Storchenkamera
Storchentagebuch 2006
...was bisher geschah
Unterstützt durch
Rotary-Club Dinkelsbühl-Feuchtwangen
Der Umwelt verpflichtet!
1905-2005 Rotary internat. 100 Jahre
Teil 1
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Die Tagebuchpause währte genau 4
Monate! In dieser Zeit hat sich eine kleine Gruppe
unermüdlicher Gästebuchschreiberinnen und
Gästebuchschreiber gefunden, die in der storchenlosen Zeit
wunderschön zusammen kommunizierte und sich so auf die
neue Storchensaison am Dinkelsbühler Nest vorbereitete.
Mit dem heutigen Eintrag kann der neue
Berichtszeitraum beginnen. Es wird unser sechster gemeinsame
Weg werden. In diesen Jahren ist so viel passiert,
dass uns eigentlich nichts mehr erschüttern kann. Wir
durchlebten schöne Zeiten, mussten aber auch verschiedene
Ereignisse durchleben, die uns alle schon gewaltig an die
Nieren gingen. Was werden uns die nächsten Monate
bringen?
Von der Technik gibt es auch
Neuigkeiten! Dass wir ohne Pause auch die Wintermonate
aus dem Storchennest sendeten, dürfte keinem entgangen sein.
Dies bot sich an, da unser Sponsor „Stadtwerke Dinkelsbühl“
den Telefonanschluss nicht abmeldete und die
Grundgebühr weiter übernahm. Seit kurzem konnten wir auch unsere
Haustechnik, vertreten durch Andreas Kamm von K&K
Computer-Systeme, beauftragen, einen Live-Stream
einzurichten. Dies wird noch ein wenig dauern, sollte uns aber nicht
sonderlich belasten, da ja erst mit dem möglichen Schlüpfen
der Jungen die ereignisreichste Zeit der Beobachtungen
beginnt. Freuen Sie sich aber schon auf diese neue Möglichkeit,
mit der wir versuchen werden, ihre Beobachtungen weiter zu
optimieren und ihnen eine noch bessere Einsicht in das
Leben von Familie Adebar zu gewähren.
Bliebe noch zu erwähnen, dass es auch während
der vergangenen Wintermonate überwinternde Weißstörche
im Landkreis Ansbach gab und nach wie vor noch gibt. So
konnte ich selbst solche in Leutershausen, Herrieden
und in Triesdorf beobachten. Immer wieder erhielt ich darüber
hinaus Meldung von weiteren Wintergästen, die sich vor allem
im Raum Ornbau bis in die Gegend von Wolframs-Eschenbach
sowie im Gebiet um Lichtenau bei Ansbach aufhielten. Darunter
befand sich ein beringter Altstorch, der im vergangenen Jahr in Aha
bei Gunzenhausen erfolgreich gebrütet hatte. Überwinterer zeichnen
sich auch dadurch aus, dass sie von Zeit zu Zeit ihren
Lieblingsplatz schon einmal kurz oder länger verlassen und dabei
plötzlich an Stellen auftauchen, an denen sie vorher noch nie waren.
So kann es passieren, dass es auch zu Doppelzählungen kommt, vor
allem wenn der betreffende Storch nicht beringt und somit nicht
eindeutig identifizierbar ist.
Um eine solchen Vertreter dürfte es sich
im Falle des ersten Besuchers an unserem Nest im Jahre 2006
handeln. |
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18. Feb. 06 |
Gegen 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit
(das ist 12:17 Uhr auf der etwas ungenauen Kamerauhr) fußte der
erste Storch des Jahres 2006 im Nest. Und obwohl der Besucher
nur eine Minute auf dem Rathausdach zu sehen war,
blieb er den schnellen „Schnappschützen“ nicht verborgen.
Neben Nina verdanken wir vor allem unserem „Meisterschützen“
Wobbel die lückenlose Dokumentation der kurzen
Stippvisite. Es wurde kurz geklappert und einige Dehnungsübungen
durchgeführt, danach war der Spuk auch schon wieder vorbei.
Für alle Ungeduldigen als Gruß vom Frühheimkehrer!
Fast müßig zu erwähnen, dass das
anschließende Warten bis zum Einbruch der Dunkelheit zu
keinen weiteren Sichtungen mehr führte. Dennoch muss das
erste Auftreten eines Besuchers als Mut machender Anfang
einer noch folgenden Reihe weiterer Beobachtungen betrachtet werden.
In dieser Frage sind wir sicher absolute Spitzenreiter, gab
es doch schon Jahre, in denen über 20 verschiedene Besucher
dem späteren Brutpaar vorausgingen.
Trotz intensiver Betrachtung der
Schnappschüsse konnte ich keinen Ring an den hinteren
Extremitäten des Gastes ausmachen. Damit scheidet zumindest ein
klassischer Vogelwartenring von etwa 3 Zentimetern Höhe
aus. Einen solchen müsste man auf den Bildern zweifelsfrei erkennen.
Nicht ganz auszuschließen wäre auf Grund der wenig brillanten
Bildschärfe die „Anwesenheit“ eines sehr schmalen Ringes von 5
Millimetern Höhe, wie ihn Privatzoos oder private Gehegehalter an
Störchen anbringen. So muss die Identität im Augenblick
noch offen bleiben.
Gibt es keine Störche zu sehen, erfreuen
uns verstärkt die Dohlen vom nahen Münster Sankt Georg mit
ihrem Besuch oder das Männchen des dortigen
Turmfalkenpaares nutzt das Storchennest als prächtige
Sonnenterrasse.
Kontraste in Schwarz und Weiß
Anflug auf die Sonnenterrasse |
In ganzer Schönheit! |
Empfehlen Sie uns bitte weiter und freuen Sie
sich mit mir auf eine erfolgreiche und an schönen Beobachtungen
reichen Saison 2006. Die Aktualisierungen des Tagebuches werden ab
sofort in kürzeren Abständen als zuletzt erfolgen (ist ja auch keine
große Kunst!), tägliche Einträge müssen es aber zumindest im
Augenblick noch nicht sein! |
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23. Feb. 06 |
Nur fünf Tage mussten wir auf
Besucher Nr. 2 warten. Dann war es wieder soweit. Gegen 14:30
Uhr landete ein weiterer Vertreter der von uns so sehr
geschätzten Vogelart „Ciconia ciconia“ auf dem Altrathausnest.
