Eltern zu unterscheiden. Dass unser Quartett zur Thermoregulation auch die Beine bekotet, darf ebenfalls angemerkt werden.


Benjamin schwitzt am stärksten!
Sein linkes Bein ist schneeweiß!

Hier unterscheiden sich die Jungen von den Eltern in keiner Weise. Ansonsten wechselt nun die Beinfärbung der Jungen immer mehr in ein helles Braun, das sich auch in die Bereiche über dem Intertarsalgelenk erstreckt


Luise beim freien Training!

Bis aber Schnabel und Beine in das für erwachsene Störche so typische Rot gewechselt haben, vergehen noch viele Wochen und erst, wenn Felix und seine Geschwister ihr Winterquartier erreicht haben und einige Monate alt sind, werden sie als diesjährige Störche von allen älteren Artgenossen nicht oder nur mehr unter günstigsten Beobachtungsverhältnissen zu unterscheiden sein. So lange sie aber nach dem Ausfliegen noch ins Nest zurückkehren, sollte auch aus dem Blickwinkel unserer Kamera eine eindeutige Unterscheidung zu ihren Eltern möglich sein. Derweil klappt die Versorgung unseres Quartetts durch die beiden Altvögel weiterhin einwandfrei. Ruhepausen im Nest finden ja schon seit Wochen nicht mehr statt und selbst die gelegentlichen Momente des Ausweichens und Stehens auf dem Dachfirst währen nur Sekunden. Eine solche Sequenz konnte ich heute einmal „schnappschießen“.

Meine Futterration wäre
ich wieder los!
Nichts wie ab auf
den Dachfirst!
Die Arbeit ruft!
Ich starte wieder!
21. Jul. 03

Durchatmen bei Felix, Lore, Luise und Benjamin!


Gruppenbild mit Damen!
Lore und Felix hinten stehend,
Luise und Benjamin vorne im Fersensitz!

Der Morgen begann mit kräftigem Wind, einer geschlossenen Bewölkung und einigen Regenschauern, die zwar Schwüle zurückließen, die Höchsttemperaturen aber um knappe 10 Grad nach unten drückten. Erst der Nachmittag erinnerte dann wieder eher an die vergangenen Tage mit reichlich Hitze und den damit verbundenen Randerscheinungen. Das über die Bein- und Schnabelfärbung im gestrigen Eintrag  Gesagte gilt heute natürlich weiter und soll im folgenden Schnappschuss noch einmal verdeutlicht werden.


Beinstudien!
Das Hellbraun zieht sich ganz hoch,
der Schnabel ist längst nicht mehr schwarz!

Eine weitere interessante Beobachtung machte ich am späten Nachmittag, als wahrscheinlich Felix unvermittelt in eine Drohhaltung verfiel und das Klappern begann.


99 Luftballons!
Ich dachte schon das wird ein Angriff!

Schon einige Sekunden vorher waren die Augen des Quartetts immer wieder gen Himmel gerichtet. Ich denke, dass in diesem Moment ein Fremdstorch über dem Nest kreiste oder einer der zahlreichen Kinderzech-Luftballons dem Nest sehr nahe kam. Beide Ereignisse könnten die entsprechende Reaktion ausgelöst haben. Sie beweist, dass die Jungen jetzt sehr wohl in der Lage wären, sich gegen einen Aggressor durchzusetzen. Sie verfallen bei Gefahr auch nicht mehr in Akinese, so dass ein Eingreifen am Nest ab einem Zeitraum zwischen der sechsten und der siebten Lebenswoche äußerst riskant und ein Abspringen der Jungen, also ein vorzeitiges Verlassen des Nestes, nicht auszuschließen wäre. Luftsprünge gab es natürlich wieder zu bestaunen und mein bester Schnappschuss zeigt Felix bei einem seiner zahlreichen Versuche.

Vorsicht,
Felix!
Aus der Bahn! Für meine
Landung brauche ich Platz!

Dass ein häufiger Gebrauch der Flugmuskulatur noch schnell ermüdet und zu einem richtigen Muskelkater führen kann, bewiesen die mehr oder weniger langen Pausen, die unser Quartett immer wieder einlegte.


Jetzt reicht es vorerst!
Schauen wir lieber dem bunten Treiben auf der Straße zu!

In einem Fall lag man für längere Zeit eng aneinander gekuschelt wie in jungen Lebenstagen gemeinsam im Nest.


Jetzt wird aber mal geschlafen!