Besucher Nr. 2 im Anflug!
Zeichnete unsere Nummer 1/2006 keine besonderen
Kennzeichen aus, so erwies sich Nummer 2/2006 als durchaus
einmaliges Exemplar. Erstens prangte über dem linken
Fersengelenk ein schwarzer ELSA-Ring, wie ihn die
mitteleuropäischen Vogelwarten, beginnend mit dem Jahr 2000
probeweise und seit kurzem ausschließlich, verwenden und zweitens
fielen an Hals und Brust schwarze Gefiederpartien auf,
die unseren Zweitbesucher als ausgesprochenen „Dreckspatz“
auswiesen.
Schaut auf meinen schmucken Ring!
Zum Ausgehen werde ich mich schon noch etwas herrichten!
..
Bin
ich groß!
Ob sich unser Zweit-Storch für einige Zeit
einen stark rußenden Kamin als Rast- und Ruheplatz ausgesucht
hatte und deshalb so verschmutzt an unserem Nest eintraf oder ob er
sich sein Halsgefieder bei anderer Gelegenheit verunreinigte, wird
sein Geheimnis bleiben. Er hielt fast eine halbe Stunde die
Stellung am Nest und übertraf damit in zeitlicher Hinsicht
seinen Vorgänger ganz erheblich.
Auf Wiedersehen, Dinkelsbühl!
Die beschriebenen Kennzeichen lassen mit
einiger Sicherheit folgende Schlüsse zu: Der Besuchsstorch
erhielt seinen Ring mit fast 100%-iger Sicherheit innerhalb der
Gebietsgrenzen der BRD oder der Schweiz. Die Tatsache, dass der Ring
über dem linken Fersengelenk angebracht war, bedeutet als
Beringungsjahr eine ungerade Jahreszahl (entsprechend
eine gerade Jahreszahl bei Beringung am rechten Bein). Bleiben also
als mögliche, in Frage kommenden Jahre die Jahre 2001, 2003 oder
2005. Vorher war der ELSA-Ring noch nicht in Gebrauch. Ich tippe bei
unserem Gast einfach mal auf das Jahr 2003. Vielleicht begegnet er
mir in nächster Zeit an einem anderen Nest noch einmal. Für unser
Nest blieb es bei diesem Kurzbesuch. Die folgenden Stunden
und auch während der Nacht blieb das Nest wieder
verwaist. Nur die Dohlen nutzten danach ihren Freiraum schamlos
aus und besetzten ihrerseits die Storchenbehausung.
Heute erschien in einem der Nachbarnester
Dinkelsbühl, nämlich in Mosbach, der erste Storch.
Bei ihm handelte es sich, anders als in unserem Falle, um einen
Stammgast des dortigen Nestes, der nicht gleich wieder das Weite
suchte, sondern sich sofort als Hausherr aufspielte und die Nacht im
Nest verbrachte. Auch wenn er keinen Ring trägt, vermute ich
im Mosbacher Neuankömmling den männlichen Partner der
letzten Brutjahre. Seit Jahren erschien dieser stets zwischen dem
15. Februar und der ersten Märzwoche, während es an anderen Nestern
noch lange dauerte, bis sie von Störchen erobert waren. |
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26. Feb. 06 |
Die Nacht brachte Frost und auch
während des gesamten Sonntages herrschten Minusgrade mit
Maximaltemperaturen von drei Grad unter dem Gefrierpunkt.
Dazu schneite es leicht und der feine Pulverschnee
überzuckerte die Dächer der historischen Altstadt von Dinkelsbühl
und auch das Storchennest erhielt einen frischen weißen
Anstrich. Alles sah mehr nach Weihnachten als nach
Frühlingsbeginn aus. Der nun schon obligatorische
Turmfalke vom benachbarten Münster sowie die Dohlen als
Dauergäste am Storchennest brachten wenigstens vorübergehend etwas
Leben in die Bude.
Man wartet auf Schorsch!
Vom Frühling war also auch heute weit und breit
nichts zu sehen und nichts zu spüren und dennoch bescherte der
letzte Sonntag im Februar unserem Nest den dritten
Besucher dieses Jahres. Es geschah gegen 15 Uhr!
Schorsch is landed!
Dass er mit seinen beiden Vorgängern
nicht identisch sein konnte, bewiesen dem aufmerksamen
Beobachter einige Details. Der „Neue“ erwies sich als
unberingt und auffällig untersetzt und kurzbeinig.
Besucher Nummer zwei dagegen präsentierte sich als
beringt und auffällig groß, so dass er hoch aufgerichtet
sogar ein Stück weit aus dem Kamerabild geriet. Wenden wir uns
wieder der Nummer 3 zu. Betrachtete man die Beinfarbe
fiel ein zarter Orange-Ton auf. All dies und das Verhalten,
das der Neue sofort an den Tag legte, bestärkten mich
unvermittelt in der Meinung, unseren Schorsch aus dem
vergangenen Jahr vor mir zu haben.
Nestinspektion |
Sitzt, passt, wackelt und hat Luft! |
Man fühlt sich wie zu Hause!
Zum Glück stehe ich mit meiner Behauptung
nicht alleine da, sondern weiß mich mit meiner Meinung bei den
treuen Gästebuchschreiberinnen und -schreibern in bester
Gesellschaft.
An dieser Stelle möchte ich mich ein weiteres
Mal bei Ihnen für die lückenlose Beobachtung unseres Nestes
und die schnellen Mitteilungen im Gästebuch sehr
herzlich bedanken. Dadurch wird mir die Tagebucharbeit
sehr erleichtert und es entgeht meinen Betrachtern im
Hintergrund ebenfalls keine Einzelheit.
Ich glaube fest daran, dass es sich beim
heutigen Gast auf dem Storchennest um den Schorsch des
Vorjahres handelte. Er scheint sich außerdem bestens
auszukennen. Steht im Nest, fliegt zur Nahrungssuche, erscheint
bei Einbruch der Nacht und verbringt wie selbstverständlich am Tag
seiner „Landung“ auch gleich die erste Nacht in seiner alten/neuen
Behausung. Man wird sehen, ob der Eindruck der Untersetztheit und
Kurzbeinigkeit auch nach dem Eintreffen eines zweiten Storchs
bestehen bleibt oder ob wir unsere Meinung doch noch revidieren
müssen.
Georg is back!, könnte deshalb die
heutige Hauptüberschrift in den Gazetten Dinkelsbühls
lauten. Sicher eine sehr schöne und erfreuliche Festsstellung, die
Lust auf mehr macht und die Herzen der Freunde unserer Webcam höher
schlagen lässt.
Beim Auftauchen unseres dritten Gasten war mir
schon nach kurzer Zeit klar, dass er uns erhalten bleiben würde, so
plausibel und durchdacht wirkten alle seine Aktionen. Als er dann
nach einem längeren Aufenthalt erstmals das Nest verließ, war mir
nicht bange, ihn am Abend wieder zu Gesicht zu bekommen. Und so war
es auch. Pünktlich, wie von Schorsch nicht anders zu
erwarten, schwebte er fünf Minuten vor 18 Uhr ein,
klapperte zur Begrüßung seine imaginäre Pauline an und
bekräftigte damit die Inbesitznahme seines Nestes.
Anschließend legte er sich aufreizend nieder, wobei eine
schneefreie Stelle seinen Ruheplatz eindeutig markierte. Die bei
einer vorherigen Pause abgegebene Körperwärme hatte den
Schnee zum Schmelzen gebracht.
Abendliche Rückkehr |
Besitznahme des Nestes |
Einsamer Rufer in der Nacht
Die Anzeichen stehen also nicht
schlecht, dass wir auch in dieser Brutzeit wieder mit
einem Storchenpaar rechnen dürfen und uns nicht nur mit
ständig wechselnden Besuchern herumschlagen müssen. Obwohl auch
dieses Geschehen durchaus seine Reize hat, gibt es natürlich
nichts Reizvolleres als Zeuge der Jungenaufzucht
zu sein. Dass das Wetter so gar nicht unseren Erwartungen
entspricht, sollte uns nicht weiter beunruhigen. Die frühere
Rückkehr unserer Freunde aus dem Winterquartier hängt
in erster Linie mit ihrem geänderten Überwinterungsverhalten
zusammen. So verbringen bereits Zehntausende von Störchen die
Wintermonate in Spanien, eine Entwicklung, die vor
etwa 15 Jahren ihren Anfang nahm und nun immer stärker in
Erscheinung tritt. Die geringeren Gefahren, die mit einer
Halbierung der Zugstrecke und dem „Verlust“ der Überquerung der
Straße von Gibraltar sowie der Wüste Sahara einhergehen, wiegen die
Gefahren eines verspäteten Wintereinbruchs bei weitem wieder auf. In
der Summe ergeben sich für unsere Störche dennoch viel
geringere Verluste als dies in früheren Jahren der Fall war.
Die positive Entwicklung der Storchenzahlen der Westzieher
belegen diese Annahme sehr deutlich.
Dass ich hier nicht nur phantasiere,
sondern dass meine These auch belegt werden kann, sollen einige
Fundmitteilungen von mir beringter Störche aus dem letzten Jahr
beweisen. Leider ergaben bisher die von mir in unserem Kameranest
beringten 6 Jungen noch keinerlei Wiederfunde. Doch
sollten sich ihre Zugwege nicht wesentlich von denen der anderen
Störche, die entlang der Wörnitz brüten, unterscheiden.
Die folgenden Rückmeldungen betreffen
zunächst ausschließlich Störche, die an der Wörnitz
beringt wurden: Ein Mosbacher Jungstorch im Januar
2006 bei Madrid, einer aus Wittelshofen Ende August in
der Nähe von Montpellier, einer aus Donauwörth
Ende August ebenda, einer aus Rudelstetten Ende August
im Departement Ain in Frankreich, einer aus Ebermergen
im September bei Barcelona tot, einer aus Oettingen
bei Castellon, Spanien im November tot. Von
Altmühlstörchen liegen folgende Funde vor, die ebenfalls
allesamt nach Westen weisen. Ein Jungstorch aus
Trommetsheim im Dezember in der Provinz Cadiz, Spanien,
einer aus Windsfeld bei Lerida, Spanien, im August
tot, einer aus Merkendorf im Dezember im Departement Ain,
Frankreich. Auch weitere Funde aus den vergangenen Jahren zeigen,
dass die fränkischen Störchen entgegen früherer Jahrzehnte nun
ausschließlich den Westzug favorisieren und Funde nur
noch aus diesem Raum vorliegen. Bis in die 70er Jahre war die
Verteilung komplett anders und etwa die Hälfte unserer
Storchenpopulation zog über die Ostroute ab.
Die augenblickliche Wetterlage mit
Nachtfrösten von um die 10 Grad unter Null und
Höchsttemperaturen knapp über Null braucht uns aber nicht zu
ängstigen. Vögel können nicht erfrieren,
sondern allenfalls verhungern.
Kleinvögel müssen ständig am „Ball“
bleiben und die während der Nacht verlorene Körperwärme
schnell wieder durch eine erfolgreiche Nahrungsaufnahme
kompensieren. Bei fehlender Nahrung tritt der Tod
meistens schon nach einem Tag ein. Je größer der Vogel umso
länger kommt er ohne Nahrung aus. Bei unserem Storch sind
locker 14 Tage ohne weiteres drin.
Aber selbst bei Kälte und Schneelage
findet unser Vielleicht-Schorsch ausreichend Nahrung. Wer in diesen
Tagen über mittelfränkische Wiesen stolziert, findet ein
reichhaltiges Angebot an Mäusen vor und davon profitieren
alle Winterstörche und Frühheimkehrer. Denken Sie doch einmal an die
vielen Mäusebussarde, Turmfalken, Eulen und
andere Nicht-Zugvögel, die den gesamten Winter bei uns zubringen und
dennoch nicht aus unseren Breiten verschwinden und auch nur bei
extremen Witterungs- und Schneeverhältnissen mehr oder weniger
starke Verluste erleiden. Diese Verluste werden aber ebenso
schnell durch erhöhte Nachwuchsziffern und erhöhte
Überlebenschancen in milderen Wintern wieder
ausgeglichen. Also bitte cool bleiben und auf die Findigkeit und
Erfahrung von in freier Wildbahn lebenden Tieren vertrauen! Bei von
Menschen geprägten und durch falsch verstandene Tierliebe
verhätschelten Lebewesen sieht die Sache dagegen schon anders aus. |
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27. Feb. 06 |
Auch bei Temperaturen von minus 8° C
verbrachte Georg eine ruhige Nacht, in der niemand um
dessen Gesundheit fürchten musste. Sie wissen ja vom gestrigen
Tagebucheintrag, dass Störche nicht erfrieren, sondern allenfalls
verhungern können. So bedeuten die niedrigen Temperaturen für einen
so großen und schweren Vogel keine Gefahr, sofern er bei der
Nahrungsbeschaffung erfolgreich agiert und davon ist in der
gegenwärtigen Situation auszugehen..