Diese Position ist auch diejenige, die während der längsten Zeit der Nacht beibehalten wird. Aber selbst in der finstersten Dunkelheit kann man die Jungstörche in ihrer Behausung springen und herumlaufen sehen. Nach wie vor gilt: Wenn einer übt, haben alle anderen Pause! Diese Maxime wird strikt befolgt. Der erste Ausflug hat mit Sicherheit heute noch nicht stattgefunden, auch wenn ich nur begrenzte Zeit am Monitor zuschauen konnte. Dafür sind die Sprünge noch immer zu wenig intensiv und noch zu niedrig. Aber in ein paar Tagen wird es so weit sein. Seien Sie bei der Beobachtung deshalb besonders kritisch und warten Sie einige Bildaktualisierungen ab, bis Sie sich ganz sicher sind. Es gab in den letzten Wochen schon einige hundert Situationen, in denen man beim ersten Eindruck lediglich drei Junge im Nest sehen konnte. Wartete man ein Weilchen, entdeckte man den vierten Jungen genau hinter dem Körper eines seiner Geschwisterchen.

22. Jul. 03

Der heutige Tag stand ganz im Zeichen der großen Sprünge. Im Moment ist wenigstens ein Junges, nennen wir es Felix, in der Lage, sehr hoch zu springen und aus dem Bild kurz zu entschwinden. Das bedeutet für Ihren Tagebuchschreiber, dass abermals eine kleine Bildkorrektur nötig wird, die ich in den nächsten Tagen vornehmen werde. Die Hitze erreichte mit deutlich über 30 Grad einen weiteren Höhepunkt, den auch die Kinderzeche heute überschritt. Damit wird sich die Hektik in der Stadt ein wenig legen und weiterhin nur noch die Tagesgäste und Touristen für einige Unruhe sorgen. Die Frage aller Fragen, die uns weiter beschäftigen wird, lautet: Wann fliegt der erste unserer Jungen aus? Wer liefert Beweisfotos? Wann ist das Nest zum ersten Mal ganz leer? Ich denke, dass Felix als erster den Absprung schafft. Benjamin wird ihm erst mehrere Tage später folgen. Unser Jüngster ist auf den Tag genau acht Wochen alt, also genau 56 Tage, Felix und Lore sind zwei Tage älter, bringen es damit auf genau 58 Tage. Damit liegen alle vier in dem Bereich, in dem nach einschlägigen Literaturangaben das Ausfliegen erwartet werden kann. Hier liegen die Extremwerte zwischen 54 und 68 Tagen, wobei die Grenze nach oben durchaus noch offen ist und ich selbst erste Abflüge auch weit nach 68 Tagen beobachten konnte. Meist liegen in solchen Fällen Entwicklungsrückstände in der Federentwicklung vor und dies konnte bei unserem Quartett bisher nicht nachgewiesen werden.

Abgehoben!? Hier geblieben, Benjamin!
Wer findet mich? Ich bin hier oben! Ich starte den nächsten Versuch!
Ich fliege! Fast entrückt!

Nachdem das Storchennest auf dem alten Rathaus in meiner Heimatstadt Feuchtwangen schon seit mehreren Tagen keinen Storchenbesuch mehr erlebt hatte, erhielt ich gestern am späten Abend noch einen Anruf aus dem Industriegelände. Der Anrufer teilte mit, dass seit vielen Tagen schon auf dem Werksgelände einer Matratzenfabrik zwei Störche übernachteten. Eine sofortige Kontrolle gegen 22:15 Uhr bestätigte die Angaben des Melders. Auf besagter Fabrikhalle mit angebautem Heizungsturm standen in etwa fünf Meter Abstand zueinander die beiden Störche. Es sind sicher die selben, die das Nest in der Innenstadt in diesem Jahr erbaut hatten. Weshalb sie jetzt aus der Innenstadt verschwunden sind und sich lieber auf einem Fabrikgelände aufhalten, kann nicht eindeutig gesagt werden.

23. Jul. 03 Unwetter über der Stadt! Nachdem der Chronist heute schon ausnahmsweise eine Stunde früher aus der Schule nach Hause kam und sich in seiner Heimatstadt bereits um 12:30 Uhr ein heftiges Gewitter mit Platzregen entlud, bereiteten sich auch Felix, Lore, Luise und Benjamin auf ein bevorstehendes Unwetter vor. Gegen 13 Uhr nahmen sie im Nest die „Bodenlage“ ein – immer ein untrügliches Zeichen für unangenehmen Wind.


Jetzt geht es gleich los!