Nach der Morgendämmerung zog es unseren
Frühheimkehrer auch nicht sofort auf die Mäusejagd
in den Wörnitzauen. Stattdessen präsentierte er sich in voller Größe
und Schönheit seinen Fans via PC und Internet. Keineswegs nutzte er
das erste Licht, um seinen Hunger zu stillen, sondern hielt es für
wesentlich wichtiger, sich ganz der Körperpflege und der Bewachung
seines Nestes hinzugeben. Von Zeit zu Zeit gab er deutliche Signale,
die durchaus den Anschein machten, dass sich ein fremder Storch im
Luftraum über der Stadt aufhalten könnte.
So war es keine Überraschung, wenn Adebar eine
große Nestpräsenz an den Tag legte und nur am Vormittag einmal für
längere Zeit zur Futtersuche segelte. Das abendliche Futterholen
ging dagegen ruckzuck und Schorsch konnte sich guter Dinge seiner
zweiten Übernachtung widmen.
Guten Morgen,
Schorsch |
Aufstehen!
Es ist höchste Zeit! |
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In der Sonne kann man
es schon aushalten! |
Ob ich mit dem Nestbau
schon beginnen soll? |
Was will der Kerl da oben? Dem zeig ich mal, wer der Herr im Hause
ist!
Gute Nacht! |
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28. Feb. 06 |
Unser Schorsch machte sich heute sehr
rar am Nest.
Morgenwäsche!
Nachdem er seine Behausung mit einigen
Federn aus seinem Kleingefieder dezent markiert hatte,
Schneereste aus weißen Federchen
machte er sich schon in den frühen
Morgenstunden aus dem Staub, um sich erst über die
Mittagszeit erneut im Nest zu präsentieren.
Siesta um die Mittagszeit!
Doch danach verließ er Haus und Hof und blieb
schließlich über Stunden bei der kleinen
Weiherkette unweit der Unsinnigen Mühle, wo ich ihn ab
14 Uhr dezent belauschte und seine Aktivitäten aus
nächster Nähe studieren konnte.
Auffällig war, dass er nur wenig Aktivitäten
zeigte. Er stand auf einem mit Altschilf bestandenen Damm
eines kleinen Fischweihers, der im Westen unmittelbar
an die Feuchtwiesen des Wörnitztals angrenzt.
Östlich der kleinen Weiherkette verlaufen die still gelegte
Bahnstrecke Dombühl-Nördlingen sowie die viel befahrene
Bundesstraße B 25.
Schorsch schaute, während er sehr
ausgiebig sein Gefieder pflegte, über die nur teilweise
mit Eis bedeckten kleinen Weiher. Er sah zwei
Höckerschwänen bei der Nahrungssuche zu und beobachtet vier
Stockenten, die es den Schwänen gleich taten.
Nach etwa 20 Minuten setzte er sich von
seinem Ruheplatz aus in Bewegung und schritt den nächsten
Weiherdamm ab. Dabei trat er mehrmals mit einem Bein vom
sicheren Damm ins Wasser, tauchte kurz mit dem Schnabel ein und
setzte seinen Rundgang fort. Einige Male nahm er Gammelfische,
die seit dem Abfischen der Weiher im Herbst auf den
Dämmen liegen, für kurze Zeit auf, prüfte sie mit dem Schnabel
und legte sie danach wieder an besagter Stelle ab. Die Konsistenz
dieser möglichen Nahrungstiere war lederartig, vergleichbar mit
einem Dörrfisch. Manche zeigten bereits Spuren einer Bearbeitung
durch andere Räuber. Schließlich hatte Schorsch ein
geeignetes Exemplar gefunden und im Schnabel in die richtige
Position gebracht. Durch kräftiges Kopfschütteln fielen
daraufhin einige kleinere Haut- und Fleischteile ab, die er
sich dann einverleibte. Der Rest des Gammelfisches fand keine
Beachtung mehr. Ein weiterer Versuch, einen Altfisch
aufzunehmen, war schließlich von mehr Erfolg gekrönt Es
begann wieder mit heftigem Schütteln. Es fielen abermals
Teile ab. Diese wurden einzeln aufgenommen und verschluckt. Am Ende
wurde der Körper des etwa 20 cm langen toten Karpfens erneut
aufgenommen und nach einigen mühsamen Versuchen ganz
verschluckt.
Schorsch marschierte zu seinem
Ausgangspunkt zurück, verharrte auf dem mit Schilf bestandenen
Weiherdamm und begann, eine weitere Ruhestunde einzulegen.
Als ich mich gegen 16 Uhr verabschiedete, deutete nichts darauf hin,
dass Schorsch schon bald zum Nest zurückfliegen würde. Wer sich nun
etwas über diese Art der Nahrungsaufnahme wundert, darf nicht
vergessen, dass Schorsch und mit ihm viele tausend andere Störche
auf Spaniens Müllkippen den Winter verbringen
und da kommt ihnen so mancher Unrat vor den Schnabel gegen den die
Dinkelsbühler Gammelfische die feinsten Delikatessen
darstellen.
Während Schorsch auswärts weilte, genossen es
die Dohlen, sich einmal wieder in großer Besetzung im Nest zu
zeigen. Wer weiß, wann die Gelegenheit wieder einmal so günstig sein
wird?
Wenn man mal nicht zu Hause ist,
kommen gleich die Hausbesetzer!
Was lange währt, wird endlich gut. Wer dieses
Motto beherzigte, sah seine Ungeduld gegen 18:13 Uhr
für beendet. Schorsch schwebte an, zeigte zur Begrüßung seine
Imponierstellung und begab sich unmittelbar darauf in die
Liegeposition.
Abendliches Imponieren |
Gute Nacht |
Die dritte Nacht in Dinkelsbühl konnte ihren
Anfang nehmen.
Auch an anderen Nestern um
Dinkelsbühl herum erwacht verstärkt neues Storchenleben.
In Mosbach ist heute das Weibchen erschienen
und damit das Paar komplett. Wie erwartet ist auch das
Weibchen eine alte Bekannte. Ihr Ring weist sie als Störchin
aus, die seit 2001 in ununterbrochener Reihe das Mosbacher
Nest zur Brut nutzt. Südlich von Dinkelsbühl stand
gestern bereits ein Storch im Nest auf dem hohen
Kirchturm von Wilburgstetten. Heute wurde der
zweite Storch gemeldet, so dass hier ebenfalls eine
Familienzusammenführung stattfand. |
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1. Mrz. 06 |
Selbst unsere Frühaufsteher konnten
Georg nicht mehr im Nest überraschen. Bereits
vor 7:30 Uhr, d.h. zu Beginn der Dämmerung, hatte er sein
Nest verlassen und war aus dem Blickfeld der Kamera
entschwunden. Und so sehr alle warteten, blieb unser Schorsch
für den Rest des Tages auch verschwunden. Was ihn
allerdings seit gestern zu einer solchen Tagesplanung bewogen
haben könnte, bleibt sein Geheimnis. Sind es
nahrungstechnische oder klimatische Gründe, die ihn viel
lieber draußen vor den Toren der Stadt sein lassen? Ich fand
Georg – wie bereits gestern – an identischer Stelle an
den kleinen Weihern bei der Unsinnigen Mühle.
Abermals stand er auf dem mit Altschilf bestandenen Damm
einer Fischzuchtanlage. Ich vermied es
selbstverständlich, ihn zu stören und beobachtete ihn
aus der Distanz mit dem Fernglas. Da mich mein täglicher
Besuch im Krankenhaus Dinkelsbühl in zeitliche Nöte
brachte, schloss ich die Beobachtung gegen 14:30 Uhr
ab und nahm mir vor, auf dem Rückweg noch einmal
vorbeizuschauen. Gegen 15:30 Uhr stand ich wieder an der
Weiherkette und Schorsch begrüßte mich wieder.
Diesmal hatte er sich ein Stückchen von seinem Standplatz entfernt
und beschäftigte sich auf einem Damm zwischen zwei
Weihern mit einem prächtigen „Gammelkarpfen“, der einst
ein Lebendgewicht von einem Pfund erreicht haben
dürfte, nun aber sicher nur noch die Hälfte des
ursprünglichen Gewichts auf die Waage brachte. Innerhalb
weniger Sekunden war der Fisch in Georgs Schlund
verschwunden und hinterließ beim Abschlucken eine deutlich
sichtbare Wölbung seitlich am Hals. „Zwei solche Brocken
pro Tag sollten Georgs Energiebedarf decken!“, dachte ich im Stillen
bei mir. Sicher ist das Verhalten unseres Einzelgängers
mit Abflug am frühen Morgen und abendlicher Rückkehr
ans Nest energetisch sehr effektiv. Ob es allerdings
der einzige Grund ist, bleibt vorübergehend ein Rätsel.
Heute gelang mir noch eine auch für mich
nicht alltägliche Beobachtung. Nur etwa einen Kilometer von
Georgs „Arbeitsplatz“ entfernt, dicht bei der Froschmühle,
entdeckte ich auf einer das Ufer der Wörnitz begleitenden
Wiese während eines heftigen Schneeschauers ein Biberpärchen,
das sich zu dieser ungewohnten Tageszeit auf die
Nahrungssuche begeben hatte. Mir gelangen einige Aufnahmen,
von denen ich zwei Belege meinem Tagebuch beifüge. Sie sind
technisch sicher höchst unbefriedigend, spiegeln aber die
Begleitumstände deutlich wieder.
Biberpärchen im Storchenrevier
Um 18:13 Uhr – zeitgleich mit dem
gestrigen Anflug – erschien unser Georg wieder am Nest
und tröstete uns über viele Stunden vergeblichen Wartens hinweg.
Eine kurze Klapperstrophe und Imponiergehabe waren
weitere Begleitumstände, ehe sich Schorsch ins mittlerweile wieder
schneefreie Nest legte.
Da bin ich wieder!
Da hat sich einer schnell zur Ruhe gelegt! |
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2. Mrz. 06 |
Schorsch näherte sich heute seinen
alten Gewohnheiten, die da heißen:
Häufigere Besuche am Nest und zeigen, wer der Herr im Hause
ist. Sonst könnte man ja unversehens Gefahr laufen, von einem
Interessenten für das Nest überrumpelt zu werden. Gemäß dieser
Devise gab es für die Sehergemeinde den Schorsch doch
weitaus häufiger zu sehen als in den vergangenen
beiden Tagen. Gut so! Die meisten werden sich über diese
Verhaltensnormalisierung sicher freuen.
Mittagssiesta
Mein obligatorischer Besuch in
Dinkelsbühl am Nachmittag zwischen 14:30 Uhr und 15:30
Uhr brachte mich abermals auf die Fährte unseres
Noch-Einzelgängers. Er hielt sich erneut im Bereich um
die kleine Weiherkette bei der Unsinnigen Mühle auf.
Zum Nest sind es von dort etwas über einen
Kilometer Luftlinie, ein direkter Blickkontakt mit der
Storchenbehausung ist aber durch Bäume sowie durch den Damm der
Umgehungsstraße verdeckt. Der Luftraum und damit
feindliche Eindringlinge können von Schorsch aus dieser
Position jedoch gut eingesehen werden, so dass er bei
Gefahr schnell zur Stelle sein kann.