Da sich auch die Lichtverhältnisse verschlechterten, konnte man in Dinkelsbühl ebenfalls mit einem heftigen Regen rechnen. Ihr Tagebuchschreiber machte es ausnahmsweise an diesem Tag seinen Störchen nach und hielt seit langen Wochen zum ersten Mal eine Art Mittagsschlaf. Als ich schließlich nach über einer Stunde ins Storchennest blickte, sahen mich vier reichlich nasse Störche an. Die Nachricht im Gästebuch und das Bild in Helmuts Homepage machten mir dann schnell deutlich, was ich verpasst hatte. Im Nachhinein war ich froh, dies nicht live mitverfolgt zu haben. Ich hätte doch erneut einiges an Substanz verloren. Und die brauche ich sicher noch in den nächsten Wochen. Während ich ruhte, entlud sich ein schweres Unwetter über der Stadt und dem Nest mit heftigen Winden, Regenstürmen und Hagelschauern. Das Quartett überstand auch diese Prüfung unbeschadet und Ulrich ist es zu verdanken, dass einige Schnappschüsse nun im Tagebuch erscheinen können.


Das Unwetter!

Danach brauchten die Jungen eine ganze Weile, ehe nach dem Trocknen des Gefieders wieder Leben in sie zurückkehrte.

 Wieder trocken... ...und bereit zum Springen

War vorher an ein Abheben vom Nestboden nicht zu denken, änderte sich dies von Minute zu Minute immer schneller und schließlich hatte man sich auf den gewohnten Rhythmus geeinigt und abwechselnd – immer nur einer gleichzeitig – bewegte man seine Flügel und selbst Benjamin konnte dabei seinen ersten, noch sehr bescheidenen ersten Luftsprung hinter sich bringen. Die Wetterlage beruhigte sich in den Nachmittagsstunden und der Abend  versprach schon wieder einen fast wolkenlosen Himmel.


Und abends kam Georg
mit reichlich frischem Polstermaterial.

24. Jul. 03

Das wichtigste Ereignis gleich vorweg! Heute zwischen 16 Uhr und 17 Uhr überschritt der Counter auf dieser Website die magische Grenze von einer halben Million Zugriffen. Dafür möchten sich die Verantwortlichen rund ums Storchennest sehr herzlich bei Ihnen bedanken. In 26 Monaten haben wir damit etwas erreicht, das wir zu Beginn nicht zu träumen wagten. Allein seit Anfang März diesen Jahres (in knapp 5 Monaten) brachte es unsere Website dabei auf  über 250.000 Zugriffe und es ist sicher nicht vermessen, wenn bis Jahresende noch einmal mindestens 100.000 dazukommen. Das entgegengebrachte Vertrauen bestärkt uns, in dieser Art und Weise weiter zu machen. Gelegentliche Nackenschläge sollten kein Anlass sein, die Flinte ins Korn zu werfen, sondern sie sollten uns im Gegenteil noch mehr bestärken, dass unser Weg in Sachen Storchenschutz und Informationsübermittlung der richtige ist. Es bleibt jedem User frei gestellt, ob er im Tagebuch blättert und sich mit den Gedanken Ihres Schreibers anfreunden möchte oder nicht.

Um 16:57 Uhr erhielt ich eine Mail von Dr. Dr. Alfred Seiferlein, Gemeindepfarrer der evangelischen Kirchengemeinde von Bechhofen im Landkreis Ansbach (etwa 20 Kilometer von Dinkelsbühl entfernt), der mir persönlich bekannt und – wie er mitteilt - ein täglicher Seher unserer Storchenkamera ist. Ihm war es vergönnt, der 500.000. Besucher unserer Seite gewesen zu sein. Ich persönlich freue mich, dass sich die Geschicke so gefügt haben und er der glückliche „Gewinner“ ohne Gewinn ist.

Ein zweites Ereignis hob diesen 24. Juli über die anderen Tage dieses Brutjahres heraus. Es gab das zweite schwere Unwetter hintereinander. Während gestern außerhalb der Stadt ein Motorradfahrer vom Blitz getroffen und schwer verletzt wurde und außerdem ein Einschlag in der benachbarten Georgskirche zumindest die Alarmanlage außer Gefecht setzte, waren die heutigen Regenmengen und die Verwüstungen in Gärten und auf Feldern ungleich schwerer als 24 Stunden vorher. Die Schnelligkeit, mit der das Unheil über dem Nest und der Stadt hereinbrach, überraschte auch diesmal.