Heute arbeitete bei meinem Eintreffen
der Teichwirt im Bereich der Weiherkette. Georg
entging der Störung an seinem Lieblingsplatz dadurch,
dass er unter Einhaltung der Fluchtdistanz in die angrenzenden
Wörnitzwiesen auswich und dort der Nahrungssuche
nachging. Die Tätigkeit des Berufsfischers an seinen Weihern
könnte auch mit verantwortlich sein, dass Schorsch
öfters das Nest anflog und uns somit dort Leben
bescherte. Zu einer echten Bewährungsprobe entwickelte sich
die Wetterentwicklung ab 17:30 Uhr. Heftiges
Schneegestöber ließ unseren Georg allmählich im Schnee
versinken.
Schorsch um 17:14 Uhr... |
...um 17:33 Uhr... |
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...um 17:40 Uhr... |
...um 17:57 Uhr... |
...um 18:50 Uhr
Nachdem er sich nach
einer Stunde erstmals aus dem Schnee wieder erhoben hatte,
zog er es vor, die Nacht im Stehen zu verbringen. Sicher eine
richtige Entscheidung, entstehen durch diese Art des Nächtigens
geringere Wärmeverluste. Der Schorsch kennt sich halt aus!
So entstehen geringere Energieverluste!
Erinnern Sie sich an meine Äußerungen
während der vergangenen Tage: Störche mussten schon
immer mit solchen Wintereinbrüchen zurecht kommen. Von Uhu &
Co. ganz zu schweigen, die ihre Brut regelmäßig beginnen, wenn noch
Schnee die Landschaft dick bedeckt. Dieses Problem hat unser
Schorsch im Augenblick noch nicht, doch würde er in einer solchen
Situation die Eier dennoch so warm halten können, dass sie
kurzfristige Schneefälle mit niederen Temperaturen aushalten und
keinen Schaden nehmen. |
|
3. Mrz. 06 |
Alle reden vom Wetter! Wir auch! Nach
kalter, klarer Nacht mit neun Minusgraden,
machte sich Schorsch in aller Herrgottsfrühe aus
seinem Schneebett auf und davon. Um nicht unnötig
viel Wärme zu verlieren, stand er in den
dunklen Stunden immer mal für längere Zeit im Nest. So
blieb die Schlafstelle trotz einsetzendem Schneefall noch ein
Weilchen schneefrei.
Das schwarze Loch – Georgs Liegeplatz!
Ein
gutes Stück vor Mittag schwebte unser Solist wieder
ein, um dem Schneegestöber zu Hause zu trotzen. Und
wie er das tat! Wie selbstverständlich sah Schorsch die
Schneedecke wachsen und zuckte dabei mit keiner Wimper. Kann er
ja auch nicht, denn Vögel haben keine solchen, sondern dafür
eine Nickhaut!
Im Schneegestöber! |
wachsende Schneedecke! |
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Der Höhepunkt ist erreicht! |
Es wird heller! |
Stiller Rufer in der Schneewüste!
Ebenso überraschend auch, wie schnell
die mächtige Schneedecke mit dem Anstieg der Temperaturen
wieder abschmolz. Zwei Stunden später zeigte sich
Georgs Wohnstube ohne jeglichen Schneerest.
Zwei Stunden später:
Kein Schnee mehr im Nest!
Hier sieht man ganz offenkundig, was
Storchennestbaukunst vermag! Vermoderndes und gärendes
Nistmaterial in Verbindung mit Feuchtigkeit erzeugen einen kleinen
Wärmeüberschuss, der ausreicht – wie in unserem Falle – den
Schnee in kurzer Zeit zum Schmelzen zu bringen.
Vergleicht man die Situation mit den Nestern der Aktion
Pfalzstorch, die vor der Brutzeit allesamt einen neuen
Innenausbau erhielten (müßig zu erwähnen, dass man sich die Aktion
hätte sparen können!?), dann sieht man sehr schön, wie es um die
Eigenwärme der verschiedenen Nester steht.
Mein Nachmittagsausflug führte mich
traditionell wieder in meine Nachbarstadt. Gegen 14:35 Uhr
thronte Schorsch noch immer im Nest. Eine Stunde später fand
ich die Storchenbehausung leer vor. Sie dürfen raten, wo ich
Freund Adebar suchte? Richtig, bei der Weiherkette an der
Unsinnigen Mühle! Er stand auf dem Damm eines Weihers,
den Rest kennen Sie ja längst.
Der Rest des Tages gestaltete sich dann wie
gewohnt. Man wartet halt auf die Dämmerung und hofft, der
Übernachtungsgast stelle sich ein. Doch diesmal blieb das
Hoffen vergeblich. Georg kehrte nicht in sein Nest
zurück. Der inzwischen einsetzende heftige Regen könnte ihn
zu dieser unerwarteten Maßnahme veranlasst und einen Rückflug zum
Nest verhindert haben. Oder..?! Wir sind ja Überraschungen
gewohnt und können an der Sache eh nichts ändern. Dennoch werde
ich mich morgen ins Gebiet begeben, in dem ich Schorsch gegen
15:40 Uhr zum letzten Mal noch gesehen hatte. |
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Überraschenderweise für alle fand die
Geschichte um den ausgebliebenen Schorsch an diesem
Abend noch eine Wendung. Längst war finsterste
Nacht über Dinkelsbühl eingezogen, da stand der Ausreißer
plötzlich doch wieder im Nest, um darin zu nächtigen.
Es war so gegen 21:15 Uhr!
Schorsch ist zurück!
Als ich in der Nacht gegen 23 Uhr
noch einmal einen Blick ins Nest warf, sah man immer
noch die Konturen seiner Gestalt im tief
verschneiten Nest. Wo kam er um diese Zeit her?
Vom schlechten Wetter habe ich schon gesprochen. Zur Zeit
seiner Rückkehr nach 21 Uhr regnete oder schneite es nicht, doch
schon bald darauf setzte erneut starker Schneefall ein. War
Schorsch vielleicht doch zu normaler Abendzeit
heimgekehrt und nur nicht im Nest, sondern etwas abseits auf
dem Kamin des alten Rathauses gelandet? Von dort
machte er dann den Katzensprung in sein auserwähltes
Domizil. Wir wissen es nicht mit letzter Sicherheit. Dass unser
Schneestorch bei bewölktem Himmel ohne unterstützende
Beleuchtung durch den Mond aus seinem Nahrungsrevier
eingeschwebt ist, halte ich für kaum möglich. Ich schränke
allerdings zugleich ein, dass bei Storchens eigentlich
alles möglich ist und man um die eine oder andere
Überraschung nicht herumkommt. Hauptsache sollte allerdings
sein, dass wir ihn überhaupt noch begrüßen durften und
wir damit aller Sorgen und möglicher Suchmanöver
ledig waren. |
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4. Mrz. 06 |
Das Schicksal unseres „Kurz-Vermissten“
veranlasste die treueste Sehergemeinde dazu, schon so früh
wie möglich dem Spätheimkehrer erneut nachzuspüren. Doch
selbst vor dem Einsetzen der Dämmerung kurz nach 6
Uhr war außer Schnee auf den Schnappschüssen unserer
Meisterschnappserinnen nichts von Schorsch im Nest zu
entdecken.
Zu so früher Stunde hat sich Schorsch bereits wieder verabschiedet!
Kein Zweifel! Er hatte sich erneut bei
völliger Dunkelheit (soweit man in Mitteleuropa in der Nacht
überhaupt von völliger Dunkelheit reden kann!) aus seiner Schneeburg
entfernt und sich verabschiedet. So ganz erklärbar ist dieser
neue Streich Georgs ebenfalls nicht. An einem einzigen Tag kommt er
bei völliger Dunkelheit abends zum Nest zurück und verlässt dieses
im Noch-Nicht-Morgengrauen bei völliger Dunkelheit wieder. Schon
merkwürdig, aber die Tatsachen lassen eben keinen anderen
Bericht zu. Wich Georg kurzerhand wieder auf den
benachbarten Kamin aus? Warum sollte er? Flog
er also doch bei schlechtesten Sichtverhältnissen an die
Weiherkette bei der Unsinnigen Mühle vor den Toren der
Stadt? Fliegen Störche etwa schlicht und einfach
regelmäßig auch zu unerwarteter Nachtzeit das Nest an
oder verlassen sie dieses auch öfters reichlich unerwartet bei
schlechten Lichtverhältnissen? Horstkämpfe finden bekanntlich
regelmäßig in den Nachtstunden statt. Da müssen
Horstbesitzer und Angreifer auch bei Dunkelheit
manövrieren und das Nestumfeld verlassen. Warum sollte es unser
Schorsch bei der Ausnahmesituation mit dem Wetter
nicht ähnlich halten? Er kennt sein Gebiet wie
seine Westentasche! Da sollte schon mal eine Art von
Blindflug möglich sein. Er hat mit Sicherheit das
Landschaftsprofil im näheren und weiteren Horstbereich
abgespeichert und kann sich bei Bedarf dieses Speichers
bedienen, ähnlich einem Navigationsgerät in Ihrem Auto.
Schorsch war also wieder weg und
der Schnee im Nest wuchs und wuchs. Die
Nachttemperaturen bewegten sich bei Tiefstwerten von minus
drei Grad! Man wird ja bescheiden und bezeichnet dies
schon als Milderung! Der leichte Schneefall hielt den Tag
über an und ließ die Temperaturen nicht über den Nullpunkt
hinauskommen. Wegen eines Todesfalles in der Familie musste ich
heute auf die lieben Eintragungen im Gästebuch zurückgreifen.
Nicht nur deshalb halte ich diese Institution, in der Sie Ihre
Beobachtungen und die treffenden Schnappschüsse ablegen,
für eine sehr wichtige und sinnvolle Einrichtung. Ganz
herzlichen Dank für Ihren unermüdlichen Einsatz und die große
Ausdauer bei der Beobachtung unseres „Schneemannes“ im Nest. Und
bitte in dieser Beziehung nicht müde werden und weiterhin
fleißig Bericht erstatten!
Als manche vielleicht schon mit dem
abermaligen Ausbleiben von Georg am Nest gerechnet hatten
– den ganzen Tag hatte er sich nicht ein einziges Mal in
demselben blicken lassen – stand er doch wieder pünktlich wie
gewohnt im Tiefschnee da. Die Uhr zeigte 18:10 Uhr.
Es bleibt anzunehmen, dass Schorsch den Tag nahe an
seinen „Fleischtöpfen“ bei der Unsinnigen Mühle
zubrachte und er dieses Mal durch keinerlei Unbill von einem
zeitigen Rückflug abgehalten wurde.
Heute verzichtet Schorsch, uns auf die Folter zu spannen!
So ganz kann einen allerdings der
Winterzauber nicht ungerührt lassen! Es sieht einfach
märchenhaft aus, wenn ein Storch in einer
schneebedeckten Landschaft weilt. So wie in Dinkelsbühl sieht es
im Augenblick an allen Kameranestern mit Storchenbesatzung
aus (neben Dinkelsbühl sind dies im Augenblick die Nester in
Isny,
Bornheim 1 und
Bornheim 2,
Zeiskamer und
Arevalo/Spanien!!)
und in allen anderen Nestern ohne Kamera, aber mit Storch entstehen
ähnliche Gefühle.
Auch die derzeitige Wetterlage wird sich wieder
ändern und es werden uns die schönen Bilder und Eindrücke sicher
länger im Gedächtnis bleiben als die unerfreulichen. |
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5. Mrz. 06 |
So kennt man unseren Schorsch!
Wie er sich heute den ganzen Tag präsentierte, konnte keiner meckern
oder wegen ihm ungeduldig werden. Er zeigte sich ganz klar von
seiner Schokoladenseite. Dabei waren die
Witterungsbedingungen nach wie vor winterlich, von
Frühling weit und breit keine Spur. Die
Temperaturspanne reichte von minus 5 Grad in der Nacht
bis knapp über den Nullpunkt am frühen Nachmittag, nur der
gelegentliche Sonnenschein ließ unterkühlte Frühlingsgefühle
aufkommen.
Damit ist Georgs Tag auch schon beinahe
abgehandelt. In dieser Form kann es weitergehen und wenn es erst
einmal wärmer wird und sich die thermischen Verhältnisse
entscheidend verbessern, werden auch neue Störche
unser Gebiet erreichen und damit auch vielleicht
Pauline oder eine andere Interessentin sich Schorsch
anschließen und mit ihm Hochzeit feiern.
Die nachfolgenden Bilddokumente sollen einen
kleinen Eindruck über die sonntäglichen Aktivitäten vermitteln.