Chronologie eines weiteren Unwetters

Innerhalb weniger Minuten goss es in einer Art und Weise, die durchaus als ungewöhnlich bezeichnet werden kann. Und zum ersten Mal in über zwei Jahren Storchenkamera stand für eine halbe Stunde Wasser im Nest, das die Zehen der Jungen voll umspülte - ein kleiner See, der sich zumindest in der linken Nesthälfte breit machte.

Wasserspielereien im Nest

Im derzeitigen Brutstatus – kurz vor dem Ausfliegen der Jungen – ist die Nestmulde oder besser das Nestinnere derartig verdichtet, also so hart, dass Niederschläge kaum mehr versickern können. Dazu kommt die extreme Trockenheit, die diesen Zustand natürlich weiter gefördert hat. Ich möchte damit sagen, dass in einem anderen Stadium der Brut – vielleicht kurz nach dem Schlüpfen der Jungen – die gleiche Regenmenge nicht diesen Effekt bewirkt hätte. Die Nestmulde wäre auf keinen Fall so hart und undurchlässig gewesen und hätte ein Abfließen leichter ermöglicht. Dennoch bin ich froh, dass zwei schwere Unwetter hintereinander nicht bereits Anfang Juni stattgefunden haben, sondern erst jetzt, wo die Jungen nicht mehr unmittelbar durch die Wetterkapriolen bedroht waren. Einige Hagelkörner plumpsten auch auf den Nachwuchs und somit in unser Nest und könnten durchaus für einige Prellungen gesorgt haben. Kurz nach dem Unwetter erreichte ein Anruf aus Dinkelsbühl meine Frau, die bei meiner Abwesenheit den Hörer abnahm. Es meldete sich ein besorgter Einwohner des Wörnitzstädtchens mit der Nachricht, dass in seiner Straße am südlichen Ortsende ein Storch – er wisse nicht, ob es einer der Jungen sei – auf einem Hausdach sitze und den Flügel merkwürdig halte, als ob er verletzt sei. Meine Frau riet dem Anrufer, die Vorgänge weiter zu beobachten und sich im Bedarfsfalle noch einmal zu melden. Wenn ein Storch auf einem Dach landet, kann er nicht groß in seinem Flugvermögen eingeschränkt sein. Dies bestätigte sich einige Minuten später, als der gleiche Anrufer den Abflug des Storches vom Dach meldete. Mit großer Sicherheit handelte es sich bei der fraglichen Beobachtung um Georg oder Pauline. Einer der beiden muss wohl beim Rückflug zum Nest vom Unwetter zu dieser unvorhergesehenen Landung gezwungen worden sein. Da in diesem Stadtgebiet der Hagel besonders stark zuschlug, war dieses Ausweichmanöver sicher nicht verwunderlich. Bis zum Abend konnten aber sowohl Pauline als auch Georg am Nest bei Fütterungen beobachtet werden, so dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen, es könnte einem der Alten etwas zugestoßen sein.

Fast nichts mehr erinnert an die schlimmen Kapriolen des Wetters!

Und schließlich möchte ich noch von einem dritten Ereignis berichten, das diesen Tag zu einem schon etwas besonderen machte. Ein vierköpfiges Team des Bayerischen Fernsehens besuchte mich, um für eine Sendung im dritten Programm Anfang August einen Beitrag über Ihren Tagebuchschreiber zu drehen. Als wir uns an der Autobahnausfahrt bei der Spielbank Feuchtwangen wie verabredet um 13:30 Uhr trafen, um Richtung Dinkelsbühl zu fahren, änderten wir angesichts der in dieser Richtung bedrohlichen Wettersituation unsere Planungen und steuerten zuerst die Wohnung Ihres unermüdlichen Schreibers an. Er durfte dort die Website ausführlich vorstellen, im Tagebuch blättern, einen neuen Eintrag verfassen usw., immer beobachtet von Kamera, Ton, Licht und Regie. Nach zwei Stunden bei mir daheim wechselte die Crew ihren Standort und wir fuhren zu Georg, Pauline und den vier Jungen nach Dinkelsbühl. Dort waren verschiedene Locations abzuklappern, ehe vom Turm der Georgskirche auf die reichlich nassen Jungen unseres Webcampaares geblickt wurde. Den Abschluss bildete schließlich noch die Fahrt nach Herrieden, wo die drei Jungen des dortigen Storchenpaares auf dem Stadttor bei den Fernsehleuten für Aufregung sorgten. Kurz vor 18 Uhr trennten sich unsere Wege wieder und ihr Tagebuchschreiber kehrte zur Normalität zurück. 

25. Jul. 03

Kein Unwetter! Angesichts der vergangenen Tage muss dies besonders vermerkt werden.