Zurück vom Frühstück |
Mittagspause |
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mit kurzem Sonnenschein |
Gymnastikstunde |
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Abflug |
Einkehr |
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6. Mrz. 06 |
Ganz langsam tauchte Georg im
Morgengrauen aus dem Dunkel des Nestes auf. Binnen
weniger Minuten zeichneten sich die Konturen immer
deutlicher ab und Schorsch war in seiner ganzen Pracht
zu bewundern.
Der aus dem Dunkeln kommt!
Die Nacht zeigte sich mit leichten
Minusgraden relativ mild und unser Dauerbrenner verlor
infolge der Temperaturverhältnisse nur vergleichsweise wenig
Energie. Als Schorsch schon vor sieben Uhr ins
Nahrungsgebiet abgeflogen war, blieb es lange Zeit still
am Nest. Von den obligatorischen Dohlenbesuchen abgesehen
regte sich wenig am Nest. Ab und zu ließ sich an diesem Tag
sogar die Sonne blicken, so dass das Quecksilbersäule
kurzfristig schon mal die Nullgradmarke überschritt.
Heftige Schneeschauer ließen zwischendurch jedoch noch
keine Frühlingsgefühle aufkommen.
Wie aus heiterem Himmel stand dann
jedoch kurz nach 13 Uhr ein Storch im Nest.
Schnell war ersichtlich, dass es sich nicht um
unseren Stammgast handeln konnte, denn der oder die Neue trug
links oberhalb der Zehen einen Aluring.
Wie konnte es Schorsch zulassen, dass der fremde Storch im Nest
landen durfte? Entweder hatte er ihn gar nicht bemerkt oder – und zu
dieser These neige ich eher – er hatte mit dem Eindringling
ein Stillhalteabkommen getroffen, das besagt: Wenn du mir
nichts tust, tue ich dir auch nichts.
Der oder die Neue!
Unter den herrschenden Wetterbedingungen
und den noch nicht fließenden Hormonen sicher eine kluge
Entscheidung. Die Art des Ringes ließ mich
sogleich an das beringte Weibchen aus dem Mosbacher
Nest denken, das seinen Ring von der Art unseres
Besuchers ebenfalls am linken Bein über den
Zehen trägt.
Ist es vielleicht das Mosbacher
Weibchen auf Besuch? |
In der Vergrößerung ist der
Ring sehr gut zu erkennen! |
Aus Zeitgründen konnte ich diese
These nicht überprüfen, jedoch neige ich sehr zu
dieser Möglichkeit. Was sollte das Weibchen aus Mosbach
angesichts der besonderen Wetterverhältnisse den ganzen Tag tun? Da
sind Ausflüge ins nur 10 Kilometer entfernte
Dinkelsbühl ohne weiteres eine gute Option. Außerdem
kennt die Dame das hiesige Nest, hat sie dort
doch vor Jahren immer mal eine kurze Stippvisite
eingelegt und einmal schon im Nest übernachtet, ehe
sie dann wieder nach Mosbach zog. Leider währte der Besuch
nur wenige Minuten, ohne dass sich nähere Beobachtungen
anstellen ließen. Dies genügte jedoch, um an Hand verschiedener
Schnappschüsse einschließlich einiger Detailaufnahmen die Lage genau
zu diagnostizieren.
Der abendliche Einflug verlief danach
genau nach Plan. Schorsch schwebte kurz nach 18
Uhr ein und verlebte im Nest eine weitere Nacht
bei Frostgraden von „nur“ 3 Grad. Man darf auf die weitere
Entwicklung am Nest gespannt sein.
Ich bin zurück! |
Ich trotze Eis, Schnee und Kälte! |
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7. Mrz. 06 |
Eine kalter Tag folgte auf eine kalte
Nacht. Die Temperaturen blieben während des gesamten
Berichtszeitraumes deutlich unter dem Gefrierpunkt und
sanken in der Nacht auf den 8. März erstmals seit einer
längeren Pause sogar weit unter die 10-Grad-Marke ab. Für
unseren Schorsch bedeutete dieser Umstand, sich zu
verkriechen und verloren gegangene Energie wieder
nachzuladen. Ohne unseren Georg persönlich in Augenschein
genommen zu haben, vermute ich seinen Aufenthaltsort jedoch
erneut bei der Unsinnigen Mühle. Wo sollte er denn
sonst so einfach an Fisch gelangen? Und Störche orientieren
sich erfahrungsgemäß immer an der einfachsten und
effektivsten Form der Nahrungsbeschaffung. So blieb für
seinen Stundenplan wenig Spielraum. Nach dem morgendlichen Abflug im
ersten Licht des neuen Tages dauerte es bis zum Einbruch der
Abenddämmerung, ehe Schorsch, der Eiserne, sein Nest zur
Übernachtung wieder aufsuchte. Vom gestrigen Ringstorch, der uns für
einige Minuten beehrte, war heute nichts mehr zu entdecken.
Aufstehen, bitte! |
Bereit zum Frühsport |
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Punktlandung
am Abend |
Hier bin ich! Jetzt muss ich
erst mal richtig einheizen! |
Nun kommt der gemütliche Teil! |
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Bitte unterstützen Sie auch 2006 wieder unsere
Spendenaktion zum
Erhalt und die Verbesserung des Lebensraumes der
Lebensgemeinschaft „Flussaue“. Über die Fortschritte im
Biotopankauf werden wir Sie demnächst informieren.
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Und noch zwei
kleine Hinweise in eigener Sache:
- Da wir auch immer wieder Rückmeldungen von Kindern und
Pädagogen bekommen, die unsere Website mit Interesse und
Freude verfolgen, möchten wir auch auf die verschiedenen Angebote
des Bund Naturschutz für Kinder und Jugendliche hinweisen.
Informationen und Programme für den Landkreis Ansbach
finden Sie hier:
Kinderzeit
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Hier geht es zu "Poetisches
aus dem Gästebuch" und hier zum
Storchenbuch der Maischule
Fürth. |
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Auch in der storchenlosen Winterzeit sind weitere
Spenden
eingegangen. Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Beiträge zum
Erhalt der Webcam und zur Sicherung
des
Lebensraumes unserer Störche. |
Thomas Ziegler
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