Die Sonne ist doch auch wieder schön! Und Futter gibt es nach wie vor!

Ich wählte heute einen etwas größeren Kameraausschnitt, bei dem wieder ein kleines Stückchen vom Nest weggerückt wurde. Nun ist das mit dem Verstellen der Brennweite – ich habe dies schon wiederholt hier beschrieben – alles andere als leicht. Es gibt im Prinzip nur drei vorgegebene Einstellmöglichkeiten, d.h. das Zoomen ist nicht stufenlos durchführbar. Mit Geduld und einigen Tricks lassen sich diese Vorgaben in engen Grenzen überlisten, so dass man am Ende doch über mehr als drei Varianten verfügt. Da dies alles aber per Handbetrieb unter dem Dach des alten Rathauses mit einer Handyverbindung nach Feuchtwangen durchgeführt werden muss, sind eben auch immer Abstriche von einer Optimallösung hinzunehmen. Seien Sie deshalb nicht böse, wenn die Jungen beim Springen immer noch leicht aus dem Bild geraten. Bei der nächsten Neueinstellung werde ich dann – hoffentlich – noch ein Stück weiter zoomen können, ohne dass das Nest nur noch so groß wie eine Briefmarke erscheint.

Pünktlich zum interessantesten Geschehen im Nest haben sich leider massive Probleme zwischen dem Provider und unserem Server ergeben, die dazu geführt haben, dass die Bildfrequenz vorübergehend auf 100 Sekunden heraufgesetzt werden musste. Für den morgigen Tag bleibt es bei einer Bildfrequenz von wenigstens 10 Sekunden, ehe dann ab Montag wieder der normale Betrieb aufgenommen werden soll. Es geht – wie meistens in solchen Fällen – ums liebe Geld. Die zu Beginn der diesjährigen „Saison“ kalkulierten Übertragungskosten sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt um fast das Doppelte überschritten, so dass noch einmal neu kalkuliert werden muss. Daran sollte eine weitere Übertragung auf keinen Fall scheitern, steht uns doch für nächste Woche eine größere Spende ins Haus. Darüber wird dann am Mittwoch berichtet werden können. Der einzige Wermutstropfen, der geschluckt werden muss ist der, dass im 10-Sekunden-Takt der eine oder andere Luftsprung unseres Quartetts auf der Strecke bleibt, denn solche Sprünge führen immer vor Ablauf von 10 Sekunden wieder auf den Nestboden zurück. Ich konnte aber heute, als ich mich in Dinkelsbühl aufhielt, ein Schweben über dem Nest von mindestens fünf Sekunden Dauer beobachten. Da hätte es mich nicht gewundert, wenn dieser Versuch zum ersten Abflug geführt hätte. Ein solcher ist bis heute jedoch noch nicht erfolgt. Und die Jungen inzwischen 59 bis 61 Tage alt – halten nach wie vor am Nest fest und keiner von ihnen hat den ersten Ausflug bisher gewagt.

So langsam erwacht wieder das Fluggefühl!
26. Jul. 03

Leider blieben in den ersten Vormittagsstunden die Bilder der Kamera „dunkel“, d.h. sie zeigten eine Einstellung der vergangenen Nacht kurz vor 23 Uhr. Erst gegen 10 Uhr begann die Übertragung fast schon wieder wie gewohnt zu laufen und brachte eine Aktualisierung im 10-Sekunden-Takt.


Wieder auf Empfang und alle noch im Nest!

Felix, Lore, Luise und Benjamin erlebten einen weiteren ruhigeren Tag, der erneut ausschließlich im Nest stattfand und noch nicht zu den erwarteten ersten Abflügen führte.

Es geht doch noch! Fleißig üben!

So müssen wir eben einen zusätzlichen Tag auf den ersten Absprung warten. Gefüttert wurde auch fleißig, so dass es unserem Quartett an Nichts fehlte.


Georg erscheint zur Fütterung: „Kinder, ich habe euch etwas mitgebracht!“

Die abendliche Stadtbeleuchtung brachte ans Licht, dass die Nachtstunden vom Jungvolk keineswegs nur zum Ruhen und Schlafen genutzt werden. Gegen 22 Uhr herrschte Highlife im Nest.


 Hoffentlich sieht uns so keiner!

Wenn die Eltern nicht zu Hause sind, kann man gelegentlich schon einmal die Sau rauslassen, ohne gleich zu verhausschweinen.

 

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Inzwischen sind weitere Spenden eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum Erhalt der Webcam und zur Sicherung des Lebensraumes unserer Störche.

Thomas Ziegler

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